| 1. Wieviele Sprachen gibt es?
Die Anzahl der auf der Erde lebenden Sprachen wird auf zwischen 4000 und6000 geschätzt. Es gibt jedoch keine genauen Angaben, und genaue
 Beschreibungen,
 Grammatik und Wörterbücher sind oft unvollständig. Meist ist es schwierig,
 zwischen den Sprachen zu unterscheiden, z.B. in folgenden drei Fällen:
 Das “Chinesische” umfaßt nicht nur Mandarin, sondern noch einige
 Sprachen mehr, wie Kantonesisch, Shanghai oder Taiwan, die alle gewisse
 
 Unterschiede aufweisen.
 Schwedisch und Norwegisch sind nichts anderes als Dialekte derselben
 Sprache, jedoch werden sie aufgrund der politischen Grenze als eigenständige
 Sprachen gerechnet.
 Im Arabischen Raum herrschen große Unterschiede zwischen Schrift- und
 Umgangssprache (Diglossie).
 
 
 
 2. Sprachfamilien
 Die Vielfältigkeit der Sprachen ergibt sich aus sozialer Separation zwischen
 den Menschen und einer konstanten Sprachveränderung über Tausende von
 Jahren. Sprachen verändern sich ständig. Aus einer Sprache bilden sich
 
 Dialekte und
 manchmal werden Dialekte zu eigenständigen anerkannten Sprachen, aus denen
 sich dann wieder Dialekte bilden, usw. Das Ergebnis dieser Prozesse über
 Jahrtausende hinweg bietet uns diese Vielfalt an heute lebendigen Sprachen. Die
 gezielte Rückverfolgung solcher Vorgänge macht es uns möglich, Sprachen in
 bestimmte Sprachfamilien einzuteilen. Eine Sprachfamilie bilden also jene
 Sprachen, die auf eine gemeinsame Ursprache zurückgehen. Es folgt eine
 Auflistung
 der 10 am weitest verbreiteten Sprachfamilien mit einigen ihrer Vertreter:
 
 1. Afroasiatisch: Arabisch, Hebräisch, Hausa (Nigeria)
 2. Amerindisch: Navajo (Arizona), Mayan (Mexiko), Quechuna (Bolivien, Peru)
 3. Altaisch: Japanisch, Türkisch, Mongolisch
 4. Austroasiatisch: Vietnamesisch, Thai, Khmer (Kambodscha)
 5. Austronesisch: Indonesisch/Malaiisch, Hawaiianisch, Tagalog (Philippinen)
 6. Drawidisch: Tamil (Indien und Sri Lanka), Malayalam (Indien), Telegu
 
 (Indien)
 7. Indogermanisch:
 a. Germanisch: Englisch, Deutsch, Schwedisch/Norwegisch
 b. Keltisch: Irisch, Walisisch, Bretonisch (Frankreich)
 c. Italisch: Spanisch, Französisch, Portugisisch
 d. Slawisch: Russisch, Polnisch, Tschechisch
 e. Indo- Iranisch: Hindi, Bengali (Indien, Bangladesch), Persisch/ Farsi
 (Iran)
 8. Niger- Khordofanisch: Swahili, Yoruba (Nigeria), Wolof (Sierra Leone)
 9. Sino- Tibetisch
 a. Sinitisch: Mandarin, Kantonesisch, Hunanesisch
 b. Tibeto- Burmanisch: Tibetisch, Burmesisch, Lahu (Thailand)
 10. Uralisch: Finnisch, Ungarisch, Estnisch
 
 Die meistgesprochene Sprache der Welt ist Mandarin mit 775 Millionen
 Sprechern. Auf Platz zwei liegt Englisch mit 345 Millionen Sprechern und
 
 Spanisch
 ist mit 300 Millionen Sprechern die am drittmeisten gesprochene Sprache.
 Deutsch liegt an zwölfter Stelle mit “nur” 100 Millionen Sprechern.
 
 
 3. Der Ursprung der Sprache
 Irgendwann in der Geschichte begannen sich die Menschen mit Vokalisationen
 zu verständigen und entwickelten diese verbalen Zeichen zu einer Sprache, wie
 wir sie kennen. Dies zog sich über Jahrtausende. Niemand weiß genau, wann die
 menschliche Sprache seine Entstehung ansetzt. Schätzungen reichen von 50000
 bis zu einer Million Jahre vor Christi Geburt. Es gibt keinen Beweis für eine
 Sprache in unserem Sinne bei unseren nächsten Verwandten, den Schimpansen,
 d.h., daß eine Entstehung der Sprache erst nach der Abspaltung von den Affen,
 also nach 6 Mio v. Chr. stattgefunden haben muß. Die Hypothese der Monogenese
 besagt, daß Sprache nur einmal in der Geschicht entstanden ist, also alle
 Sprachen der Welt von dieser einen Sprache kommen. Anhänger der Theorie der
 Polygenese meinen, daß eine Entstehung von Sprache zu mehreren Zeiten an
 mehreren Orten stattgefunden hat, wobei dies nicht ausschließt, daß
 trotzdem alle
 
 Sprachen aus einer entstanden sind.
 
 
 4. Methoden der historischen Linguistik
 Die genetische Sprachklassifikation meint die Bestimmung der Gruppe von
 Sprachen, die eine gemeinsame Ursprache haben. Die Grenzen der Zeit machen dies
 sehr schwierig. Die menschliche Schrift ist in etwa 5000 Jahre alt. Nach
 dieser Zeit haben wir genügend schriftliche Beweise, um Separationen und
 Neubildungen von Sprachen sogar zeitlich zu bestimmen. Doch vor dieser Zeit
 helfen uns
 dabei nur linguistische Beweise (mit Unterstützung der Archäologie und der
 Biogenetik). Der linguistische Beweis ist das Produkt aus zwei Methoden der
 Analyse: Massenvergleich und Sprachrekonstruktion.
 
 
 Der Massenvergleich:
 Beim Massenvergleich nimmt man das Basisvokabular von zwei oder mehreren
 Sprachen, die man verdächtigt, aus derselben Sprachfamilie zu stammen, und
 vergleicht eine Anzahl Wörter auf semantische und phonetische
 
 Ähnlichkeiten. Viele
 Ähnlichkeiten sind Beweis genug, zwei Sprachen derselben Sprachfamilie
 zuzurechnen. Man nimmt deshalb Wörter aus dem Basisvokabular, wie Wörter für
 essen, trinken, schlafen, usw., um das Ergebnis nicht durch Lehnwörter oder
 
 lautmalende Wörter zu verfälschen.
 
 
 Die Sprachrekonstruktion:
 Ein weiterer Beweis für eine Sprachfamilie ist die Sprachrekonstruktion.
 Formen einer Ursprache werden rekonstruiert, indem Lautwandelprozesse
 rückverfolgt werden. Dabei gibt es zwei wichtige Methoden: die
 
 vergleichende Methode
 und die innere Methode.
 
 Bei der vergleichenden Methode sucht man regelmäßige phonetische
 Ähnlichkeiten zwischen den Phonen von verwandten Wörtern und rekonstruiert das
 gemeinsame ursprüngliche Phon. Rekonstruierte Wörter stehen unter *. Gute
 Rekonstruktion hängt ab von der Verläßlichkeit der Daten und vom Wissen
 über diverse
 Lautwandelprozesse. Wegen der Regelmäßigkeit von phonetischen Veränderungen
 können Wörter einer Ursprache oft mit großer Sicherheit wahrheitsgetreu
 
 rekonstruiert werden.
 
 Die innere Rekonstruktion funktioniert genauso wie die vergleichende
 Methode, mit der Ausnahme, daß Formen aus ein und derselben Sprache miteinander
 verglichen werden und dann frühere Formen von Wörtern aus dieser einen Sprache
 
 rekonstruiert werden. Dies ist möglich, da man in einer Sprache, genauso, wie
 zwischen Sprachen ein und derselben Familie, einen systematischen
 Sprachwechsel erkennen kann.
 
 
 
 5. Pidgin und Kreolsprachen
 
 
 Pidginsprachen:
 Normalerweise entstehen neue Sprachen durch Abspaltung von einer Sprache. Im
 Ausnahmefall kommen zwei Sprachen zusammen und es entsteht daraus eine
 dritte. Dieser Fall passiert, wenn Sprecher einer Sprache, die meist sehr
 
 wenige
 sind, mit vielen Sprechern einer anderen Sprache zusammenkommen. Als
 Kommunikationsmittel entsteht eine neue Sprache, eine Pidginsprache. In den
 meisten
 Fällen verschwinden die meisten Pidginsprachen jedoch mit der Zeit wieder, da
 sich mit der Entwicklung der Sprecher meist eine der beiden Grundsprachen
 
 durchsetzt.
 
 
 Kreolsprachen:
 Manchmal wird eine Pidginsprache für manche Sprecher zu einer Muttersprache.
 Z.B.: wenn zwei Pidgin-Sprecher heiraten. Die Kinder wachsen dann mit der
 Pidginsprache auf und erweitern die Sprache dann mit der Zeit in Bezug auf
 Vokabular, Morphologie, Grammatik, u.s.w. Dann entsteht daraus eine
 Kreolsprache.
 
 6. Tiefe Sprachverwandtschaften
 Manche glauben, die indogermanische Sprachfamilie sei ein Teil einer viel
 älteren Familie, die man Nostratisch nennt und aus Uralisch, Altaisch, Eskimo-
 Aleut und eventuell auch Afroasiatisch besteht. Sie soll sich geographisch
 über die gesamte nördliche Hemisphäre, von Finnland über Europa, Asien,
 Nordamerika bis Grönland erstreckt haben. Manche glauben wiederum an ganz
 andere
 ältere Sprachfamilien. Einige Linguisten sind auch der Ansicht, daß
 Sprachfamilienabstammung mit bestimmten Blutgruppen korrespondiert...
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