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philosophie artikel (Interpretation und charakterisierung)

Kreativität

Das kriterium der leidensfähigkeit





Singers Modell geht von einer Gleichbehandlung von Interessen aus, bei der Entscheidung einer Handlung. Was aber sind nun Interessen, wer besitzt sie und wie kommen sie zustande?
Hierbei spielt bei Singer die zentrale Rolle das Prinzip der Vermeidung von Schmerz und die Maximierung von Glück, so ist ein Kernpunkt Singers Theorie, daß nur leidensfähige Wesen Interessen haben können, und somit auch nur diese bei der Abwägung der Interessen bei einer Entscheidung eine Rolle spielen.

"Die Fähigkeit zu leiden und sich zu freuen ist vielmehr eine Grundvoraussetzung dafür, überhaupt Interessen haben zu können, eine Bedingung, die erfüllt sein muß, bevor wir überhaupt sinnvoll von Interessen sprechen können. Es wäre Unsinn, zu sagen, es wäre nicht im Interesse des Steins, daß das Kind ihm auf der Straße einen Tritt gibt. Ein Stein hat kein Interesse, weil er nicht leiden kann. (...) Eine Maus dagegen hat ein Interesse daran, nicht gemartert zu werden, weil sie dabei leiden wird. (...) Ist ein Wesen nicht leidensfähig oder nicht fähig, Freude oder Glück zu erfahren, dann gibt es nichts zu berücksichtigen. Deshalb ist die Grenze der Empfindungsfähigkeit die einzige vertretbare Grenze für dir Rücksichtnahme auf die Interessen anderer." (Singer, 1984, S.72 f.)
["Ähnlich hatte es auch schon Hoche in der Begründung zu "Vernichtung lebensunwerten Lebens" formuliert : "Wo kein Leiden ist, ist auch kein Mitleiden." (Klee, 1990, S. 81)]

Diese Argumentationskette erlaubt es Singer ein Spezies - übergreifendes Ethikkonstrukt zu entwerfen, dessen Werte in der Abwägung von Vermehrung von Glück und Lust Faktoren und der Verminderung von Unglück und Unlust Faktoren aller von der Entscheidung Betroffener zu sehen sind.
Singer kritisiert die sogenannte Heiligkeit menschlichen Lebens als eine Art Rassismus im speziesistischen Sinn, denn erkennt man das Prinzip der gleichen Interessenabwägung aller Beteiligten im Sinne eines Nutzen/Kosten Prinzips an, so sind natürlich auch die Präferenzen eines zum Leid fähigen anderen Wesens, in die Abwägung mit einzubeziehen und es wäre unzulässig und rational nicht zu vertreten, so Singer, allein auf Grund der Artfremdheit Unterschiede zu setzen. Dies ist Grundlage der Forderung nach Gleichbehandlung von Mensch und Tier, ein Kernanliegen Singers, der selber streng vegetarisch lebt. Singer betont jedoch, dass der Mensch aufgrund seiner Antizipationsfähigkeit, im Gegensatz zum Tier, zu einem vergleichsweise stärkeren Leiden fähig ist, welches auch in die Erwägung der Linderung des größten Leidens einfließen sollte.

Zur Verdeutlichung einer solchen Betrachtungsweise möchte ich folgendes Zitat anführen :

"Würden wir etwa beschließen, äußerst schmerzhafte oder tödliche wissenschaftliche Experimente an normalen erwachsenen Menschen durchzuführen, die man - wie es der Zufall will - aus öffentlichen Parks zu diesem Zweck entführt, so würden die Erwachsenen die einen Park betreten, sich vor einer Entführung zu fürchten beginnen. Der daraus resultierende Schrecken wäre eine Form von Leiden, die zu den Schmerzen des Experiments hinzukäme. Die selben Experimente würden aber bei nichtmenschlichen Lebewesen weniger Qual verursachen, weil die Tiere nicht im voraus befürchten würden, entführt und zu Experimenten mißbraucht zu werden. Das bedeutet natürlich nicht, daß es richtig wäre, diese Experimente an Tieren durchzuführen, sondern nur, daß es einen nicht speziesistischen Grund gibt, dafür eher Tiere als normale Erwachsene zu verwenden, wenn die Experimente überhaupt durchgeführt werden müssen. Man sollte allerdings festhalten, daß dieses selbe Argument uns auch Gründe dafür gibt, Kleinkinder - vielleicht Waisen - oder geistig behinderte Kinder eher zu verwenden als Erwachsene, weil Kleinkinder und geistig behinderte Kinder ebenfalls keine Vorstellung davon hätten, was mit ihnen geschehen wird. Was diesen Argument betrifft, so gehören nichtmenschliche Lebewesen, Kleinkinder und geistig behinderte Kinder zur selben Kategorie; und wenn wir uns diesen Arguments bedienen, um Experimente an nichtmenschlichen Lebewesen zu rechtfertigen, so müssen wir uns selber fragen, ob wir bereit sind, Experimente an Kleinkindern und geistig behinderten Kindern zuzulassen. Wenn wir einen Unterschied zwischen Tieren und Menschen machen, so geschieht das wohl deshalb, weil wir die Angehörigen unserer eigenen Spezies in moralisch unvertretbarer Weise bevorzugen." (Singer 1984, S. 75 f.)

Zwar merkt Singer hier kritisch an, dass dies nicht bedeutet, "...daß es richtig wäre, diese Experimente an Tieren (und somit auch Kleinkindern und geistig behinderten Kindern) durchzuführen ..." (Singer 1984, S. 75), doch geht dieser kritische Aspekt in der beiläufigen Erwähnung innerhalb eines Nebensatzes unter.

 
 



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