Startseite   |  Site map   |  A-Z artikel   |  Artikel einreichen   |   Kontakt   |  
  


deutsch artikel (Interpretation und charakterisierung)

Gleiche elemente in "im kongo" und "der blaue siphon"


1. Drama
2. Liebe

3.1.1 Das Reisemotiv / In Widmers Werken spielt das Reisen eine grosse Rolle. Sowohl Kuno als auch der Erzähler im "Siphon" unternehmen eine Reise, sowohl zeitlich und geographisch, als auch in sich selbst. Kuno findet sich und seine dunkle Seite - im wahrsten Sinne des Wortes - in den Tiefen des Dschungels, wo er sich schliesslich glücklich niederlässt mit seiner geliebten Schwester Anne; beide schwarz, beide zufrieden. Der Erzähler im "Siphon" macht sich auf eine Reise in seine Kindheit, um etwas zu tun, das er als Kind aus Angst nicht zu tun vermochte. Endlich, Jahrzehnte später gelingt es ihm, die Siphonbombe einzustecken und sein gewissen zu bereinigen. Natürlich ist es nur eine Kinderphantasie, die Beendigung des Krieges durch das Verschwinden einer Siphonbombe, doch es war seine Phantasie, und er musste sie erfüllt sehen, um weitergehen zu können.
Urs Widmer in einem Aufsatz über Jules Verne:
"(...) Diese Reisen sind, wie bei May, vorerst einmal Wunschprojektionen des Autors, der Versuch, in der Phantasie das zu tun, was das Leben nicht zuzulassen scheint. Das ganze Werk Vernes ist eine einzige flucht. Es wird nur gereist, es gibt, wenn ich mich nicht ire, kein Buch, in dem wirklich geblieben wird. Immer ist der Held vor seinen Ängsten und hinter seinen Sehnsüchten her. Man kann auch sagen: von einem Zustand der Unfreiheit reist er in einen der Freiheit, von Ungerechtigkeit zur Gerechtigkeit, in jedem Buch erneut." ("Das Normale und die Sehnsucht", S.48f)
Und das erinnert an Kuno, respektive den Erzähler im "Siphon": Ein Mann, auf der Suche nach (s)einem Schicksal respektive die Verwirklichung eines Kindheitstraumes. In Widmers Werken findet man oft Zeit- und Raumschlaufen, das heisst oftmals führt eine Geschichte von einem Ausgangspunkt aus zu einem Endpunkt und wieder zurück, sowohl in der Zeit als auch im Raum. Im "Kongo" beispielsweise befinden wir uns am Anfang und am Schluss im Wald, erst im Schweizerwald, dann im afrikanischen Dschungel - doch Dickicht ist Dickicht, das stille Waldgefühl bleibt dasselbe, das Gefühl, daheim zu sein, ein Gefühl, das Kuno so viele Jahre lang nicht mehr gespürt hat. Für Widmer ist der Kern des Reisens die Utopie, die Sehnsucht nach einem anderen Leben. Doch sollte man dabei nicht vergessen, dass diese Medaille auch eine Kehrseite hat, nämlich den Schrecken des Dschungels, den unvermeidlichen Tod.
Und die Realität.

3.1.2 Der Vater-Sohn-Konflikt

In beiden Werken wird ein starkes Vaterbild vermittelt. Der Sohn möchte vom Vater akzeptiert werden, doch dieser erkennt ihn nicht - erkennt nicht, wer sein Sohn wirklich ist.
Als Kuno im "Kongo" aus Afrika zurückkehrt und ins Pflegeheim kommt, kann er den Tod seines Vaters miterleben. Da Kuno inzwischen jedoch schwarz geworden ist, erkennt sein Vater ihn nicht.
"Papa!" rief ich. Er sah mit auch kraftlosen Augen an. "Ich bin nicht ihr Vater", murmelte er. "Mein Sohn hat keinen Bart." (S.185)
Erkennt der Vater seinen Sohn nicht, weil dieser schwarz ist, oder weil er nun einen Bart trägt? Als Kuno sich von ihm entfernt und der Vater nur noch seine Stimme hört, identifiziert diesen als seinen Sohn.
Doch auch Kuno hat kein zutreffendes Bild von seinem Vater, er dachte nämlich Zeit seines Lebens, sein Vater sei ein Langweiler, ein Mensch ohne Schicksal - in Wirklichkeit jedoch war Kunos Vater zur Zeit des 2. Weltkriegs ein Spion und führte ein durchwegs spannendes und keineswegs eintöniges Leben.
Und als der Erzähler im "Siphon" in seinem Elternhaus anlangt und seinen Vater anspricht, versteht auch dieser verständlicherweise nicht, was vor sich geht.
"Ich bin dein Sohn", sagte ich. "Hören Sie, jederzeit sonst, aber heute bin ich nicht in der Stimmung für Witze." Ich wusste, wie gern er lachte; tatsächlich schien ihn etwas zu beschäftigen, was mit mir nicht zu tun hatte. "Im übrigen sehen sie eher wie mein Vater aus. Der sind sie aber nicht. Ich kennen meinen Vater." "Und ihren Sohn?" (S. 26)

3.1.3 Das Kriegsmotiv

Sowohl im "Kongo" als auch im "Siphon" spielt der Krieg eine wichtige, tragende Rolle. Im "Siphon" finden wir zu Anfang und zum Schluss jedes Kapitels sowie zusätzlich durch die Kapitel verstreut Kriegsbilder; Bilder von fallenden Bomben, vom Sterben, vom Verschwinden, vom Tod.
Als der kleine Kuno in der Zukunft wieder ins Kino geht, um in die Vergangenheit zurückzugelangen, bemerkt er: "diesmal sah ich keinen Kinderfilm, sondern eine Geschichte mit Krieg und Toten, von der ich nur verstand, dass Menschen endgültig getrennt werden können, ohne Wiedergutmachung, für ewig." (S.98), oder als er, endlich dort angekommen, mit Lisette, nach Hause läuft: "Als wir am Rundfunkgebäude vorbeikamen, wo das Fliegerabwehrgeschütz eingegraben war, kitzelte ich sie mit einer Pfauenfeder (...) (S. 99).
Im Verlauf der Geschichte erfahren wir, dass der Erzähler immer davon geträumt hat, jene Siphonbomben, die Kohlensäure in die Siphonflasche pressen, einfach verschwinden zu lassen, damit es überhaupt keine Bomben mehr gäbe, was einer reinen Kinderphantasie gleichkommt - aber schliesslich ist er ja auch in seine Kindheit zurückgereist.
Der Krieg ist ein Teil des Lebens, sowohl in der Vergangenheit als auch in der Zukunft - der Krieg ist allgegenwärtig, auch wenn der Erzähler versucht, die Zeit zu manipulieren indem er die Bomben verschwinden lässt. Der Mensch ist machtlos - er kann zwar in der Zeit umherreisen, jedoch den Krieg wird er nie verhindern können.
Im "Kongo" ist der Krieg, der Kampf und die Brutalität auch in zwei Welten vorhanden, wie im "Siphon". Im "Kongo" lässt Widmer erst Kunos Vater von seinen Erlebnissen während dem 1. Weltkrieg erzählen, danach schickt er Kuno selbst in den Kongo, wo tagtäglich ein brutaler Überlebenskampf wütet. Erst bereitet Kuno die scheinbare Indifferenz seines Vaters gegenüber dem 2. Weltkrieg grosse Mühe, bis er erkennt, dass dem nicht so ist, dass sein Vater wohl noch immer mit dieser Erinnerung zu kämpfen hat. Im Kongo selbst gerät er in manche diffizile Situationen, die er meist gewaltlos, mit List meistert, doch schliesslich muss auch Kuno selbst in Notwehr zu Waffen greifen.
"Es ist heiss. Das Wasser ist frisch. Die Frucht ist saftig. Morgen bist du tot. Andere gehen über deinen Kadaver. Hunde verschleppen die Knochen deines Skeletts. Spiele mit ihnen, achtlos, bis ihnen ein Panther ins Gesicht springt." (S. 21/22). Die grundsätzlich verschiedenen Lebenssituationen bringen auch grundlegend verschiedene Lebensphilosophien mit sich: "Die Menschen des Kongo wissen so sehr, dass die Menschen zum Leid geboren sind, dass sie nicht darauf achten, es nicht erkennen. Sie wissen nicht, was Leid ist." (S.21; Situation im Kongo)
Kuno über zwei Putzfrauen des Pflegeheims und ihre Vorgehensweise beim Putzen:"Die Putzfrauen, zwei jobbende Studentinnen aus den USA, hatten den Dreck von zwei Jahrzehnten in einer knappen Viertelstunde weggefegt, mit so viel Chemie, als wollten sie Vietnam ein zweites Mal entlauben." (S. 14)

3.2 "Im Kongo" in Anlehnung an "Heart of Darkness"

In seinem Roman "Im Kongo" greift Widmer Elemente aus dem Roman "Heart of Darkness" (1902) des Schriftstellers und Afrikaforschers Joseph Conrad auf, welchen er 1992 neu übersetzt hat. "Heart of Darkness" ist die Geschichte des Reisenden Marlow, der sich im Kongo immer mehr von seinen weissen Artgenossen (wegen deren bedenkenloser Brutalität) ab- und sich dem Dschungel (Symbol für Wirklichkeit und Wahrheit) zuwendet. Dies geschieht nicht zuletzt durch die Bekanntschaft mit einen Mann namens Kurtz, den er auf der Reise kennenlernt, der zwar überaus intelligent und begabt ist, jedoch keinen Sinn für Integrität oder soziale Verantwortung hat, er wird von Marlow als ein brutaler Teufel beschrieben.
Während Conrads Geschichte die eines einsamen, gescheiterten Europäers unterwegs auf hoher See ist, ist diejenige von Widmer die eines Mannes, der schliesslich die Liebe und den Schutz des Waldes findet, nach denen er so lange gesucht hat. Während Marlow sich nur den Schwarzen zuwendet, wird Kuno selbst einer.
Vielleicht führt uns Widmer in einem märchenhaften Spiel nur vor Augen, wie lächerlich unsere ewig Realismus- und Interpretationssucht ist. Wenn wir nur Hitler, Mobutu, Afrika und Herz der Finsternis hören, wissen wir schon, wie darüber zu schreiben ist: ernst und kritisch, realistisch und moralisch. Widmer ist nichts von all dem, sondern spielt nur mit verschiedenen Elementen. Ein bisschen zuerst, als die Alten im Heim ihre Kriegserinnerungen wieder aufleben lassen. Zwischendurch immer wieder mit den konversiven Einschüben über das Dschungelleben, die den Leser ziemlich verwirren. Und mit der Zeit immer mehr - als Kuno plötzlich selbst schwarz wird und ihm seine geliebte Schwester Anne nicht länger widerstehen kann. Und der Leser beteiligt sich am Spiel, hört auf, immer schon zu wissen, was der Autor nun zu erzählen hat, lehnt sich zurück und überlässt sich überraschungsfreudig Widmers unverschämten Improvisationen.
Nach Beendigung des Romans kann man es sich nicht verkneifen, das Buch nochmals aufzuschlagen und all diejenigen Passagen nochmals zu lesen, die man zu Beginn noch nicht verstehen konnte, und schliesslich lauthals zu lachen, begeistert mit dem Kopf zu nicken oder erleichtert aufzuseufzen - endlich begriffen!
Mobutu, ein Herrscher des Kongos, zu Kuno:
"Sie müssen mich mal besuchen", sagte er. "Ich bin gerade dabei, einen Prunksaal zu bauen, um fremde Würdeträger empfangen zu können. Alte Freunde. George Bush, wissen sie, Mitterand, oder sie. Der Saal wird so gross, dass ich den Petersdom hineinstellen könnte."
(S. 203)

 
 

Datenschutz
Top Themen / Analyse
Arrow Dshamilja
Arrow Gedichtinterpretation --
Arrow Kleider machen Leute - Keller Gottfried
Arrow Sturm und Drang um 1770
Arrow HAUKE HAIEN
Arrow Der Sandmann (von E.T.A. Hoffmann) - Charakteristik
Arrow The Character Jack Ryan:
Arrow Umberto ECO - Der Name der Rose
Arrow Die Klassik (Literatur/Architektur/Kunst)
Arrow Meine Meinung zu den Beziehungen


Datenschutz
Zum selben thema
icon Grammatik
icon Charakteristik
icon Präsentation
icon Buchvorstellung
icon Untertan
icon Tragödie
icon Film
icon Theater
icon Legende
icon Erörterung
icon Problematik
icon Inhaltsangabe
icon Sprache
icon Textinterpretation
icon Struktur
icon Zusammenfassung
icon Textanalyse
icon Interpretation
icon Novelle
icon Analyse
icon Literatur
icon Definition
icon Erlebnisbericht
icon Aufsatz
icon Inhaltsangabe
icon Literaturarbeit
icon Komödie
icon Leben & Werke
icon Vergleich
icon Charakterisierung
icon Argumentation
icon Hintergründe
icon Szenenanalyse
icon Inhaltszusammenfassung
icon Buch
icon Rezension
icon Buchbesprechung
icon Inhalt
icon Gedicht
icon Biographie
icon Autor
A-Z deutsch artikel:
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z #

Copyright © 2008 - : ARTIKEL32 | Alle rechte vorbehalten.
Vervielfältigung im Ganzen oder teilweise das Material auf dieser Website gegen das Urheberrecht und wird bestraft, nach dem Gesetz.
dsolution