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wirtschaft artikel (Interpretation und charakterisierung)

Bildung, wem bildung gebührt - wer zahlt die zeche?



Studenten sind längst die Hauptträger der Finanzierung ihrer eigenen Bildungsreform geworden. Sie investieren bereits seit einigen Jahren Beträge in der Größenordnung von mehreren tausend DM in den Kauf von Computern, Druckern, Videorecordern oder Anrufbeantwortern, und sie sind es auch, die die wachsenden Telefonrechnungen für den Online-Verkehr bewältigen müssen. Die durch Glotz initiierte Debatte um die Einführung von Studiengebühren (in der Größenordnung von vorerst wenigen hundert DM pro Semester) geht deshalb längst an den wirklichen Problemen vorbei, da der studentische Haushalt an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit gerät, wenn es um die Finanzierung der "Informationsgesellschaft" geht. Studenten sind bereit für die Bildung zu bezahlen, aber dann muß ihnen über die Mehrwertsteuer hinaus auch ein tatsächlicher Mehrwert in der Bildung geboten werden.
Immer wieder wird dem Einsatz neuer Kommunikationstechniken in der Informationsgesellschaft der Zukunft eine verkehrssubstituierende Wirkung unterstellt. Wenn man allerdings unter den aktuellen Bedingungen daran denkt, daß ein Kunde des Nahverkehrs in Berlin für einen Betrag von knapp vier DM ca. zwei Stunden U-Bahn, S-Bahn, Bus oder Straßenbahn fahren darf, und ein Nutzer des Fernsprechnetzes für den gleichen Betrag nur ca.40-50 Minuten im Ortstarif telefonieren kann, dann erscheint es erst recht unglaublich, daß ein Student, sobald er einen universitätsexternen Serviceprovider für sein Telestudium bucht, für den bereits gennanten Betrag privat nur ca. 20 Minuten im Internet surfen kann. Hier muß es in Zukunft deutliche Verbesserungen geben. Momentan kann Studenten das Online-Lernen auf Dauer aus Kostengründen noch nicht empfohlen werden.
Wie wenig ausgeprägt das öffentliche Bewußtsein für die außergewöhnlich hohen privaten Investitionen der Studenten in ihre Ausbildung ist, läßt sich mit einem Konflikt aus der Vorphase des Virtual Colleges verdeutlichen.
Hochschulen und Netzbetreiber stritten sich darum, wer denn nun die Zusatzinvestitionen für die Router zu tätigen habe, die für die ISDN-Vernetzung zwischen den Berliner und Brandenburger Hochschuleinrichtungen erforderlich waren. Während die Hochschulen auf ihre leeren Kassen verwiesen, erklärte die Deutsche Telekom, daß sie nicht mehr gewillt sei, neue Dienste oder neue Leistungsmerkmale zum Null-Tarif anzubieten. Erst der Verweis des Leiters der Tubkom der TU Berlin, der für die technische Infrastruktur des Virtual Colleges verantwortlich zeichnet, auf die enorme Zahl von neuen Einwahlen durch Studenten in die hochschulinternen Rechner, die durch die Öffnung der Systeme generiert wird, konnte den Hauptsponsor des Projektes überzeugen: Die Öffnung der Hochschulrechner für die Studenten bedeutet für die Telekom das gleiche, wie eine Lizenz neues Geld zu drucken. Geld, das vorerst aus den Taschen der Studenten in die Kassen eines Monopolisten wandert.
Entgegen den populistischen Argumenten von berufsbetroffenen Studentenfunktionären und ewig jugendbewegten Hochschuldozenten sind die pragmatisch gesonneneren neuen Studenten bereit, für mehr Leistung auch mehr zu zahlen. Das mehr an Leistung, das ihnen die Hochschulpolitiker jedoch für die Einführung einer Studiengebühr versprechen, wird an deutschen Universitäten wohl auch in Zukunft kaum geboten werden können. Der Markt für neue Lehrangebote, in das Studenten freiwillig investieren, muß sich aus den gleichen Motivationsquellen speisen, die den Buchmarkt vorangetrieben hat: Spezialisierung und professionelle Qualität.
Der Markt für professionelles Edutainment benötigt deshalb zu seiner Entfaltung noch einige Jahre. Die multimedialen Produkte von heute speisen sich noch formell aus der Fernsehwelt und inhaltlich aus der Welt der Bücher. Eine eigene Multimedia-Ästhetik kann sich nur über einen längeren Zeitraum entwickeln. Denken in Hyper-Links und Metatexten, inspiriert durch Metaphern in konkreten Bildern, das sind die genuinen Stärken der Multimediawelt. Bevor wir Studenten nicht einen Gratiszugang zur Multimedia-Welt ermöglichen können, was auf Dauer sicherlich sinnvoll und wünschenswert ist, muß der Online-Verkehr vorerst noch auf das notwendige Minimum begrenzt, und der Offline-Verkehr beschleunigt gefördert werden.
Als politisch kaum durchsetzbare Zwischenlösung, um zumindest den aktuellen Online-Verkehr zu verbilligen, bietet sich an, daß der Deutschen Telekom durch die Politiker mehr Spielraum zur Reduktion von Preisen gegeben wird, vorerst im Rahmen einer Erneuerung ihrer Geschäftsbedingungen als Sondertarif für den Online-Verkehr mit Schulen und Hochschulen. Die Telekom sollte sich insbesondere darum bemühen, bestimmte Kommunikationsdienstleistungen und Kommunikationsmodi zeit- und volumenunabhängig zu einem bezahlbaren Festpreis anzubieten. Anstatt junge Leute zur Erprobung, Entwicklung und Entfaltung neuer Techniken und Dienste zu ermutigen, bestrafen wir sie vorerst noch durch die Gebührenordnung.

 
 

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