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deutsch artikel (Interpretation und charakterisierung)

Die entwicklung der printmedien im kontext des politisch-wirtschaftlichen komplexes


1. Drama
2. Liebe

1) Die Entwicklung der Printmedien vor der Unabhängigkeit 1991


Bis zur Unabhängigkeit im Dezember 1991 befanden sich die ukrainischen Medien ausnahmslos in Staatsbesitz. Die politische Kontrolle vollzog sich von der universitären Ausbildung der Journalisten bis zu der informellen Zensur in den Redaktionen. Die Journalisten verstanden sich als Vermittler der offiziellen Linie in der Öffentlichkeit, so daß direkte staatliche Intervention meist nicht mehr nötig war. Die Auflage der Staatszeitungen wurde künstlich hoch gehalten und ihre Verteilung bis in die Provinz war durch eine aufwendige Infrastruktur gesichert.


2) Die Entwicklung der Printmedien seit der Unabhängigkeit 1991


In der jungen Ukraine herrschte zu Anfang der neunzigerJahre eine euphorische Gründerstimmung. Während die Zeitungen in der Sowjetunion unter strikter staatlicher Kontrolle gehalten wurden, versprachen sich die Medien von der Unabhängigkeit eine Wende zur Presse- und Meinungsfreiheit. Nachdem die Mehrheit der überregionalen Zeitungen schon während der Perestroika in den späten achziger Jahren ihre politische Unabhängigkeit erklärt hatte, folgte Anfang der neunziger Jahre die schrittweise finanzielle Loslösung vom Staat. Außerdem kam es zu einer Vielzahl von Neugründungen. Auf dem Höhepunkt des Booms 1992 erschienen auf dem Ukrainischen Zeitungs- und Zeitschriftenmarkt 2869 verschiedene Publikationen. Sie erreichten eine Gesamtauflage von ca. 63 Millionen Stück. Die Gesamtauflage konnte sich jedoch vorwiegend wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten nicht auf diesem hohen Niveau halten.


Das ukrainische Bruttoinlandsprodukt erreichte 1991-1999 lediglich etwa 40% des Niveaus von 1990, dadurch fiel die Kaufkraft der Bevölkerung und analog dazu die Gesamtauflage der ukrainischen Zeitungen von 63 Millionen im Jahr 1991 auf ca. 8 Millionen 1999 (The European Institute for the Media [EIM], 1999 b). Die Entwicklung des ukrainischen Zeitungslandschaft hing also stark von der makroökonomischen und volkswirtschaftlichen Gesamtentwicklung ab.


Der Niedergang der Volkswirtschaft schlug sich auf das Anzeigengeschäft nieder und die sinkende Kaufkraft äußerte sich in Schwierigkeiten die Zeitungen abzusetzen. Insgesamt sank sowohl die Medienvielfallt als auch die Gesamtauflage der ukrainischen Zeitungen. Der Versuch, durch kostendeckendes Arbeiten auch eine journalistische Unabhängigkeit zu bewahren, wurde dadurch erheblich erschwert. Die Verwundbarkeit der Pressefreiheit wuchs. Der Mangel an einer demokratisch-pluralistischen Tradition zeigte sich an dem weiterhin niedrigem Professionalitätsgrad des Journalismus. Die Zeitungen suchten sich neue private Sponsoren oder aber sie kehrten in die finanzielle und politische Abhängigkeit vom Staat zurück (EIM, 1999 b). Der Kaufkraftverlust wirkte sich auf die elektronischen Medienlandschaft wegen geringerer laufender Kosten weit weniger aus. Daraus ergab sich ein erheblicher Bedeutungsverlust der Printmedien im Vergleich zum Leitmedium Fernsehen.


Die Umstrukturierung des ukrainischen Energiemarktes führte 1994 zu vermehrtem Engagement der Finanzclans im Medienbereich. Der ukrainische Energiesektor wird von verschiedenen Wirtschaftsclans dominiert, die ihre Gewinne meist unversteuert außer Landes schaffen. Um sich im Verteilungskampf gegenüber Konkurrenten durchzusetzen, benötigen sie politischen Einfluß. ,,Oligarchen\" finanzieren defizitäre Medienunternehmen, lassen sie linientreu berichten und erhoffen sich im Gegenzug die Unterstützung ihrer Position von Regierungsseite.


Trotz der wirtschaftlichen Schwierigkeiten und der Abhängigkeit der Medien von polit- wirtschaftlichen Clans war es ukrainischen Journalisten bis in die späten neunziger Jahre möglich regierungskritisch zu berichten; noch herrschte eine gewisse Pluralität der Zeitungslandschaft. Die ukrainischen Zeitungen waren zwar nicht völlig unabhängig, aber das politische Meinungsspektrum war weitgehend auch in den Medien repräsentiert. Als Leonid Kutchma 1995 die Präsidentschaftswahlen gewann, schien es zunächst, als setze sich der Präsident für die Unabhängigkeit der Medien ein, doch seit 1996 ist die Tendenz zur Gleichschaltung der Medien festzustellen. Gleichzeitig ist seit dem Amtsantritt Kutchmas ein Anstieg der Clanstruktur der ukrainischen Wirtschaft, der Verquickung politischer, administrativer mit wirtschaftlichen Sphären festzustellen (Ott 2000 a). Oftmals geht das Medienengagement auf den Verteilungskampf innerhalb dieser Strukturen zurück.


Journalisten waren in den letzten Jahren in zunehmendem Ausmaß Repressalien von Seiten des Staates oder von wirtschaftlichen Gruppierungen ausgesetzt. Die Methoden reichen hierbei von staatlicher Gängelung bis zur physischen Gewalt.


Oftmals werden z.B. feuerpolizeiliche oder Gesundheitskontrollen so lange durchgeführt, bis ein Vorwand gefunden ist, um auf regierungskritische Medien Druck auszuüben. So wurde die Zeitung Den in den letzten zwei Jahren über 30 mal inspiziert. Am 28. Januar 1998 versuchte der derzeitige Informationsminister Kulik, die ehemals sowjetische Tageszeitung Prawda Ukrainy per Dekret zu verbieten, als diese sich im Wahlkampf mit dem Oppositionskanidaten verbündete. Als Begründung wurde ein Formfehler bei der Eintragung ins Handelsregister angegeben. Zu einer gerichtlichen Verhandlung kam es jedoch vorerst nicht. Das höchste ukrainische Schiedsgericht erklärte den Erlaß ein halbes Jahr später für ungültig, doch die Prawda blieb geschlossen (EIM, 1999 b, Kap.14.4).


Im Oktober 98 wurde die Redaktion der linksgerichteten Zeitung Kievskie Vedomosti nach richterlichem Beschluß geräumt. Das höchste
ukrainische Schiedsgericht hatte den Mietvertrag zwischen dem Gebäudeeigentümer und dem Zeitungsverlag wegen eines Formfehlers annulliert. Ob dem Urteil eine fairer Prozeß vorausging, ist jedoch zweifelhaft (Kohl, 1998)


Da die ukrainische Rechtsordnung keine Höchstbegrenzung der Klagesumme bei Zivilrechtsklagen vorsieht, wurden Medienunternehmen in den letzten Jahren immer wieder wegen Verleumdung oder Rufschädigung auf astronomischen Höhen verklagt. Diese Gesetzeslücke wird häufig benützt, um kritische Zeitungen durch die Drohung mit horrenden Klagen einzuschüchtern, oder um kritische Stimmen endgültig in den finanziellen Ruin zu treiben.

Letzteres galt wohl für die renommierte Zeitung Wseukrainski wedomsti, die mit einigen fadenscheinigen Begründungen verklagt wurde. Der renommierte Fußballclub Dynamo Kiew prozessierte, da er in einem Artikel über den Verkauf eines Spielers an den IC Milano einen Verstoß gegen das Sittengesetz sah. Der Klage in Höhe von $1,5 Millionen USD wurde stattgegeben; daraufhin wurde die Veröffentlichung der Zeitung eingestellt (Kohl, 1998). Insgesamt übersteigt die von ukrainischen Medienunternehmen geforderte Klagesumme das Bruttoinlansprodukt um das Doppelte. 1997 wurden Medienunternehmen insgesamt zur Zahlung von 1518984 Hryvnia verurteilt (OSCE Yearbook, 1999/2000).


Angesichts der Nähe der Leitung des Fußballclubs zur Exekutive kann von einer politischen Motivation der Klage ausgegangen werden. Der Präsident des Clubs ist der Oligarch Surkis, der dem Surkis-Derkach-Sarov Clan angehört. Mitglieder der Partei des Clans sitzen inzwischen in der Regierung Jussenko (Ott, 2000 a).


Die zweitauflagenstärkste Zeitung der Ukraine, die Silskie Visti, wurde im September 2000 zeitweise geschlossen. Die Alexander Moroz nahestehende Zeitung wurde nach richterlichem Beschluß zu einer Steuernachzahlung in Höhe von einer Million Mark verurteilt, weil sie 1992 ihren Angestellten Wohnungen kaufte, ohne sie ordnungsgemäß zu versteuern. Alle Konten wurden eingefroren und den Zulieferern der Druckerei wurde nahegelegt, ihre Geschäftsbeziehungen mit der Silskie Visti einzustellen. Dank eines breiten parlamentarischen Protests und der Drohung der Redaktion, geschlossen in Hungerstreik zu treten, wurde vom Versuch, die oppositionelle Zeitung zu schließen, abgelassen ( Wehner, 2000).


In der Ukraine kam es in den letzten Jahren wiederholt zu gewalttätigen Übergriffen gegen Journalisten. Insgesamt sind 40 Journalisten unter tragischen, oftmals ungeklärten Umständen ums Leben gekommen. Ein Zusammenhang zu ihrer journalistischen Tätigkeit kann in einer Vielzahl von Fällen nicht ausgeschlossen werden (OSCE Yearbook, 1999/2000). Nach Angaben des Innenministeriums galten im Jahr 1999 30 000 Personen als vermißt, davon wurden 4000 Menschen bis November 2000 nicht wieder aufgefunden ( Wehner, 2000).


1999 wurde der Herausgeber der Zeitung Antenna, Valeriy Voronik von Mitgliedern der Steuerbehörde in Cherkassy bedroht und körperlich mißhandelt. Beim Leiter der Lviver Zeitung Postup wurde am 6. Oktober 99 eingebrochen. Er wurde unter Androhung von Gewalt aufgefordert, die Veröffentlichung einiger Artikel, die sich gegen den Vizechef der Lviver Lokaladministration richteten, zu unterlassen. Im Zusammenhang mit dem Sender STB kam es 1999 zu zwei ungeklärten Todesfällen und zahlreichen Übergriffen, nachdem der Sender die Geschäftsbeziehungen zu dem Oligarchen Vadim Rabinovich abgebrochen hatte (OSCE Yearbook, 1999/2000)


Während der Präsidentschaftswahlen 1999 waren die ukrainischen Medien fast ausnahmslos gleichgeschaltet; die Entwicklung der Presssefreiheit verdient die Bezeichnung \"Niedergang\". Die Medien schürten vor der Stichwahl zwischen dem Kandidaten der Kommunistischen Partei, Pedro Symonenko, und dem amtierenden Präsidenten die Angst vor dem Rückfall in die kommunistische Diktatur, während im ersten Wahlgang wenig über die \"Rote Gefahr\" zu hören war. Durch diese Inszenierung konnte sich Leonid Kutchma erfolgreich als Bewahrer von Demokratie und der staatlichen Integrität der Ukraine profilieren (Schneider-Deters, 2000). Die Medien, insbesondere das Leitmedium Fernsehen, waren in den politisch-wirtschaftlichen Komplex weitgehend eingegliedert, dessen Entstehung auf den Präsidenten zurückgeht und auf dem seine Macht fußt. So war in der Zeitung Fakty am 9. November 99 eine direkte Wahlaufforderung zugunsten des amtierenden Präsidenten zu lesen:




,,In Anbetracht der zwingenden Notwendigkeit, eine Wahl zwischen der Bewahrung des Staates und der Rückkehr der roten Gefahr zu treffen, raten wir allen Bürgern nachdrücklich, sich an der Stichwahl der Präsidentschaftswahlen aktiv zu beteiligen und ihre Stimme Leonid Kutchma zu geben.\" (Fakty, zitiert nach EIM, 1999; eigene Übersetzung aus dem Englischen.)4


Der regierungskritische Chefredakteur des Online-Magazins Ukrainska Prawda, Gregorij Gongadze, wurde im Herbst 2000 Opfer eines brutalen Gewaltverbrechens. Eine Leiche, die nahe der Ortschaft Tarastschy geköpft aufgefunden wurde, läßt sich mit 99,6%iger Wahrscheinlichkeit dem Journalisten zuordnen. Bei einer Sitzung der Verchovna Rada skandalisierte der Oppositionsabgeordnete Moroz, unter Berufung auf einen ehemaligen Leibgarden des Präsidenten, daß Leonid Kutchma den Mord angeordnet habe. Mykola Ivaovych Melnychenko erklärte, daß er ein belastendes Gespräch zwischen Kutchma und dem Leiter der Präsidialadministration, Lytvyn, geheim mitgeschnitten habe, aus dem eine Verwicklung des Präsidenten hervorgehe. Die Authentizität der digitalen Aufnahme läßt sich nach Angaben des ukrainischen Oberstaatsanwalts Potbenko, der den Gesprächsmittschnitt in Rußland analysieren ließ, wegen ihrer schlechten Qualität jedoch nicht verifizieren. Außerdem erklärte er, daß Gongadze womöglich noch lebe, da er zur Jahreswende noch gesehen worden sei. Gongadze äußerte lange vor seinem Verschwinden, den Verdacht, daß er beschattet werde. Diesem womöglich entscheidenden Hinweis wurde von der ermittelnden Staatsanwaltschaft jedoch nicht nachgegangen. Nach Angaben der Nicht-Regierungsorganisation (NGO) Reporters sans frontieres (RSF), zeigt die Fehlerhaftigkeit der Ermittlungen jedoch, daß die Staatsanwaltschaft das Verfahren nicht mit dem Ziel der Aufklärung des Mordes betreibe, sondern um die Autoritäten von den schweren Anschuldigungen pauschal freizusprechen (2001).


In dem angeblichen Gesprächsmittschnitts, werden verschiedende Möglichkeiten gegen den Journalisten Gongadze vorzugehen erörtert. Eine Stimme, die angeblich dem Innenminister Kravchenko zugeordnet wird, behauptet daß, er ,, ``wirkliche Halsabschneider´´ kenne, die gegen entsprechende Bezahlung ``bereit sind alles zu tun, was man wil´´ \" ( RSF, 2001; eigene Übersetzung aus dem Englischen)5. Melnychenko behauptete, folgende Beratung über das weitere Vorgehen gegen Gongadze vernommen zu haben: ,, Kutchma sagte:,, Vielleicht könnte ein Gericht etwas machen?\" Lytvyn sagte: ,,Nein, laß Kravchenko ihn nach anderen Methoden bearbeiten,\"(Kpnews.com, 13.12.2001; Eigene Übersetzung aus dem Englischen) 6.


Nach Morozs Auftritt im Parlament wurde auf die oppositionellen Tageszeitungen massiver Druck ausgeübt, um eine unkontrollierte Veröffentlichung der Vorwürfe zu verhindern. So weigerten sich die staatliche Druckereien nach Angaben ihres Chefredakteurs, die oppositionelle Zeitung Grani zu drucken. Auch die Firmen, die in diesen Zeitungen Anzeigen geschaltet hatten, wurden unter Druck gesetzt, ihre Geschäftsbeziehungen abzubrechen (CIS Newsletter, 2000 d).


Dennoch ,,erschüttert\" der Gongadzeskandal derzeit die Ukraine, führte zu Debatten über Meinungsfreiheit in der Verchovna Rada und zu einer landesweiten Kontoverse über den Mordfall, die sich in Demonstrationen pro und contra Kutchma manifestiert (NZZ, 20./21. 1. 2001). Die sofortige Publikation des angeblichen Gesprächsmittschnitts im Internet hat wesentlich zur Verbreitung der Vorwürfe gegen den amtierenden Präsidenten beigetragen. Eine völlige Gleichschaltung der Medien ist in Zeiten des Internets also faktisch nicht mehr möglich. Durch die Gründung einer Anti-Kutchma Parteienbewe
gung und durch die empörte Rezeption des Skandals in der Öffentlichkeit, wurde eine anti-präsidentiale Medienöffentlichkeit geschaffen. Im Fall Gongadze wurde eine Methode angewendet, die in kriminellen Wirtschaftsclans praktiziert wird, aber in ihrer Anwendung auf einen bekannten Journalisten unter möglicher Beteiligung des Präsidenten von der Öffentlichkeit nicht akzeptiert wurde.


Die gegenwärtige Debatte über physische Gewaltsamkeit gegenüber Journalisten dürfte zu einer Sensibilisierung der Öffentlichkeit in Medienfragen beitragen. Der Gongadzeskandal stellt ein tiefgreifenden Einschnitt in die Entwicklung der Pressefreiheit dar. Ob daraus eine freiheitlichere Redefinition der Rolle der Medien folgt, bleibt abzuwarten.



3) Gesetzliche Lage


Die Verfassung der Ukraine garantiert das Recht auf freie Meinungsäußerung (Art 34) und verbietet staatliche Zensur (Art 34). Die Möglichkeit, im Falle von öffentlichen Falschaussagen eine Gegendarstellung zu drucken, sowie das Recht, vertrauliche Information zu verbreiten, wird durch den
Artikel 32 verfassungsrechtlich garantiert.


Der rechtliche Rahmen für die Printmedien wird ferner durch das Werbegesetz, das Informationsgesetz und die Printmedienverordnung abgesteckt. Das umstrittene Informationsgesetz und das Bürgerliche Gesetz regeln die Haftbarkeit bei Rufschädigung oder bei Verletzung der persönlichen Ehre.


Abgesehen von der Gesetzeslücke im Zivilrecht (Siehe Abschnitt B1) wird die Pressefreiheit in der Ukraine gesetzlich garantiert. Staatliche Zensur ist verfassungsrechtlich verboten. Leonid Kutchma hat jedoch in den letzten Jahren den Versuch unternommen, die Pressefreiheit unter Umgehung der Legislative stark einzuschränken. Mit dem \"Erlaß über einige Maßnahmen zum Schutze der staatlichen Interessen im Informationsbereich\" weitete er das behördliche Auskunftsverweigerungsrecht so weit aus, daß es journalistisches Arbeiten erheblich erschwerte (Urban, 2000).


Außerdem weist die gerichtliche Praxis eine starke Diskrepanz zur formalen Rechtslage und verfassungsmäßigen Ordnung auf. Der Präsident des Weltkongresses ukrainischer Journalisten warf den ukrainischen Richtern Abhängigkeit vor:,,Die Gerichtsbarkeit ist die Dienerschaft der Exekutive, die es sehr wohl verstanden hat, die materielle Versorgung der Justiz zu regulieren.\" (Kohl, 1999).


,,Die einzige Chance, in der Ukraine unabhängige Medien zu etablieren, wäre ein ausländischer Besitzer, der möglichst keine anderen Geschäfte im Ausland haben sollte\", sagte der Chefredakteur der Wochenzeitung Zerkalo Nedeli in einem Interview mit dem European Institute for the Media (Wehner, 2000). Nach ukrainischer Rechtslage sind Ausländer in ukrainischen Medienunternehmen lediglich eingeschränkt zugelassen, was zu dem weitgehenden Rückzug ausländischer Investoren aus dem ukrainischen Zeitungsgeschäft beigetragen hat (EIM, 1999 b, 1999).


4) Eigentumsverhältnisse und politische Ausrichtungen


Die direkte Abhängigkeit der Zeitungen von wirtschaftlichen und politischen Gruppierungen führte zu einer Instrumentalisierung der Zeitungen und Zeitschriften im politischen Machtkampf und zu einem substanziellen Verlust von Pressefreiheit. Derzeit gibt es in der Ukraine keine Zeitung oder Zeitschrift, die als gänzlich unabhängig zu bezeichnen ist.






Poradnitsya


1 533 000


Silski Visti (Parteizeitung der SPU)

485 000


Nasha Gazeta Plyus ( Zeitung der sozialdemokratischen Partei)


178 000


Fakty I Kommentarii


77 000



Moloda


77 000


Kommunist ( Zeitung der kommunistischen Partei)

71 000




Tabelle 1: Die auflagenstärksten Zeitungen der Ukraine in Stück (Quelle:CIS Newsletter, 2000a)7


Die Gesamtauflage der ukrainischen Zeitungsmarkts entspricht ca. 8.3 Millionen Stück (Stand November 99). Die Gesamtauflage der nationalen Publikationen entspricht 3 960 220 Stück (Stand Juli 2000). Der überwiegende Teil sind lokale oder regionale Veröffentlichungen. Von den 8 300 Periodika, erscheinen lediglich 3 463 regelmäßig. Zwei Drittel der Zeitungen werden in russischer Sprache herausgegeben.


Silki Visti, (Dorfnachrichten) die zweitauflagenstärkste ukrainische Tageszeitunge wird vor allem von der bäuerlichen Landbevölkerung gelesen. Das ehemalige kommunistische Parteiorgan hatte früher eine Auflage von 2,5 Millionen Exemplaren, heute ist sie die Parteizeitung der slawisch orientierten SPU. Nach eigenen Angaben unterstützte sie während der Präsidentschaftswahlen 99 den Präsidentschaftsanwärter der Sozialisten Alexander Moroz. Außerdem steht sie dem Abgeordneten Tkachenko nahe.


Fakty I Kommentarii wird vom einflußreichen Oligarchen Viktor Pinchuk getragen. Er gehört zu dem Pincuk-Derkac-Sarov Clan, der durch die Begünstigung durch Kutchma und seine Administration entstanden ist und seinen Wahlkampf 1999 maßgeblich finanziell unterstützte. Während die Fakty früher für eine relativ unabhängige Berichterstattung stand, unterstützte sie bei den Präsidentschaftswahlen 1999 offen Leonid Kutchma (Ott, 2000, S. 12).


Die seriöse Tageszeitung Den wird von politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsträgern gelesen. Sie gilt trotz ihrer relativ geringen Auflage (täglich ca. 50 000 Stück) als einflußreiche Publikation. Im Präsidenstschaftswahlkampf unterstützte sie offen ihren Sponsoren, den Präsidentschaftsanwärter Evgeni Marchuk. Seit dieser nach den Wahlen jedoch in den einflußreichen nationalen Sicherheitsrat RNBOU berufen wurde, berichtet auch der Den auf Regierungslinie (OSCE Yearbook, 1999/2000).


Die seriöse Wochenzeitung Zerkalo Nedeli sieht sich als einzige unabhängige Zeitung der Ukraine ( EIM, 1999 b) . Sie wird von einem US-Amerikaner finanziert und richtet sich mit einer Vielzahl von wirtschaftlichen und politischen Analysen an die ukrainische Intelligenzija. Ihre durchschnittliche Wochenauflage liegt bei 31 000 Stück.




Das kritische Online-Magazin Ukrainska Prawda hat eine Sonderstellung in der ukrainischen Medienlandschaft. Als Internetzeitung umgeht sie beispielsweise das staatliche Druckereimonopol und entzieht sich so jeder direkten Zensur. Die Prawda betreibt investigativen Journalismus und berichtete beispielsweise über Korruption in der ukrainischen Administration (FAZ, 2000) Trotz aller Versuche, diesen Keim der Pressefreiheit zu ersticken, publiziert die Prawda weiter. Nach Schätzungen des staatlichen Informationskommitees gibt es in der Ukraine derzeit ca. 260 000 Internetuser
(CIS Newsletter, 2000 c).


Regional- oder Lokalzeitungen haben in der Ukraine eine höhere Gesamtauflage als nationale Zeitungen (2 541 000 Stück)8. Die Abhängigkeitsstruktur der Zeitungen, die zu Sowjetzeiten als Organe der Regional- oder Lokaladministration dienten, ist weitgehend erhalten geblieben. Aufgrund der geringen Kaufkraft der Bevölkerung und der hohen Druckkosten ist es meist nicht möglich, Regionalzeitungen kostendeckend zu betreiben. Die Zeitungen sind daher auf Fremdfinanzierung angewiesen und werden meist von der Bezirks- oder Stadtverwaltung oder durch wirtschaftliche Gruppierungen kontrolliert.

 
 

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