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deutsch artikel (Interpretation und charakterisierung)

Nestroy und raimund im vergleich


1. Drama
2. Liebe

Die beiden Autoren werden meist in einem Atemzug genannt, doch repräsentierten beide verschiedene Welten und waren grundverschieden.
Ferdinand Raimund nannte seine 8 Theaterstücke "Original-Zaubermärchen" und wollte eine Dichtung schaffen, die eine bessere Welt und bessere Menschen vorstellt.
Raimund glaubte an den Menschen und an die Liebe in einer intakten Welt. Raimund glaubte an das Gute und wollte die Menschen mit seinen Stücken erziehen. Am Schluss seiner Stücke ist die Ordnung immer wieder hergestellt.
Nestroy hingegen prangerte die Charakterfehler seiner Mitmenschen und die Mängel seiner Zeit an, ohne, dass er eine idealere, schönere Welt aufzeigte. Er schrieb keine "Zaubermärchen", sondern Possen, die den Menschen einen kritischen Spiegel vor Augen halten sollen. Damit die Menschen in diesen Spiegel hineinschauen, gab er seinen Figuren Humor und Witz, der auch öfters, "satirisch-bissig" ist.
Der Spiegel wird zum Zerrspiegel, der die Mängel noch vergrößert.
Für Nestroy war der Mensch von Anfang an ein selbstständiges Subjekt, anders als bei Raimund, der den Mensch als Objekt höherer Mächte darstellte.
Nestroys Leitsatz war: "I denk' von an jeden Menschen das Schlechteste, selbst von mir, und ich hab mich noch selten dabei getäuscht!"
Raimund wurzelt im Biedermeier mit seinem Traum vom kleinen Glück, während Nestroy schon ein Repräsentant des Vormärzes ist.
Deren verschiedene Auffassung vom Menschen kann man auch anhand der sprechenden Namen, die beide Autoren verwenden, erkennen.

Namen von Raimunds Figuren:
Herr von Rappelkopf, ein reicher Gutsbesitzer
Christian Glühwurm, ein Kohlenbrenner
Fortunatus Wurzel, ehemals Waldbauer, jetzt Millionär


Namen von Nestroys Figuren:
Schnoferl, ein Winkeladvokat

Pemperl, ein Klempnermeister
Flora Baumscheer, eine Gärtnerin

Nestroy schrieb die Hauptrollen seiner Stücke immer sich selbst auf den Leib und brachte sein Publikum durch seine lange, hagere Figur, seine Mimik und Gestik zum Lachen, noch ehe er ein Wort sagte. Doch auch mit Rollen aus Raimunds Stücken feierte Nestroy als Schauspieler Erfolge.

Doch die beiden Autoren, die schon von Grund auf verschieden waren, da sie aus verschiedenen Milieus stammten, hatten auch Gemeinsamkeiten:
Beide verließen ihre bürgerliche Laufbahn, um ihrem inneren Drang zum Theater nachzugehen. Beide waren in erster Linie Schauspieler und fühlten sich erst später zum Schriftsteller berufen, da zu wenige geeignete Stücke vorhanden waren.
Betrachtet man jedoch die Weltanschauung der beiden, so waren sie schon wieder völlig verschieden.
Raimund, der Handwerkssohn aus der Vorstadt Mariahilf, war gläubig und vertraute einem gütigen Schicksal.
Nestroy, der Advokatensohn und Intellektuelle, war davon überzeugt "Die Welt steht auf kan Fall mehr lang!" Er war ein Zweifler und auch in gewisser Weise ein Pessimist, doch ließ er sich nicht unterkriegen und fasste die Situation doch immer wieder heiter auf.
Raimund hingegen, der sich immer eine heile Welt gewünscht hatte, zerbrach an den Umständen, dass sich seine Wunschträume nie erfüllen konnten. Einige Kritiker behaupten auch, dass Ferdinand Raimund nicht an einem Hundebiss, sondern an Johann Nestroy gestorben sei.
Im Gegensatz dazu kann man Zitate lesen, in denen Nestroy sehr bescheiden ist, sich gar nicht getraut über Raimund zu stellen: "I bin der reine Schulbua gegn' Raimund."
Nestroy hatte es leicht mit seinen revolutionären Stücken beim Publikum akzeptiert zu werden. Vor allem bei der Wiener Jugend fanden seine Stücke großen Anklang, da diese schon in revolutionärer Aufbruchsstimmung waren.
Über die Frage wer denn von den beiden höher zu stellen sei, stritten sich viele Literaturkritiker und fanden keine Antwort.
Raimund wurde seine träumerische Poetik vorgeworfen, während Nestroy mit Shakespeare verglichen wurde. Doch kann man nicht schon Frühwerke Nestroys über Raimunds Erfolgsstücke stellen. So wäre es unkorrekt den "Lumpazivagabundus" über den "Verschwender" zu stellen. Es steht auch fest, dass Nestroy für seine Stücke oftmals nach Raimund'schen Themen griff.
Ganz egal wer nun der Bessere gewesen sein mag, Ferdinand Raimund und Johann Nestroy sind ein Stück der Wiener Volkstheatertradition.

Raimunds und Nestroys Arbeitsweise

Nestroy hat bei mehr als zwei Drittel seiner insgesamt 83 Stücke nach Vorlagen gearbeitet. Ebenso benutzte Ferdinand Raimund Vorlagen zu seinen Stücken aus fremdsprachiger Literatur. Nestroy fand seine Stoffe vor allem in deutschen, englischen und französischen Stücken, aber auch in Prosawerken. Manchmal übernahm er nur einige Motive, manchmal das äußere Handlungsgerüst, meistens aber begnügte er sich mit einer recht freien Übertragung der Vorlage ins Wienerische.
Beide Autoren schrieben an ihren Werken, lernten ihre Rollen, probten und inszenierten die Stücke und abends spielten sie.


Die Zensur

Ferdinand Raimund und Johann Nestroy schrieben (bis auf "Freiheit in Krähwinkel, das ein Revolutionsstück ist) alle ihre Stücke während Metternichs Zensur.
Das heißt, dass sie ihre Texte, bevor sie aufgeführt wurden, von einem Zensor überprüfen lassen mussten, ob sie vielleicht etwas Erotisches, etwas gegen die Religion oder Regierungsform und gegen das höchste Staatsoberhaupt oder dergleichen enthalten. Wenn so etwas in einem Stück vorkam strich es der Zensor aus dem Text, oder er erklärte das Stück als zu anrüchig und es durfte nicht aufgeführt werden.
Doch den Bindungen der Zensur wusste sich Nestroy auf eine originelle Weise zu entziehen. War ein Stück fertig, so ringelte er mit roter Tinte alle Stellen ein, von denen er annahm, sie könnten den Zensor reizen. Er ging dabei sehr weit, und die Zensoren dürften sich oft über seine harmlosen Texte, in denen sie nicht viel zu streichen fanden, gewundert haben. Der Kopist Nestroys wusste, dass er bei der Herstellung des Manuskriptes, das für die Zensur bestimmt war, die rot markierten Stellen wegzulassen hatte. Doch damit ist noch nicht gesagt, dass sie dann nicht doch auf der Bühne gesprochen wurden. Da sich der Regierungsbeamte, der auftragsgemäß nur festzustellen hatte, ob die von der Zensur gestrichenen Stellen auch tatsächlich wegblieben, und sich kaum noch Mühe nahm, den Dialog Wort für Wort mit dem Manuskript zu vergleichen, so war Nestroys Methode ziemlich gefahrlos.


Sprache und Witz

Die Sprache ist der Schlüssel zu Nestroys Größe und Besonderheit.
Nestroy war kein Dialektdichter. Er war ein gebildeter, belesener Sohn des Bürgertums. Er ging zum Theater aus Passion für das Spielen, und er begann zu schreiben, weil Mangel an Stücken herrschte.
Dem Autor war es nicht sehr wesentlich, worum es in seinen Komödien ging. Was eigentlich gesagt wurde, ergab sich nicht so sehr aus der Handlung, sondern vor allem aus den Monologen und Dialogen der Hauptgestalten.
Ein Hauptmerkmal des Nestroyschen Dialogs ist das Wortspiel in den verschiedensten Formen.
Nestroy liebt die Sprache. Sein bildhaftes Denken und seine Hellhörigkeit machten es ihm unmöglich dem Spiel mit Worten zu entgehen.
Die vielleicht wichtigsten Elemente das Nestroyschen Dialogs sind der gesprochene Witz und das an die Zuschauer gerichtete Selbstgespräch.
In Nestroys besten Stücken ist aber sein Witz nicht etwas, was seinen Figuren als Aufputz mitgegeben wird, sondern er soll ihre Anliegen, ihre Konflikte mit der Welt, ihr Wesen ausdrücken.
Wo der Witz auf die gegenwärtige Situation in der Komödie und auf die Enthüllungen des Gegenspielers zielt, treibt er die Handlung in Rede und Gegenrede weiter, so wird er dramatischer Witz.
Es wird von Nestroy auch behauptet, dass er nichts ernst nahm, nur den Witz, und dass ihm nichts heilig war, nur die Sprache

Das Sprechen seiner Figuren vollzieht sich auf drei verschiedenen Ebenen, denen drei Sprachtypen entsprechen: Der österreichische Dialekt, hochdeutsche Umgangssprache oder "Schriftdeutsch" und hochdeutsche Theatersprache.
Im meisterhaft beherrschten Dialekt sprechen meist die Hauptträger der lustigen Handlung, hochdeutsch im allgemeinen die farblosen Figuren, die uninteressant sind, auch wenn ihre Rollen noch so umfangreich sind.
Gewiss ist Kenntnis des österreichischen Dialekts für das Verständnis von Nestroy Stücken wichtig.

Wo Hochdeutsch in den Reden seiner österreichisch sprechenden Figuren auftaucht, ist das ein Signal, dass sie als einfache Bühnenfiguren oder als unwahrhaftige Charaktere aufzufassen sind.
Oft auch verbirgt der Träger der Nestroy-Rolle seine wirklichen Gefühle hinter einem ins leicht Parodistische gesteigerten Hochdeutsch und isoliert sich dadurch von seiner Umgebung.
Doch so reizvoll die Lektüre Nestroys auch sein mag, ihre unmittelbare Wirkung entfalten sie erst auf der Bühne.


Nestroys Enthüllungsdrama

Nestroys Theater ist Desillusionstheater, nicht, indem es die Realität des Bühnengeschehens aufhebt, sondern indem es sie in Anführungszeichen setzt.
Der Rahmen wird deutlich gekennzeichnet, die Figuren bleiben nicht "in der Figur", sie treten durch Anspielungen aus der Handlung heraus.
Bei Nestroy kann man auch Parallelen zu Brechts Stücken finden, doch Brecht durchleuchtet die Bürgerliche Gesellschaft durch die sozialistische Sehweise, Nestroy hingegen wollte, dass die Menschen die Welt durch die linguistische Hörweise durchschauen.
"An ihren Worten sollt ihr sie erkennen."
Ödön von Horvath versuchte sich auch in Volksstücken, aber seinem bitteren Werk fehlt das befreiende Lachen.

Nach Aufführung eines Nestroy-Stücks kann das Publikum beruhigt nach Hause gehen, denn am Schluss ist, wie es sich gehört, äußerlich die Ordnung wiederhergestellt.
Aber auf dem Weg zu diesem Schluss hat es Erkenntnisse und Betrachtungen von großer Bedeutung vorgesetzt bekommen, Blicke auf den Menschen und die Welt, wie sie im unterhaltenden Theater sonst kaum denkbar sind.
Nestroy stört den Glanz oberflächlicher Biedermeier-Ruhe empfindlich, da er, wie später Hofmannsthal, Schnitzler oder Altenberg, der Lust am Unechten den Kampf ansagt.
Nestroy schreibt im Dienste der Wahrheit und der Echtheit in Kunst und Leben seine Werke.
Er will, dass man die Welt so nimmt wie sie ist, und nicht so, wie sie sein könnte.
Zur Entlarvung seiner Zeitgenossen verfolgt Nestroy immer denselben Weg. Er stellt sich zunächst scheinbar auf den Standpunkt der Allgemeinheit, zeigt dann aber anhand seines Helden, dass die Verhältnisse nicht so sind, wie sie sich der Normalbürger einredet.

Genauere Beschreibung der Stücke

Der Talisman

Einleitung
"Der Talisman" ist eines der bekanntesten und vielleicht auch eines der besten Stücke Nestroys.
Die Posse mit Gesang wurde am 16. Dezember 1840 im Theater an der Wien uraufgeführt und war eigentlich als Stück für das Wiener Vorstadttheater gedacht. Sie sollte das Publikum unterhalten und belustigen.
Hier sind erstmals mehrere Personen gleichrangig in die Vorgänge miteinbezogen, außerdem drückt Nestroy mit dem Stück direkt aus, was er sagen möchte.

Inhalt
Der rothaarige Titus Feuerfuchs, über den wir nicht mehr wissen als dass er 26 Jahre alt ist, sein verstorbener Vater Lehrer war, er ausgerissen ist und er nur einen einzigen Verwandten, seinen Vetter, den Bierversilberer Spund hat, kommt auf seiner Reise in ein Dorf, wo er die ebenfalls rothaarige Gänsehüterin Salome Pockerl kennenlernt.
Salome ist von Beginn an sehr an Titus interessiert und will ihm eine Stelle als Bäcker bei ihrem Bruder verschaffen, leider klappt es nicht.
Doch das Glück meint es gut mit dem jungen Mann. Er kann verhindern, dass ein Mann mitsamt seinem Gespann verunglückt und erhält als Dank von ihm eine schwarze Perücke.
Somit steht Titus die Welt offen, denn mit schwarzen Locken lässt es sich um einiges leichter leben. So wandert er zum Schloss, wo er sich sogleich der Gärtnerin Flora als Gärtnergehilfe anpreist. Die langjährige Witwe findet sofort Gefallen an dem Jüngling und erhofft sich einiges wäre ihr da die Kammerfrau der Gutsherrin, Constantia, nicht dazwischen gekommen. Constantia verschafft dem schwarzgelockten Jüngling einen noch höheren Posten, sie macht ihn zum Jäger.
Während sich Titus in den Gemächern der Kammerjungfrau aufhält, erscheint derjenige, dem Titus das Leben rettete. Es stellt sich heraus, dass dieser Frisör und Geliebter Constantias ist.
Die beiden erkennen einander und Monsieur Marquis stellt klar, dass Titus kein Recht auf die ebenfalls verwitwete Constantia habe.
Doch während Titus schläft und dabei phantasiert, packt den Marquis die Eifersucht und er nimmt dem Schlafenden die Perücke vom Kopf.
Titus erwacht kurz bevor er der Gutsherrin und Witwe, Frau von Cypressenburg, vorgestellt werden soll. In seiner Hektik verwechselt Titus im Zimmer des Frisörs die schwarze mit einer blonden Perücke.
Der Schlossbesitzerin gefällt der blonde Lockenkopf auf Anhieb und sie macht ihn sogleich zu ihrem Sekretär.
Unter den drei Frauen Flora, Constantia und der Frau von Cypressenburg entfacht ein Streit um die Haarfarbe Titus'.
Doch der Marquis verrät Titus und so wird dieser als "Florianiköpfel" fortgejagt, wird jedoch sofort wieder herbeigerufen, als die drei Frauen erfahren, dass sein Vetter Spund ihm ein Geschäft in der Stadt kaufen und ihn als Universalerben einsetzen wolle.
Mit viel Geld würde Titus von jeder der drei Frauen, auch mit roten Haaren, akzeptiert werden.
Der Vertrag ist schon fast abgeschlossen, da nimmt sich Titus die graue Perücke, die er aus dem Anzug des verstorbenen Mannes Floras, die ihm, wie die anderen beiden auch, das Gewand ihres Verstorbenen vermacht hatte, genommen hatte, vom Kopf und sagt, dass er gar nicht Universalerbe sein möchte. Er sagt, er begnüge sich mit dem Geschäft in der Stadt und wolle lieber mit Salome für "Vervielfältigung" der Rothaarigen sorgen.



Entstehungsgeschichte und Interpretation des Stückes
Die Vorlage für den "Talisman" fand Nestroy in einem Pariser Singspiel, dem "Bonaventure", von Dupeuty und De Courcy, das am 23. Juni 1840 in Paris uraufgeführt wurde und sogleich viel Erfolg hatte.
Nestroy hatte nicht allzu viel Zeit, da er mit Theaterdirektor Carl unter Vertrag stand, in einem Jahr mindestens zwei Theaterstücke zu schreiben, und so musste er rasch arbeiten.
Er übernahm weniger die Sprache, die er dann auf seine Art gestaltete, umso mehr aber die
Logik und die wichtigsten Motivationen der fremden Handlung an.
Ungefähr fünf Monate später wurde das Stück Nestroys "Der Talisman" aufgeführt.

Nestroy zeigt mit dem Stück, wie dumm und sinnlos Vorurteile sind.
Er führt den Menschen vor Augen, dass sie viel zu viel nach dem Äußeren einer Person gehen. Die äußere Aufmachung, wie Kleidung, Frisur und Haarfarbe bestimmt, obwohl sie jederzeit auswechselbar ist, von allem Anfang an einen Menschen.
Titus Feuerfuchs wird anfangs, ohne Perücke und mit verlottertem Gewand, von keiner Frau beachtet, im Gegenteil, er wird als "Florianiköpfel" und "Feuergefahr" beschimpft.
Doch kaum setzt er die Perücke auf, sieht die Welt ganz anders für ihn aus. Plötzlich wird er von allen Leuten akzeptiert und kann sich seiner Verehrerinnen gar nicht mehr erwehren. Hingegen entledigt er sich seiner Verkleidung wieder, wird er vom Schloss gewiesen und die Damen haben auch kein Interesse mehr an ihm.

Wenn man darüber nachdenkt, so kommt man darauf, dass Leute ja nicht nur wegen ihrer Haarfarbe, sondern wegen ihrer Rasse, ihrer Partei, ihres Berufes oder ihrer Körperbehinderung, verfolgt werden.
Und natürlich waren Vorurteile die Wurzeln von Hexenverfolgungen, Nationalsozialismus und Rassismus.
Nestroy wollte damit die Menschen wachrütteln und mehr zum Denken anregen, bevor sie Vorurteile in der Gesellschaft aufkommen lassen und es in der Wirklichkeit nicht immer so ein schönes Ende nimmt wie in seinem Stück.




Der böse Geist Lumpazivagabundus oder das liederliche Kleeblatt


Inhalt:

Im Feenreich sorgt ein böser Geist namens Lumpazivagabundus für Unruhe. Er verführt die Jugend zum Nichtstun, zum Spielen, Trinken und zu Liebesabenteuern.
Der Feenkönig Stellaris ist machtlos gegenüber dem Geist, und selbst Fortuna, die Beherrscherin des Glücks vermag nichts gegen Lumpazivagabundus zu machen. Nur Amorosa, die Beschützerin der wahren Liebe, ist imstande seine Anhänger abspenstig zu machen.
Hilaris, der Sohn des alten Zauberers Mystifax, liebt Fortunas Tochter Brillantine. Die Mutter macht ihre Zustimmung zu deren Hochzeit von einer Wette, einer Bedingung abhängig:
Drei sterbliche "lockere" Gesellen sollen mit Reichtum überschüttet werden und sollten sie die Glücksgüter verlieren, sollen sie sie noch ein zweites Mal bekommen.
Werden zwei von den drei Gesellen solide und Fortuna kann sie mit ihren Glücksgaben dem Lumpazivagabundus entreißen, so ist sie Siegerin und verweigert die Zustimmung zur Hochzeit von Brillantine und Hilaris.
Treten die lockeren Gesellen das Glück aber zweimal mit Füßen und bleiben sie Lumpen, so bekennt sich Fortuna geschlagen und anerkennt die Liebe von Hilaris zu ihrer Tochter.
Die Wahl trifft auf drei Handwerksgesellen und so werden der Tischler Leim, der Schneider Zwirn und der Schuster Knieriem durch den Kauf eines Glücksloses reich.
Die drei Handwerker trafen einander zufällig auf der Wanderschaft, Leim ist unglücklich verliebt, Zwirn ist ewig verliebt und liebt die Unterhaltung, und Knieriem kann sich für die Astronomie begeistern, doch hat er stets die Neigung zu viel zu trinken.
Nachdem die drei den großen Gewinn machen, beschließen sie in einem Jahr einander wiederzusehen.
In diesem Jahr kann Leim die Tochter seines ehemaligen Meisters für sich gewinnen während Zwirn in Saus und Braus lebt.
Nach einem Jahr treffen die drei Gesellen einander wieder. Leim ist bürgerlich und anständig geworden, ganz im Gegensatz zu seinen Freunden, die beide völlig heruntergekommen sind. Leim hilft beiden aus ihrer finanziellen Notlage, doch auch dieses Mal nehmen sie ihre Chance nicht wahr. Zwirn nimmt mit einer Magd Reiß aus und Kniereim entwischt ins Branntweinhaus. Beide werden von Furien gepackt und in die Hölle geführt.
Fortuna gibt sich geschlagen, erkennt Amorosa als die Siegerin an und gibt Brillantine Hilaris zur Frau.
Unter Amorosas Einfluss werden die beiden Gesellen doch noch gebessert und so sind sie am Ende des Stücks bürgerlich, gesittet und glücklich verheiratet


Über das Stück

Nestroys Erfolgsstück "Der böse Geist Lumpazivagabundus" geht auf Schikaneders Erstlingswerk "Die Lyranten oder das lustige Elend", später auch als "Bettelstudent" bekannt, zurück.
Der Zauberapparat ist in diesem Stück deutlich eingeschränkt. Zauberer und Feen kommen nur in der Rahmenhandlung vor. Nestroy verwendet zwar den traditionellen Märchenrahmen doch ist dieser ganz anders geraten als bei Raimund, viel blasser und nüchterner. Dies liegt an der mangelnden Beziehung des Rationalisten und Realisten Nestroys zur Märchenwelt.
Nestroys Zauberer, Feen, Götter und Magier sind oft schon durch ihre Namen und ihre Charakteristik im Personenverzeichnis als lächerlich abgestempelt. Nestroy beleuchtet die "Übermächte" ironisch und parodistisch. Die Zauberfiguren sind bei Nestroy nicht nur in herkömmlicher Weise vermenschlicht, sondern stehen direkt unter den Irdischen.
Mit Nestroys "Lumpazivagabundus" setzt sich der Realismus im Wiener Volkstheater wieder durch.
Man begrüßte in diesem Stück die neue, satirisch-realistische Gestaltung der Wirklichkeit, die gleichwohl unterhaltend blieb. Einige Kritiker befürchteten jedoch, dass das Proletarische Nestroys die Volksmassen anstecken und zu unüberlegten Handlungen anregen würde.
Doch viele Literaturkritiker bezeichnen dieses Stück als keinen "echten" Nestroy, da zwar schon bissige Kommentare im Text vorkommen, die auf die persönliche Meinung Nestroys schließen lassen, doch fehlt diesem Stück noch dieser ausgeprägte Sarkasmus und Zynismus, der sich im Wortspiel bemerkbar macht.
Ordnung - Unordnung sind die beiden Pole, zwischen denen die Handlung schwingt. Oberster Vertreter der Ordnung ist der Feenkönig Stellaris und das Geisterreich ist eigentlich ein Bürgerreich.
Nestroy behandelt in dem Stück die Frage, wie die Menschen leben und wie sie wirklich sind. Die drei Handwerksburschen sind Figuren, die aus dem wirklichen Leben stammen könnten, darum fühlte sich das Publikum auch sofort angesprochen. Nestroy selbst verkörperte immer den Knieriem, der seiner Einstellung am Nähesten kam.
Die Fortsetzung des Stückes "Die Familien Zwirn, Knieriem und Leim" oder "Der Weltuntergang" wurde kein Erfolg mehr. In diesem Stück sind die drei Gesellen rückfällige, unverbesserliche Vagabunden.


Historischer Hintergrund

Allen sozialen Schichten mit Ausnahme des Adels und der kleinen Gruppe bürgerlicher Spekulanten und Fabrikanten ging es schlecht - kein Wunder, dass alle unzufrieden waren. Jedoch im Theater durfte auch der Arme am öffentlichen Leben teilhaben, was ihm sonst Metternichs Polizeistaat untersagte. Die drei größeren Wiener Vorstadtbühnen waren Oft Treffpunkt des ärmeren Volkes. So kann man Nestroys Stücke als eine Art satirisch-politischen Kabaretts ansehen.


Der Alpenkönig und der Menschenfeind

Inhalt

Malchen und ihr Kammermädchen Lischen gehen in die Berge, um den jungen Maler August, die große Liebe Malchens, dort zu treffen. Malchens Vater, der argwöhnische und misstrauische Schlossherr Rappelkopf ist gegen diese Liebe und darum müssen sich die beiden heimlich in den Bergen treffen.
Lischen verlässt Malchen nach kurzer Zeit, da sie Angst hat den Alpenkönig Astragalus zu sehen, bei dessen Anblick eine Frau um vierzig Jahre älter wird.
Malchen trifft August, der von einer dreijährigen Kunstreise aus Italien zurückkehrt, wie vereinbart und als Astragalus erscheint berichten die beiden Liebenden dem Alpenkönig von ihrem Unglück. Er verspricht ihnen etwas zur Besserung ihrer Situation zu unternehmen.
Währenddessen muss Sophie Rappelkopfs Frau die Bediensteten beruhigen, da sie alle, aufgrund der schlechten Behandlung vom Hausherren, kündigen wollen.
Rappelkopf fühlt sich ständig verfolgt, darum verdächtigt er jede Person, die ihm zu nahe kommt, dass sie ihm etwas antun möchte. So kommt es auch bei seinem Bediensteten Habakuk vor. Als dieser dem Auftrag von Sophie nachgeht im Garten Zichorien auszustechen, verdächtigt Rappelkopf ihn Mordgelüste zu haben. Er glaubt, dass Habakuk ihn umbringen wollte, und da er seinen Bediensteten nie ausreden lässt, meint er noch, dass dies der Wunsch seiner Frau gewesen wäre. Als er dann auch noch erfährt, dass seine Tochter den jungen Maler in den Bergen getroffen hat, verlässt er wutentbrannt das Haus.
Rappelkopf kauft einer armen Familie ihre Hütte ab, um im Wald alleine zu sein und seine Ruhe zu finden. Doch da erscheint ihm Astragalus, der ihn zur Besserung mahnen will. Der Menschenfeind jedoch will sich nicht früher ändern, ehe ihm das Wasser bis an den Kragen steht. So geschieht es, dass Rappelkopf seine drei früheren Frauen erscheinen, von denen die eine herrschsüchtig, die andere eifersüchtig und die dritte mondsüchtig waren. Danach sorgen Naturgewalten zur Bedrängnis Rappelkopfs. Er wird von Astragalus in dessen Palast geführt, der schon eine Plan ausgetüftelt hat, um Rappelkopf seine Menschenfeindlichkeit auszutreiben. Er lässt Rappelkopf die Gestalt seines Schwagers, der sich für eine Besuch bei Sophie angekündigt hat, annehmen, während Astragalus selbst in die Rolle des Menschenfeinden schlüpft.
Als Rappelkopf sein eigenes Spiegelbild vor Augen hat kann er gar nicht glauben, was für ein boshafter Mensch er ist. Je länger er sehen muss wie schlecht er seine Mitmenschen behandelt, umso wütender wird er auf sich selbst. Es endet sogar darin, dass er sich mit Astragalus in der Gestalt des Menschenfeinden duellieren will, doch in diesem Moment trifft ein Brief aus Venedig von Sophies Bruder ein, der schreibt, dass das Handlungshaus, in das Rappelkopf sein Vermögen investiert hat, gefallen ist. Bevor Rappelkopf alias Astragalus seinen Selbstmordplänen nachkommen kann, geschieht die Rückverwandlung.
Rappelkopf erkennt das Unrecht, das er seinen Mitmenschen getan hatte und versöhnt sich mit seiner Familie und seinen Bediensteten. Zuletzt erscheint auch noch sein Schwager, der Kaufmann Silberkern aus Venedig, um ihm mitzuteilen, dass er sein Vermögen noch vor dem Falle des Handlungshauses retten konnte. Am Ende sind alle versöhnt und glücklich.


Über das Stück:

Mit diesem Stück, das vielmehr eine Tragikomödie darstellt als ein simples Stück des Volkstheaters, beweist Raimund, dass er nicht bloß ein Vorstadtkomödien-Schreiber, sondern ein wahrhaftiger Dichter ist. Er bemüht sich zwar hier noch um seine - beim Publikum geliebte - Zauber- und Märchenwelt, doch hat die Figur des Astragalus nicht nur die Aufgabe die Handlung weiterzutreiben. Der Alpenkönig stellt den Gegenspieler zu Rappelkopf dar, er sorgt für das Gute im Menschen. Der Alpenkönig Astragalus stellt den Retter aus allem Unglück dar.
Raimund verwendet in diesem Stück zwar das Element des Märchen- und Geisterhaften, doch wäre es für das Stück nicht notwendig. Die Menschenfeindlichkeit und die spätere Wandlung Rappelkopfs sind die Kernprobleme, die an Vorbilder aus der Weltliteratur wie zum Beispiel Molieres "Misanthrop" erinnern. Doch die unmittelbare Vorlage die Raimund zum verfassen dieser Stücks verwendete, war "Der Berggeist" von Josef Alois Gleich.
Der Aufbau des Stücks ist klar und unkompliziert. Der erste und der dritte Akt sind sich sehr ähnlich, da man in beiden Teilen Rappelkopf in mieser Laune erlebt, wobei Rappelkopf im dritten Akt von Astragalus verkörpert wird. Einzig im zweiten Akt erscheint uns Rappelkopf als nachdenklicher einsamer Mensch. Zu Beginn des ersten Aktes baut Raimund bewusst ein Spannungsmoment ein: Er lässt Rappelkopf erst gegen Ende des ersten Aktes auftreten. Zuvor erfährt man nur etwas über ihn von seiner Familie und seinen Bediensteten.
Die Gesangseinlagen, wie zum Beispiel das Ende des ersten Aktes "So leb denn wohl, du stilles Haus", verwendet Raimund nicht nur, nach Art des Altwiener Volksstücks, als unterhaltende Beigabe, er vermittelt vielmehr seine Philosophie:
"Der Mensch soll vor allem sich selber erkennen,
Ein Satz, den die ältesten Weisen schon nennen.
Drum forsche ein jeder im eigenen Sinn -
Ich hab´ mich erkannt heut´, ich weiß, wer ich bin."
A.Sch.

Der Verschwender

Inhalt

Der reiche Edelmann Julius von Flottwell gibt auf seinem prächtigen Schloss eine Jagdgesellschaft. Nach dem Ausritt trifft er sich mit seiner Geliebten, dem Bauernmädchen Minna, das in Wahrheit die in Menschengestalt auftretende Fee Cheristane ist. Vor einundzwanzig Jahren war sie von der Feenkönig Illmaha auf die Erde gesandt worden, um würdigen Menschen Wohltaten zu erweisen, hatte sich in den damals siebzehnjährigen Julius verliebt und in den Jahren seither ihm zu seinem großen Reichtum verholfen. Nun erst enthüllt sie ihm ihre wahre Natur; sie muss ins Feenreich zurückkehren und der verzweifelte Flottwell schenkt ihr zum Abschied auf ihre Bitten hin ein Jahr seines Lebens.
Drei Jahre später hat Flottwell ein neues Schloss gebaut und verschwendet seinen Reichtum in immer glanzvolleren Festlichkeiten. Er verliebt sich in Amalie, die Tochter des Präsidenten von Klugheim, und will sie heiraten - gegen den Willen ihres Vaters, der Flottwells Verschwendungssucht als Vorzeichen einer Katastrophe durchschaut und Amalie dem soliden Baron Flitterstein zugedacht hat. Aber nach einem turbulent endenden Fest bei Flottwell, in dessen Verlauf dieser sich mit dem Widersacher duelliert, gelingt den beiden Liebenden die Flucht. Flottwell und Amalie suchen ihr Glück in England. Zurück bleiben der intrigante Kammerdiener Wolf, der es versteht das Schloss an sich zu bringen; ein geheimnisvoller Bettler, der seit Cheristanes Verschwinden auftrat, nur für Flottwell sichtbar war und von ihm Geld und Schmuck gefordert hat; schließlich der treuherzige Bedienstete Valentin, der eigentlich Tischlergeselle ist, und der mit dem Kammermädchen Rosa unter dem Verdacht, einen kostbaren Schmuck gestohlen zu haben, von Wolf fortgejagt worden ist.
Flottwell kehrt nach zwanzig Jahren mittellos und als Bettler auftretend aus England zurück. Seine Frau und sein Kind sind tot, das Vermögen hat er verschwendet und sein altes Schloss ist zu einer Ruine verfallen. Seinen früheren Kammerdiener, inzwischen "von Wolf" findet er als Herrn des neuen Schlosses vor. Flottwelll wird von Valentin, der mit seiner Frau Rosa und seinen Kindern in zufriedener Bescheidenheit das Tischlerhandwerk betreibt und sich immer noch in der Dankesschuld seines früheren Herrn empfindet, aufgenommen.
Rosa ist anfänglich dagegen Flottwell bei sich aufzunehmen, doch auf Valentins Drohung sie samt den Kindern zu verlassen, lässt sie schnell ihre Meinung ändern.
Flottwell kehrt zur Ruine seines Schlosses zurück, wo ihm der Bettler wieder begegnet. Dieser ist Azur, den Cheristane als Schutzgeist ihres Geliebten Flottwell entsandt hat. Er gibt ihm die Kostbarkeiten zurück, die er einst von ihm erbettelt hatte.
Valentin tritt wieder in Flottwells Dienste und Cheristane verspricht Flottwell, dass sie sich im Reiche der grenzenlosen Liebe wiedersehen werden.


Zum Stück:

Wenngleich Flottwells Schicksal am Anfang und am Ende des Stücks in entscheidender Weise von außerirdischen Kräften bestimmt wird, so ist der dazwischenliegende Lebensweg des Helden doch ganz nach seiner eigenen Willensentscheidung gestaltet. Raimund hat mit der "Abdankung" der überirdischen Kräfte, als Cheristane verschwindet, dem Zauberspiel einen realistischen Akzent hinzugefügt. Die menschlichen Akteure sind nun selbst Schmiede ihres Glücks oder Unglücks, auf ihrem Weg werden sie von gutgesinnten, aber auch böswilligen Ratgebern begleitet, was sie mit deren Rat anfangen bleibt ihnen selbst überlassen. So verkörpert Cheristane die Liebe, da sie eigene Bestrafung auf sich nimmt, um den Geliebten zu retten; Wolf hingegen ist die skrupellose Raffgier, die zuletzt an sich selber erstickt; in Amalie verfällt Flottwell der sinnlichen Liebe und der Bettler verkörpert in biblischer Eindringlichkeit die Mahnung zu "guten Werken".
In der Figur des Valentin hat Raimund seine eigene Anschauung zur Geltung gebracht. Valentin ist die Zentralfigur des dritten Aktes, die auch Raimund selbst immer spielte. In der Gestalt des Valentins sind Naivität, Güte und Resignation vereint.
Valentin verkündet im berühmten Hobellied die Veränderlichkeit des Glücks, aber auch die Zufriedenheit und den bescheidenen Wohlstand, den ein redlicher Bürger erlangen kann.

 
 

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