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kunst artikel (Interpretation und charakterisierung)

Avantgardismus

Die dorische ordnung





Die dorische Ordnung (Abbildungen 3-8) zeichnet sich durch eine monumentale Klarheit aus, die Vitruv mit der stren¬gen Schönheit des männlichen Körpers vergleicht. Zentren des dorischen Tempelbaus waren Argos und Korinth, wobei in letzterem aufgrund der später entwickelten korinthischen Ordnung kaum dori¬sche Tempel erhalten sind.

Die oberste Kante des Stereobats (des Fundaments), die Euthynterie, stützt die meist dreistufige Krepis (oder Krepidoma), deren letzte Stufe, der Stylobat, die Standfläche des übrigen Baus bildet (vgl. Abbildung 7). Die Cella-Wände stehen auf dem Toichobat, einer zusätzlichen (jedoch äußerst kleinen) Stufe. Der Schaft (Skapos) der Säule steht direkt auf dem Stylobat. Die Säulen, deren Höhe 5-6 untere Säulen¬durchmesser (\"scapus imus\") betragen sollte und deren Durchmesser um 1/4 abnimmt, verfügen meist über 16-20 senkrecht verlaufende Kanneluren , die in den Anuli (bzw. in früher Zeit in einer archai¬schen Blattkranzkehle) abschließen. Zuvor \"passieren\" die Kanneluren den Scamillus (den \"kleinen Graben\"), der sich aus 1-3 Kerben zusammensetzt, die einen waagerechten Ring bilden. Durch diesen Ring wird der Schaft der Säule vom Säulenhals (Hypotrachelion) getrennt. An die Anuli schließt sich der Echinus an, ein \"kreisrunder Wulst\" , der im Laufe der Zeit an Umfang verliert und an Höhe gewinnt, so daß der Eindruck erweckt wird, die Last des Gebälks würde den Echinus kaum belasten. Auf dem Echinus liegt der Abakus auf, eine quadratische Platte, die zwischen Echinus und Architrav, dem schmucklosen Tragbalken, vermitteln soll. Zwischen Architrav und Triglyphenfries ist eine vor¬springende Leiste, Taenia, angebracht, an deren Unterkante jeweils unterhalb der Triglyphen eine kleine Leiste befestigt ist, an der 6 zylindrische Stifte (Guttae) hängen. Über der Taenia befindet sich jeweils über einer Säule und einem intercolumnium (Raum zwischen zwei Säulen) eine Triglyphe, eine rechteckige Platte, in die zwei senkrechte Kerben sowie zwei Halbkerben an den Seiten gemeißelt sind. Zwischen den Triglyphen befinden sich die Metopen (=\"Raum zwischen den Augen\"), rechtec¬kige, meist bemalte oder skulpturierte Platten. Metopen und Triglyphen bilden das Triglyphon, den Fries. Seit dem Hellenismus gilt die Regel, daß die Frieshöhe 5/8 der Gesamthöhe des Gebälks betra¬gen solle. Jeweils über einer Triglyphe oder einer Metope ist, der Dachneigung folgend, ein Mutulus, d.i. eine rechteckige Platte, mit 3 Reihen à 6 Guttae befestigt. Es folgt ein den ganzen Bau umringen¬des Geison, das die Basis für den Giebel bildet: Ein Schräggeison, das am Geison angebracht ist, ver¬leiht der Sima Halt und begrenzt mit dem Geison das Tympanon, ein dreieckiges Feld, das häufig zur bildlichen Darstellung bestimmter, mit der betreffenden Gottheit in Verbindung stehender Themen genutzt wurde. An den Traufen, sowie am First biegen sich die Kalyptere (verbindende Glieder zwi¬schen Ziegelplatten) zu Antefixa auf. Zudem sind an der Schrägsima (oft löwenkopfförmige) Wasser¬speier, sowie als \"Giebelbekrönung über dem First und an den Seiten\" Akrotere befestigt (Ornamente: vgl. Abbildung 14). Akrotere entwickeln sich von simplen verzierten Scheiben über pflanzliche zu figürlichen Darstellungen, die meist Sagenwesen (z.B. eine Sphinx) darstellen.

Stehen an der Frontseite des Pronaos (respektive des opisthodomos) Säulen \"in antis\", so tragen sie einen bis zu den Seitenwänden der Cella reichenden Architrav, der einen Triglyphenfries stützt. Bis¬weilen stützt eine Säulenreihe die in Kassetten gegliederte Decke. Die Anzahl der Säulen in antis korrespondiert mit der Anzahl der Säulen der Peristasis und der Anzahl der Säulenreihen. Die Ach¬sen der vorderen Säulen des klassischen hexastylen Typus\' treffen in ihrer Verlängerung jeweils auf:

1. die Säulen an den äußeren Flanken

2. die Seitenwänder der Cella
3. zwei Säulen in antis, die sich als Reihe durch die Cella ziehen und somit 3 \"Schiffe\" entstehen lassen.

Beim Tempel des Apollo in Thermum jedoch, dessen Front von 5 Säulen gebildet wird, wird nur eine Säulenreihe gebildet . Die Anzahl der Säulenreihen, die die Cella durchqueren, ist jedoch auf zwei begrenzt. Dies zeigt auch die sog. Basilika in Poseidonia (Paestum), eine Kolonie der achaeischen Kolonie Sybaris. Dort wird lediglich der Mittelsäule der 3 in antis stehenden Säulen eine Säulenreihe durch die Cella zugeordnet. Die Besonderheit dieses Tempels liegt jedoch woanders. Den 3 Säulen in antis würden im Normalfall 7 äußere Säulen zugeordnet. Die vordere Säulenreihe bilden jedoch 9 Säulen, der Tempel ist (fast ) pseudodipteral, d.h. die Ausmaße der Ptera (der Abstände zwischen seitlicher Cellawand und äußerer Säule) werden verdoppelt; man verzichtete jedoch auf eine zweite seitliche Säulenreihe (wie sie im \"echten\" Dipteros vorkommt).

Das klassische Verhältnis von Quer- und Längssäulen beträgt 6:13 oder 6:14 (die Ecksäulen werden jeweils doppelt gezählt), in archaischer Zeit treten auch schmalere Grundrisse auf, mit einem Ver¬hältnis von 5:15, 6:17, 6:16, 6:15. In Ausnahmefällen werden 9 Vordersäulen 18 seitl. Säulen zuge¬ordnet, oder ein Verhältnis von 6:17 oder 8:17 zugrundegelegt.


In fast allen dorischen Tempeln ist ein ausgeklügeltes System von kaum wahrnehmbaren Neigungen und Krümmungen erkennbar. Diese Inklinationen und Kurvaturen folgen gewissen Regeln, und auch Vitruv empfiehlt eine geschickte Kombination dieser Mittel. Häufig (zumindest nach dem 5.JH.v.Chr.) ist der Stylobat an den Ecken abgesenkt, sei es aus ästhetischen oder aus praktischen Gründen (etwa um einen Ablauf von Regenwasser zu ermöglichen). Die Neigung der äußeren Säulen zur Cella hin könnte stabilisierend wirken. Einzig und allein die Entasis, die Wölbung der Säulen, scheint lediglich einem ästhetischen Anspruch zu genügen. Vitruv\'s Quellen (wahrscheinlich Ionische Architekten des 4. oder 3. JH\'s v.Chr.) glaubten durch den Einsatz solcher Elemente bestimmte opti¬sche Illusionen korrigieren zu können. Die Wirkung dieser Subtilitäten auf Betrachter ist zweifels¬ohne gewaltig:

\"To him who sees the Parthenon [=Paradebeispiel für Inklination und Kurvatur] even as it stands to¬day the elasticity and life which spring from these unnoticed subtleties are a revelation.\"
(D.S. Robertson)

3.3.1.1. Der dorische Eckkonflikt

Die strengen Regeln, die beim Bau eines dorischen Tempels beachtet werden mußten und noch aus Zeiten stammten, als Tempel noch aus Holz gebaut wurden, wurden dieser Ordnung zum Verhängnis. Drei dieser Regeln wirkten sich besonders schwerwiegend aus:

1. Eine Triglyphe muß sich jeweils über einer Säulenachse bzw. über einem Intercolumnium befin¬den
2. Die Ecktriglyphen müssen Kontakt haben
3. Die Triglyphe muß sich genau in der Mitte von Säule bzw. Intercolumnium befinden

Anfangs stellten diese Anforderungen kein Problem für die Architekten dar. Da jedoch später größere Tempel gebaut wurden, und somit aus Stabilitätsgründen ein breiterer Architrav benötigt wurde, war es unmöglich, die Triglyphen so lang wie den Architrav breit zu halten. Plazierte man nun die Trigly¬phe -gemäß Regel 3- direkt über der Säulenachse, wäre Regel 2 nicht erfüllt; es würde sich eine ein¬springende Ecke bilden. Regel 2 wurde jedoch immer befolgt. Die archaische Lösung zu diesem Pro¬blem liegt in der Verbreiterung der der Ecktriglyphe folgenden Metope und damit einer Verschiebung der Triglyphe nach außen um A-T2 (A = Breite des Architravs, T = Länge der Triglyphe) . Bei klas¬sischen Tempeln findet man häufig eine Eckkontraktion vor; d.h. das letzte Intercolumnium wird verkleinert (z.B. \'Herkules-Tempel\' in Agrigentum). Auch eine doppelte Eck-kontraktion ist belegt (z.B. Concordiatempel in Agrigentum), bisweilen wurden beide Hilfsmittel kombiniert (z.B. Posei¬dontempel in Paestum oder am Heraeum v. Olympia).

Für Robertson ist klar, daß der dorische Eckkonflikt für den Untergang dieser Ordnung verantwort¬lich war . Jedenfalls ist zu beobachten, daß die dorische Architektur seit dem Prinzipat quasi aufhört zu existieren, sei es aus Desinteresse an dorischer Architektur oder Verzweiflung an dem angespro¬chenen Problem.

(Eckkontraktion: Abbildungen 5 und 6)

 
 



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