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wirtschaft artikel (Interpretation und charakterisierung)

Die akteure:



Wirtschafts- und Finanzpolitik gehören zu den zentralen Aufgaben jeder Regierung. Dementsprechend finden sich unter ihren Akteuren die wichtigsten Regierungsmitglieder, nämlich Bundeskanzler und Finanzminister, außerdem der Minister für wirtschaftliche Angelegenheiten, der Sozialminister und der Minister für Land- und Forstwirtschaft. Dem Finanzminister kommt dabei eine zentrale Stellung zu. Zu den Hauptakteuren zählen ferner die Großverbände der Sozialpartnerschaft, vor allem ÖGB und Wirtschaftskammer Österreich; bei der Lohn/Einkommenspolitik spielen diese sogar die dominante Rolle, ihr Einfluss reicht aber auch in andere Bereiche hinein. Die zwei großen politischen Parteien zählen ebenfalls zu diesem Kreis, der sich seit dem EU-Beitritt erweitert und verändert hat. Vor allem sind die EU-Kommision und der Rat der Wirtschafts- und Finanzminister hinzugetreten; ein Teil dieser Politik wird jetzt in Brüssel gemacht und von dort aus vorgegeben, so etwa die Maastricht-Kriterien für Budgetdefizit und Staatsverschuldung. Die innenpolitischen Akteure verlieren dagegen an Bedeutung, vor allem die Arbeitnehmervertreter, für die es in Brüssel kein direktes Gegenstück zur Sozialpartnerschaft gibt; die Industrie dagegen hat auch dort einen guten Zugang zu den wichtigen Institutionen.

Die jeweilige Bedeutung dieser Akteure und ihre Beziehungen zueinander waren im historischen Verlauf durchaus unterschiedlich. Bemerkenswert ist jedenfalls, dass die Akteure meist sehr eng zusammengearbeitet haben und dass es kaum Fälle gibt, in denen sich einzelne Gruppen den Beschlüssen dieser Eliten entziehen konnten. Angesichts der Probleme, die Einkommenspolitik in zahlreichen anderen Ländern regelmäßig hervorruft, verdient dieser Punkt besondere Beachtung.

Im ersten Nachkriegsjahrzehnt war die Wirtschafts- und Finanzpolitik weit gehend eine Angelegenheit der ÖVP bzw. des von ihr gestellten Finanzministers. Der SPÖ fehlte es an Experten und an Tätigkeitsbereichen, in denen sich solche entwickeln hätten können.

Mitte der Fünfzigerjahre nahmen die zentrifugalen Kräfte in der Großen Koalition zu und die Fähigkeiten zur Problembewältigung ab. Von der Hochkonjunktur her drohte Inflation, von der gegenseitigen Blockierung der Regierung her Handlungsunfähigkeit. In der Folge gab es eine Auslagerung der Wirtschaftskompetenz von den großen Parteien hin zu den Sozialpartnern; bei der SPÖ hin zum ÖGB, bei ÖVP zur BWK.

Mitte der Sechzigerjahre geriet die österreichische Wirtschaft in eine Strukturkrise, die sich in schwachen industriellem Wachstum und Zahlungsbilanzdefiziten manifestierte. Die Hauptgründe dafür waren die mangelnde Anpassung des Produktionsapparats an die neuen Bedürfnisse, und auch die Umorientierung der Handelsströme im Gefolge des EFTA-Beitritts. In dieser Zeit bemühten sich die Sozialpartner, durch Dämpfung der Produktionskosten und eine entsprechende Einkommenspolitik die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Durch einige Änderungen ergaben sich folgende Aufgabenverteilung: Die Sozialpartner sorgten für die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit durch eine entsprechende Lohn- und Preispolitik und entlasteten damit die Regierung. Diese wiederum schaffte die steuerlichen Rahmenbedingungen für hohe Wachstumsraten (vor allem Begünstigung von Investitionen). Als in der Rezession von 1967 wegen eines Konjunktureinbruchs und außenwirtschaftlichen bedingter Preissteigerungen eine Stagflation 1 drohte, kam es zum "big bargain": die Regierung zog die Senkung der Lohn-/Einkommenssteuer zeitlich vor und beschloss sozialpolitische Reformen; im Austausch dämpften die Sozialpartner den Lohnanstieg und verzichtete der ÖGB auf Kampfmaßnahmen.

Die Sechzigerjahre stellten den Höhepunkt sozialpartnerschaftlicher Mitwirkung bei der Wirtschafts- und Finanzpolitik dar. Ab 1970 folgten Tendenzen in die umgekehrte Richtung. Nach der Regierungsübernahme 1970 war die SPÖ bestrebt, ihre Abhängigkeit von der ÖVP durch Schaffung eigener Expertenstäbe der Minister zu verringern. Die wirtschaftspolitische Wende von 1986/87 bedeutete eine klare Schwächung der Arbeitnehmervertreter, was sich besonders beim Beschluss zur VOEST-Sanierung deutlich zeigte. Die seit 1987 erfolgten Privatisierungen, die die Gewerkschaften in diesen Betrieben und insbesondere ihre Zugangsmöglichkeiten zur Bundesregierung schwächten, wirkten in die gleiche Richtung. Dennoch wurde der neue, 1986 eingeschlagene Kurs von den Sozialpartnern mitgetragen.

In den Neunzigerjahren gab es zum ersten Mal eine massive Infragestellung der Kammern durch die inzwischen stärker gewordene FPÖ. Als 1994 die Diskussion um ein "Sparpaket" einsetzte, wurden die Sozialpartner kaum miteinbezogen, wogegen der ÖGB stark kämpfte. Beim großen Sparbudget für 1996 und 1997 waren die Sozialpartner allerdings wieder prominent beteiligt.

Das Parlament hat in der Wirtschaftspolitik bisher relativ wenig Bedeutung gespielt. Das könnte sich ändern, wenn SPÖ oder ÖVP in der Zukunft eine Koalition mit einer oder zwei der jetzigen drei Oppositionsparteien bilden sollten, da alle Oppositionsparteien der Sozialpartnerschaft kritisch gegenüberstehen.

 
 

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