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geschichte artikel (Interpretation und charakterisierung)

Haft der raf-gründer, die freipressungsversuche und der prozess



Unmittelbar nach den Anschlägen werden am 1. Juni 1972 Andreas Baader, Holger Meins und Jan-Carl Raspe verhaftet. Sie gehörten allesamt zur Führung der RAF. Wenig später wurden auch die übrigen Führungsmitglieder Gudrun Ensslin und Ulrike Meinhof aufgespürt und inhaftiert.

Die nun bis zum Tod der RAF-Gründer in der Nacht des 18. Oktober 1977 durchgeführten Anschläge und Entführungen der sog. zweiten Generation der RAF zielten sämtlich auf eine Freilassung der RAF-Führung ab. Jedoch blieben alle Bemühungen auf Freipressung erfolglos. Vor allem Peter-Jürgen Boock und Brigitte Mohnhaupt nahmen maßgeblichen Einfluss auf diesen Abschnitt in der RAF-Geschichte.

So wird am 27. Februar 1975 der CDU-Bürgermeisterkandidat für Berlin, Peter Lorenz durch die "Bewegung 2. Juni", eine weitere revolutionäre Organisation, entführt. Die Freipressung gelingt, allerdings werden lediglich vier wenig belastete RAF-Mitglieder freigelassen.
Das "Kommando Holger Meins" besetzt am 24. April 1975 die deutsche Botschaft in Stockholm. Am 7. April 1977 wird Generalbundesanwalt Buback durch das "Kommando Ulrike Meinhof" - sie lies am 9. Mai 1976 ihr Leben - ermordet.
Der Vorstandsvorsitzende der Dresdner Bank, Jürgen Ponto, fällt einem missglückten Entführungsversuch durch die RAF am 30. Juni 1977 zum Opfer.
Am 5. September 1977 wird der Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer durch das sog. "Kommando Siegrid Hausner" entführt. Da die Regierung der BRD auch im Fall Schleyer wenig Anstrengungen erkennen lässt, die RAF-Gefangenen auszutauschen und stattdessen erneut auf Zeit spielt und gegen Ultimaten verstößt, wird am 13. Oktober 1977 , 5 Tage vor dem Fund des toten Hanns-Martin Schleyers, die Lufthansa-Maschine
"Landshut" entführt - wiederum ohne Erfolg. Andreas Baader, Jan-Carl Raspe und Gudrun Ensslin werden daraufhin tot in ihren Zellen aufgefunden.
Der deutsche Herbst 1977, unter dem die Geschehnisse des Spätsommers und der darauffolgenden Zeit bis Anfang 1978 zusammengefasst werden, hinterlässt tiefe Spuren bei der revolutionären Linken. Sie distanzierte sich nun eindeutig von den angeblich affektiv handelnden Aktivisten der RAF.

Vom 21. Mai 1975 bis zum 28. April 1977 lief das Gerichtsverfahren gegen Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe. Holger Meins war infolge eines Hungerstreiks bereits am 9. November 1974 verstorben. Das Gerichtsverfahren wurde trotz des zeitweise offensichtlichen verhandlungsunfähigen Zustandes der RAF-Gefangenen aufgrund der Hungerstreik-Aktionen nicht ausgesetzt - lediglich ein Haftanstaltsarzt durfte Diagnosen stellen. Ein unabhängiger Arzt wurde nicht zugelassen.
So hatte der Staat und seine Institutionen in der RAF-Ära sehr oft mit juristischen Lücken und unrechtmäßigem Verhalten seiner Bediensteten zu kämpfen - so fern sich Stimmen erhoben hatten.
Beispielsweise wurden sog. "Zwangsverteidiger" eingesetzt, die mit ihren Mandanten nie ein einziges Wort gewechselt hatten und diese trotzdem verteidigen sollten. Die von den Angeklagten bevorzugten Anwälte wurden durch zahlreiche Auflagen schikaniert. Gespräche zwischen Verteidiger und Mandant wurden abgehört, was immer wieder von den Gefangenen und den Anwälten beklagt, jedoch vom Gericht nie anerkannt wurde, obwohl dieser Sachverhalt offensichtlich war. Im späteren Verhandlungsverlauf durften die betreuenden Anwälte der RAF-Angeklagten keine weiteren Mandanten verteidigen. Die Haftbedingungen erlebten die RAF-Mitglieder sehr verschärft. Sie befanden sich lange Zeit in Isolationshaft. Man sprach aufgrund des Mangels an Geräuschen und Kontakten zu anderen Gefangen - eine weitere, in der Untersuchungshaft unübliche Schikane - vom "toten Trakt" oder der "Isolationsfolter".
Einige Punkte aus dem Haftstatut von Holger Meins belegen oben beschriebenes, die Härte und mangelnde Konformität mit der geltenden Verfassung auf deutliche Weise:

"Für die Dauer des Aufenthalts des Untersuchungsgefangenen Holger Meins in den hiesigen Anstalten ordne ich folgendes an:


[.]
4.a) Besucher des U-Gefangenen Meins - auch Rechtsanwälte - werden nur nach ausdrücklicher Weisung des Inspektors für Sicherheit und Ordnung [.] zum Besuch zugelassen

[.]
d) Besuche bei dem U-Gefangenen Meins werden nur in Gegenwart von zwei Beamten durchgeführt

[.]
7. Der Untersuchungsgefangene Meins wird auf Abteilung 2, Zelle 51 in strenger Einzelhaft gehalten.
8. Die unmittelbar rechts und links und die unter und über der Zelle des U-Gefangenen Meins liegenden Zellen dürfen nicht mit Gefangenen belegt werden

[.]
16. Der U-Gefangene ist bei der Bewegung im Freien ab Austritt aus der Zelle bis zu seiner Rückführung zu fesseln.
17. Ausschluß von allen Gemeinschaftsveranstaltungen einschließlich Kirchgang.
[.]"

Trotz aller Auflagen und Sicherheitsvorkehrungen, die dem Gefängnis von Stammheim, in dem die RAF-Führung inhaftiert war, die Bezeichnung des "Hochsicherheitstrakts" einbrachte, wurden Waffen in die Zellen der Gefangenen geschmuggelt und dort über Jahre hinweg erfolgreich versteckt. Jan-Carl Rapse und Andreas Baader hatten sich mit diesen Waffen ermordet.

Letztendlich wurden alle vier RAF-Mitglieder kollektiv, ohne Einzelnachweis der Taten, zu einer lebenslänglichen Haftstraße verurteilt. Insgesamt protestierten die Inhaftieren in vier Hungerstreiks gegen die schlechten und zum Teil gesetzeswidrigen Haftbedingungen.

Der Prozess selbst war trotz der unübersehbar politischen Dimension der RAF nie ein politischer Prozess. Das Gericht hatte diesen Antrag abgelehnt. Die Anklage des Prozesses lautete stattdessen auf viele Einzelvergehen wie Banküberfälle und Mord.

 
 

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