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recht artikel (Interpretation und charakterisierung)

Die verhandlungen mit und die entscheidung der eu-kommission


1. Finanz
2. Reform

Die nunmehr vereinbarte Fusion und die Zusammenarbeit mit der Telekom waren von der EU-Kommission nach den wettbewerbsrechtlichen Regelungen der Union zu genehmigen. Sie wurde dabei vom beratenden Ausschuß, in dem die Kartellämter der Mitgliedstaaten zusammengefaßt sind, beraten (siehe Abbildung).

Abbildung 2: Schaubild der Akteurskonstellation bei der \"Bertelkirch\"-Entscheidung


Frühzeitig war vor allem an den Stellungnahmen des Wettbewerbskommissars van Miert abzulesen, daß die Pläne - zumal in der vorliegenden Form - wahrscheinlich nicht die Zustimmung der Kommission wird finden können. So untersagte er bis zur Entscheidung der Kommission in dieser Frage die Vermarktung der planmäßig gemeinsamen d-box durch Premiere digital ausgerechnet im Weihnachtsgeschäft 1997.
Spätestens von diesem Zeitpunkt an betrieben die beteiligten Unternehmen intensiv Überzeugungsarbeit und Kompromißsuche. Bertelsmann beispielsweise brachte folgende Argumente für die geplante Fusion hervor :
"Durch den Abbau von Markteintrittsbarrieren [gemeint ist wohl die durch die Fusion attraktiv werdende Anschaffung von Dekodern, sowie die durch die Vereinbarungen für den Kunden gewonnene Sicherheit bzgl. der technischen Standards; H.P.] wird eine offene diskriminierungsfreie Struktur für zukünftige Wettbewerber erst geschaffen." Argumentiert wird in diesem Zusammenhang mit Frankreich, wo auch zu einem späteren Zeitpunkt neue Wettbewerber in den Pay-TV Markt drangen. Zum anderen werden "europäische Anbieter nach Durchdringung ihrer Teilmärkte (...) auf die jeweiligen anderen Heimmärkte drängen können und so einen europaweiten Wettbewerb herstellen."
Für den Fall des Scheitern der Pläne wird eine zweite Argumentationslinie aufgeführt: Es wird die Gefahr einer Dominanz von US-Anbietern beschworen, die "im Gegensatz zu deutschen Anbietern auf einen funktionierenden Heimatmarkt und umfangreiche Programmressourcen zurückgreifen, die sie auch in Europa verwerten können." Zusammenfassend: "Wenn Wettbewerb bereits beim Einstieg in eine neue Technologie zur Bedingung gemacht wird, besteht die Wahrscheinlichkeit, daß die eigenen Player verhindert werden, der Markt Anbietern von außen überlassen wird und die Arbeitsplätze außerhalb Europas geschaffen werden."
Im Laufe der Verhandlungen ging die Allianz weitere Zusagen ein. So erklärte sie sich bereit, 25% von BetaResearch "freizuhalten", die Einrichtung eines technischen Sachverständigenrates, der allen mit digitalen Fernsehen Befaßten offensteht, sollte beraten, in Zweifelsfällen sollte eine unabhängige Schiedsinstanz entscheiden; CA- und Dekoder-Hersteller-Lizenzen wollten die Beteiligten an jedem interessierten Unternehmen vergeben. Bertelsmann, Kirch und die Telekom erklärten sich überdies bereit, Premiereprogramme (allerdings ohne die Möglichkeit, diese zu entbündeln) durch andere Kabelnetzbetreiber vermarkten zu lassen. Bezüglich des Rechtehandels konnten sich Bertelsmann und Kirch bei entsprechender Nachfrage Dritter auf die Weitergabe eines Viertels ihrer Film- und Sportrechte verständigen.
Van Miert schlug in der Schlußphase der hektischen Pendeldiplomatie vor, den privaten Kabelnetzbetreibern unter Mitwirkung der Telekom eine Plattform zu schaffen, auf der sie einen Zugang zu Premiere (digital) mit entsprechenden Zugriff auf die Programme bekommen hätten. Dabei machte sich der Wettbewerbskommissar im wesentlichen die Position des Verbandes der privaten Kabelnetzbetreiber (ANGA) zu eigen, welche argumentierte, eine neutrale Plattform sei nur möglich, wenn sie von allen Netzbetreibern betrieben wird (siehe MedienDialog 7/97: 11). Der Kompromißvorschlag wurde von Kirch und der Telekom angenommen, von Bertelsmann jedoch als zu weitreichend abgelehnt . Damit war die Grundlage für den einstimmig negativen Bescheid der Kommission gelegt. Insbesondere argumentierte sie dabei, daß es auch auf neuen Märkten eine Chance auf Wettbewerb geben müsse, diese Chance aber aufgrund der vereinbarten Konstellation so gut wie nicht bestehe, weder hinsichtlich der Dekodertechnik noch der Entwicklung einer alternativen Programmplattform oder der Durchsetzung neuer Vermarktungsanbieter. So liegen beispielsweise alle Pay-TV-Rechte bei CLT-Ufa und Kirch. Ein neuer Veranstalter müßte zunächst Ausstrahlungsrechte erwerben, braucht aber, um hier Erfolg zu haben, bereits einen Stamm an Abonnenten, da die Möglichkeit der (Rechte-)Einnahmen und damit das Interesse an Verhandlungen seitens der großen Studios erst mit wachsender Anzahl der potentiellen Seher steigt. Hohe Investitionen der privaten Kabelnetzbetreiber wären notwendig, um eine alternative Technikplattform für digitales Kabelfernsehen zu entwickeln. Diese aber würden nur getätigt, wenn entsprechende Marktdurchdringungschancen bestehen würden, die wiederum äußerst gering zu sein scheinen.

Bei dem neuen Markt des Pay-TV findet sich somit eine Situation wieder, die der Struktur eines Dilemmas ähnlich ist: Zum einen erklärt sich die Zusammenarbeit der im Fernseh- und Netzbereich potentesten, und sich im übrigen teilweise ablehnend gegenüberstehenden Veranstaltergruppen aus den Umständen heraus (sehr hohe Investitionen, inhärenter Druck auf technische Standardisierung) sowie den teuren fehlgeschlagenen Versuchen der einzelnen zuvor (ClubRTL, DF1). Die angestrebte Zusammenarbeit ist Ausdruck einer Einsicht und nicht das Ergebnis von ins Auge gefaßter Marktabschottung und -beherrschung (so sie auch von den Beteiligten dankend in Kauf genommen werden mag). Auf der anderen Seite steht die EU-Kommission, die auf der Grundlage der wettbewerbsrechtlichen Regelungen auch auf einem neuen Markt Wettbewerb einfordert und (zu Recht) eine starke Betonung darauf legt, wie die Bedingungen aussehen müssen, respektive wie sie nicht aussehen dürfen, um den Markt für Wettbewerber offen zu halten. Daher lautet die zentrale Frage, wie unter den gegebenen gesetzlichen Vorschriften überhaupt dieser schwierige Markt erschlossen werden kann. Die schwierige, weil investitionsintensive Markterschließung im allgemeinen, sowie die deutsche Marktsituation mit einem zentralen Netzverwalter und zwei Rechteinhabern/Programmveranstaltern im Besonderen lassen schon in Ermangelung anderer Akteure eine grundsätzlich andere Alternative zum abgelehnten Vorgehen als unrealistisch erscheinen. Sogesehen liegt das Problem der rechtlich unbedenklichen Einführung des digitalen Fernsehens mittels Pay-TV auch in der deutschen Unternehmensstruktur eines Quasi- Duo- (Veranstalter) bzw. Quasi-Monopols (Netzbetreiber) begründet.

 
 

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