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geschichte artikel (Interpretation und charakterisierung)

Der kampf gegen den kapitalismus



"20 000 Menschen sterben jedes Jahr - weil die Aktionäre der Automobilindustrie
nur für ihre Profite produzieren lassen und dabei keine Rücksicht auf die
technische Sicherheit der Autos und den Straßenbau nehmen.
5 000 Menschen sterben jedes Jahr - am Arbeitsplatz oder auf dem Weg dahin
oder auf dem Heimweg, weil es den Produktionsmittelbesitzern nur auf ihre Profite
ankommt und nicht auf einen Unfalltoten mehr oder weniger.
12 000 Menschen begehen jedes Jahr Selbstmord, weil sie nicht im Dienst des
Kapitals hinsterben wollen, machen sie lieber selber mit allem Schluß.
1 000 Kinder werden jedes Jahr ermordet, weil die zu kleinen Wohnungen nur
dazu da sind, daß die Haus- und Grundbesitzer eine hohe Rendite einstreichen
können."

Der Missstand der wirtschaftlichen Situation weltweit, vor allem aber der Unterschied zwischen den Wohlstandsnationen und armen Ländern der Welt, zwischen West und Ost, wurde im Anfangsabschnitt der RAF-Schrift mit dem Übertitel "Dem Volke dienen" aufgegriffen. Demnach sei der Kapitalismus Ausgangspunkt für viele Ungerechtigkeiten auf der Welt. Noch zunehmend internationalisiert und verschärft wurde dieser durch die in den 80ern einsetzende Globalisierung. Ebenso wird in dieser RAF-Schrift die von wirtschaftlichen Interessen und einflussreichen Großkonzernen gelenkte Politik der BRD angesprochen.
Es wird klargestellt, dass die Produktionsmittelbesitzer das arbeitende Proletariat im Grunde genommen ausschließlich zu eigenen Zwecken instrumentalisieren würden. Sowohl wirtschaftlich als auch politisch. Weiter sei der Kapitalismus die Wirtschaftsform, die den Imperialismus erst möglich mache, da er das Kapital für die nötigen internationalen Expansionen, Etablierungs- und Vereinnahmungsprozesse liefere. Er hemme durch seine steigende Vereinnahmung der Arbeitnehmer ihr freies Denken und verhindere, dass sie aufgrund der hohen Arbeitsauslastung selbst politisch engagiert und aktiv werden.
Gegen diese Missstände wollte die RAF ankämpfen, ihre Bemühungen galten der Aufklärung des Proletariats.
Das von dem Jungarzt Dr. Huber initiierte Sozialistische Patientenkollektiv (SPK) in Heidelberg, mit welchem die RAF zeitweilig kooperierte, ging sogar soweit, dass es die Erfordernisse durch die zunehmenden Ansprüche der Gesellschaft, der Arbeitswelt und somit des Kapitalismus an die Arbeitenden alleinig für psychische Krankheiten verantwortlich machte. Der Befund psychischer Probleme wurde also immer auf gesellschaftliche und wirtschaftliche Ursachen, auf das politische System, zurückgeführt. Nach Dr. Huber hatten Krankheit und Kapital ein und dieselbe Identität. Eine konsequent radikale Ansicht, die auch die RAF vertrat.
Auch war der Kapitalismus in seiner zweischneidigen Funktion ein Hemmschuh, der verhinderte, dass es ein einheitliches Proletariat weltweit geben konnte. Es war nämlich einem Proletarier aus einem reicheren Industriestaat schlecht zu vermitteln, wieso er gegen die Ausbeutung des Proletariats in Dritte-Welt Ländern ankämpfen sollte - stellte dieses doch zum Teil die Grundlage seines Einkommens dar, bescherte dem Arbeitgeber Gewinn und sicherte die Arbeitsplätze der Arbeitnehmer.

"Manche vertrauen auch naiv darauf, daß sich das Proletariat an den Widersprüchen
des Kapitalismus wundstoßen und so revolutioniert werde. Sie vergessen,
daß es seit der Entstehung des industriellen Kapitalismus ausgiebig Gelegenheit
hatte, sich wundzustoßen, inzwischen ist ihm eine Hornhaut gewachsen. So
schnell kommt es da nicht zu revolutionären Entzündungen."

 
 

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