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chemie artikel (Interpretation und charakterisierung)

Katalytische antikörper gegen kokainsucht


1. Atom
2. Erdöl

Seit den achtziger Jahren hat der Mißbrauch von Kokain größere Ausmaße angenommen. Zuerst in den Vereinigten Staaten, dann auch in Europa. Einige Millionen Menschen konsumieren diese psychostimulierende Droge mit - unter anderem - schweren psychischen Störungen, Herz-Kreislauf-Komplikationen, sowie plötzlichen Herzattacken zur Folge. In den USA haben die sozialen Auswirkungen der Kokainwelle zum Niedergang vieler Städte beigetragen, denn der Konsum entzieht Arbeitskraft und Kapital, die beide ansonsten produktiv hätten eingesetzt werden können.
Die Beliebtheit läßt sich auf die gesellschaftliche Akzeptanz als Modedroge, die wenig erfolgreiche Bekämpfung des Schmuggels, sowie die Entwicklung von Crack zurückführen. Denn Crack wirkt schneller und intensiver, weil es geraucht und geschnupft werden kann.
Die Betroffenen können keine pharmakologische Hilfe in Anspruch nehmen, da es auch nach jahrzehntelanger biomedezinischer Forschung noch keine Wirkstoffe gibt, mit denen sich die Folgen einer Überdosis oder gar die Abhängigkeit vom Kokain behandeln ließe. Die Folgen einer Überdosis können mitunter gravierend sein, bis hin zum Herzstillstand oder Hirnschäden.
Deshalb verfolgte man schließlich einen radikal neuen Ansatz: Die Sucht wird bekämpft, indem die Wirkung der Droge aufgehoben wird. Die Droge muß im Blut zerstört werden, bevor sie das Gehirn erreicht. Eine Droge ohne Wirkung ist überflüssig. Dieser Ansatz bot sich quasi an, denn fast alle abhängig machenden Drogen stimulieren ein neuronales Belohnungssystem. Dieses aktiviert die limbocorticale Region des Gehirns, welche die fundamentalsten Gefühle und Verhaltensweisen kontrolliert. Es ist ein mehr als 100 Millionen Jahre altes Evolutionsprodukt. Einen Überlebensvorteil erwirtschaftete es, weil es das Lernen und Wiederholen verschiedener positiver Handlungen begünstigte, indem es die Befriedigung von Bedürfnissen mit angenehmen Empfindungen verband (Zum Beispiel Paarung oder Nahrungsaufnahme). Das ist auch bei uns noch so. Die angenehmen Empfindungen werden zum Teil durch die Ausschüttung körpereigener Opiate realisiert. (z.B. Endorphine = endogene Morphine, Dopamin)
Die gleichen Strukturen dieser vorbewußten Lebewesen existieren auch in unserem Gehirn und sind Grundlage für das subjektive Empfinden von Lust und Wohlbefinden. Man fühlt sich gut, wenn Nervenbotenstoffe (vorrangig Dopamin) diese Schaltkreise erregen.
Die Quelle des Suchtverhaltens, ist die Verstärkung des Belohnungseffektes. Jeder gebräuchliche Suchtstoff basiert auf dieser Wirkungsweise, indem es irgendein Element des Belohnungssystemes stimuliert und den Konsument sozusagen darauf dressiert, sich ihn wieder zuzuführen. Die klassischen Beispiele sind Alkohol, Nikotin, Barbiturate (Schlaf- Beruhigungsmittel), Amphetamine, Heroin, Cannabis (Marihuana, Haschisch) oder Kokain.
Als Gratiseffekt verändert sich die Produktion der Neurotransmitter bei längerem Konsum, so daß ein Absetzen einer Droge, bei Abhängigkeit, gefährliche oder zumindest höchst unangenehme körperliche und psychische Entzugssymptome auslösen kann. (z.B. Krämpfe...)
Die Intensität der Verstärkung ist Abhängig von der Droge und von der Menge und Geschwindigkeit, mit der es in Blutkreislauf und Gehirn eindringt. Direktes Spritzen in eine Vene hat deshalb den durchschlagendsten Effekt, Rauchen jedoch ist ähnlich effizient.
Kokain, injiziert oder geraucht als Crack, hat unter den verbreiteten Drogen das höchste suchterzeugende Potential.



Das Problem ist, daß Kokain den Abbau des Reizes verhindert. Der Neurotransmitter Dopamin der im synaptischen Spalt, insbesondere bei Synapsen im Belohnungssystem, ausgeschüttet wird, erzeugt diesen Reiz. Eigentlich sollte das Dopamin nach erfüllter Aufgabe wieder aktiv ins Zellinnere des Senderneurons zurückgeholt werden, das Kokain blockiert jedoch die Transportproteine und der Reiz wird verstärkt. Das Kokain wirkt also indirekt, indem es die Wirkung eines bereits ausgeschütteten Neurotransmitters verlängert. Opiate hingegen heften sich direkt an die Rezeptoren des Empfängerneurons und lassen sich somit durch chemische unwirksame Verbindungen (wie Naltrexon), von den Rezeptoren verdrängen, indem sie sich selbst an den Rezeptor heften ohne einen Reiz zu erzeugen.
Jede Substanz die Kokain den Zugang zu dem Dopamin-Transporter verwehren würde, hätte wahrscheinlich auch negativen Einfluß auf dessen Transportfähigkeit und würde somit weitgehend den gleichen Effekt wie Kokain selbst zeigen.
Stets gelangt Kokain über die Blutbahn zum Gehirn. Als natürliche "Abfangjäger" agieren Antikörper in unserem Organismus. Eine Immunisierung mit einem Analagon kann erfolgreich sein und die Wirkung der Droge abschwächen. Die Antikörper-Heroin Komplexe werden jedoch nach kurzer Zeit vom Körper eliminiert. Ein praxisgerechter Antikörper müßte also die Droge zerstören ohne selbst zerstört zu werden.
Außerdem kann ein Kokainmolekül das 250-fache seines eigenen Gewichtes an Antikörpern binden, somit wäre eine Injektion von 100mg Kokain eine Menge, die ein typischer zirkulierender Antikörper nicht zu neutralisieren vermag.
Vor nicht allzu langer Zeit (später 80er) wurden mit einem Trick Antikörper hergestellt, die zugleich - ähnlich einem Enzym - die Spaltung begünstigen und sich nach erledigter Arbeit von den Produkten trennen und bereit für einen neuen Zyklus sind. Diese katalytischen Antikörper, Abzyme genannt (von antibody und enzyme), schaffen bei besonders hoher katalytischer Aktivität einige Dutzend Reaktionen pro Sekunde und wären optimal um ein großes Quantum zu inaktivieren.
Kokain scheint zunächst aussichtsreicher Kandidat zu sein, da es sich durch eine einfach Spaltreaktion in zwei unproblematische Bruchstücke zerlegen läßt. Diese Spaltung führt sogar ein normales Enzym im menschlichen Blut aus, jedoch viel zu langsam, um das für die Abhängigkeit verantwortliche Hochgefühl zu verhindern.
Kokain gehört zu einer Klasse von Verbindungen, die als Ester bezeichnet werden. Bestimmte Antikörper die Ester spalten, sind fast so wirksam wir die natürlichen Enzyme, die Esterasen.











Bei einem Abzym sind die Falten, Taschen und aktiven Zentren nicht auf die normale Struktur des Zielmoleküls zugeschnitten, im Gegensatz zum gewöhnlichen Antikörper, sondern auf einen Übergangszustand zwischen Ausgans- und Endzustand der Reaktion.
Indem der Antikörper das Erreichen dieses Zustandes erleichtert, macht er die Reaktion wahrscheinlicher.
Die ersten künstlichen Abzyme erreichen eine katalytische Aktivität von nur zwei Spaltreaktionen in der Minute. Wirksame Abzyme müßten es aber auf zwei Spaltreaktionen pro Sekunden bringen. Angesichts der Tatsache, daß einige katalytische Antikörper es auf eine Aktivität von vierzig Umsetzungen pro Sekunden bringen, erscheint es als realistisches Ziel.
Es bieten sich einige Möglichkeiten um die enzymatische Aktivität zu Verbessern. Zum Einen die Konstruktion modifizierter Analoga, die eine Bildung hochaktiver Abzyme auslösen sollen. Diese werden dann das Kokainmolekül derart in seiner Gestalt verzerren, daß es fast in sich selbst zerfällt.
Weiterhin könnten Screening-Methoden gestatten, die Antikörper direkt auf ihre katalytische Aktivität hin auszusuchen, statt erst auf eine feste Bindung an eine Analogon für den Übergangszustand.
Schließlich können durch Klonen der Abzyme eines jeden Typs die Strukturen einzeln verändert werden.

Leider ist es bis zur medikamentösen Anwendung nicht ganz so einfach, denn Süchtige kann man nicht direkt - aktiv - mit einem Analogon des Übergangszustandes immunisieren, weil nur ein kleiner Teil der vom Körper gebildeten Antikörper katalytisch aktiv wäre.
Um trotzdem eine hohe schützende Konzentration zu gewährleisten, muß man passiv immunisieren, also eine Übertragung ausreichender Mengen des wirksamen Abzyms selbst. Das Know-how für die Herstellung solcher Antikörper ist bei den Pharmaherstellern im Prinzip schon vorhanden.
Ein Abzym ließe sich für mindestens einige Wochen im Organismus stabil halten, das ist in etwa so lange wie natürliche Antikörper im Körper überdauern. Eine einfache Injektion könnte dann einen Monat Kokain inaktivieren, jene Zeitspanne nach der die schlimmsten psychischen Qualen abklingen und man wieder auf herkömmliche Suchtbehandlung zurückgreifen könnte. Bisher setzt der Großteil der Teilnehmer während den Entwöhnungsmaßnahmen die Einnahme fort. Bei einer solchen Blockade von Kokain würde ihnen das wahrlich nicht viel nützen.
Möglicherweise müssen nicht alle Moleküle der Droge vom Gehirn ferngehalten werden. Die einfache Dämpfung des Hochgefühls ist ausreichend um der Abhängigkeit entgegen zu wirken.
Eine hohe Dosis Crack geraucht, würde nur den Effekt von einigen Milligramm geschnupften Kokainpulvers haben. Denkbar das dieser Unterschied den Weg zum Ausstieg ermöglicht.

 
 

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