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kunst artikel (Interpretation und charakterisierung)

Bildwahrnehmung durch den menschen





Bevor nun ausführlich auf die Grundlagen der Fotografie eingegangen wird, soll erst einmal die Bildwahrnehmung des Menschen untersucht werden. Wenn Sie nur das Fotografieren lernen wollen, können Sie gleich mit dem Lesen des nächsten Kapitels über die Grundlagen beginnen und sich dieses Kapitel zu einem anderen Zeitpunkt vornehmen. Der Grund, warum der menschliche Sehvorgang hier beschrieben wird ist, daß das Sehen immer wieder gerne mit der Fotografie verglichen wird und sich doch völlig von ihr unterscheidet. Das Auge erzeugt zwar ein optisches Bild, aber das ist auch alles, was es mit einer Kamera gemeinsam hat. Abgesehen davon wird das Bild auf andere Weise als mit nur einem Objektiv erzeugt: Nicht alleine die Augenlinse, sondern auch die Hornhaut, das Kammerwasser, die Iris und der Glaskörper wirken bei der Abbildung mit, die nicht in einer Ebene, sondern auf der Netzhaut im kugelförmigen Augapfel stattfindet. Wer sich näher für die eben genannten Fachbegriffe interessiert, findet sie ausführlich in einem Physiologielehrbuch oder guten Universallexikon erklärt. Informationen über den Farbsehvorgang finden Sie im Kapitel `Der Film\' unter `Farbwahrnehmung des Menschen\'.

Der Mensch nimmt ständig Bilder wahr. So sieht er beispielsweise einen Kreis, von dessen Mittelpunkt zwei Linien ausgehen. Eine davon ist kurz, die andere etwas länger. Dabei erkennt er, daß es sich um eine Uhr handelt. Wie jedoch läuft der menschliche Sehvorgang ab?

Zuerst fällt Licht, eine Form von Strahlungsenergie, auf die Gegenstände unserer Umwelt. Diese reflektieren einen Teil davon in Richtung des Betrachters. Dort trifft das Licht dann unter anderem auf die Augenlinse, die ein Bild der betrachteten Gegenstände auf der Netzhaut erzeugt. Die Netzhaut besteht aus sehr vielen lichtempfindlichen Zellen, die das Licht in neuronale (nervliche) Energie umsetzen. Den Augen ist der Sehnerv angegliedert, der diese `Signale\' dann in die hinteren Bereiche des Gehirns, genauer gesagt in die Sehrinde leitet, wo sie von hochspezialisierten Zellen verarbeitet werden. So gibt es Zellen, die Farben unterscheiden, andere wiederum sind für Formen und Bewegung zuständig.

Das Gehirn beinhaltet das sogenannte primäre und das sekundäre Sehzentrum. Im primären Sehzentrum werden die Bilder der Außenwelt in Millionen einzelne Bestandteile zerlegt. Das sekundäre Sehzentrum verwandelt die Strukturen des primären Sehzentrums in komplexe Muster, d.h. in ganze Bilder. Außerdem ist es dafür verantwortlich, daß der Mensch überhaupt identifizieren kann, was er sieht.

Abbildung 2.1 verdeutlicht den Sehvorgang. Sie zeigt auf der linken Seite einen Querschnitt durch das Auge sowie die Abbildung eines Gegenstandes auf der Netzhaut: Der Augenlinse gegenüber befindet sich ein Netzhautbereich, der als `gelber Fleck\' bezeichnet wird. In dessen Zentrum ist eine Vertiefung, die sogenannte Fovea centralis. Dort, in der Fovea centralis, sieht der Mensch das Bild am schärfsten.


Abbildung 2.1: Das Auge. Links: Das Licht fällt durch Hornhaut, vordere Augenkammer, Pupille, Linse und Glaskörper auf die Netzhaut, wo die lichtempfindlichen Rezeptoren gereizt werden. Rechts: Die Nervenbahnen vom Auge zur Großhirnrinde.

Wird das Hirn im Bereich des Sehzentrums beschädigt, beispielsweise durch einen Unfall oder einen Tumor, kann dies zur Folge haben, daß der Betroffene Teile des Sehfelds nicht mehr wahrnimmt. Statt dessen sieht er dort `Flecken\' Oder er kann einzelne Bestandteile der Umwelt nicht mehr zu Bildern zusammenfügen. Wird einer solchen Person dann beispielsweise ein Bild gezeigt, auf dem eine Brille dargestellt ist, sieht er zwei Kreise, einen Querbalken und zwei Stöcke. Der Patient könnte vermuten, daß es sich um ein Fahrrad handle [8].

Auf der rechten Seite von Abbildung 2.1 ist eine Oberansicht des Kopfes zu sehen. Erkennbar ist der Sehnerv, der die Information vom Auge ins Gehirn zum primären Sehzentrum weiterleitet.

Bei einer Schädigung des Gehirns im Bereich des Sehzentrums sind sogar noch schlimmere Folgen zu befürchten. Der Betroffene ist dann unter Umständen unfähig, sich an bestimmte Aspekte der Umwelt zu erinnern, die er vor der Hirnschädigung wahrgenommen hat.

Unsere Augen weisen noch eine bemerkenswerte Besonderheit auf: Entwicklungsbiologisch gesehen ist die Netzhaut Bestandteil des menschlichen Gehirns. Schon dort wird das Bild vorverarbeitet, was einer Belastung unseres Hirns mit überflüssigen Informationen vorbeugt.

Fassen wir den Sehvorgang noch einmal kurz zusammen: Irgendeine Lichtquelle, sei es die Sonne oder eine Glühbirne, bestrahlt einen Gegenstand. Das vom Gegenstand reflektierte Licht wird in den Augen als Bild auf die Netzhaut projiziert. Im Licht selbst steckt Energie, die von den Netzhautzellen in nervliche Energie umgewandelt und als Information zum Gehirn weitergeleitet wird. Dort vollzieht sich die vollständige Erkennung des Bildes. Wesentliches Merkmal des Bildsehens ist daß das Gehirn die Bilder nicht von der Augennetzhaut abliest wie etwa von einer Leinwand. Es rekonstruiert vielmehr diese Bilder selbständig.

Für den Fotografen ist ein Unterschied zwischen dem von der Kamera erzeugten Bild und dem `Bild\', das er sieht von besonderer Bedeutung: Der Mensch wählt aus, was er sehen will und konzentriert sich darauf. Dinge, die ihm uninteressant erscheinen, nimmt er nicht oder nur nebenbei wahr. Das Foto hingegen zeigt alle Gegenstände deutlich, die in der Bildschärfe liegen, selbst wenn sie nicht von Interesse sind.

Das bedeutet: Nehmen wir an, Sie befinden sich in einer Stadt und sehen dort ein schönes Gebäude, das Ihre ganze Aufmerksamkeit auf sich zieht. Vor dem Gebäude steht eine gräßliche Mülltonne. Auch wenn das Auge die Mülltonne auf die Netzhaut projiziert, nehmen Sie diese nicht wahr, solange Sie sich nur für das Gebäude interessieren.

Gerade darin besteht ein häufiger Anfängerfehler: Auch durch die Kamera sehen unerfahrene Fotografen nur das, was sie am Motiv interessiert. Die Kamera aber registriert alles. Später ist dann das Bildergebnis oft enttäuschend, weil zuviel Nebensächliches auf dem Foto zu sehen ist. Um beim Beispiel des Gebäudes zu bleiben: Die gräßliche Mülltonne könnte Ihnen das ganze Bild verderben. Vielleicht ist es ja möglich, sie für die Dauer der Aufnahme beiseite zu schieben.

Es gibt noch drei weitere wichtige `technische\' Unterschiede zwischen dem menschlichen Sehen und der Fotografie, die der Fotograf kennen sollte:
. Die Farbwahrnehmung des Menschen und die Farbwiedergabe durch den Film
. Den Helligkeitsunterschied, welchen Mensch und Film überbrücken können
. Die Lichtverhältnisse, unter denen Mensch und Film noch gut sehen. Mit: `Der Film sieht noch gut\', meine ich, daß man noch aus freier Hand fotografieren kann, ohne Blitz und Stativ bemühen zu müssen.
Diese Unterschiede werden in den Kapiteln Film und Belichtungsmessung ausführlicher besprochen. Hier sollen nur drei typische Beispiele genannt werden, wie sich die Unterschiede im einzelnen auswirken können. In allen Fällen muß der Fotograf bereits vor der Aufnahme wissen, wie ungefähr das spätere Bild aussehen wird und eventuell korrigierend eingreifen.
. Wenn ein weißes Blatt Papier mit einer Glühbirne beleuchtet wird, erscheint es dem Menschen immer noch weiß. Der Film hingegen sieht es rötlich.
. Für den Menschen ist es kein großes Problem, sowohl eine Szene im Schatten als auch im hellen Sonnenlicht gleichzeitig zu betrachten. Der Film gibt entweder alles was im Schatten ist als schwarze Fläche wieder oder den hellen Motivteil als weiße Fläche. Entweder ist dann im Schatten oder im hellen Bereich nichts mehr vom Motiv zu erkennen.
. Selbst wenn wenig Licht vorhanden ist, sieht der Mensch noch recht gut. Ein mit `hellen\' Neonröhren beleuchtetes Zimmer empfindet er als hell. Auch an stark bewölkten Tagen oder im dunklen Schatten nimmt er die Umgebung noch als hell wahr. Wenn man fotografiert, kann es bei solchen Lichtverhältnissen erforderlich sein, ein Blitzlicht oder lichtempfindliche Filme einzusetzen. Oder man muß vom Stativ aus fotografieren, damit die Bilder scharf und nicht verwackelt werden.

 
 



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