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deutsch artikel (Interpretation und charakterisierung)

Weimacher rebuplik


1. Drama
2. Liebe

So grau die politische Wirklichkeit der Weimarer Republik war, so
glanzvoll war ihre Kultur, die in den 20er Jahren einen rasanten
Aufschwung erlebte. Tendenzen, die sich bereits im Kaiserreich
angekündigt hatten, konnten nun - durch die Aufhebung von Zensur und
kaiserlichem Kunstdiktat - zur freien Entfaltung gelangen. Blühte
kurz nach Ende des Ersten Weltkriegs das revolutionäre und
expressionistische Pathos, so stand gegen Ende der Republik eine
nüchterne Sozialkritik im Mittelpunkt vieler Kunstwerke. In der Musik
setzten sich moderne Tendenzen durch, die mit den traditionellen
Strukturen brachen. Neben der Avantgarde, die heute Inbegriff der
Weimarer Kultur ist, existierte aber auch die bürgerliche Kultur, die
unbeeindruckt von Straßenschlachten und Kriegsverwundeten ihre Ideale
pflegte. Wie unterschiedlich das künstlerische Empfinden war,
verdeutlichten bereits 1920 die Diskussionen um den Entwurf für den
Reichsadler.
Die Nachkriegsjahre waren die Zeit der Radikalität und des
Experimentierens mit avantgardistischen Stilrichtungen. Zu Anfang der
20er Jahre stellten die expressionistischen Künstler in Theater und
Malerei Menschen als Marionetten, Maschinen oder - wie Ernst Toller -
als \"Masse\" dar. Viele vom Ersten Weltkrieg desillusionierte Künstler
bekämpften provokant die Relikte der wilhelminischen Gesellschaft,
die sich in der jungen Republik behauptet hatten. Schonungslos
sezierten Otto Griebel in \"Ein Stück europäischer Kulturaufschnitt\"
oder George Grosz in seiner Bildermappe \"Ecce Homo\" die Phänomene der
Zeit. Paul Fuhrmann stellte neureiche Kriegsgewinnler dar, während
andere Maler versuchten, Armut und Hunger bildlich zu beschreiben.
Die Avantgarde gewann zu Beginn der 20er Jahre an öffentlicher
Anerkennung. In zahlreichen Ausstellungen und Museen waren Bilder von
modernen Künstlern des Surrealismus und Dadaismus wie Max Ernst, Paul
Klee oder Hans Arp einem breiten Publikum im Deutschen Reich
zugänglich.
Politik und Kultur waren aufs engste verwoben, und oft stellte sich
der künstlerische Innovationsgeist in den Dienst einer politischen
Partei. Viele Künstler und Intellektuelle wie Ernst Toller oder John
Heartfield begeisterten sich für die Ideale der Revolution von
1918/19 und für die 1919 gegründete Kommunistische Partei
Deutschlands (KPD). Otto Griebel stellte sein Schaffen - wie mit dem
Gemälde \"Die Internationale\" - ebenso in den Dienst einer
revolutionär-proletarischen Kunst wie Käthe Kollwitz mit ihren

Bildern für Pazifismus.
Auch die relativ stabile mittlere Phase der Republik schlug sich
fruchtbar in der Kunst nieder. Die Neue Sachlichkeit löste das Pathos
der frühen Jahre ab. Maler wie Max Beckmann, Otto Dix oder Christian
Schad skizzierten ein scharfes Bild der Wirklichkeit. In der
Architektur und im Design trat eine kühle Nüchternheit in den
Vordergrund. Zum Symbol der ästhetischen Moderne wurde das von Walter
Gropius in Weimar gegründete Bauhaus mit seinem betont nüchternen
Programm.Das neusachliche Theater feierte mit Carl Zuckmayers \"Der
fröhliche Weinberg\" (1925) und \"Der Hauptmann von Köpenick\" (1930)
große Publikumserfolge. Höchst unterschiedlich fiel demgegenüber die
Kritik an Gerhart Hauptmanns Drama \"Dorothea Angermann aus. Linkes
politisches Theater agierte in der Weimarer Republik vor allem auf
den Bühnen von Erwin Piscator. Von Berlin aus trat Bertolt Brechts
Stück \"Die Dreigroschenoper\" ihren Siegeszug an -
gesellschaftskritische Unterhaltung im modernen Gewand, wie sie zum
Ende der Republik auch viele Filme in den Kinos boten.
Die Literatur erlebte ab der Mitte der 20er Jahre eine Blütezeit. Zu
einem vielgelesenen Klassiker avancierte der 1924 erschienene Roman
\"Der Zauberberg\" von Thomas Mann. 1929 erhielt Mann den
Literaturnobelpreis, allerding vornehmlich für sein Prosawerk \"Die
Buddenbrooks\" von 1901. Weltruf erlangte 1927 auch Hermann Hesse mit
\"Der Steppenwolf\". Gesellschaftskritische Unterhaltung boten die
anspruchsvollen Sozialreportagen von Egon Erwin Kischs \"Rasendem
Reporter\" (1925) und Arnold Zweigs Roman \"Streit um den Sergeanten
Grischa\" (1927). Aus der Generation der Frontsoldaten beschrieben
Ludwig Renn in \"Krieg\" (1928) und Erich Maria Remarque in \"Im Westen
nichts Neues\" (1929) die Schrecken des Ersten Weltkriegs. Das
vielfältige kulturelle und literarische Leben in der Weimarer
Republik erlaubte es auch schreibenden Frauen, ein neues
Selbstbewußtsein zu entwickeln. Vor allem Berlin als Stadt mit den
meisten Verlagen, Zeitschriften, Theatern und Cafes übte eine große
Anziehungskraft aus. Zentraler Treffpunkt für Künstler war das
Romanische Cafe gegenüber der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche (heute:
Europa-Center). Hier wurden neue Texte verfaßt, vorgetragen und
diskutiert. Regisseure, Literaten, Schauspieler, Kunsthändler und
Maler trafen sich hier und machten die kulturelle Szene
unüberschaubar.
Die Anonymität der Großstadt erleichterte es Frauen, sich von der
traditionellen Rollenzuweisung zu distanzieren und neue Lebensformen
zu entwickeln. In den Romanen der 20er Jahre wurden Frauen
dargestellt, die sich in fast allen Berufsfeldern profilieren. Ebenso
neu war es, sexuelle Themen anzusprechen und zu diskutieren.
Schriftstellerinnen wie Vicki Baum zeichneten das Bild der \"Neuen
Frau\" als kritische und selbstbewußte Protagonistin, die im
Berufsleben die gleichen Leistungen wie ihre männlichen Kollegen
erbringt und fester Bestandteil einer modernen, großstädtischen
Massenkultur ist, die sich in einem rasanten Tempo - vorangetrieben
durch die Ausbildung moderner Massenmedien - entfaltete. Die
Printmedien erlebten ebenso wie die Kinos einen stürmischen
Aufschwung. Die visuelle Erfahrung erreichte ein Massenpublikum, Ende
der 20er Jahre gingen in Deutschland täglich etwa zwei Millionen
Menschen in über 5.000 Kinos. Die Universum Film AG (UFA) in
Potsdam-Babelsberg entwickelte sich nach Hollywood zum zweitgrößten
Filmimperium der Welt, wo internationale Klassiker wie der 1926
uraufgeführte Stummfilm \"Metropolis\" produziert wurden. 1930 gelang
Marlene Dietrich mit dem ersten großen deutschen Tonfilm \"Der blaue
Engel\" der Durchbruch zum Weltstar.
Auch der Sport zog in der Weimarer Republik ein Massenpublikum an.
Zum Fußball, im Kaiserreich noch als \"undeutsche Fußlümmelei\"
verspottet, strömten wöchentlich Hunderttausende in die Stadien. Rad-
und Autorennen zogen ebenso wie Boxveranstaltungen riesige
Zuschauermengen an, die Kämpfe von Max Schmeling verfolgten Millionen
Zuhörer an den Radiogeräten. Das neue Medium Rundfunk trat ab 1923
unaufhaltsam seinen Vormarsch an, innerhalb von zehn Jahren erhöte
sich die Zahl der in Deutschland angemeldeten Rundfunkgeräte von
knapp 10.000 auf über 5,4 Millionen. Die Stimme der bekannten und
beliebten Sängerin Claire Waldoff konnte Ende der 20er Jahre in jedem
fünften deutschen Haushalt vernommen werden.
Die Radioprogramme folgten einem Massengeschmack und förderten die
Verbreitung schnell abwechselnder Unterhaltungsschlager und
Gesellschaftstänze. Zum Lebensstil der \"Goldenen Zwanziger\" gehörten
vor allem die Tanzvergnügen. Der Charleston wurde zum beliebtesten
amerikanischen Modetanz in Deutschland. Für seine Verbreitung sorgten
nicht zuletzt die \"Chocolate Kiddies\" mit Duke Ellington (1899-1974),
die 1924 als eines der ersten amerikanischen Jazzorchester in Berlin
auftraten, sowie der Revuestar Josephine Baker, die 1927 mit ihrer
\"Charleston Jazzband\" in der Hauptstadt gastierte und die durch ihren
\"wilden\" Tanzstil sowie ihre leichte Bekleidung mit Bananenröckchen
für Aufregung sorgte. Die Prüderie des wilhelminischen Deutschlands
machte - in den Großstädten - einer nie gekannten, hemmungslosen
Vergnügungssucht mit sexueller Freizügigkeit Platz, die in
Schlagertexten, großen Nacktrevuen und Darbietungen in kleinen
Kabaretts ihren Ausdruck fand. Vor allem der Jazz infizierte die
Vergnügungshungrigen. Revuen und Tanzlokale schossen in den
Großstädten wie Pilze aus dem Boden. Die für die Tänze notwendige
Bewegungsfreiheit hatte die \"Neue Frau\" in knielangen Hemdkleidern,
die mit Glasperlen und Pailletten bestickt waren. Deren Gewicht ließ
das Kleid zu den rhythmischen Tanzbewegungen versetzt mitschwingen.
Das Leben pulsierte, es pulsierte in den Großstädten und vor allem in
Berlin, dem kulturellem Zentrum Deutschlands und neben Paris und
London die europäische Kulturmetropole schlechthin. Die mit 4,3
Millionen Einwohner drittgrößte Stadt der Welt zog Talente und
\"Glücksritter\" aus ganz Europa geradezu magisch an.
Die rauschenden Partys der \"Goldenen Zwanziger\" - golden allerdings
nur für wenige - endeten abrupt mit der Weltwirtschaftskrise. Die
Verelendung der Bevölkerung spiegelte sich ungeschminkt in der Kunst
wider: Hunger und Arbeitslosigkeit wurden zu Bildthemen der
Milieumalerei und der Photographie. Romane wie Alfred Döblins \"Berlin
Alexanderplatz\" (1929), Erich Kästners \"Fabian - Die Geschichte eines
Moralisten\" (1931) oder Hans Falladas \"Kleiner Mann was nun?\" (1932)
thematisierten die Not und den alltäglichen Überlebenskampf der
Bevölkerung. Die proletarische Kultur mit ihren speziellen
Arbeiterliedern war noch in großen Teilen \"links\", aber die
Anhängerschaft der rechten Heilsverkünder wuchs stetig. Der
politische Kampf zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten wurde
auch zum Kulturkampf, die Weltanschauungen konkurrierten auf Bühnen
und in Zeitschriften miteinander. Theaterkollektive warben mit
revolutionären Werken ebenso für den Kommunismus wie die \"Assoziation
Revolutionärer Bildender Künstler Deutschlands\" (ASSO). Kurt
Tucholsky wandte sich 1929 mit einem für den rechten politischen
Gegner zynischen \"Deutschland, Deutschland über alles\" gegen
Nationalismus und Militarismus. In diesen letzten Jahren der Republik
entstanden, sozusagen beflügelt durch die Konfrontation mit den
Nationalsozialisten, einige ihrer interessantesten Werke. Die
Machtübernahme der Nationalsozialisten beendete 1933 die kulturelle
Vielfalt in Deutschland schlagartig. Wie alle Bereiche des
öffentlichen Lebens wurde auch die NS-Kunst einer rigorosen
Gleichschaltung unterworfen.

 
 

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