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wirtschaft artikel (Interpretation und charakterisierung)

Stabilisierung und austro-keynesianismus (1952-1973)





1952 stand die Streichung der ERP-Mittel unmittelbar bevor; sie konnte die österreichische Zahlungsbilanz in ernsthafte Schwierigkeiten bringen. Bei den meisten Handelspartnern hatte inzwischen eine Liberalisierung der Wirtschaft und des Außenhandels eingesetzt. Noch bevor das Jahrzehnt zu Ende ging, waren die wesentlichen Elemente des Austro-Keynesianismus aufgebaut: Stabilisierung der Währung; steuerliche Förderung der Kapitalbildung; sozialpartnerschaftliche Einkommenspolitik; und deficit spending für den Notfall.

Die wirtschaftliche Stabilisierung war der Erste, schon 1952 unternommene Schritt. Das diesbezügliche Austeritätsprogramm 3 sah Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen vor; durch Kreditrestriktionen und Zinserhöhungen wurde die Ausweitung der Geldmenge eingebremst; der Schilling wurde de facto abgewertet. Das Programm zeigte sehr schnell eine durchschlagende Wirkung: In kürzester Zeit wurde die Inflation gestoppt; das Wachstum der Industrieproduktion fiel beinahe auf Null , die Arbeitslosigkeit stieg 1953 auf fast 9% im Jahresdurchschnitt.

Nach der Stabilisierung erfolgte eine langfristige Förderung des Wirtschaftswachstums auf marktwirtschaftlicher Basis, begleitet von einem Abbau staatlicher Kontrollen und einem Rückgang der Staatsquote am BIP. Besonders wichtig waren in diesem Zusammenhang die steuerlichen Maßnahmen zugunsten der Kapitalbildung (vorzeitige Abschreibung von 50% bei Investitionen; gleichzeitig steuerliche Sparförderung, wodurch die durch das Vertrauen in eine stabil gewordene Währung gestärkte Sparneigung weiter angehoben wurde). Dazu kam eine Senkung der Einkommens- und Gewerbesteuer um ca. ein Drittel in drei Etappen, was die effektiven Bundeseinnahmen von 20% des BIP (1953) auf 17,5% im Jahr 1955 verringerte. Beide Arten von Maßnahmen sind Beispiele einer "angebotsorientierten Ökonomie"; schon damals wurde argumentiert, dass eine geringe Steuerlast mehr Wachstum, Vollbeschäftigung und höhere Staatseinnahmen herbeiführen würde. Diese Rechnung ging auch auf. In der Folge wurde Österreich zu einem der wirtschaftlich erfolgreichsten Länder der OECD.

Als das rasche Wirtschaftswachstum und der Rückgang der Arbeitslosigkeit den inflationären Druck wieder wachsen ließen, konnte die Regierung dieser Herausforderung zunächst nur unzureichend begegnen. Das Ende der Besatzung hatte den Zusammenhalt der Großen Koalition geschwächt, der Wettbewerb zwischen den Parteien trat in den Vordergrund.

Die internationale Rezession von 1957/58 bewirkte eine weitere Innovation in der österreichischen Wirtschaftspolitik. Der Keynesianismus war in Österreich an den Universitäten noch kaum vertreten, als der ÖVP-Finanzminister Kamitz für den Zweck der Globalsteuerung einen raschen Anstieg des Budgetdefizits akzeptierte. Mit dem Defizit wurde bewusst der Rezession entgegengetreten. Dieses deficit spending bei internationalen Konjunktureinbrüchen stellt das vierte Element des Austro-Keynesianismus dar. Dabei wurde zunächst von der Annahme ausgegangen, dass Budgetdefizite aus Rezessionszeiten schnell reduziert und in Zeiten der Hochkonjunktur durch Überschüsse ausgeglichen werden sollten. Dadurch würde die Staatsschuld absolut konstant bleiben, bei einer wachsenden Wirtschaft in Relation zum Bruttoinlandsprodukt sogar abnehmen.

Dieses Verständnis änderte sich in den Sechzigerjahren, als der Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen zur Auffassung überging, dass das Wachstum der Staatsschuld im Großen und ganzen mit dem Wachstum des BIP Schritt halten sollte, die Staatsschuld also anteilsmäßig konstant bleiben sollte. Deficit spending in größerem Ausmaß (Defizit fast 3% des BIP) wurde nochmals in der Rezession 1967/68 betrieben, obwohl das Volumen von 1958 (damals Budgetdefizit 4% des BIP) nicht wieder erreicht wurde. Nach den beiden großen Defiziten von 1958 und 1968 gab es jeweils scharfe Korrekturen in Form eines schnellen Abbaus der Negativsalden, wobei in der zweitgenannten Krise auch der big bargain als besondere wirtschaftspolitischen Leistung der Koordinierung zwischen Regierung und Sozialpartnern eingesetzt wurde und die starke Expansion der nächsten Jahre vorbereitete. Von der 1968 vorgenommenen Lockerung der Hartwährungspolitik wurde schnell wieder abgegangen.

 
 



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