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deutsch artikel (Interpretation und charakterisierung)

Interpretation nachts schlafen die ratten doch


1. Drama
2. Liebe



Wolfgang Borchert: Nachts schlafen die Ratten doch

- Inhaltsangabe und Interpretation -
Der Kahlschlag-Poet lässt einen alten Mann für einen Jungen sorgen. So blüht in der Trümmerwüste der Kriegs- oder Nachkriegszeit wieder ein wenig Hoffnung.

Inhaltsangabe
In der Trümmerwüste einer zerstörten deutschen Stadt döst ein Junge am Ende des Zweiten Weltkriegs vor sich hin. Auf einmal steht ein krummbeiniger, älterer Mann vor ihm und fragt, was er hier tue. Er passe auf, antwortet der Junge, will aber nicht sagen, worauf.

Der Mann erzählt von seinen Kaninchen, bietet dem Neunjährigen an, sie ihm zu zeigen. Der Junge würde gerne, muss aber aufpassen. Als der Mann sich zum Gehen wendet, verrät der Junge doch noch sein Geheimnis: Er passe auf, dass die Ratten seinen vierjährigen Bruder nicht anfressen. Die Leiche liege noch unter dem von einer Bombe getroffenen Haus. Er passe immerzu auf, tags und nachts. Sein Lehrer habe ihn dazu angewiesen.

Nachts schlafen die Ratten, sagt der Mann, der Junge könne ruhig nach Hause gehen. Es ist Abend, und so verspricht der Mann, dem Jungen ein kleines Kaninchen mitzubringen, wenn es dunkel wird. Und dann würde er den Jungen nach Hause begleiten, um seinem Vater zu sagen, wie so ein Kaninchenstall gebaut wird.



Interpretation
Borchert zeigt in seiner Kurzgeschichte die Situation der Menschen in den ausgebombten Städten in Deutschland. Die Leichen liegen unter Schutt begraben, Ratten durchstreifen die Stadt, und der Junge wurde von seinem Lehrer zu einer Art Totenwache für seinen Bruder bewegt.

Es ist eine tote, traurige und vor sich hindämmernde Welt: Die Mauer ist \"vereinsamt\", das Fenster \"gähnt\" und die Schuttwüste \"döst\". Doch es gibt noch Leben und Farbe in dieser grauen Trümmerwelt. Die Wüste lebt: Das Fenster wird von der Abendsonne farbig beleuchtet, Staubwolken flimmern. Das Grün des Kaninchenfutters ist etwas grau vom Staub der Trümmer, aber es ist zumindest etwas grün - wie die Hoffnung.

Der Junge hat anfangs die Augen zu, der Mann glaubt sogar, dass er schläft - wie die Stadtlandschaft um ihn herum. Doch er ist wach. Als der Fremde auftaucht, ist Furcht die erste Reaktion des Jungen. Es ist die Furcht vor der Polizei, den Soldaten, dem Krieg. Erst allmählich werden die Personen plastisch: Zuerst ist der Junge nur ein abstraktes \"Er\", dann bekommt er den Namen Jürgen und dann erst ein Alter.

Plichterfüllung oder letzter Dienst?
Der Lehrer hat dem Jungen erzählt, dass Ratten die Bombentoten fressen würden. Warum er dies gesagt hat, und ob er konkrete Handlungsanweisungen gegeben hat, wird im Text nicht gesagt. Möglicherweise hat der Lehrer den Schuljungen direkt gesagt, dass sie Wache halten sollen. Oder er hat nur erklären wollen, warum es wichtig ist, die Leichen zu beerdigen. Oder aber der Junge hat aus der Information des Lehrers und seiner Liebe zu seinem Bruder eine Handlungsverpflichtung abgeleitet. In jedem Fall hält es der Neunjährige für nötig, den Leichnam zu bewachen.


Die Lüge des Alten
Wie sinnvoll dieser Versuch ist, ist zweifelhaft: Der Bruder ist tot, und ob die Ratten ihn fressen oder der Leichnam langsam von Bakterien und Pilzen zerfressen wird, ist letztlich unwichtig. Man könnte das Wachehalten als sinnlose Pflichterfüllung oder auch als sinnlosen Liebesbeweis gegenüber dem Bruder interpretieren. So sieht es offensichtlich der Alte. Denn er versucht, den Jungen durch seine Behauptung, die Ratten schliefen nachts, zur Heimkehr ztu bringen. Seine Behauptung ist eine Lüge, denn Ratten sind dämmerungs- und nachtaktiv. Er gewinnt das Vertrauen des Jungen. Die Ratten werden in Jürgens Phantasie verdrängt vom Bild der Kaninchen, einem Symbol des Lebens.

Kindgerechte Mittel
Der Alte will sich weiter um Jürgen kümmern. Er will mit dem Vater sprechen, ihn entweder von der Sinnlosigkeit des Wachehaltens zu überzeugen oder . Durch das Versprechen, ihm ein Kaninchen zu schenken, und durch seine Behauptung gelingt es ihm, den Jungen zum Heimgehen zu überreden. Er sagt dem Jungen nicht die Wahrheit, die dieser wahrscheinlich noch nicht verstehen würde. Anders als der Lehrer bringt er ihn mit kindgerechten Mitteln dazu, das zu tun, was er für das Richtige hält - und was wohl auch das Richtige ist.

Borcherts Geschichte ist ein Plädoyer für die Zukunft. Vielleicht sieht er in dem Jungen einen Modellfall für die Jugend, die nach dem Krieg die Städte wieder aufbauen muss.


Farbsymbolik
Das Kaninchen - mit seinem sprichwörtlichen Fortpflanzungseifer - dient als Symbol des Lebens, ebenso wie das Grün des Kaninchenfutters. Dagegen steht das Grau der Trümmer. Hier setzt Borchert eine leicht verständliche Farbsymbolik ein. Grün steht für das Leben, grau für die Vergangenheit und den Dienst an ihr.

Mischperspektive
Die Geschichte ist in \"Er-Form\" aus der Perspektive des Jungen erzählt. Die Gedanken des Jungen, zum Beispiel \"Jetzt haben sie mich\", werden berichtet. Allerdings ist die Perspektive nicht konsequent durchgehalten, die auktoriale Sicht dringt immer wieder ein. Das zeigt sich schon am Anfang: Die Trümmerwüste wird kurz skizziert, aber der einzige Anwesende, der Junge, hat die Augen zu. Wir sehen die Szenerie durch die Augen des Erzählers. Außerdem nennt der Erzähler den Jungen an einer Stelle \"mutig\", wertet also das Verhalten des Bubens.

Es handelt sich um eine Slice-of-Life-Geschichte, nicht um eine Pointengeschichte. Die Spannung hält sich in engen Grenzen, es geht mehr um moralische Reflektion als um Handlung.

Die Geschichte besteht hauptsächlich aus Dialogen. Dabei ist die Verwendung der Umgangssprache charakteristisch für die Trümmerliteratur, zu der diese Geschichte gehört. So spricht der Junge zum Beispiel den unvollständigen aber realistischen Satz: \"Wenn ich eins kriegen kann?\". Außerdem zeigt die Geschichte, dass Borchert vom Expressionismus beeinflusst ist. Bilder wie \"Staubgewölke\" und Adjektive wie hohl, steil, vereinsamt sowie die Farbsymbolik sind in dieser Hinsicht verräterisch.

 
 



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