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geschichte artikel (Interpretation und charakterisierung)

Die juden nach dem exil



Trotz der Zerstörung des zweiten jüdischen Staates und der zunehmend antijüdisch gesinnten Umwelt vermochten die Juden ihre Identität und ihre Traditionen im Zuge eines tiefgreifenden kulturellen Wandels zu bewahren.

Die religiöse Entwicklung im Exil
Als Antwort auf den Bruch, den die Entstehung des Christentums bewirkte, entwickelte sich das Judentum zu seiner bleibenden Form. Die Kontinuität beruhte auf der gemeinsamen Sprache, einem literarischen Erbe, das Bestandteil der jüdischen Erziehung wurde, auf einem klar strukturierten Gemeindeleben mit festem Zusammenhalt und der stetigen Hoffnung auf zukünftige Erlösung.
Während der ersten sechs Jahrhunderte des Exils verfaßten die Rabbiner und Schriftgelehrten mit der Mischna und der Gemara den großen Korpus der mündlichen Gesetze und religiösen Auslegungen, den Talmud. Unter der Herrschaft der Parther, ab 227 dann unter der der Sassaniden oder Neuperser, entwickelten sich Akademien in Palästina, vor allem in Galiläa und Babylonien, zu den wichtigsten Zentren der jüdischen Glaubenslehre. Bereits seit dem 6. Jahrhundert v. Chr. gab es in Babylonien eine bedeutende jüdische Gemeinde, die nun einen immer stärkeren Einfluß auf die im Exil lebenden Juden ausübte. Ein Exilarch stand der babylonischen Kolonie als Oberhaupt vor. Die beiden dortigen Studienstätten in Sura und Pumbedita genossen unter den Juden hohes Ansehen. Die Lehrer, die im 1. und 2. Jahrhundert an der Kodifizierung und Erweiterung der Mischna arbeiteten, hießen Tannaiten (von aramäisch: lehren). Auf sie folgten im 3. Jahrhundert die Amoräer (aramäisch: Sprecher), die sich mit der Gemara befaßten und im 5. Jahrhundert von den Saboräern (aramäisch: nachdenken) abgelöst wurden. Mit der Komplettierung der Gemara, die den Kommentar zur Mischna bildete, erhielt der Talmud zu Beginn des 6. Jahrhunderts seine endgültige Fassung. Der unvollständigere palästinische oder Jerusalemer Talmud erhielt seine heutige Gestalt bereits ein Jahrhundert früher. Die führenden Vertreter der babylonischen Schulen nannten sich Gaonen (Plural des hebräischen Wortes gaon: Vorzüglichkeit). Ihre Antworten zu Fragen des Glaubens wurden zum Teil in die religiöse Praxis aufgenommen.
Islamische Toleranz
Der aufkommende Islam stellte für die jüdischen Gemeinden Babyloniens keine größere Bedrohung dar. 637 eroberten die Muslime Mesopotamien und erhoben den Islam zur Staatsreligion. Der Kodex Omar, den Kalif Omar I. verkündete, erlegte den Juden eine Reihe formeller Beschränkungen auf. So durften sie keine politischen Ämter bekleiden und keine Muslime als Dienstboten beschäftigen. Auch war es ihnen verboten, Waffen zu tragen, Synagogen zu bauen und Gottesdienste mit lauter Stimme abzuhalten. Darüber hinaus mußten sie als Erkennungszeichen gelbe Flicken an ihren Ärmeln tragen. Die Kalifen von Bagdad fühlten sich indes nicht an das Gesetz gebunden und gestatteten den Juden, ihre Autonomie weitgehend zu bewahren.
Diese Phase der islamischen Toleranz zeichnete sich durch eine gute Kooperation zwischen Muslimen und Juden aus und begünstigte die Entwicklung einer auf griechischen, muslimischen und jüdischen Elementen basierenden Kultur zu einer Zeit, da in Europa noch das finsterste Mittelalter herrschte.

Die Juden im mittelalterlichen Europa
Mitte des 10. Jahrhunderts verlagerte sich das Zentrum der weltlichen und religiösen jüdischen Lehre von Mesopotamien ins maurische Spanien. Schon vor der Expansion des Römischen Reiches hatte es hier jüdische Kolonien gegeben. Diese sahen sich immer wieder Verfolgungen ausgesetzt, insbesondere nachdem die Westgotenkönige sich im 6. Jahrhundert zum Christentum bekehrt hatten. Der Eroberungszug der Muslime bedeutete für die Juden eine Zeit des Friedens. Sie bekleideten nun wichtige Ämter als Staatsmänner, Ärzte, Bankiers und Gelehrte.
Die Epoche des Friedens endete Mitte des 13. Jahrhunderts, als die Macht der Muslime auf der Iberischen Halbinsel schwand. Unter den katholischen Königen erwartete die Juden das Schicksal ihrer Glaubensbrüder und -schwestern im übrigen Europa. Im gesamten Mittelalter waren Judenverfolgungen in christlichen Ländern an der Tagesordnung. Während der Kreuzzüge wurden Tausende von Juden zum Opfer der ausziehenden Kämpfer. 1215 berief Papst Innozenz III. das 4. Laterankonzil ein, das eine an den Kodex Omar erinnernde Restriktionspolitik den Juden gegenüber verkündete und sie zwang, sich öffentlich kenntlich zu machen. In ganz Europa grenzte man die Juden aus. In den Städten mußten sie fortan in Ghettos leben und durften sich nicht mehr frei bewegen. Im 13. und 14. Jahrhundert füllten die europäischen Könige ihre Schatzkammern mit konfisziertem jüdischen Eigentum, dessen rechtmäßige Besitzer sie vertrieben. 1290 enteignete König Edward I. von England die Juden und verwies sie des Landes.
1394 folgte Karl VI. von Frankreich seinem Beispiel. Als im 14. Jahrhundert der Schwarze Tod in Europa wütete, mußten abermals zahlreiche Juden sterben, weil die Christen sie für die Urheber der Seuche hielten. In Spanien führten die von der Kirche ausgehenden Verfolgungen dazu, daß die Juden scharenweise konvertierten, um ihr Leben zu retten. In vielen Fällen waren diese Bekehrungen rein äußerlich, insbesondere bei den Marranen; die sich zwar zum Katholizismus bekannten, insgeheim aber weiter ihrem früheren Glauben anhingen. Ab 1478 verfolgte die spanische Inquisition diese Gruppe, und 1492 wurden alle Juden aus dem Land vertrieben. 1497 folgte die Ausweisung aus Portugal.
Die Emigranten aus Westeuropa fanden im östlichen Teil des Kontinents Zuflucht. Tausende von spanischen Juden flohen in die europäische Türkei, wo zu der Zeit eine Politik der islamischen Toleranz herrschte. Im 16. Jahrhundert befand sich die größte jüdische Gemeinde Europas in Konstantinopel. Die meisten Juden, die in England, Frankreich, Deutschland und der Schweiz verfolgt wurden, ließen sich in Polen und Rußland nieder. Um 1648 betrug ihre Zahl in Polen über 500 000, die innerhalb des Königreiches ihre Autonomie bewahrten und das Land zu einem Zentrum des jüdischen Lebens machten. Zwischen 1648 und 1658 kam es zu Verfolgungen in der Ukraine, die nach dem Aufstand des Kosakenführers Chjelmnizki (um 1595-1657) einsetzten. Als auch jüdische Gemeinden in Polen zerstört wurden, war das jüdische Volk auch im osteuropäischen Raum in seiner Existenz bedroht. Von nun an durften die Juden eine Vielzahl von Berufen nicht mehr ausüben. Handwerk, Landwirtschaft und Handel in großem Umfang blieb ihnen verschlossen, so daß sie sich auf den Kleinhandel beschränken mußten.

 
 

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