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deutsch artikel (Interpretation und charakterisierung)

Sansibar-der letzte grund


1. Drama
2. Liebe



Inhaltsangabe: Die Grundlage für die Inhaltsangabe ist die Diogenes-Taschenbuchausgabe \"Sansibar oder der letzte Grund\" (Diogenes Verlag AG, Zürich). Die Nummerierung bezieht sich auf die einzelnen Abschnitte (1-37). Der Inhalt ist nach einem steten Handlungswechsel aufgebaut; danach folgen auf meist innere Monologe des Jungen Abschnitte mit anderen Personen des Romans. Dabei überkreuzen sich mehrere Menschenschicksale, wie sie in der Nazizeit häufig vorkamen. Die Romanhandlung ist in die Anfangszeit des Dritten Reichs gelegt und spielt in Rerik, einem kleineren Hafen an der Ostseeküste. In der Kirche des Ortes befindet sich eine Plastik von Ernst Barlach, die die Nazis konfiszieren möchten.

     1. Der Junge sitzt an der Treene und liest die Abenteuer des Huckleberry Finns. Er möchte, wie Finn auf dem Mississippi, über die Ostsee wegfahren. Er fragt sich, wohin er soll. Sein Vater ist immer nur auf die offene See ausgefahren, obwohl er auch fort wollte. Der Junge ist unentschlossen, was er machen soll.

     2. Gregor - ein KPD-Mitglied - fühlt sich bedroht. Er sitzt hinter Kiefern und schaut in die Richtung einer Straße. Er will auf dieser in die Stadt Rerik fahren. Er fühlt sich gefährdet und denkt, daß er hinter der Sieben-Meilen-Grenze, die er z.B.

     mit einem Schiff nach Schweden erreichen könnte, in Sicherheit wäre. Er glaubt, es hinge von den Genossen mit Fischkuttern in Rerik ab, ob er es schafft. Er wünscht sich aber, er wäre eigentlich nur von den Verhältnissen auf der Ostsee abhängig. 3. Finn konnte sich entscheiden, ob er entweder in die Wälder oder auf den Mississippi flüchten sollte. Der Junge stellt fest, daß es an der Ostsee kaum Wälder gibt.

     Er will weg, da in Rerik nichts passiert. 4. Pfarrer Helander, Pastor in Rerik, denkt, daß ihm Knudsen, ein Fischer dort und außerdem Genosse Gregors, gegen die gemeinsamen Feinde helfen werde. Er fühlt sich allein. Er wartet auf einen Schriftzug auf einer Querschiffwand. Seine Vorfahren kamen mit ihrem König hierher.

     Diese waren davon überzeugt, sie wären der rechten Botschaft gefolgt. Der Pfarrer fühlt sich einsam. Sein Beinstumpf tut weh. 5. Der Junge hat sich unter Zweigen versteckt. Bald muß er auf den Fischkutter Knudsens sein.

     Das ist sein Arbeitsplatz. Fischerei ist ihm langweilig, da Knudsen nicht auf offener See fischt. Auf offener See starb sein Vater. Die Bewohner der Stadt Rerik hatten ihm keine Tafel aufgestellt, da sie meinten, er sei betrunken gewesen. Der Junge haßt auf Grund dessen alle Bewohner der Stadt. Darum will er auch noch weg.

     6. Der Fischer Knudsen ist verärgert, da Brägevoldt aus Rostock ihm angekündigt hatte, es werde einen Instrukteur der KPD bzw. des ZK der KPD vorbeikommen. Später wird sich Gregor als dieser Instrukteur herausstellen. Da Knudsen von der Partei enttäuscht ist, außerdem große Probleme wegen einer Krankheit seiner Frau hat, will er nichts mehr mit der Partei zu tun haben. Dennoch läßt er die günstige Zeit für den Dorschfang verstreichen und wartet auf den Bote.

     Dieses kann ihn bei \"den Anderen\" (den Nazis) verdächtig machen. Vor einem Jahr versuchten \"die Anderen\" seine Frau in eine Anstalt zu bringen, weil sie geiteskrank ist. Dr. Freking hatte dieses verhindern können. Er denkt an viele Parteigenossen, die früh genug sich aus Angst von der Organisation getrennt haben. 7.

     Der Junge überlegt, ob sein Vater nicht doch Trinker gewesen sei. Trank er, weil er auf die See hinausfuhr oder fuhr er hinaus, weil er betrunken war? - das sind seine Gedanken. 8. Die junge Jüdin Judith ist auf Wunsch ihrer Mutter von Hamburg nach Rerik gereist, um von hier aus in das Ausland zu flüchten. Sie wohnt im Lokal \"Wappen von Wismar\". Ihre Mutter hat sich kurz vor ihrer Abreise vergiftet.

     Sie empfindet Rerik im Gegensatz zu ihrer Mutter nicht als romantisch sondern als trostlos. Ein Foto von ihrer Mutter hat sie zur Erinnerung behalten. 9. Der Junge meint, wenn seine Mutter nicht das Boot des Vaters verkauft hätte, wäre er schon nach Dänemark oder Schweden gefahren. Er ist nicht so frei wie Hucklebery Finn, sondern er ist bei Knudsen beschäftigt und von diesem abhängig. 10.

     Rerik beeindruckt Gregor als er mit dem Fahrrad auf die Stadt zufährt. Er ist von den Kirchtürmen begeistert. Er erinnert sich an die Zeit als Manövergast in der Stadt Tarasovka und auf der Halbinsel Krim. Er denkt an die Lenin-Akademie in Moskau. Damals bekam er den Namen Gregorij. Seine Genossen fanden, er war flau.

     11. Als der Junge Treiböl in den Tank des Fischkutters füllte, bedauert er, daß Knudsen nicht einmal auf hohe See fährt. 12. Der Pfarrer bittet Knudsen die Plastik von Barlach - sie heißt \"Der lesende Klosterschüler\" ins Ausland zu schaffen, da \"die Anderen\" die Plastik am nächsten Tag beschlagnahmen wollen. Da Knudsen in dem Pfarrer einen Bourgeois sieht und außerdem von den Kommunisten, die dieses Kunstwerk auch hochschätzen, frustriert ist, lehnt er dies ab. Er will für niemanden mehr was tun.

     13. Knudsen hat ein Gespräch mit Helander und schickt deshalb den Jungen vom Kutter weg ohne Angabe von Gründen wieder weg. Dieser ist wegen dieser Art und Weise verärgert und auch das bewegt ihn zu der Ansicht, später einmal alles anders zu machen als die Erwachsenen jetzt. 14. Während Judith Levin in der Gaststube vorgibt zu lesen, beklagt sich der Wirt ihr gegenüber, daß der Staat nichts für Reriks Hafen tue. Dann verlangt er ihren Paß, woraufhin Judith aus Angst, daß der Wirt Verdacht schöpft, aus der Wirtschaft rennt um angeblichen einem ankommenden Schiff zuzusehen.

     15. Der Wunsch des Jungen, etwas auf der See zu erleben, findet bei seiner Mutter keinen Anklang. Diese möchte, daß ihr Sohn bei Knudsen eine Lehre macht und danach zwei Jahre zur Marine geht. Der Junge glaubt seinen Vater in Bezug auf seine Trinksucht zu verstehen. Er denkt, er habe aus Gram getrunken und sei dann auf das Meer gefahren. 16.

     Gregor befindet sich nun in der Kirche und wartet ängstlich auf die Verabredung mit seinem Gesprächspartner. Dabei fällt ihm eine Holzfigur auf, die einen jungen Mann darstellt, der in seinem Buch liest, das auf seinen Knien liegt. Dies ist der lesende Klosterschüler. Plötzlich betritt ein Knudsen die Kirche und unterbricht ihn in seiner Betrachtung. 17. Nach dem Mittagessen bei seiner Mutter sucht der Junge nach dem dritten Grund von Rerik wegzugehen.

     18. Knudsen erkennt Gregor in der Kirche; dieser erklärt ihm den neuesten Plan des ZK. Gregor ist erstaunt, daß Knudsen nach seinen Angaben der letzte Kommunist in Rerik ist. Beide sind ihrer Arbeit in der Partei müde. Dann tritt der Pfarrer ein und geht auf Gregor zu. 19.

     Beim Überlegen, wie er ins Ausland kommen könnte, vergleicht er seine Situation mit der von Finn. Der Junge möchte in der Zukunft etwas erleben. 20. Nach der Rückkehr von dem Gespräch mit Knudsen hat der Pfarrer starke Schmerzen im Bein. Es ist zum Teil amputiert und der Stumpf ist schon seit vielen Monaten stark entzündet. Die Wunden drohen in Wundbrand überzugehen.

     Angesichts seiner persönlichen und der allgemeinen Lage verzweifelt er in diesem Moment an Gott. Bei der Begegnung mit Knudsen und Gregor ist er anfangs empört, bittet dann aber den Fischer die Plastik nach Schilling mitzunehmen, doch Knudsen will weder den Bitten des Pfarrers noch Gregors Befehlen nachkommen. Allerdings wird er allmählich nachgiebig. 21. Der Junge wird beauftragt die Schoten festzumachen. Er denkt allerdings, dies sei überflüssig, denn es könne nichts geschehen, da die Küstenschiffer sich bei der kleinsten Bedrohung von starker See in Sicherheit bringen.

     Er geht dann in sein Versteck. 22. Während Judith zuschaut, wie ein schwedischer Dampfer anlegt, wird Knudsen unruhig, da er bald auslaufen möchte, um unbeliebsamen Fragen auszuweichen. Gregor bemerkt Knudsen, der seinerseits überlegt, ob er wegfahren wolle. Knudsen verabschiedet sich von seiner Frau und bereitet sich auf das Auslaufen vor. Gregor fragt sich, ob er von Rerik aus dem Zugriff der Partei und \"der Anderen\" entkommen könne.

     Er bemerkt, daß er sich in Judith verliebt hat. Judith hat Angst, daß der Wirt nach ihrem Paß fragt und denkt über Fluchtmöglichkeiten nach. Gregor hofft auf Knudsens Hilfe. Der Junge wird von diesem nach Hause geschickt, weil er noch was besorgen möchte. 23. Der Junge fragt sich, ob er in einem schwedischen Dampfer, der im Hafen liegt, als blinder Passagier fahren könne, stellt aber fest, daß das Schiff zu klein ist und man ihn zu schnell bemerken würde.

     Er denkt an die früheren Zeiten, in denen man noch keine Papiere benötigte. 24. In der Gaststube lädt ein schwedischer Matrose Judith auf sein Schiff ein. Auf dem Schiff spürt sie, daß der Schwede diese Aktion bereut hat, und geht wieder von Bord. 25. Der Junge bemerkt in seinem Versteck, daß die Geschichten seiner Bücher nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmen, weil die Helden der Bücher überall hingehen können.

     Daraufhin überlegt er, ob er nicht nach Sansibar fliehen könne. Sansibar stellt den letzten Grund seiner Flucht dar. 26. Der Wirt soll Gregors Gepäck vom Bahnhof abholen. Als der Wirt Judiths Zimmer räumen will, sagt Gregor, daß er ein anderes Zimmer haben wolle. Der möchte, daß der Wirt keine Anzeige gegen Judith erhebt.

     Auf Knudsens Boot verabreden er und Knudsen einen Treffpunkt, wo der Junge ihn mit dem Boot abholen soll. Gregor verschweigt, daß er Judith mitbringen wird. Knudsen gibt dem Jungen bestimmte Aufträge und fährt fort. 27. Der Junge fragt sich, warum er mit dem Beiboot einen Passagier heimlich an Bord holen soll und spielt mit dem Gedanken, Knudsen danach zu fragen, läßt es aber sein. Er glaubt aber, daß Knudsen eine große Sache vorhat, und fängt an ihn zu bewundern.

     28. Der Arzt rät Helander noch am selben Abend zu einem anderen Arzt zu fahren. Da es um seinen Stumpf nicht gut stehe; er beschließt dennoch erst die Holzplastik zu retten. Er nimmt Tabletten gegen den Schmerz. 29. Der Junge ist beeindruckt von Knudsens Mut und vergleicht ihn mit den Helden in seinen Abenteuerbüchern.

     30. Nachdem Gregor Judith auf dem Kai überredet hat, mit ihm zu kommen, schrauben sie die Holzplastik in der Kirche ab. In dieser Situation möchte Gregor Judith küssen, er tut dies aber nicht, statt dessen gehen beide mit der Statue weg. 31. Der Junge fährt mit dem Beiboot zum angegebenen Treffpunkt und hofft insgeheim bei der kommenden Fahrt flüchten zu können. 32.

     Judith und Gregor kommen am vereinbarten Treffpunkt an, wo der Junge schon mit seinem Boot wartet und überrascht ist, daß Gregor noch jemanden mitgebracht hat. Nach einer viertelstündigen Fahrt erreichen sie die Lotseninsel. 33. Während der Fahrt starrt der Junge ununterbrochen auf die erkannte Figur und hofft mit den Dreien ins Ausland zu gelangen. 34. Als Knudsen an der Lotseninsel festgemacht hat, beschließt er mit der Figur zu schwedischen Küste zu fahren.

     Im Fall des Falles will er die Holzfigur über Bord werfen, da sie auch auf diese Weise \"den Anderen\" entgehen würde. Als die Drei ankommen, weigert sich Knudsen, das Mädchen mitzunehmen, und es kommt zu einer Schlägerei zwischen ihm und Gregor. Schließlich nimmt er doch die Holzplastik und Judith nach Schweden mit. Währenddessen Gregor zurückbleibt und am nächsten Morgen zur Stadt zurückgeht. 35. Der Junge glaubt, daß es sich um einen politische Begebenheit handeln muß und erkennt, daß Judith eine Jüdin ist.

     Er zieht Vergleiche zu dem Neger Jim aus den Huckleberry Finn Geschichten, da diesem auch geholfen werden mußte. Er will sich im Ausland auch als politischer Flüchtling ausgeben, um dann vielleicht nach Amerika oder Sansibar zu gelangen. Knudsen schickt das Mädchen unter Deck, wo auch der Junge und die Holzfigur ist. Als Judith herausbekommt, daß der Junge auch fliehen möchte, bittet sie ihn, damit Knudsen keinen Ärger bekommt, wieder mit zurückzufahren. Der Junge will darauf keine Rücksicht nehmen, da er meint, daß die Plastik das auch nicht täte. 36.

     Helander hat einen Traum, indem sich eine Frau aus einem Hotelfenster stürzen will. Er erwacht und er entsinnt sich an das Hotel in Lille, in dem er nach der Beinamputation einige Wochen gelebt hat. Danach hat er sein Theologiestudium beendet, eine Pfarrerstelle bekommen und geheiratet. Seit dem Tod seiner Frau ist er wieder einsam. Das berührt ihn sehr. Dann erinnert er sich an einen zweiten Traum, in dem er über einen norwegischen Fjord hin und her schaukelt.

     Diese ihm öde erscheinenden Träume geben Zeugnis davon, daß die Welt erlöst werden muß. Er fragt sich, ob Psychoanalyse ein Möglichkeit wäre diese Ziel zu erreichen. Er schluckt Schmerztabletten gegen den quälenden Beinschmerz, deren Wirkung hält nicht lange an. Er wendet sich zum Schreibtisch und entnimmt diesem eine Pistole. Helander hat Angst vor \"den Anderen\" und lästert Gott, welchen er als Spieler bezeichnet. Er bemerkt im weiteren Verlauf, daß vier Männer in die Kirche kommen und dann ins Pfarrhaus gehen.

     Als diese sein Zimmer betreten, erschießt er den ersten und wird dann von den anderen ermordet. 37. Die Plastik, das Mädchen und der Jungen werden von Knudsen nach Schweden gebracht. Der Junge freut sich, daß er Schweden erreicht hat. Er läuft umher und findet eine Blockhütte. Er angelt ein paar Fische und brät sie.

     Er hofft bald Amerika oder Sansibar zu erreichen, kehrt aber nach langer Überlegung doch zu Knudsens Schiff zurück. 4. Personen: Der Junge Heinrich Mahlmann ist der Vater des Jungen. Dieser will weg von zu Hause. Die Tätigkeit als Schiffsjunge reicht ihm nicht. Sein Vorbild ist Huckleberry Finn und die Erwachsenenwelt interessiert ihn nicht.

     Er möchte Finn nachstreben und die Alltagswelt verlassen. Dafür hat der Junge drei Gründe. Erstens ist in Rerik nichts los, zweitens haßt er die Bewohner, da sie für seinen Vater keine Tafel aufgestellt haben, und drittens gibt es Sansibar. Er versteht die Welt der Erwachsenen nicht, die Welt in der er sich gefangen fühlt, die von den Erwachsenen verwaltet und beherrscht wird. Der Junge mag im Gegensatz zu den Erwachsenen Gefahr. Aber sein Vorbild Huckleberry Finn floh nicht vor Langeweile, sondern weil er gejagt wurde.

     Die Umgebung des Jungen ist hingegen ruhig, geregelt und genormt, was ein Umdenken über seine reale Situation zur Folge hat. Seine Scheinwelt steht im Gegensatz zur Realität, deren sinnbildliche Figur der lesende Klosterschüler ist. Die Begegnung mit Judith und dem Klosterschüler bedingt eine existentielle Wandlung im Weltbild des Jungen. Er stellt fest, daß seine Situation keiner der in den Büchern Huckleberry Finns gleicht, sondern sogar stark davon unterschieden ist. Er ist nicht bedroht und muß feststellen, daß der Grund, nur weil es Sansibar gibt, nicht ausreicht, um eine Flucht zu begründen. Das ist auch der Grund für die Rückkehr zu Knudsens Boot, obwohl er gesagt, hatte es sei ihm gleichgültig.

     Die Literatur und der Klosterschüler bewirken ein Wandlung im politisch-sozialen Verhalten. Andersch versucht u.a. mit der Figur des Jungen zu verdeutlichen, daß Kunst zum Erkennen des Lebens helfen kann. Andersch versucht auch vor einer sinnlosen Freiheit zu warnen. Gregor Gregor ist in junger, magerer und unauffälliger Mann.

     Er stammt aus Berlin und ist von dem dortigen Jugendverband der KPD auf die Moskauer Lenin-Akademie geschickt worden. Dort nimmt er den Namen Gregorij an. Danach reiste er mit einem falschen Paß über Wien nach Rerik. Dort will er nur widerwillig den Anweisungen des Zentralkomitees nachkommen und eine Kerngruppe aufbauen. Eigentlich sucht er allerdings nur noch einen triftigen Grund für eine Flucht. Er glaubt nicht mehr an die Arbeit in der Partei.

     Die erste Lossagung wird auf Seite 44 beschrieben, wo es heißt, daß er in einer Vorlesung ermüdete. Er empfindet diesen inneren Abfall als Verrat. Nachdem seine Freundin Franziska verhaftet worden ist, ist er vorsichtig und versucht unauffällig zu sein. Gregor hält sich für einen Niemand. Er denkt, er habe alles falsch gemacht. Gregor ist Nihilist, teils Fatalist, jedoch kein Kommunist mehr oder gar Christ.

     Das Zusammentreffen mit Judith und dem Klosterschüler verwandelt ihn. Er erkennt, daß man nicht Knecht seiner Ideologie sein muß, sondern im eigenen Interesse leben kann. Durch diese Erkenntnis gewinnt er die Freiheit zurück. Er kann sogar wieder beten. (S. 74) Mit der Aufopferung für das Mädchen, in das er sich verliebt hat, ist bewiesen daß er seine Willensfreiheit wiedergewonnen hat.

     Helander Helander, der Pfarrer spielt die mitreißendste und schicksalhafteste Figur im Roman. Der Pfarrer ist ein großer, schlanker Mann mit einem heftigen, geröteten Gesicht, mit einem schmalen schwarzen Bart über dem Mund, einen schwarzen Bart, in den sich graue Fäden mischen, mit den blitzenden Gläsern einer randlosen Brille vor den Augen kristallisch blitzend in dem leidenschaftlichen, eine Neigung zum Jähzorn verratenden Gesicht über einem schwarz gekleideten Körper, der sich ein wenig über den Stock krümmte. Obwohl er eine Kämpfernatur zu sein scheint, leidet er an seinem Bein und an seinem Glauben. Nach dem Ersten Weltkrieg, dem verlorenen Bein und den Tod seiner Frau ist Helander seelisch am Ende. Der Pfarrer ist einsam. Er gerät immer tiefer in eine Glaubenskrise.

     Den Sieg der \"Anderen\" empfindet er als Sieg des Bösen über das Gute und er wirft deshalb seinem Gott vor, daß er es nicht verhindert habe. Er sagt sogar, daß fatalerweise nur er noch die Kirche sei. Helander befindet sich in einer Grenzsituation zu Gott, seine Bemühungen scheinen zu scheitern. Sein Glauben prallt vor der Undurchdringbarkeit des Transzendenten zurück. Der Klosterschüler, der zuerst nur ein Gebrauchsgegenstand gewesen ist, wird zum Symbol des Glaubens. Er muß vor den \"Anderen\" gerettet werden.

     An der Grenze seiner eigenen Verfügungsgewalt steht er sich selbst und Gott gegenüber. Darum verwirft er auch den Suizid-Gedanken. Andersch beschreibt im Roman die dialektische Theorie, die den unendlichen Abstand zwischen Welt und Kirche und bürgerlichen Dasein lehrt. Jede Annäherung des Menschen an Gott ist von daher sinnlos. Nur Gott ist in der Lage diese Barriere zu überwinden, indem er das Endliche vernichtet (uns tötet). Das Leben des Pfarrers vollzieht sich zwischen Aufstand gegen Gott und Credo, zwischen Verzweiflung und Demut.

     Er schießt nicht auf den NS-Handlanger, weil er auf Gott wütend ist, oder weil er diesen züchtigen will, sondern Gott läßt ihn schießen, weil er das Leben liebt. Helander fühlt sich von Gott berufen die \"Anderen\" niederzuschießen, um die Welt für Sekundenbruchteile zu beleben. Diesen Moment erfährt der Pfarrer zum Zeitpunkt seines eigene Todes. Knudsen Knudsen ist ein Fischer aus der Stadt Rerik. Er besitzt ein kleines Boot, ein Haus und einen Garten . Sein Gesicht ist hart und flach.

     Er ist Kommunist, obwohl er die Partei als Organisation ablehnt. Er hält nichts von der Kirche und ist doch bereit, die Plastik des \"Lesenden Klosterschülers\" in Sicherheit zu bringen. Knudsen kann und will nicht frei sein. Er kann es nicht auf Grund der Liebe zu seiner geisteskranken Frau. Er will nicht frei sein, weil er immer noch an die Wiederkehr der Partei glaubt, von der er eigentlich enttäuscht ist. Knudsen ist die Person, für die es keinen Grund gibt zu fliehen.

     Eine Freiheit ist für ihn ziellos, sie würde ihn seiner Lebensgrundlage entreißen. Für seine eigene Erhaltung entscheidet er sich für Unfreiheit. Diese Entscheidung ist nicht weniger wert als eine Entscheidung zur Freiheit. Judith Judith Levin ist die einzige Person des Romans, deren vollständigen Namen wir erfahren. Sie ist ein achtzehn Jahre altes Mädchen aus einer wohlhabenden Hamburgischen Familie. Sie hat ein hübsches Gesicht und schwarzes Haar.

     Nach dem Freitod ihrer Mutter hebt sie ein Teil ihres Vermögen ab und reist, wie ihre Mutter wollte, nach Rerik um vor der einsetzenden Judenverfolgung zu fliehen. Judith glaubt an Gott, zählt sich allerdings zu keiner Konfession. Den Tod ihrer Mutter ordnet sie noch nicht dem nationalsozialistischen Rassendenken zu, während Helander sie als mögliche Antwort auf die Frage, die eigentlich nicht zu beantworten war, sieht. Man erfährt wenig von Judiths über ihre Flucht in die Freiheit. Ihr Tun und Denken spiegelt sich in den begleitenden Personen Gregor, Helander und dem Jungen. Gregor erkennt sie sofort als Jüdin der wohlhabenden Bourgeoisie, befreit sie, weil dies ein Gebot der politischen Vernunft ist.

     Obwohl Judith eigentlich in der Situation als \"Ausgestoßene\" keine Entscheidungsfreiheit mehr hat und dem Tod ausgeliefert scheint, ist sie keine passive Person. Sie bewirkt durch ihre Erscheinung zum Beispiel die Rückkehr des Jungen zu Knudsen.

 
 



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