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deutsch artikel (Interpretation und charakterisierung)

Kafkas beziehungen zu frauen


1. Drama
2. Liebe



V. a) Felice Bauer (* 18.11.1887 in Neustadt/Oberschlesien; + 15.10.1960 USA)

Als Kafka am 13. August 1912 zu Brod kam, um das Manuskript der "Betrachtung" vor der Absendung noch einmal durchzusehen, traf er hier nicht erwarteten Besuch: die 24jährige Felice Bauer aus Berlin. "Während ich mich setzte", so notierte Kafka im Tagebuch, "sah ich sie zum erstenmal genauer an, als ich saß, hatte ich schon ein unerschütterliches Urteil." Und bei der Feststellung der Reihenfolge seiner Prosastücke fühlte er sich schon so "unter dem Einfluß des Fräuleins", daß er bittet darauf zu achten, ob dadurch eine "komische Aufeinanderfolge" entstanden sei: Erst zu Ostern 1913 wird Kafka Felice wiedersehen, aber die kurze Begegnung bei Brod hat alles vorweg entschieden: Vom 20. September 1912 bis zum März 1913 entstand etwa die Hälfte seiner 350 Briefe und 150 Postkarten umfassenden partnerschaftlichen Produktion, neben der das eigentliche literarische Schreiben keineswegs aussetzte, sondern ebenfalls in außerordentlicher Fülle hervorbrach.
Felice Bauer, 1887 geboren, lebte seit 1899 in Berlin. Sei hatte zunächst als Stenotypistin gearbeitet, war dann wegen ihrer Tüchtigkeit in einer Firma für Diktiergeräte und Parlographen Prokuristin geworden und wohnte inzwischen im Berliner Westen, der großbürgerlichen Wilmersdorfer Straße. Kafka bewunderte ihre "Tüchtigkeit", hielt sie für lustig, lebendig, sicher und gesund".
Die Wiederbegegnung an Ostern 1913 im Hotel "Askanischer Hof" in Berlin und gemeinsame Spaziergänge befestigten diese Verbindung. Über Pfingsten 1913 war Kafka wieder in Berlin. Mitte Juni 1913 fragte er Felice, ob sie seine Frau werden wollte. So sinnvoll ihm eine Ehe mit Felice schien, hatten sich doch auch schon Vorbehalte gemeldet: Die Angst vor dem nicht mehr allein sein. Die Kunst des Schreibens war für ihn mit seiner Ehe nicht vereinbar. An Ostern 1914 besuchte er Felice wieder, sie beschlossen, im September zu heiraten, und am 30.5.1914 wurde in Berlin die offizielle Verlobung gefeiert. Kafkas Eltern waren mit Felice sehr einverstanden; sie erhofften sich einen in ihrem Sinne positiven Einfluß auf den unbürgerlichen Lebensstil ihres Sohnes, z.B. auf sein "Manöverleben", wie er sein nächtliches Schreiben bezeichnet. "Er schläft und ißt so wenig" hatte die besorgte Mutter schon im November 1912 an Felice geschrieben. Kafka empfindet die zeremonielle Verlobungsfeier allerdings als "Folterung" - die Verlobung selbst als "Sackgasse". Felices Vorstellung von ihrer gemeinsamen Wohnung und ihrem gemeinsamen Leben entsetzt Kafka. Er fühlte sich "gebunden wie ein Verbrecher". Er suchte sich zu befreien, vor allem, weil er fürchtete, durch eine Heirat werde seine literarische Arbeit beeinträchtigt und in der Hingabe an einen geliebten Menschen verliere er seine Identität. Andererseits sah er in der Ehe mit Felice nicht nur die Chance einer sozialen Verankerung, sondern er sehnte sich auch nach einem vertrauten Menschen. Schließlich aber überwogen seine Bedenken. Am 12. Juli wurde das Verlöbnis gelöst.
Am 23./24.1.1915 trafen sich Felice und Kafka zum ersten Mal nach ihrer Entlobung im Grenzort Bodenbach. Dabei empfand Kafka nur "grenzenlose Bewunderung, Untertänigkeit, Mitleid und Selbstverachtung". Ihre Beziehung erhielt eine neue Grundlage durch einen gemeinsamen Ferienaufenthalt im Hotel Balmoral und Osborne in Marienbad vom 2. bis 12.7.1916. "Zweifel bleiben. Aber schön der Blick ihrer besänftigten Augen, das Sich-Öffnen frauenhafter Tiefe." Sie beschlossen zu heiraten und nach Berlin zu ziehen. So verlobten sie sich Anfang Juli 1917 zum zweitenmal. Nach dem Ausbruch seiner Tuberkulose im Sommer 1917 trennte er sich aber endgültig von ihr.
Felice heiratete im März 1919 einen reichen Berliner Geschäftsmann, mit dem sie sich zuerst in der Schweiz und dann in den USA niederließ.

V. b) Grete Bloch (* 21.3.1892 in Berlin; + 1941 oder 1942)
Grete Bloch war eine Freundin Felice Bauers und eine Briefpartnerin Kafkas. Kafka machte ihre Bekanntschaft Ende Oktober 1913 in Prag. Mit diesem Zusammentreffen begann ein einjähriger Briefwechsel (vom 19.10.1913 bis zum 15.10.1914). Sie kannte Felice Bauer seit April 1913. Auf ihrem Weg ins Exil nach Italien übergab sie ihrer Freundin einen Teil der an sie gerichteten Briefe Kafkas. Als die deutschen Truppen Italien besetzten, wurde Grete Bloch zusammen mit anderen Juden verhaftet. Vermutlich ist sie während der Deportation oder in einem Konzentrationslager umgekommen.

V. c) Julie Wohryzek (* 28.2.1891 in Prag; + wahrscheinlich
In den dreißiger Jahren in der Heil- und Pflegeanstalt Weleslawin bei Prag)
In den ersten Wochen 1919 lernte Kafka in Schelesen bei Liboch die etwas dreißig Jahre alte Julyie Wohryzek kennen. Julie stammte aus einer einfachen tschechisch-jüdischen Familie; ihr Vater war Schuster und Gemeindediener der Synagoge Prag-Weinberge. Wohl im Frühsommer 1919 verlobten sie sich, die Hochzeit sollte im November sein, eine Wohnung stand schon in Aussicht. Der Heiratsversuch scheiterte gleichwohl wie die früheren an dem mangelnden Willen Kafkas zur Heirat, an dem Willen, alle möglichen Widerstände - die Beschimpfungen durch den Vater, die Lungenkrankheit, die Verstrickung in die Literatur, die wieder entgangene Wohnung - ins Unendliche zu vergrößern. (Die Verlobung wurde dann erst unter dem Einfluß Milenas im Frühjahr 1920 gelöst.) Wie die früheren Verlobungen fiel auch diese in eine unproduktive Zeit.

V. d) Milena Jesenská (* 10.8.1896 in Prag; + 7.5.1944 im KZ Ravensbrück)
Zu Beginn des Jahres 1920 schrieb Kafka den ersten Brief an die Schriftstellerin Milena Jesenská-Polak. Milena, die aus einer christlichen und nationaltschechischen Prager Familie stammte, hatte 1918, nach einer emanzipierenden Schul- und Universitätsausbildung und gegen den Willen des Vaters, den Deutschjuden Ernst Polak geheiratet und früh zum Kreis des Café Arco gehört. Sie hatte Kafka wohl Ende 1919 mitgeteilt, daß sie den "Heizer" ins Tschechische übersetzte. Der Briefwechsel intensivierte sich nun während des Aufenthalts in Meran derart, daß Milenas Bitte, von seinem Urlaub über Wien zurückzufahren, und die Tage vom 19. Juni bis 4. Juli 1920 mit ihr in Wien nur noch das Ende der Beziehung ist.
Milena wird alle Tagebücher erhalten, das Fragment des "Verschollenen", als sie den "Heizer" übersetzt, und auch den "Brief an den Vater". Aber die naiv-liberalistische Milena begriff nicht, daß überhaupt und welch existentielle Rolle für Kafka sein Judentum spielte, weshalb er zu immer neuen brieflichen Erklärungen ansetzte; an der jüdischen Frage kristallisierten sich dann Mißverständnisse und Antagonismen. Kafka war unverhüllter vor ihr als vor jedem anderen Menschen zuvor. Dennoch ging der Abbruch der leidenschaftlichen Beziehung von ihm aus.
Ihre fordernde Liebe war nicht fähig zu einer Trennung von Polak, obwohl Kafkas Wille eindeutig war, daß sie sich aus ihrer längst zerrütteten Ehe vollends lösen und zu ihm nach Prag ziehen sollte. Nach einer weiteren Zusammenkunft an der Grenze, in Gmünd, sehen sie sich ein ganzes Jahr nicht. Kafka fleht sie an: "Nicht schreiben und verhindern, daß wir zusammenkommen ..., alles andere zerstört weiter".
In den Jahren 1921 und 1922 besuchte sie den Dichter noch öfter in Prag. Kafka übergab ihr als Zeichen seines vollständigen Vertrauens seine sämtlichen "Tagebücher" und das Manuskript des Romanfragments "Der Verschollene", den "Brief an den Vater" besaß sie bereits. Die Nazis brachten Milena, die schon von Krankheit gezeichnet war, ins KZ Ravensbrück. Eine verspätet durchgeführte Nierenoperation führte zu ihrem Tod.


V. e) Dora Diamant (Dymant)
(* 1902 in Polen; + im August 1952 in London)
Von Anfang Juli bis zum 6. August 1923 machte Kafka mit seiner Schwester Elli und ihren Kindern Ferien in Müritz an der Ostsee. Dort lernte er in einer Kinderkolonie des Berliner Jüdischen Volksheims eine der Helferinnen näher kennen: Dora Diamant. Was er sich einmal vorgestellt hatte: "Einen haben", der "Verständnis für mich im Ganzen hat", "etwa eine Frau, das hieße Halt auf allen Seiten haben, Gott haben", glückte ihm mit Dora; keine fordernd-überwältigende Liebe wie die Milenas, eine fürsorgliche vielmehr: Kafka wird sich von Dora (die er heiraten wollte, doch verweigerte ihr frommer Vater die Einwilligung) "gut und zart behütet" fühlen, "bis an die Grenzen irdischer Möglichkeit". Dora, knapp 20 Jahre alt, Ostjüdin, in jüdischer, den Gottesbund wahrender Tradition erzogen, des Jiddischen und Hebräischen mächtig, wegen der Progromsituation aus Polen in den Westen geflüchtet, bot ihm den seelischen und materiellen Rückhalt, den er mit seiner Krankheit brauchte, um noch einmal Freiheit von seiner elterlichen Familie zu gewinnen. Die Palästina-Pläne, fast bis zur Verwirklichung durchgespielt, erscheinen plötzlich in dem Versuch, mit Doras Hilfe in Berlin zu leben, weniger erledigt als aufgehoben: Berlin wurde Kafkas Ersatz für Palästina.
1933 beschlagnahmte die geheime Staatspolizei in der Wohnung Dora Diamants eine Stapel Manuskripte Kafkas, die heute als verschollen gelten müssen.

 
 



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