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wirtschaft artikel (Interpretation und charakterisierung)

Grüne sprossen - alternative blüten





Beinharte Konkurrenzkmpfe, Stimmrecht um 30 Schilling, Herzinfarkt, Klubausschluß - die Geburtswehen der Grünen.

Von Gregor Matjan
Eine heiße Viertelstunde - mehr war 1968 in Österreich nicht. Zehn Jahre später schlug die Stunde voll: mit Zwentendorf wurden die BürgerInnen mündig, die Zeit der österreichischen Grünbewegung war angebrochen.
Der weltbund zum schutze des lebens und ähnlich obskure Vereine initiierten als bürgerinitiative gegen atomkraft die ersten Anti-Zwentendorf-Regungen, bis sich 1974 der nicht weniger sektiererische kommunistische bund (Maoisten), K-Gruppen und Trotzkisten der Sache annahmen. Geeint durch das gemeinsame Feindbild Atom gründete man die öiag (Initiative Österreichischer Atomkraftwerksgegner), die erste politisch übergreifende Grün-Plattform.
Wenn auch der knappe Sieg (50,45%) der Zwentendorf-Gegner kein Verdienst der ÖIAG war, sondern Resultat des Kreiskyschen Junktims, handelte es sich doch um die Geburtsstunde der österreichischen Grünbewegung.
Nach Überwindung des einigenden Feindes zerbröselte die Augenblickskoalition, aus ihren Resten sproß jedoch frisches Grün. Freda Meissner-Blau, Robert Jungk, Alexander Tollmann und Bernd Lötsch wurden Galionsfiguren einer zunächst virtuellen Bewegung.
Nicht Wien war die Keimzelle neuer politischer Grün-Initiativen, sondern Salzburg und Graz. Bei der Gemeinderatswahl 1977 erreichte die Salzburger Bürgerliste 5,6%, 1982 gewann sie mit 17,6% der Stimmen einen Stadtratsposten (Johannes Voggenhuber). Anders als im bürgerlichen Salzburg blühte in Graz die linke Alternativszene auf, als mit der dezentrale verschiedene Bürgerinitiativen u.a. gegen die Pyhrnautobahn ein gemeinsames Netzwerk einrichteten. Die al Graz war die eigentliche Triebkraft hinter der Gründung der späteren alö.
Ebenfalls um 1980, als sich die Grünen in der BRD bereits als Partei formiert hatten, entstand in Wien die kommunalpolitische inititative, eine Alternativgruppe von 68er-VeteranInnen, die im Gegensatz zu den Grazern keine parteipolitischen Ambitionen hegten. 1982 schlug das Jahr der Alternativen: Nach ihrem Gründungsparteitag in Graz wurde beim vierten gesamt-österreichischen Alternativentreffen in Oftering (OÖ) die Kandidatur der alö bei den Nationalratswahlen 1983 beschlossen.
Durch die Zusammenlegung von Gemeinde- und Nationalratswahl geriet auch die kandidaturskeptische al wien unter Zugzwang. Bis 1983 sollten Landesorganisationen gegründet und eine Einigung mit den vereinten grünen vgö angestrebt werden.
Diese aus der wahlbewegung für bürgerinitiativen und umweltschutz (WBU)hervorgegangene Gruppe hatte unter Alexander Tollmann bereits erfolglos Gemeinderatswahlen bestritten. Gemeinsam mit dem Schauspieler Herbert \"Laß jucken, Kumpel\" Fux von der Salzburger Bürgerliste wollte er ein bürgerliches Grün-Standbein etablieren. Mit der Ablehnung von Basisdemokratie und dem Beharren auf autoritären Führungsstrukturen war eine Einigung mit der ALÖ ausgeschlossen. Tollmanns Erregung wegen des von basta inszenierten \"Skandals\" um Fux\' Sexualleben zerschlug die bürgerliche Grün-Ehe und führt zum Absturz bei den 1983er-Wahlen. Neuer Obmann wird Josef Buchner.
In der ALÖ zerfleischten sich unterdessen \"Montagsgruppe\"(Wien) und \"Donnerstagsgruppe\" (Graz). VGÖ und die noch schwächere ALÖ (1,93% bzw. 1,36%) etablierten so das Stereotyp von den \"zerstrittenen Grünen\", das sich bis 1988 halten sollte. Wäre die Einigung gelungen, hätte Österreich bereits 1983 eine wilde grüne Mischung im Hohen Haus erlebt.
So blieben die beiden Grünparteien in der zweiten Sternstunde der Ökologiebewegung nur Trittbrettfahrer. Die Hainburg-Auseinandersetzung 1984 rückte neue Akteure, vor allem aus den Großparteien, in den Mittelpunkt. Medial gepusht von der kronen zeitung sammelten sich lokale Initiativen, Naturschutzorganisationen und StudentInnen in der Au, um mit Günther Nenning als Leithirsch den Betonierern in SPÖ und ÖGB zu trotzen.
Trotz dessen sozialdarwinistischen Thesen benannte Nenning das Hainburg-Volksbegehren nach Konrad Lorenz. Damit sammelte er die Unzufriedenen aus SPÖ und ÖVP, während die Linksalternativen skeptisch gegenüber dem \"staatstragenden Charakter\" der Bewegung blieben. Meissner-Blau und die Biologen Lötsch und Weish tauchten wieder auf, Jungfunktionäre wie Cap und Karas mischten mit, und viele Künstler bezogen Stellung.
Man glaubte, Lehren aus der Post-Zwentendorf-Ära gezogen zu haben: die bürgerinitiative parlament (BIP) sollte als Kandidaturprojekt einer grünen Medien- und Politikelite dienen. In diese Zeit fällt der Auftritt von Ex-Juso Peter Pilz, der nach seinem Engagement beim Anti-Draken-Volksbegehren nun eine führende Rolle im Rahmen der BIP anstrebte.
Nenning versuchte zunächst die Grazer und die VGÖ einzubeziehen, während die \"Schwarzgrünen\" (um Heilingbrunner) und die Wiener AL draußen blieben. Letztere forcierte - geschwächt durch die Dominanz der BIP - ihr eigenes, linksalternatives Einigungsprojekt, die gras (Grün-Alternative Sammlung), die in Wien wiederum die BIP integrierte.
Nenning, nach eigenen Worten \"Victor Adler der Grünen\", strebte mit dem Hainburger Manifest die Einigung aller grünalternativen Strömungen im Hainburger Einigungskomittee an. Neben den Einigungsverhandlungen kochten alle Grüppchen ihre eigenen Süppchen. Ein Pakt zwischen BIP und VGÖ verteilte bereits je ein Drittel der zukünftigen Mandate.
Die wegen des rechtsradikalen FPÖ-Exponenten Scrinzi gestartete Präsidentschaftskandidatur Meissner-Blaus 1986 diente als Generalprobe für den Parlamentseinzug. Ihr Achtungserfolg von 5,5% sollte Anlaß für die endgültige Ausgrenzung der linksalternativen AL Wien werden.
Im Zuge der Kandidatennominierung für die auf November 1986 vorverlegten Nationalratswahlen kam es zu einigen Exzessen: Schon bei der niederösterreichischen Landesversammlung der GAL konnten das Stimmrecht um 30 Schilling erworben werden, Autobusladungen mit ParteigängerInnen wurden herangekarrt. Meissner-Blau, die nach ihrem Ausstieg aus den Einigungsgesprächen mit Pius Strobl ihre \"grüne alternative - liste freda meissner-blau\" angemeldet hatte, sollte eine basisdemokratische Legitimation erhalten. Was in Niederösterreich noch gelang, scheiterte am denkwürdigen 4. Oktober 1986 in Wien.
Andrea Komlosy und Erica Fischer von der GRAS Wien gewannen die Abstimmung gegen Pilz und Meissner-Blau, die gedrängt worden war, sich in Wien um ein Grundmandat zu bewerben, obwohl sie ohnehin nominelle Listenführerin war.
Ein Herzinfarkt der grünen \"Grande Dame\" drohte die Versammlung platzen zu lassen. Freda Meissner-Blau weigerte sich, dieses Wahlergebnis anzuerkennen, das ihrer Meinung nach durch einen \"linken Putsch\" zustandegekommen war. Sie drohte schließlich mit ihrem Rücktritt. Da ein Abhandenkommen der grünen Galionsfigur eine politische Katastrophe gewesen wäre, wurde Meissner-Blau vom überwältigenden Teil der Beteiligten die Unterstützung zugesichert. Günther Nenning, der sich weigerte, diese Vorgangsweise mitzutragen, solidarisierte sich demonstrativ mit den ausgegrenzten linksalternativen Frauen. Mit 0,66% war der Gegenkandidatur der GAL eine bittere Niederlage beschieden. Hätte die Komlosy-Gruppe zwei zusätzliche Unterstützungserklärungen einbringen können und damit in Niederösterreich kandidiert, hätte dies Meissner-Blau das überraschend gewonnene niederösterreichische Grundmandat gekostet. So erreichte ihre Liste wenig berauschende 4,8% und stellte acht Mandatare, von denen lediglich Andreas Wabl auf einer gemeinsamen Landesversammlung gewählt worden war.
Ein Teil der neuen Grünen Abgeordnetenriege bestand aus Meissner-Blaus \"Wiener Wohnzimmerliste\". Außer Meissner-Blau umfaßte der erste Parlamentsklub nur Männer:Wabl, Peter Pilz, Walter Geyer, Josef Buchner, Herbert Fux, Manfred Srb und Karel Smolle. Günther Nenning fiel 1987 bei der Wahl des Bundesvorstandes durch und mußte seine Grünkarriere endgültig begraben.
Einzige Infrastruktur der neuen Partei war der Parlamentsklub, in dem es erwartungsgemäß bald zu gären begann. Erst im Februar 1987 fand in Klagenfurt die eigentliche Gründungsversammlung der grünen alternative statt. Die VGÖ verweigerte beharrlich ihre Integration. Buchner, der für die \"bürgerlichen Grünen\" immer eine eigenständige Linie in Anspruch nahm, begann unter Hinweis auf \"marxistische\" Positionen im Klub (etwa Pilz\' Aufruf zur Befehlsverweigerung) aus der gemeinsamen Linie auszuscheren.
Dies gipfelte in der Gegenkandidatur der VGÖ bei den Wiener Gemeinderatswahlen 1987, die der Grünen Alternative den Einzug in den Gemeinderat kostete. Buchner wurde aus dem Klub ausgeschlossen und fristete sein weiteres Leben als \"wilder\" Abgeordneter im Hohen Haus.
Nach einer Serie von Landtagswahlniederlagen und aufgrund schwerwiegender Differenzen im Klub warfen schließlich Meissner-Blau, Geyer und Fux das Handtuch und traten im November 1988 zurück. Damit war die \"Einigung\" der Grünen nach drei Ausgrenzungsschritten erreicht - die Partei hatte sich konsolidiert

 
 



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