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deutsch artikel (Interpretation und charakterisierung)

Andreas gryphius-tränen des vaterlandes


1. Drama
2. Liebe



Gedichtanalyse: Andreas Gryphius: Thränen des Vaterlandes/Anno 1636



[Einleitung]

Im folgenden werde ich das Gedicht "Thränen des Vaterlandes/Anno 1636" von Andreas Gryphius unter verschiedenen Aspekten analysieren.


[inhaltlicher Überblick]

In dem in Sonettform geschriebenen Gedicht von Andreas Gryphius beschreibt das lyrische Ich die Zerstörung durch Gewalt und Grausamkeit, die wahrscheinlich durch den 30-jährigen Krieg, der zu der Zeit, in der das Gedicht geschrieben wurde, worauf der Titel hinweißt, das alltägliche Leben beherrschte.


[Aufbau]

Das Gedicht ist in Sonettform geschrieben, dass bedeutet es ist in vier Strophen unterteilt, die ersten beiden Strophen haben jeweils vier Verse, die letzten beiden jeweils drei Verse.


[Form]

Daher wirkt das Gedicht optisch regelmäßig und auch die einzelnen Verse sind recht lang, was das Gedicht optisch breit erscheinen lässt. Beim Betrachten von Rhythmus und Metrum wird deutlich, dass der Rhythmus gleichmäßig-fließend ist. Das hängt zum einem mit dem gleichmäßigen Metrum, welches ein 5-hebiger Jambus ist, zum anderen mit den eingebrachten Zäsuren zusammen. Die Zäsuren verlangsamen insgesamt den Sprechverlauf und ziehen das Gedicht in die Länge. In zwei Versen, den Versen 3 und 8, folgen kurz hinter einander mehrere Zäsuren. Das betont die dadurch hervorgehobenen Worte wie "Feuer/Pest/ und Tod" (V.8) besonders und so verdeutlicht Gryphius auch klanglich durch die besondere Betonung der einschneidenden Ereignisse, die mit dem Kriegszustand einhergehen. Daher ist der Sprechrhythmus gleichmäßig und fließend auch wenn bis auf einige Ausnahmen, wie die Verse 1,5,9,sowie die letzten Verse der einzelnen Strophen, alle Verse am Zeilenende ein Enjambements aufweißen. Das hat vor allem die Wirkung, dass durch die dadurch erzeugten Sprechpausen mitten im Satz die Wörter am Anfang des nächsten Verses besonders betont werden. Das Reimschema ist in den ersten beiden Strophen ein umarmender Reim, in den letzten beiden Strophen sind jeweils die ersten beiden Verse ein Paarreim, auffällig ist allerdings, dass sich der letzte Vers der dritten Strophe mit dem letzten Vers der vierten Strophe reimt. Das bildet einen geschlossenen Rahmen um das Gedicht und auch hier wirkt das Gedicht gleichmäßig und fließend. Weiterhin lassen sich in dem Gedicht einige stilistische Gestaltungsmittel feststellen.

Zunächst personifiziert der Autor die "rasenden Posaunen" (V.2). In Vers 4 findet sich ein Binnenreim: "Hat aller Schweiß/ und Fleiß/ und Vorrath auffgezehret.". Die darauffolgenden Verse 5 und 6 sind parallel aufgebaut, es handelt sich dabei um eine Aufzählung der Zerstörungen in der Stadt. Außerdem ist eine Klimax eingebaut: "Ist Feuer/ Pest/ und Tod/ der Herzt und Geist durchfahret." Dies verdeutlicht, dass nicht nur Zerstörung von materiellen Dingen stattfindet, sondern auch Krankheiten wie die Pest die Menschen heimsuchen und letztendlich viele Menschen den Tod finden. In Vers 4 ist weiterhin eine Metapher zu finden: "der Seelen Schatz". Auf die Bedeutung dieser Metapher wird später im Verlauf der Analyse eingegangen.


[Sprache]

Insgesamt lässt sich aber sagen, dass die Sprache nicht besonders bildhaft ist, denn es finden sich nur wenige Metaphern und Bilder. So wirkt das Gedicht nicht fantasiereich und umschreibend sondern realitätsnah und direkt, denn die schreckliche Zerstörung wird unumwunden ausgesprochen.

Betrachtet man weiterführend den Satzbau des Gedichts, sieht man, dass es sich um Hypotaxen handelt, was dem Gedicht wiederum einen gehobenen Stil verleiht. Die Wortstellung innerhalb der Sätze ist normalsprachlich. Bei der Wortwahl fällt allerdings auf, dass sich viele Wörter finden, die mit negativen Assoziationen belegt sind, wie zum Beispiel "Blut" (V.3+9), "Pest" (V.8+13) und "Tod" (V.8+12). So vermittelt der Autor eine bedrückende, bedrohliche und unheilvolle Atmosphäre. Außerdem finden sich viele Wörter im Gedicht, die mit Kriegssachverhalten in Verbindung zu bringen sind, wie zum Beispiel "Schwert" (V.3), "Carthaun" (V.3), "Schantz" (V.9) und auch "Hungersnot" (V.13) und Tod (V.8+12). Insgesamt geben die verschiedenen stilistischen Mittel dem Gedicht einen zum einen gleichmäßigen, zum anderen aber auch einen bedrohlichen Charakter, der durch die Betonung von Wörtern, die mit negativen Assoziationen belegt sind wie Tod, Pest und Blut hervorgerufen wird. Der Stil ist insgesamt gehoben und durchgeformt.


[Inhalt/Sprecher]

Vermittelt wird der Inhalt von einem lyrischen Ich, dass schon im ersten Vers in Erscheinung tritt, denn es ist von "wir" die Rede. Zugleich wird hier auch schon deutlich, dass sich das lyrische Ich zu einer Gemeinschaft zählt, die er in diesem Gedicht anspricht. Auf den Inhalt bezogen ist davon auszugehen, dass er seine Landsleute mit dieser Gemeinschaft, die er anspricht, meint, denn er beschreibt wie eine Stadt angegriffen wird und viel Leid und Qual hervorgerufen wird. Durch dieses "Wir-Gefühl" hat das lyrische Ich eine enge Beziehung zur Thematik des Gedichts, es betrachtet das Geschehen allerdings in einem Überblick, denn es werden nacheinander verschiedene Zustände beschrieben, die mit dem Krieg und der damit einhergehenden Qual in Zusammenhang stehen. Das lyrische Ich nimmt daher einen distanzierten Standort ein. In Vers 12 geht das lyrische Ich von sich aus und formuliert eine Art "Konsequenz", die im Verlaufe der Analyse noch näher betrachtet wird.


[Textdeutung]

Bei einer genaueren inhaltlichen Betrachtung ist das zentrale Motiv, der Krieg, besonders augenscheinlich, denn sowohl die Wortwahl aus dem Kriegsbereich als auch die düstere, bedrohliche Atmosphäre weisen darauf hin. In der ersten Strophe beschreibt das lyrische ich wie verheerend die Situation für seine Landleute und auch für sich selbst ist, denn eine "frechen Völker Schaar" (V.2) ist in die Stadt eingefallen und bringt Leid und Qual herein. Dieses Leid und die schrecklichen Zustände werden in den Strophen 2 und 3 genauer beschrieben: Die Häuser und Straßen sind zerstört, selbst vor der Kirche schrecken die Feinde nicht zurück (V. 5+6) und das Bild der Stadt ist von Feuer und den umherliegenden Leichen (V.9+10) geprägt. In Vers 10 ist auch angedeutet, dass der Krieg schon 18 Jahre andauert: "dreymal sind schon sechs Jahr". Da das Gedicht laut dem Titel aus dem Jahre 1636 stammt ist nun sehr augenscheinlich, dass es sich um den 30-jährigen Krieg handelt, denn dieser begann 1618, genau 18 Jahre zuvor. Die vierte Strophe unterschiedet sich inhaltlich von den vorangegangenen Strophen. Zunächst spricht das lyrische Ich als Ich und nicht aus der Wir-Perspektive. Er distanziert sich also von der Gemeinschaft, zu der er sich sonst dazuzählte. Das lyrische Ich formuliert hier wie bereits erwähnt etwas wie eine persönliche "Konsequenz" aus den Erfahrungen und Eindrücken, die der Kriegszustand vermittelt. Das lyrische Ich nimmt Abstand vom momentanen Zustand zieht den Schluss, dass die körperlichen und auch psychischen Qualen, die der Krieg mit sich gebracht hat nicht mit dem gleichzusetzen sind, was der Krieg an seelischen Qualen mit sich bringt, denn er spricht von einem "Schatz der Seelen" (V.14), der durch den Krieg vielen Unschuldigen abgezwungen wurde. Es ist allerdings nicht eindeutig was mit "der Seelen Schatz" gemeint ist und so ist auch eine Interpretation sehr wage. Weiterhin ist der Titel ein Analysebestandteil. Der Titel "Tränen des Vaterlandes /Anno 1636" zeigt, dass es sich um eine traurige und schwierige Situation handeln muss, denn Tränen werden mit Leid, Trauer und Schmerz assoziiert. "Tränen des Vaterlandes" lässt darauf schließen, dass das Land, dass das Heimatland des lyrischen Ichs und/oder des Autors in einer solchen schwierigen Situation steckt, es könnte zum Beispiel sein, dass das Vaterland, das in diesem Fall vermenschlicht wird, um seine "Söhne", also die Menschen, die in dem Land leben, weint, weil es Verlust durch Kriege oder Hungersnöte oder ähnliches gab. Das "Anno 1636" gibt wie bereits erwähnt Aufschluss über die Zeit, in der das Gedicht verfasst wurde.

Dieses Gedicht von Andreas Gryphius ist sowohl von seiner Entstehungszeit als auch inhaltlich dem Barock zuzuordnen. Durch das Ansprechen von etwas Geistigem wie Seelen und der direkten Konfrontation mit dem Tod durch den Krieg wird in diesem Gedicht das für den Barock charakteristische "Memento-mori"-Motiv ("Bedenke, dass du sterben musst.") angedeutet, denn durch den Krieg wird das lyrische tagtäglich mit dem Tod konfrontiert und dennoch ist es sich bewusst, dass es etwas wie eine Seele gibt, dass die Unsterblichkeit symbolisiert. So kommt auch das Varnitas-Motiv vor. Das bedeutet, dass das lyrische Ich das Bewusstsein besitzt, dass alles vergänglich ist. Das wird deutlich, als vom Tod und den Qualen die Rede ist, denn durch die jahrelangen Konfrontation ist sich das lyrische Ich bewusst, dass es jeden, auch es selbst, treffen kann und der Tod nicht in weiter Ferne steht.


[Schluss]

Inhaltlich passt das Gedicht zum Text von Otto von Guericke "Belagerung, Eroberung und Zerstörung der alten Stadt Magdeburg", denn auch er schildert, wenn auch nicht in Gedichtform, die schlimmen Zustände, die der 30-jährige Krieg über die Stadt Magdeburg hereinbrachte. In Andreas Gryphius' Gedicht ist die Stadt um die es geht nicht benannt, aber dennoch decken sich die Schilderungen über die Zustände.

Abschließend lässt sich sagen, dass dieses Gedicht ein charakteristisches Gedicht für das Zeitalter des Barocks ist, denn sowohl durch die durchgestaltete und regelmäßige sprachliche Gestaltung als auch durch das Einbinden von Varnitas- und Memento-mori-Motiv erfüllt dieses Gedicht einige für den Barock typische Merkmale.

 
 



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