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geschichte artikel (Interpretation und charakterisierung)

Entstehung der benes-dekrete





Als nach dem ersten Weltkrieg die tschechoslowakische Republik am 28. Oktober 1918 gegründet wurde, forderten die Deutschen in der Tschechoslowakei, dass ihre Heimatgebiete bei dem zu Deutsch-Österreich verkleinerten Staat verbleiben. Sie beriefen sich auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker und weigerten sich somit, zur Tschechoslowakei zu gehören. Im Friedensvertrag von St. Germain am 10. September 1918 wurden der Tschechoslowakei dennoch die sudetendeutschen Gebiete Böhmen, Mähren und Schlesien und auch die damals noch ungarische Slowakei zugesprochen. Der "deutsche parlamentarische Verband" hielt 1920 den neu entstandenen Staat für "widerrechtlich" und forderte die "Selbstbestimmung" der damals 3.1 Millionen starken deutschen Minderheit in der ÈSR. Doch schon bald verbesserten sich die Beziehung zwischen dem tschechoslowakischem Staat und der sudetendeutschen Minderheit. 1926 beteiligten sich bereits der Bund der Landwirte und die christlich-soziale Volkspartei an der Regierung. Schließlich schloss sich 1929 auch die sozialdemokratische Arbeiterpartei an.
Der Machtantritt der NSDAP in Deutschland veränderte die Haltung der Sudetendeutschen gegenüber den Tschechen wieder. Vor allem die faschistischen Parteien DNSAP (Deutsche Nationalsozialistische Partei) und die DNP (Deutsche Nationalpartei) hatten sich zum Ziel gesetzt, die sudetendeutschen Gebiete wieder an das deutsche Reich anzugliedern. Daraufhin wurden sie verboten.
Der Turnlehrer Konrad Henlein konnte mit Hilfe finanzieller Unterstützung durch die deutsche NSDAP eine sudetendeutsche Heimatfront (SHF) gründen. 1935 wurde sie legalisiert und zur sudetendeutschen Partei erklärt. Sie gewann immer mehr Einfluss und so kam es, dass am 19. Mai 1935, einen Tag nach der Wahl von Edvard Benes zum Staatspräsidenten, die Partei Konrad Henleins zur stimmenstärksten Partei in der Tschechoslowakei wurde. Bei den Wahlen im Mai 1938 erreichte sie sogar 91% aller deutschen Stimmen. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Partei aufgrund der finanziellen Abhängigkeit von der NSDAP schon vollständig die Politik Hitlers übernommen. Bei einem in Karlsbad erstellten Programm fordert Henlein die vollständige Autonomie der Deutschen in der Tschechoslowakei.
Der Staatspräsident Edvard Benes entwickelte Mitte September den sogenannten "Fünften Plan", um das sudetendeutsche Problem zu lösen. Dieser Plan beinhaltete die Abtretung bestimmter Gebiete an das deutsche Reich, um mindestens ein Drittel aller Sudetendeutschen "loszuwerden". Ein weiteres Drittel sollte ausgesiedelt werden. Die "Demokraten, Sozialisten und Juden" durften im Land bleiben. Durch die Abtrennung der Grenzbereiche an Deutschland sollte die Zustimmung zur Vertreibung der restlichen Deutschen erleichtert werden.
Die sudetendeutsche Partei und Hitler sahen diesen Plan als "Provokation". Die Abtretung eines erheblich größeren Gebietes wurde ultimativ gefordert. Im von Frankreich, Italien und England anerkannten "Münchner Abkommen" vom 30. September 1938 wurde die Abtretung eines entsprechend großen, überwiegend von Deutschen besiedelten Gebietes an das Deutsche Reich schließlich offiziell beschlossen. Das Gebiet Teschen und einige Grenzgemeinden der Nordslowakei wurden im Zuge dieses Abkommens an Polen abgetreten. Zusätzlich forderte Ungarn einige Gebiete von der Tschechoslowakei. Auch das wurde durch den so genannten deutsch-italienischen Schiedsspruch in Wien bewilligt. Die Tschechoslowakei verlor unter dem "Diktat von München" innerhalb eines Monats 41000 Quadratkilometer ihres Territoriums und fast fünf Millionen Einwohner.
Edvard Benes trat am 5. Oktober 1938 zurück und ging nach England ins Exil. Er versuchte, den tschechoslowakischen Staat noch zu festigen, doch bereits am 15. März 1939 marschierte die deutsche Wehrmacht ein und es kam zur vollständigen Auflösung. Die Slowakei spaltete sich ab und erhielt eine deutschfreundliche Regierung, die Tschechei wurde zum "Reichsprotektorat Böhmen und Mähren". Um der Auflösung des Staates entgegenzuwirken, gründete Edvard Benes am 13. Juli 1940 eine tschechische Exilregierung, die den zunehmenden Widerstand gegen die deutsche Okkupation unterstützte. Im Exil verfasste er so genannte Dekrete , die den Umständen und Problemen in der Tschechoslowakei entgegenwirken sollten. Sie sind heute unter dem Namen "Benes-Dekrete" bekannt und wurden später in das tschechische Rechtssystem integriert.
Um die Aufstände gegen die deutsche Besatzung niederzuschlagen, wurde im Sommer 1941 der SS-General Reinhard Heydrich zum Reichsprotektor für Böhmen und Mähren ernannt. Der Ausnahmezustand wurde verhängt und es kam zu zahlreichen Verhaftungen und Exekutionen. Der von H. Himmler 1941 erlassene "Generalplan Ost" zwang viele Tschechen, nach Sibirien auszuwandern, aber der Widerstand der Tschechen wurde immer stärker. Am 27. Mai 1942 wurde Reinhard Heydrich ermordet. Als Vergeltungsaktion für seine Ermordung wurde das im mittelböhmischen Gebiet liegende Dorf Lidice komplett zerstört.
Aufgrund der Aggression des Deutschen Reiches gegenüber dem tschechischen Volk stimmte das britische Kriegskabinett am 6. Juli 1942 einem "Transfer" der deutschen Minderheiten nach dem Plan von Edvard Benes zu. Auch einer Konfiszierung des deutschen Eigentums, die von der tschechischen Widerstandsbewegung verlangt wurde, wurde zugestimmt. Bereits ein Jahr später erhielt Benes auch die Zustimmung Roosevelts bei einem Treffen in den USA, obwohl seine Berater meinten, dass man mit einer Abtretung von nur sechs Landstrichen und ohne Vertreibungen die Konflikte in der Tschechoslowakei lösen könnte. Bei einer Unterredung mit Stalin am 12. Dezember 1943 äußert Benes erstmals auch, dass er "einen slawischen tschechoslowakischen Staat frei von Deutschen und Magyaren schaffen möchte". Demnach hatte er auch eine Aussiedlung der Magyaren im Sinn, die in Form eines Austausches gegen Slowaken aus Ungarn vor sich gehen sollte. Stalin erteilte ihm die Zustimmung der UdSSR, indem er eine Aussage des damaligen Außenministers Molotow bekräftigte, der bereits 1942 die Unterstützung der sowjetischen Regierung ausgesprochen hatte. Damit hatte Edvard Benes die Zustimmung der drei Alliierten. 1944 arbeitete er einen Zehn-Punkte-Plan aus, der die Richtlinien für die Ausweisung der deutschen Bevölkerung enthielt.
Nach dem Einmarsch der sowjetischen Armee und der endgültigen Niederlage Nazideutschlands am 9. Mai 1945 entstand die Tschechoslowakei wieder als selbstständiger Staat. Die sudetendeutschen Gebiete und die Slowakei wurden wieder angegliedert und Edvard Benes Staatspräsident. Die bisher und die in der Folge erlassenen Dekrete wurden als Grundlage der staatlichen Ordnung der Tschechoslowakei in die Verfassung integriert. Sie bilden seither einen festen Bestandteil derselben.
Am 3. Juli 1945 legte die Prager Regierung den alliierten Siegermächten einen Plan zur Vertreibung einer "großen Mehrheit" der Deutschen und Magyaren vor, doch bereits im August des selben Jahres ordnete die tschechoslowakische Regierung die vollständige, restlose Vertreibung der Sudetendeutschen an. Das Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945 legte unter anderem auch den Transfer der deutschen Minderheiten aus der Tschechoslowakei, aus Polen und aus Ungarn fest. Das von Edvard Benes ausgearbeitete entsprechende Präsidialdekret erübrigte sich somit, die die Frage der deutschen Minderheit betreffenden "Benes-Dekrete" wurden aber vorwiegend für Maßnahmen wie die Enteignung, den Entzug der Staatsbürgerschaft und die Arbeitspflicht relevant.

 
 


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