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deutsch artikel (Interpretation und charakterisierung)

Schwerpunkte, unterschiede und gemeinsamkeiten des bildes der familie in das friedensfest, frühlings erwachen und von morgens bis mitternachts


1. Drama
2. Liebe

1 Schwerpunkte, Unterschiede und Gemeinsamkeiten des Bil­­des der Familie in Das Friedensfest, Frühlings Erwachen und Von morgens bis mitternachts
1.1 Was für Familien werden gezeigt?
Stellt man sich die Frage, ob und welche Aspekte des Bildes der Familie die drei Dramen teilen, so fällt zunächst auf, dass in allen Fällen die Anzahl der Familienmitglieder auf höchstens fünf Personen begrenzt ist. Hauptmann, We­dekind und Kaiser zeigen ausschließlich Kleinfamilien. Weiterhin ist durch­gehend eine Abwesen­heit der Väter zu beobachten: Bei Dr. Scholz im \'Friedensfest\' geht die relativ geringe Bühnenpräsenz mit dem im Drama selbst thematisierten Verhalten einher, sich seiner Familie zu entziehen. In \'Frühlings Erwachen\' treten als Väter lediglich Herr Gabor und Rentier Stiefel in jeweils einer Szene auf, beide begegnen - wie gezeigt werden konnte - ihren Familien und Angehörigen nicht mit wirklichem Interesse, sondern eher mit innerer Distanziertheit.

Eine Abwesenheit des Kassierers in \'Von morgens bis mitternachts\' kann bezüglich des Familienalltags sowie der Stationen, die der Familienszene folgen, festgestellt werden, wobei Letzteres eng mit der Technik des Stationendramas in Zusammenhang steht und daher nur über eine begrenzte Aussagefähigkeit verfügt. Im \'Friedensfest\' und in \'Von morgens bis mitternachts\' verraten bereits die Namen Dr. Scholz und Kassierer, in \'Frühlings Erwachen\' die Ausdrucksweise des Herrn Gabor, dass die Väter in den drei Dramen in erster Linie auf ihre Berufs- und weniger auf ihre Familienrolle bezogen sind.

Zugleich können die Berufe ebenso wie die Größe der Familien als Hinweise auf Schichtzuge­hörigkeit und Typus der Familie aufgefasst werden: Alle drei Dramen zeigen die bürgerliche Kleinfamilie der Jahr­hun­dert­wende.



1.2 Die Familie und ihr Zuhause
Mit diesem Typus tei­len die von Hauptmann, Kaiser und Wedekind dargestellten Familien auch das Merkmal der Privatheit: \"Das Familienleben konzentriert sich weitgehend auf die gemeinsame Wohnung.\". Alle drei Autoren verwenden die Räumlichkeiten als Mittel der Charakterisierung, obschon in unterschiedlicher Weise: Die ausführlichen Szenen­anweisungen im \'Friedensfest\' stehen im Dienste der Herstellung einer detaillierten Milieuwirklichkeit, wie sie typisch für den Naturalismus ist. Zugleich ist jedoch festzustellen, dass im Vergleich zu anderen Dramen Hauptmanns, aber auch beispielsweise zur \'Familie Selicke\' eine Determinierung durch die soziale Situation eher weniger zu finden ist. Just vertritt die Auffassung, dass die Lage der Scholzens kaum durch soziale Not geprägt sei, was aber die tragische Intensität steigere. Häu­figer findet sich in der Forschungsliteratur auch die Ansicht, die Famili­enmitglieder seien sich gegenseitig Milieu.

In \'Frühlings Erwachen\' sind die Raumbeschreibungen wesentlich knapper gehalten, zum Teil auf die Nen­nung des Raumes begrenzt, oder sie fehlen bei einzelnen Szenen sogar ganz. Die Familien bei Wedekind sind nicht von materieller Not gekenn­zeichnet. Wenn Damm daher bemerkt, dass Wedekind die Not im Inneren des Men­schen suche und sich diesbezüglich von den Naturalisten unterscheide, so muss hiervon \'Das Friedensfest\' ausgenommen und eine gewisse Vergleichbar­keit der beiden Dramen festgestellt werden. Dennoch wirkt der Raum in \'Frühlings Erwachen\' charakterisierend, denn den Jugendlichen werden eher naturnahe, den Erwachsenen hingegen vermehrt geschlossene Räume zugeordnet. Diejenigen Szenen, in denen Eltern und Kinder gemeinsam auf­treten, spielen ebenfalls in Innenräumen und weisen so auf das Vorherrschen der gesellschaftlichen Sphäre in der Familie hin. Doch ebenso wie ihre Auf­enthaltsorte sind auch die Vorstellungen mancher Kinder von einem bejahens­werten Leben nicht vollständig durch den Einfluss der Gesellschaft bestimmt und festgelegt. Wird bei Hauptmann unter anderem durch die strenge Wahrung der Einheit des Ortes der Eindruck einer \"Gebundenheit\" der Figuren ver­mittelt, die als Merkmal des naturalistischen Dramas verstanden werden kann, so verweisen beispielsweise die Erziehungsvorstellungen Marthas, die ihre Kinder \"wie das Unkraut\" aufwachsen lassen will, über die von Wedekind dargestellte Wirklichkeit hinaus.

Wie im \'Friedensfest\' und in \'Frühlings Erwachen\' wird auch in \'Von morgens bis mitternachts\' das Familienleben ausschließlich im Rahmen des Zuhauses gezeigt. Auch bei Kaiser findet sich keine detaillierte Raumbe­schreibung mehr, sondern eher eine Typisierung und Abstraktion des Raumes. Erstarrung, Enge, Begrenzung, Überholt-Sein, Immobilität und Fi­xierung spiegeln als Aspekte der \'Stube bei Kassierer\' das hier stattfin­dende Familienleben. Bei Kaiser tritt am deutlichsten hervor, was als ge­meinsames Merkmal der drei betrachteten Dramen gelten kann: Die Unzugäng­lichkeit der Familie für Veränderungen. Während Scholzens sich schwer damit tun, ihr Verhalten zu ändern, stellt es für die Eltern in \'Frühlings Erwa­chen\' eine besondere Schwierigkeit dar, mit dem Erwachsen-Werden ihrer Kin­der umgehen zu müssen, und die Frauen der Familie des Kassierers halten am Herkömmlichen, \'Normalen\' fest.






1.3 Familie und Bürgerlichkeit
Bei Wedekind und Kaiser kann dieser Sachverhalt wiederum als Hinweis auf die bürgerliche Lebensform verstanden werden. Auf diese Weise erfährt die Familie als Institution eine Kritik, wie sie bei Hauptmann nicht zu finden ist. Die individualpsychologische Figurenzeichnung im \'Friedensfest\' lässt die \'Familienkatastrophe\' als Geschehen zwischen Individuen erschei­nen. Das junge Paar, Wilhelm und Ida, verkörpert die Möglichkeit eines bes­seren familiären Zusammenlebens, weshalb bei Hauptmann weniger von einem Angriff auf die Familie als gesellschaftliche Institution gesprochen werden kann.

In seinem Buch \'Das Bild der bürgerlichen Welt im expressionistischen Drama\' schreibt Hohendahl zum Typus des Bürgers:

\"[...] regelmäßig erscheint er als an die empirische Wirklichkeit gebunden. [...] Er wird begriffen und begreift sich selbst als einen Teil der Wirklichkeit, er erscheint als Ding unter Dingen. Seine [...] Fähigkeit besteht darin, in der sozialen Realität leben zu können, d.h. in den Tätigkeiten und Beschäftigungen, die sich in ihr überall anbieten, restlos aufgehen zu können. Sein Bewusstsein ist ständig auf die Welt gerichtet, in der er sich bewegt und wirkt.\"

Etwas später fährt Hohendahl fort:

\"Es definiert den bürgerlichen Menschen, dass sein Bewusstsein nur das Vorgefundene widerspiegeln kann. Die empirische Wirklichkeit wird wiederholt und eventuell neu kombiniert, wenn es nützlich erscheint. Unbekannt dagegen bleibt der bürgerlichen Gestalt eine Denkweise, die der Realität nicht die ver­traute Geltung zubilligt, die sich ihr nicht anpasst, weil sie das Vorgefundene nicht erträgt. Bürgerliches Denken ist gleichweit ent­fernt von Innerlichkeit wie von utopischen Vorstellungen.\"

Auf dem Hintergrund dieser Bemerkungen wird ersichtlich, wie sehr die Familien in \'Frühlings Erwachen\' und \'Von morgens bis mitternachts\' als ei­ne Verkörperung des Bürgerlichen gekennzeichnet und kritisiert werden und in welcher Nähe Wedekind sich hier zum Expressionismus befindet. Nichtsde­stoweniger setzen Kaiser und er unterschiedliche Schwerpunkte: So ist im Verhalten und in den Äußerungen der Eltern in \'Frühlings Erwachen\' häufig der Einfluss der Gesellschaft, des \'man\' spürbar. Gesellschaftliche Verhal­tensanforderungen werden ohne jegliche Abschwächung ihrer Rigidität, ohne Druckminderung durch die Erwachsenen in die Familie getragen, wodurch die Familie in nur einer Richtung ihrer Position als Zwischeninstanz zwischen Individuum und Gesellschaft gerecht wird. Was die Gesellschaft nicht er­laubt, das wird von den (bürgerlichen) Eltern auch nicht ausgesprochen oder benannt. Doch Wedekinds Erwachsene sind Heuchler, das Unaussprechliche ist \"eine Ihnen sehr wohlbekannte Tatsache\", für die Familie des Kassierers hingegen ist es zugleich und vor allem das Undenkbare. Die \"Begrenzung des bürgerlichen Geistes\" wird in \'Von morgens bis mitternachts\' als wesent­lich umfassender, sogar fast als absolut dargestellt, was unter anderem an­hand der Vermutungen der Frauen, der Kassierer sei krank oder betrunken, deutlich wird. Mag auch die vielfach sich zeigende Enge und Erstarrung des Familienlebens bei Kaiser zunächst als Gegensatz zu der \"für die moderne, frenetisch bewegter Leere verfallene Welt\" stehenden Großstadt, wie sie beispielsweise in der Sportpalast-Szene gezeigt wird, erscheinen, so exi­stieren \'große\' und \'kleine Welt\' doch nicht isoliert voneinander:

\"Der Kassierer, der glaubt, sich befreit zu haben, erfährt \'auf dem Wege\' die weiten Verflechtungen der Zivilisation, die alle Verhält­nisse berühren und denen der Mensch räumlich nicht mehr entkommen kann. Hinter der Sicherheit und scheinbaren Geborgenheit im Kleinen verbirgt sich die Unübersichtlichkeit und Unbegreiflichkeit des Gan­zen.\"

Wenn Damm zu \'Frühlings Erwachen\' schreibt: \"Die Institutionen der bürgerlichen Gesellschaft, Schule, Kirche und Elternhaus, sind klar erkenn­bare und darstellbare Gegner. Hier wird nicht Kritik geübt von der Warte der universell gewordenen Entfremdung\", so verdeutlicht diese Bemerkung den zwischen Kaiser und Wedekind bestehenden Unterschied. In \'Frühlings Er­wachen\' treten einige Jugendliche auf, die anders denken oder handeln, als es von ihnen erwartet wird, bei \'Von morgens bis mitternachts\' muss hinge­gen bereits hinsichtlich des Protagonisten bezweifelt werden, ob sein \'Auf­bruch\' auch zu einem wirklichen \'Ausbruch\' führt.

In den von Wedekind gezeigten Familien wird vornehmlich Sexualität verdrängt und sozusagen ausgeschlossen, also lediglich ein Aspekt des Le­bens, wohingegen die Familie des Kassierers alles aus ihrem Denken aus­schließt, was nicht exakt mit dem Fixierten, Alltäglichen, bis ins Detail Festgelegten übereinstimmt.

Beide Autoren kritisieren die Bürgerlichkeit der Familie, Wedekind rückt jedoch die Familie in ihrer Verantwortlichkeit wesentlich stärker in den Mittelpunkt, und das nicht nur in quantitativer Hinsicht. Mit seinem konkreten Vorwurf, die Familie vertrete unverantwortlicherweise falsche ge­sellschaftliche Verhaltens­an­for­de­run­gen, verbindet sich die Möglichkeit und Aufforderung zu einer anderen Sozialisation. Bei Kaiser hingegen scheint die Möglichkeit einer \'anderen\' oder gar \'Neuen\' Familie kaum auf, die Fa­milie an sich ist genauso fixiert wie ihre Mitglieder, für sie gibt es kei­ne \'Vision\'.

Anders verhält es sich bei Hauptmann, dessen \'Friedensfest\' ganz ande­re Akzente setzt. Wert und Qualitäten des bürgerlichen Familienlebens an sich wer­den hier nicht bezweifelt. Zwar kann eine Figur wie Frau Buchner zunächst den Eindruck der Fragwürdigkeit der von ihr vertretenen Familienideologie entstehen lassen, doch indem sich herausstellt, dass es sich bei den Auffas­sungen von Idas Mutter um oberflächliche Lippen­bekenntnisse handelt, die vor allem dazu herhalten müssen, die wirklichen Gefühle zu verheimlichen, muss ein solches Urteil revidiert werden. Eher ist anzunehmen, dass die Ge­stalt Idas ein positives Licht auf die Ideologie wirft, denn das Verhalten der jungen Frau - auf die, wie vermutet werden darf, der frühere Arbeitsti­tel des Dramas \'Der Friedensengel\' zielte - entspricht ihr ganz, während die Schwächen der übrigen Personen vor allem dort hervortreten, wo sie ein ideologiegemäßes Zusammenleben der Familienmitglieder verhindern.

Die bürgerliche Familie wird also trotz des fast gleichen Entstehungs­zeitpunkts der beiden Dramen von Hauptmann und Wedekind sehr unterschied­lich dargestellt und beurteilt. Es findet sich hier am Einzelfall bestätigt, was Hohendahl allgemein zur Kritik am Bürger im Naturalismus und im Expressionismus schreibt:

\"Der scharf formulierte und direkt vorgetragene Angriff auf die Ver­logenheit der bürgerlichen Lebensform hat im Drama des deutschen Na­turalismus keine Entsprechung. Hauptmann vermeidet, auch dort, wo er kritisch analysiert, das unmittelbare Bekenntnis. [...] Die Gestal­ten sind in einen determinierenden Zusammenhang eingefügt, der einer freien Entscheidung keinen Raum lässt. Insofern wird die Sittlichkeit der Gesellschaft als eine Komponente des Milieus interpretiert und verliert damit als Problem die beherrschende Stelle.\"

Auf der Grundlage einer solchen Betrachtungsweise wird nachvollzieh­bar, weshalb Wedekind mit \'Frühlings Erwachen\' auf heftigere Reaktionen stieß als Hauptmann mit dem \'Friedensfest\'. Hinsichtlich der Sichtweise der bürgerlichen Familie steht der Autor von \'Frühlings Erwachen\' der Posi­tion Kaisers deutlich näher als derjenigen Hauptmanns, was wiederum der häufig in der Forschungsliteratur anzutreffenden Auffassung von einer Zwi­schenstellung Wedekinds zwischen Naturalismus und Expressionismus ent­spricht. Andererseits finden sich mitunter auch Ansichten, die das \'Friedensfest\' in die Nähe des Expressionismus rücken: \"Das Friedensfest antizipiert am auffallendsten die Proteste und Topoi des expressionisti­schen Dramas\", urteilt Osborne, Bünger-Kohn sieht im \'Friedensfest\' \"fast schon einen Höhepunkt hinsichtlich einer \'Emanzipation der Jugend\'\", und Thielmann fragt: \"Klingt in dem [...] Drama nicht [...] der innere Kampf durch, der Kampf, der einen neuen Menschen sucht?\".

Diese auf den ersten Blick plausibel erscheinenden Auffassungen er­weisen sich bei näherer Betrachtung als etwas zu sehr am oberflächlichen Anschein orientiert. So lassen bereits die individualpsychologische Figu­renkonzeption des \'Friedensfestes\' und die intra- und interindividuell be­stehenden Konflikte kaum einen engeren Zusammenhang zum Expressionismus sehen, dessen Thema, mit Kurt Pinthus\' Worten, der \"Mensch schlechthin, nicht seine privaten Angelegenheiten, sondern die Menschheit\" ist. Ein wirklicher Protest ist in der \'Familienkatastrophe\' ebenso wenig zu finden wie ein Aufbruch oder eine Wandlung im Sinne des Expressionismus, was vor allem anhand der Gestalt Wilhelms und dessen Verhältnis zum Vater deutlich wird. Vielmehr wird gerade \"Gebundenheit\" zu einem zentralen Thema, auch der Diskussionen zwischen den Figuren selbst. Nicht zuletzt findet sie sich wieder in einer Sprache der Gestalten, die Mahal, wenngleich in Bezug auf das naturalistische Drama im Allgemeinen, als \"Psycholekt\" bezeich­net. Das Sprachverhalten ist hier an den Affekthaushalt des jeweiligen Sprechers gebunden, reproduziert dessen situationsbedingtes emotionales Gleichgewicht.

Teilweise trifft dieser Befund auch auf \'Frühlings Erwachen\' zu: Wenn Frau Bergmann ihre Sätze unterbricht oder abbricht, kann das unter anderem als Ausdruck ihrer Verunsicherung verstanden werden. Andererseits zeigt We­dekind den Missbrauch der Sprache, der, da er ausschließlich durch die Er­wachsenen als den Vertretern der bürgerlichen Gesellschaft erfolgt, zu­gleich die Brüchigkeit des Verhältnisses zu den Jugendlichen markiert.

In \'Von morgens bis mitternachts\' handelt es sich hingegen nur um eine Figur, den Kassierer, die sozusagen eine andere Sprache spricht als die üb­rigen Familienmitglieder. Es konnte in der vorliegenden Arbeit gezeigt wer­den, wie wenig Individualität, Lebendigkeit und Spannung die Ausdrucksweise der Frauen birgt. Ihre Sprache kann \"als Zeichen des prosaischen, umweltge­bundenen Geistes\" verstanden werden und dient als kontrastierender Hin­tergrund zu der metapherreichen Ausdrucksweise des Kassierers. Insofern erweist sich die Familienszene in \'Von morgens bis mitternachts\' vor allem als eine Konfrontation von \'Neuem\' und sozusagen \'Altem Menschen\', deren Darstellung nicht unbedingt anhand der Familie erfolgen muss.

Dagegen ist das, was Wedekind zeigt, eng mit Familie verknüpft, wobei jedoch auch hier der Schwerpunkt auf einer Beziehung liegt, nämlich derje­nigen zwischen Erwachsenen bzw. Eltern und Kindern. Das zeigt sich sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht. So gibt es nur einen Dialog zwischen Geschwistern, nämlich zwischen Wendla und Ina. Doch da die Letztere bereits selbst dreifache Mutter ist und sich gegenüber ihrer Schwester genauso wie die übrigen Erwachsenen verhält, ist die Beziehung weniger geschwisterlich geprägt. Das einzige Gespräch zwischen Eheleuten, den Gabors, zeigt zwar eine Auseinandersetzung zwischen Herrn und Frau Ga­bor, doch dabei geht es um ihr Eltern-Sein, um ihre Identität als Eltern und die Sicherung dieser Identität. Die Ehe selbst erscheint - wie die na­hezu emotionslose Inkaufnahme der Möglichkeit einer Scheidung zeigt - als relativ bedeutungslos für die Gestalten und trägt eher die Züge einer Ge­meinschaft, die der Verfolgung egoistischer Interessen dient, wie auch das Beispiel des Rentiers Stiefel und der Bessels deutlich macht. Indem Rentier Stiefel Treue und Ehre seiner Frau infrage stellt und in der Auseinander­setzung der Gabors tritt der Charakter der Ehe als Nebenkriegsschauplatz zentralerer Konflikte hervor. Im Mittelpunkt des Dramas steht die Soziali­sation der Jugendlichen, und als eine von den insgesamt drei gezeigten So­zialisationsinstanzen versagt die Familie in dieser Funktion, indem sie einseitig die Bedürfnisse von Erwachsenen und bürgerlicher Gesellschaft vertritt, nicht aber diejenigen der Kinder bzw. des Individuums. Insofern kann in \'Frühlings Erwachen\' ein Angriff auf die Institution Familie gese­hen werden, zumal das von Wedekind kritisierte Verhalten sich bei allen El­tern findet und die einzige Ausnahme unter den Erwachsenen - der Vermummte Herr - bezeichnenderweise nicht familiär gebunden ist.

 
 

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