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geschichte artikel (Interpretation und charakterisierung)

Schwerpunkte deutscher und sächsischer geschichte im 19. jahrhundert





Um dem Anliegen des vorliegenden Themas gerecht zu werden, möchte ich die Betrachtung des geschichtlichen Rahmens bereits mit entscheidenden Ereignissen der europäischen, deutschen und sächsischen Geschichte zu Ausgang des 18. Jahrhunderts beginnen. Machen sich doch die Wetterleuchten einer ganz neuen Epoche nun auch auf dem europäischen Festland bemerkbar. Anders als die bürgerliche Revolution in England hat die territoriale Nähe der Französischen Revolution zum deutschen Nachbarstaat und vor allem als dem Konkurrenten Nummer Eins einen doch größeren Einfluß auf das Schicksal der deutscher Geschichte.
Der Ruf nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit fand natürlich auch im deutschen Volke seinen Widerhall. Aber so gegensätzlich wie die jahrhundertelange Entwicklung Frankreichs vom Partikularstaat zum Zentralstaat und Deutschlands vom zentralen Reich Karls des Großen zur Macht der Partikulargewalten war, so unterschiedlich war auch der Grad der Zustimmung in Deutschland zu dem, was sich 1789 in Frankreich und speziell in Paris ereignete.
Der Adel schmiedete sofort Pläne einer Allianz gegen Frankreich. Anders verhielten sich aber die Träger der neuen Produktionsmittel und des damit verbundenen wirtschaftlichen und politischen Gedankengutes. Einig war sich das aufstrebende deutsche Bürgertum und die fortschrittliche Intelligenz wohl nur darin, daß auch dem Treiben der verschwenderischen Hofhaltung deutscher Fürsten ein Ende gesetzt werden müßte. Dennoch zeigten sich hier die zwei Seelen, die in der Brust des Bürgertums wohnten. So manche Manufakturbesitzer verdienten ja nicht schlecht an den von ihnen hergestellten und am Hofe so begehrten Luxusartikel. Andere deutsche Demokraten eilten nach Frankreich, um die Revolution unmittelbar zu erleben.
Die im August 1798 von der französischen Verfassungsgebenden Nationalversammlung - Konstituante - gefaßten Beschlüsse zur Bauernbefreiung und Abschaffung aller Feudalrechte und die Verkündung der Menschenrechte nach dem Vorbild der USA fanden im deutschen Bürgertum eine unterschiedliche Bewertung, die von heller Begeisterung bis strikter Ablehnung reichte. War es die Angst vor der eigenen Courage oder schon die vor dem bis zum Äußersten gehenden Bewegungen unterer Volksschichten? Gerade die zweite Seite erhielt ihren Nährboden in der radikalen Phase der Französischen Revolution bis hin zur Herrschaft des Wohlfahrtsausschusses um Robespierre, Danton, Marat und Saint-Just. Die Guillotine wurde auch in Deutschland zum Schreckenssymbol und das nicht nur beim Adel.
An dieser Stelle erscheint es mir wichtig zu erwähnen, daß Sachsen, als deutsches Kurfürstentum, schon zwischen 1763 und 1789 eine Politik des aufgeklärten Absolutismus betrieben hat. Die Wirtschaftspolitik wurde nach liberaleren Grundsätzen betrieben als zum Beispiel in Preußen. Hier herrschte noch freie Konkurrenz statt monopolistische Bevorteilung einzelner Unternehmer. Den Manufakturen in Sachsen eröffnete dies einen breiteren Spielraum als in den meisten anderen deutschen Territorien.
Die Nachricht vom Sturm auf die Bastille und der Revolution in Frankreich wurde in Sachsen besonders bei den Bauern aufgenommen. Sie waren am meisten unzufrieden mit ihrer Lebenslage.
Obwohl es große Veränderungen in der sächsischen Landwirtschaft seit 1760 gab und der Adel die Ausbreitung des Futtermittelanbaus und die Einführung der ganzjährigen Stallfütterung förderte, den Anbau von mehr Kartoffeln und Rüben begünstigte, künstliche Düngemittel einführte sowie die Arbeitsgeräte verbessert wurden und die Ausweitung der Felder höhere Erträge brachte, zahlte es sich für die Bauern nicht aus.
Sie mußten zusätzliche Frondienste leisten und wurden zur Schafhaltung verpflichtet.
Seit 1788 häuften sich Mißernten und die Unzufriedenheit spitzte sich zu, was langanhaltende Dürren im Frühjahr und Sommer 1790 verschärften.
So ist es nicht verwunderlich, daß sich die Bauern zu wehren beginnen und erste Aktionen im Mai 1790 dort ausbrechen, wo das für die kurfürstliche Jagd gehegte Wild zur Plage wurde, in der Sächsischen Schweiz. Wehlener Bauern und weitere 15 Gemeinden der dortigen Umgebung verjagten das Wild oder schossen es ab. Als die sächsische Regierung eine Reduzierung des Wildbestandes anordnet, enden die Unruhen.
Der Aufruhr flackerte erneut auf, als er mit dem Seiler Christian Benjamin Geißler aus Liebstadt im Osterzgebirge ein Sprachrohr fand. Er verbreitete selbstverfaßte Aufrufe gegen Adelsprivilegien, für die Abschaffung der Wildgehege und für gerechtere Justiz an den Bauern.
Zum offenen Ausbruch eines Aufstandes kam es am 3. August 1790 bei Schleinitz und Petzschwitz im Meißner Gebiet. Die Bauern kündigten die Frondienste, entwaffneten kleinere militärische Einheiten, erzwangen Verzichtserklärungen auf Frondienst und Zinsen an Adel. Nachdem einige Bauern verhaftet wurden kam es zur Ausweitung der Aktionen und innerhalb zwei Wochen wurde fast das ganze Flachland erfaßt. Auch von den Bauern des Rittergutes des Ortes Königsfeld, der nur 3 km von der Stadt Rochlitz entfernt liegt, ist bekannt, daß sie sich am Aufstand beteiligten.
Einer militärischen Macht von 5600 Mann, die die Dresdner Regierung gegen die sächsischen Bauern schickte, waren sie nicht gewachsen.
\"Mit dem am 18. Januar 1791 erlassenen - Mandat, wider den Tumult und Aufruhr - und den darin enthaltenen Androhungen von Repressalien aller Art bis zur Todesstrafe für neuerliche Aufstandsversuche schuf der kursächsische Feudalstaat ein alle weiteren antifeudalen Aktivitäten erstickendes Gesetz.\" (Groß, 1989, S. 310)

Ein nachhaltiges Echo des sächsischen Bürgertums auf die Französische Revolution blieb aber aus. Anders hingegen reagierte der herrschende Adel. Im August 1791 trafen sich im Schloß Pillnitz der österreichische Kaiser und der preußische König als Gäste des sächsischen Kurfürsten, um einen Pakt gegen die französische Revolution und die Unruhen in den eigenen Ländern zu schließen. In der \"Pillnitzer Deklaration\" einigten sich die Fürsten auf die Wiederherstellung des Königtums in Frankreich, auch durch den Einsatz militärischer Mittel.
In den Aufzählungen der nun folgenden Ereignisse kann man nachlesen, daß sich der Kurfürst Friedrich August III. bemühte, innerhalb der zu befürchtenden Auseinandersetzungen neutral zu bleiben. Dabei lehnte er sogar die ihm angetragene polnische Königskrone ab, um nicht in die Machtkämpfe zwischen Preußen, Rußland, Frankreich und Österreich zu geraten.
\"Als aber die französische Revolutionsarmee erfolgreich operierte, Reichsgebiet erreichte und Mainz sowie Frankfurt am Main besetzte, daraufhin der Regensburger Reichstag den Reichskrieg gegen Frankreich beschloß, da glaubte auch Sachsen, seinen Verpflichtungen gegenüber dem Reich nachkommen zu müssen. Am 19. Oktober 1792 trat es dem Reichskrieg bei und rüstete ein Korps von 6000 Mann, 3000 Pferden und 10 Geschützen unter General Lindt aus.\" (Groß, 1989, S. 315)
Für Sachsen sollte das eine lange Zeit zwischen den Fronten werden, für Frankreich allerdings brachte es in der Folge den Aufstieg Napoleons, der, als er 1812 in Pillnitz weilte, gesagt haben soll: \"Hier bin ich geboren.\"

An dieser Stelle möchte ich meine Gedanken zu den politischen und militärischen Verwicklungen, die sich nun für Sachsen ergaben, unterbrechen und einige Aussagen zur wirtschaftlichen Entwicklung Deutschland am Ende des 18. Jahrhunderts treffen.
Im Gegensatz zu Frankreich fehlte in Deutschland eine einheitliche Wirtschaft und ein einheitlicher Staat, der der Entwicklung der Ökonomie förderlich gewesen wäre. Die kapitalistische Entwicklung vollzog sich demzufolge weitaus schwerfälliger als in den zentralisierten Staaten Europas und den USA.
\"Am Ende des 18.Jhs. lebten von den etwa 23 Millionen Einwohnern Deutschlands mehr als drei Viertel auf dem Lande. Die gesellschaftliche Arbeitsteilung zwischen Stadt und Land setzte sich nur langsam durch, und selbst die Städte - nur zwei von ihnen, Wien und Berlin, hatten mehr als 100000 Einwohner - hatten in mancher Hinsicht noch ländlichen Charakter.\" (Deutsche Geschichte Bd. II, 1967, S. 4)
Hinzu kamen veraltete Betriebsformen in der Landwirtschaft wie zum Beispiel die Dreifelderwirtschaft, die auch durch die noch ungenügende Zufuhr von künstlichem Dünger noch nicht überwunden werden konnte. Mangel an Futtermitteln ließ die Viehwirtschaft stagnieren. Allein in den nördlichen deutschen Ländern kam es zu einem Aufschwung der Getreidewirtschaft, da England auf Grund erhöhten Eigenbedarfs Getreide verstärkt importierte. Allerdings wirkte sich dies wiederum auf die Preisentwicklung aus, so daß es zu Teuerungen in den Städten kam, was wiederum zu Hungerunruhen z.B. in Mecklenburg und Halle führte.
In Deutschland war das Handwerk immer noch dominierend und damit auch an der Schwelle des industriellen Zeitalters hinderlich für die Entwicklung der Manufakturen. Es bestand noch die Zunftverfassung, die aber in der Praxis oft verletzt wurde.
Noch gab es keine Gewerbefreiheit und die feudale Agrarverfassung hemmte ebenfalls die Manufakturentwicklung, weil es einfach an Lohnarbeitern fehlte.
Die Textilindustrie war vor allem als dezentralisierte Manufaktur angesiedelt. Dort wo ländliche Erträge gering waren und wo die Bevölkerung auf Nebenverdienst angewiesen war, funktionierte das Verlagswesen als Zwischenstufe zwischen Handwerk und Manufaktur. \"Wie in anderen Ländern begann auch in Deutschland die Industrialisierung in der Leichtindustrie, da in ihr geringere Investitionen als in der Schwerindustrie erforderlich sind und das Kapital schneller umschlägt, wodurch sich leichter Profite erzielen lassen. Den wichtigsten Zweig der Leichtindustrie bildete die Textilindustrie. Im letzten Drittel des 18.Jhs. erlebte vor allem die Baumwollindustrie einen Aufschwung. Die Baumwolle wurde teils über Wien aus Mazedonien, teils über Hamburg aus Westindien eingeführt und im Gebiet um Elberfeld, in Schlesien und in Sachsen (vor allem in Chemnitz und Plauen) verarbeitet. Ein Teil der Fertigwaren wurde exportiert.\" (Deutsche Geschichte Bd. II, 1967, S. 6)
Sachsen setzte in der Wiederherstellungsphase nach dem Siebenjährigen Krieg (1756 -1763) wie oben schon erwähnt auf die Errichtung neuer Manufakturen. Neben den drei Großstädten Leipzig, Dresden und Chemnitz war es auch das Gebiet zwischen Zwickauer Mulde, Zschopau und Freiberger Mulde, in dem sich auch Rochlitz befindet, wo es verstärkt zu Neugründungen kam. Dabei spielte sicherlich das Wasser als noch meistgenutzte Antriebskraft neben Mensch und Tier die ausschlaggebende Rolle der Standortwahl.
Englische Technik, namentlich die Spinnmaschinen hielten in Sachsen Einzug. \"Am Ende des 18. Jahrhunderts liefen über 2000 Spinnmaschinen in Chemnitzer Betrieben und in den in den umliegenden Städten vor allem des Muldentales errichteten Textilfabriken.\" (Groß, 1989, S. 300)
Die weitere wirtschaftliche Entwicklung Sachsens und den damit verbundenen sozialen Auswirkungen auf die Bevölkerung war wiederum eng mit der europäischen Politik verbunden. Die von Friedrich August III. angestrebte Neutralitätspolitik ließ sich, wie oben bereits erwähnt, auf die Dauer nicht halten. Die Ereignisse der Koalitionskriege gegen Frankreich zwangen Sachsen, sich auf die Seite der deutschen Großmächte zu stellen, wobei es zunächst an Preußen dann an Österreich als Bündnispartner geriet.

 
 



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