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geographie artikel (Interpretation und charakterisierung)

Föderalismus und einheitliche entscheidungsgrundlagen



Ein Veranstalter, der eine Lizenz auf bundesweite Zulassung seines Programms begehrt, kann sich bei einer Landesmedienanstalt seiner Wahl dafür bewerben. Auf der anderen Seite sind die Landesmedienanstalten dazu angehalten, standortpolitische Interessen ihres Landes zu berücksichtigen. Zudem ist es nicht Zuletzt eine Frage des Prestiges, für bundesweit sendende Programme die zuständige Landesmedienanstalt zu sein. Diese Konstellation der Interessen macht es sinnvoll, Verabredungen über ein einheitliches Vorgehen zu treffen, um einen Wettbewerb auf Kosten der grundsätzlichen rundfunkpolitischen. Zielsetzungen wie Programmvielfalt zu verhindern. Darüber hinaus ist eine einheitliche Anwendung von Regelungen, die Definition unbestimmter Rechtsbegriffe und eine gemeinsame Entwicklung von Richtlinien schon aus dem Grund geboten, um ein notwendiges Maß an Rechtssicherheit für Veranstalter und Landesmedienanstalt zu gewährleisten.
Im Laufe der Zeit hat sich diesen Anforderungen entsprechend eine komplexe länderübergreifende Zusammenarbeit herausgebildet. Sie findet unter dem Dach der Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten (ALM; siehe Abbildung 1) statt. Zur Erledigung ihrer Aufgaben bedient sie sich Gemeinsamer Stellen und Arbeitskreise, die dazu beitragen, Entscheidungen in fachlicher Hinsicht vorzubereiten (Erteilen von Vorlagen für Beschlußempfehlungen u.ä.).


Abbildung 1: Die Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten

2.1 Lizenzierung länderübergreifender Programme

Die Wichtigkeit einer Zusammenarbeit gilt insbesondere für die Erteilung bundesweiter Lizenzen, die von 1995 und `96 (bis zur Etablierung der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich - KEK - und der Konferenz der Direktoren der Landesmedienanstalten - KDLM - mit der dritten Änderung des RStV am 1.1.97) der Abbildung 2 entsprechend organisiert wurde.



Abbildung 2: Länderübergreifendes Abstimmungsverfahren bei Lizenzierungen 1995/96
Mit der seit 1997 geltenden Regelung wurde die Organisation der Lizenzierung insofern weiter zentralisiert, als die letzte Entscheidungsinstanz auch im Falle einer divergierenden Meinung der zuständigen Landesmedienanstalt nicht mehr bei ihr liegt. Abbildung 3 veranschaulicht den nunmehr zu vollziehenden Prozeß nach Stellung des Antrages.

Abbildung 3: Lizenzierungsverfahren nach gültigem RStV (§37)
Der Aufbau verdeutlicht die neue Kompetenzverteilung, nach der die konzentrationsrechtliche Beurteilung (weitgehend) nicht mehr den Landesmedienanstalten, sondern der neugeschaffenen KEK obliegt. Hierin zeigt sich wiederum das Bemühen der gesetzgebenden Parteien, diese Kompetenz außerhalb eines Raumes anzusiedeln, dessen bis dato verschiedene Zielsetzungen (Standortsicherung und konzentrationsrechtliche Kontrolle) konfliktträchtig zu sein scheint. (Siehe auch Jochimsen, 1997: 5)



2.2 Die Rolle der Gemeinsamen Stellen

Die länderübergreifende Organisation ist nicht auf die Lizenzvergaben beschränkt, sondern erstreckt sich auch über den weiten Bereich der Programmkontrolle. Entsprechende Fragen behandeln die Gemeinsamen Stellen "Jugendschutz und Programm" und "Werbung". Auch hier geht es darum, daß sich die Landesmedienanstalten untereinander abstimmen; die Erarbeitung gemeinsamer Empfehlungen steht im Vordergrund (siehe auch 2.3). Daneben werden Programmbeschwerden überprüft und im Zuge der Programmbeobachtung über affektbetonte Sendungen wie die werktäglichen Talkshows diskutiert. Konkreter wird die Arbeit der Gemeinsamen Stelle Jugendschutz und Programm, wenn sie auf Antrag eines Rundfunkveranstalters nach §3 Abs.5 RStV über eine Ausnahme von den vorgesehen Zeitgrenzen für Filme (22 und 23Uhr-Regelungen) einen Entscheidungsvorschlag für die zuständige Landesmedienanstalt trifft.
Die Gemeinsame Stelle "Werbung" spricht zu eingebrachten möglichen Verstößen der privaten Veranstalter Empfehlungen aus, ob die zuständige Landesmedienanstalt rechtsaufsichtlich tätig werden soll. Ferner beschäftigte sich die Stelle in der Vergangenheit eingehender mit der Thematik Kinder und Werbung, woraus Forderungen an die privaten Veranstalter abgeleitet wurden (s.u., 2.3). Daneben werden Fragen der Rechtmäßigkeit neuer Werbeformen im Rundfunk (Gewinnspiele, Sponsering und Einkaufssendungen) erörtert.
Insgesamt werden in den Gemeinsamen Stellen gemeinsame Position auch zu neuen Entwicklungen erarbeitet, was hilfreich für eine weniger differente Vorgehensweise der einzelnen Landesmedienanstalten "vor Ort" sein mag.
In der Praxis scheint die Konkretisierung von Richtlinien, die hier maßgeblich konzipiert werden, von größerer Bedeutung als ihre Möglichkeit, aufgrund möglicher Verstöße Entscheidungsempfehlungen zu geben.
Bei den Gemeinsamen Stellen handelt es sich - wenn man so will - um die Zentren der Meinungsbildung der Landesmedienanstalten bzgl. der für die Programmbeobachtung relevanten Bereiche.


2.3 Ausarbeitung von Richtlinien

Der RStV erteilt den Landesmedienanstalten ausdrücklich den Auftrag, Richtlinien zu erarbeiten. In den Paragraphen 33 und 46 ist festgehalten, daß die Landesmedienanstalten zur näheren Ausgestaltung im Hinblick auf die vielfaltsichernden Maßnahmen (Sendezeit für unabhängige Dritte bei Marktanteil eines Vollprogramms von 10%, Etablierung eines Programmbeirates als Möglichkeit der Begegnung vorherrschender Meinungsmacht) und der Aufsichtspflicht bei Werbung, Sponsering und Jugendschutz gemeinsame Richtlinien zu erlassen haben. Auch hier zeigt sich, daß angestrebt wird, einheitliche Verfahrensweisen zu entwickeln, ist doch die gemeinsame Herausarbeitung von Entscheidungsgrundlagen dazu ein geeigneter Weg.
Um zu zeigen, welcher Art und Tragweite die Gemeinsamen Richtlinien sind, seien hier selektiv einige aufgeführt.




Richtlinien bzgl. des Programmbeirates:
In einem Richtlinienentwurf ist Anzahl und Zusammensetzung eines eventuellen Programmbeirates niedergeschrieben. So müssen dem Beirat mindestens sieben, höchstens 13 Mitglieder angehören. (Ebd., ausgedruckt S.2 von 3) In dem Programmbeirat "ist je ein Vertreter aus den Bereichen Kirchen, Gewerkschaften, Arbeitgeber, Kunst und Kultur, Erziehungs- und Bildungswesen zu berufen. Weitere Vertreter können aus den Bereichen Kinderschutz und Jugendarbeit, Naturschutz, Sport, freie Wohlfahrtsverbände oder Verbraucherschutz berufen werden." (Ebd.) Tagen soll der Beirat mindestens viermal im Jahr. (S.3)

Richtlinien bzgl. der Sendezeit unabhängiger Dritte
Nach der vorläufigen Gemeinsamen Richtlinie soll sich das Fensterprogramm "in die Programmstruktur und das Erscheinungsbild des Hauptprogramms einfügen; das Interesse des Hauptveranstalters an Zuschauerakzeptanz des Gesamtprogramms ist mit zu berücksichtigen." (Ebd., ausgedruckt S. 2 von 8) Das Fensterprogramm "hat in seiner thematischen Breite die bundesweite Verbreitung zu berücksichtigen. (Ebd.) "Zur eigenständigen Erkennbarkeit soll die Dauer der einzelnen Sendung 30 Minuten nicht unterschreiten." (S.3) Neben der inhaltlichen Ausrichtung und dessen ergänzender Beitrag zum Hauptprogramm ist bei der Vergabe auch die Leistungsfähigkeit des Bewerbers einzubeziehen. (Siehe S.5) Die von dem Hauptveranstalter zu tragende Finanzierung ist wie folgt geregelt: "Eine ausreichende Finanzierung des Fensterprogramms wird in der Regel anzunehmen sein, wenn sie sich an den durchschnittlichen Programmkosten des Hauptveranstalters für vergleichbare Sendeplätze orientiert." (S.6)


Richtlinien bzgl. des Jugendschutzes
Nach dem Richtlinienentwurf streben die Landesmedienanstalten mit ARD und ZDF einheitliche Grundsätze für die Anwendung des Jugendschutzes im gesamten Rundfunk an. (Ebd., ausgedruckt: S.2 von 5) Hinsichtlich der Ausnahmemöglichkeiten für Zeitgrenzen spiegelt sich in der Folgenden Gesetzeskonkretisierung ein Wertewandel wieder: "Filme, die vor dem 1.1.77 nach dem Jugendschutzgesetz von der obersten Landesbehörde mit 'freigegeben ab 16 Jahren' gekennzeichnet worden sind und deren Bewertung auf der Darstellung des Verhältnisses der Geschlechter zueinander beruht, können bis zum Erlaß einer anderweitigen Regelung ab 20 Uhr gesendet werden [...]." (S.3)
Bei Sendezeiten für Serien halten die Landesmedienanstalten Beschränkungen insbesondere dann für gerechtfertigt, "wenn eine Fernsehserie bzw. eine einzelne Staffel einer solchen Serie auf eine längerfristige Identifikation der jugendlichen Zuschauer mit bestimmten, Gewalttätigkeit vermittelnden Verhaltensmustern angelegt sind." (S.4)


Richtlinien bzgl. der Werbung
Nach diesem Richtlinienentwurf ist Werbung für Kinder insbesondere dann unzulässig, "wenn sie Kinder oder Jugendliche unmittelbar oder mittelbar auffordert, Eltern oder Dritte zum Kauf der beworbenen Waren [...] zu veranlassen" oder "das besondere Vertrauen ausnutzt, das Kinder oder Jugendliche Eltern, Lehrern und anderen Vertrauenspersonen gegenüber haben." (Ebd., ausgedruckt: S.2 von 15) Werbung für Kinder ist unzulässig, wenn sie direkte Kaufaufforderungen enthält. (S.3)
Auch der problematischen Wahrnehmungsweise von Kindern wird Rechnung getragen, wenn Kinderwerbung für unzulässig erklärt wird, "wenn sie prägende Elemente enthält, die auch Bestandteil der Kindersendung vor oder nach dem Werbeblock sind." (Ebd.)
Zur gesetzlich festgeschriebenen Trennung von Werbung und Programm (§7 Abs.3) wird konkretisiert, daß das Werbelogo mindestens drei Sekunden den gesamten Bildschirm ausfüllen muß. (S.4)
Zum Sponsering wird vermerkt, daß der Hinweis auf dem Sponsor nur einen solchen Zeitraum beanspruchen darf, "der erforderlich ist, den Hinweis auf die Fremdfinanzierung durch den Sponsor deutlich wahrzunehmen." (S.6)
Bei Übertragungen von Sportereignissen, die Pausen enthalten, darf Werbung nur in den Pausen eingefügt werden und die erlaubte Dauer der Werbung bestimmt sich nach der tatsächlichen Sendezeit des jeweiligen Veranstalters, wobei ein Fernseh-Testbild hierzu nicht gehört. (Siehe S.7)

Zusammenfassend läßt sich sagen, daß die von den Landesmedienanstalten vorgenommenen Konkretisierungen wenig spektakulär sind. Auf dem sensiblen Bereich der Werbung im Umfeld von Kindersendungen jedoch wurden weitergehende Regelungen aufgenommen, die auf die spezifische und nunmehr erforschte Fernsehwahrnehmung von Kindern eingeht. Ansonsten scheinen die erarbeiteten Richtlinien primär die Funktion zu haben, zukünftige Mißverständnisse (z.B. zur Sendezeit, Anforderungen an die visuelle oder akustische Trennung von Werbung und Programm) vorzubeugen und mögliche "Schlupflöcher" vor Nutzung derselben zu stopfen.

 
 

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