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deutsch artikel (Interpretation und charakterisierung)

Der "satirische" untergang der welt


1. Drama
2. Liebe

5.1. Porträt eines Planeten 1970 entstand das Stück "Porträt eines Planeten", ein späteres Werk Friedrich Dürrenmatts. Das Bühnenwerk beginnt mit dem Auftreten der vier Götter: Adam, Kain, Abel und Henoch. Sie betrachten die Erde, die kurz davor ist unterzugehen, denn die Sonne hat sich in eine Supernova entwickelt. Sie ist kurz davor, das menschliche Leben für immer zu vernichten. Man sieht insgesamt 25 Szenen, denen verschiedenen Themen zugrunde liegen: Entwicklungshilfe, Vietnam-Krieg, Rassenhass, Raumfahrt, Generationskonflikt, Flower-Power-Bewegung, etc.
Das ganze Werk wird von insgesamt acht Schauspielern gespielt, vier männlichen, die auch die Götter darstellen, und vier weiblichen, nämlich Eva, Ada, Zilla und Naema.

Die Götter betrachten eher gelangweilt das Schauspiel der Erdzerstörung, das sich ihnen bietet. Am Anfang stellt einer der Götter lakonisch fest:
ADAM Eine Sonne dort geht hops.
Am Schluss des Werkes kommentiert er das Geschehene:
ADAM Langweilig, diese Unendlichkeit.

[...]
ADAM Eine Sonne dort ging hops.
Die Götter kommentieren das Geschehen gefühllos. Eine Sonne ist für sie wie jede andere. Und auch die Bewohner des Planeten interessieren sie nicht. Nur die Langweiligkeit der Unendlichkeit hat für sie eine Bedeutung. Aber den vier gefühllosen und deshalb dummen, stumpfen Göttern steht unsichtbar jener Gott entgegen, den die von der kosmischen Zerstörung der Erde endgültig bedrohten Menschen vor ihrem Ende anrufen.
Dieser Planet geht nicht nur zugrunde, weil seine Sonne platzt, sondern weil seine Bewohner versagen, da sie ihre Chance nicht wahrnehmen
Dieses Stück hat keine durchgehende Handlung. Ihm liegt nur eine Idee zugrunde, eine Moral, keine individuellen Einzelschicksale. Dürrenmatt wollte mit diesem Stück die Menschen wahrscheinlich zum Nachdenken anregen. Es interessiert ihn dabei nicht, dass Leiden einzelner Personen darzustellen.

Interessant ist, dass die Bewohner des Planeten, den Dürrenmatt beschreibt, eher der westlichen Welt zu zuschreiben sind, wie zum Beispiel der Raumfahrer und der Präsident, die als US-Amerikaner identifiziert werden können. Ebenso sind der Vietnam-Krieg und der Rassenhass in New York deutlich westlicher Herkunft. Aber nicht nur die Bewohner der USA werden dargestellt, sondern auch eine Arbeitertochter aus der Schweiz, die sinnlos Kinder gebar.

Die erste Szene stellt dar, wie die vier Frauen versuchen Kannibalen das Essen von Tieren beizubringen. Doch dieses Unterfangen zieht schwerwiegende Folgen nach sich:
KAIN Der Kannibalismus ist ausgerottet.

ABEL Auf dem Festland wird gehungert.
KAIN Unser Komitee hat nichts mit dem Hunger zu tun.

ABEL Aber unser Komitee.
KAIN Gegen den Hunger hilft nur eine vernünftige Familienplanung.
Setzen sie die Pille durch, statt uns anzuöden.
ABEL Weil uns jetzt auf dem Festland tausend Kühe, tausend
Schweine und tausend Schafe fehlen, verhungern Zehntausende.
KAIN Dafür werden Hunderte nicht gefressen.
In diesem Dialog nehmen die beiden Akteure jeweils die Position eines Komitees, heute würde man sie auch als Hilfsorganisationen bezeichnen, ein. Die beiden Personen reden aneinander vorbei, ohne den anderen die Chance zu geben, seine Kritikpunkte anzubringen. Jeder möchte für seine Organisation das Beste und achtet nicht darauf, ob er dabei den anderen bei der Arbeit behindert. Es entsteht dabei ein Konflikt, der durch Unnachgiebigkeit und Sturheit keine Lösung findet.
Die beiden dargestellten Personen erkennen scheinbar nicht, dass die beste Möglichkeit für sie wäre, zusammenzuarbeiten. Dürrenmatt kritisiert dies und möchte damit wahrscheinlich auch zeigen, dass dies eine geeignete Lösung für alle Parteien wäre.

Die zweite Szene zeigt ein Ehepaar, das sich über seinen Sohn unterhält, der in den "Dschungelkrieg " ziehen soll:

EVA Wozu überhaupt dieser Krieg?
KAIN Die Regierung wird es schon wissen.
Man könnte die Bezeichnung "Dschungelkrieg" in dem Sinne interpretieren, dass Friedrich Dürrenmatt den Vietnam Krieg meint. Dieser fand in einem Dschungel, dem Vietnamesischen um genau zu sein, statt. Auch wenn man das Datum der Entstehung dieses Werkes näher in Betracht zieht, dies war das Jahr 1970, liegt diese Interpretation sehr nahe, da der Vietnamkrieg von 1946 bis 1975 stattfand und daher in die Erschaffungszeit hinein passt.
In diesem Abschnitt wird verdeutlicht, dass in vielen Kriegsländern die Einwohner gar nicht wissen, warum sie unter dem Krieg leiden müssen. Sie sagen, dass die Regierung wohl schon wissen werde, warum sie ihr Volk mit kriegerischen Auseinandersetzungen quält. Deutlich wird aber auch, dass Dürrenmatt kritisiert, dass viele Menschen die Handlungen ihrer Regierung einfach als gegeben betrachten und nicht weiter hinterfragen.

In der dritten Szene spielt in einem Altersheim, wo vier Frauen von ihrem Schicksal erzählen. Die erste Frau berichtet von ihrem Leben als Mutter, die zweite war eine Hure und kaufte sich in das Altersheim ein. Die Dritte war vom Beruf Krankenschwester und sah in einem neugeborenen Kind Futter für den Tod, was zeigt, dass viele Krankenschwestern und auch Ärzte abstumpfen und sich nicht mehr richtig um ihre Patienten kümmern, sie teilweise nur mehr als Nummer betrachten.
Die vierte, mit adeliger Abstammung, hat nur mehr eine einzige Freue: sie möchte 100 Jahre alt werden, denn so alt wurde niemand in ihrer Familie und sie will sie alle übertreffen.
Dürrenmatt thematisiert damit etwas, was nicht nur die Menschheit sondern auch die Philosophen seit Jahren beschäftigt, nämlich die Frage nach dem Sinn des Lebens. Bisher konnte noch keine klare Antwort auf diese Frage gegeben werden. Doch ist es interessant, was die einzelnen Damen als Sinn des Lebens, vor allem im Alter, betrachten.
Interessant ist auch, dass sehr oft ältere Damen und natürlich auch Herren ihren Lebenssinn darin sehen, für ihre Kinder beziehungsweise Enkelkinder da zu sein. Eine durchschnittliche Frau die, um einen Durchschnittswert zu sagen, 70 Jahre alt ist, übernimmt in vielen Fällen die Arbeit des Babysitters und sitzt nicht bloß in einem Altersheim und will einfach nur 100 Jahre alt werden.

In einer weiteren Szene unterhalten sich zwei Soldaten über den Krieg und wie sie ihn erleben:
HENOCH Die Scheißsonne bringt uns noch die Helme zum

Schmelzen.
KAIN Die könnte zur Abwechslung auch mal explodieren.
Der Soldat, dargestellt von Kain, erkennt gar nicht, wie Recht er mit seiner Aussage hat. Die Sonne ist dabei sich in eine Supernova zu entwickeln, ergo wird sie bald explodieren. Dürrenmatt zeigt damit, dass die Menschen gute und wichtige Dinge, wie die Sonne, als nervtötend oder unnötig betrachten, anstatt dass sie dankbar sind und sich an ihnen erfreuen. Die Menschen betrachten gewisse Dinge und Gegebenheiten, wie zum Beispiel die Sonne, als etwas Immerwährendes.

Der nächste Abschnitt zeigt Frauen, die, unter Trockenhauben sitzend und in Modejournalen blätternd, gefühllose Kommentare zum Krieg abgeben. Der Gatte einer dieser Frauen ist gefallen:
ADA Wann fliegen sie den Sarg herüber?

NAEMA Er bleibt dort.
ADA Glückspilz. Dann wirst du hinübergeflogen.
[...]
ZILLA Vor zwei Wochen wurde ich hinübergeflogen. Eine schöne

Reise.

[...]

EVA Ich musste meinen hier beerdigen.
ADA Ich auch.

EVA Das Vaterland benahm sich lumpig.
Diese Frauen interessieren sich nur mehr für sich und ihre Modemagazine. Sie achten gar nicht auf die weinende Naema, die gerade ihren Mann verloren hat. Gefühllos kommentieren sie nur das Geschehen und blättern weiter in ihren Journalen. Für sie ist es nur wichtig, ob sie in das Kriegsland geflogen wird oder nicht. Einige, nämlich Ada und Eva mussten ihre gefallenen Gatten hier beerdigen, was sie als eine Art Schande betrachten.
Für diese Frauen zählt nicht, dass ihr Ehemann im Krieg gefallen ist. Es zählt nur die Beerdigung, die als eine Art Statussymbol gesehen wird, vor allem wenn man dafür in ein fremdes Land reisen darf. Die Witwen sehen die Tragödie, nämlich den Tod des Mannes, nicht als Grund zu trauern, sondern als Möglichkeit vor Bekannten zu prahlen und zu sagen, dass sie in ein exotisches, unbekanntes und vielleicht sogar gefährliches Land reisen mussten, was natürlich für Aufsehen sorgt.

Doch die vier Damen unterhalten sich auch über die Friedensvorhandlungen und geben, wie ebenso wie zum Tod des Ehegatten, ihre Kommentare ab. Doch Dürrenmatt lässt nicht nur sie diese Verhandlungen kommentieren. In der nächsten Szene unterhalten sich zwei Männer darüber. Beide Kommentare sollen hier dargestellt werden:
ADA Sie haben sich über die Sitzordnung geeinigt.
KAIN Beinahe wären wir uns heute über die Sitzordnung einig
geworden.
ABEL Der Schreck sitzt mir jetzt noch in den Gliedern.
Die verschiedenen Mächte können den Krieg nicht beenden, da sie wirtschaftlich davon abhängig sind. Einer formuliert sehr treffend, dass eine Weltmacht sich nur dann eine militärische Niederlage erlauben kann, wenn es wie ein politischer Sieg aussieht . Es wird auch verdeutlicht, dass die einzelnen Mächte keinen Frieden anstreben, denn für sie hätte es tragische Ausmaße, wenn sie sich über die Sitzordnung einig werden würden.
Dies erinnert sehr stark an Erich Kästners Satire "Die Konferenz der Tiere." In diesem Prosatext scheiterten bereits 356 Friedensverhandlungen und bei der letzten, die einberufen wird, werden sich die einzelnen Verhandlungspartner auch fast über die Sitzordnung einig geworden. Die einen schlagen einen eckigen Tisch vor, die anderen einen runden, wieder andere bevorzugen einen in U-Form.
An diesem Beispiel wird deutlich, dass nicht nur Friedrich Dürrenmatt sich darüber Gedanken machte, wie Friedensverhandlungen im Allgemeinen ablaufen, sondern auch andere Autoren, wie eben Erich Kästner. Man könnte sogar sagen, dass viele Verhandlungen wegen ähnlicher Lappalien scheitern. Daran erkennt man, dass einzelne Parteien oft am Frieden nicht interessiert sind und ihre Kooperationsbereitschaft daher deutlich zu wünschen übrig lässt.

In der achtzehnten Szene bietet sich den Zuschauern der Dialog eines Ehepaares, das sich in einem Bunker versteckt hält:

ABEL Vierzehn Tage leben wir im Bunker.
ADA Beruhige dich, Liebling.
ABEL Ein Drittel der Bevölkerung umgekommen.
ADA Bei der Bevölkerungsexplosion spielt das keine Rolle.
Hier erkennt man, wie unwichtig das Leben anderer für manche Menschen ist. Es interessiert sie nur, ob sie überleben. Ein paar Menschen mehr oder weniger fällt für sie nicht besonders ins Gewicht.
Der Dialog des Paares strotzt vor Egoismus. Sie denken nur an sich selbst. Eine Parallele dazu sieht man an der minimalen Zivilcourage, die manche Personen an den Tag legen. Man darf aber auch nicht die zynische Komponente außer Acht lassen, die sich vor allem in der Aussage bezüglich der vielen Toten und der Bevölkerungsexplosion zeigt.

Dieses Stück enthält einige gesellschaftskritische Aussagen, die Dürrenmatt auf satirische Art und Weise in die Arbeit einbaut. Das vollständige Drama konnte in dieser Arbeit jedoch nicht untersucht werden, da nur jene Textelemente herausgearbeitet wurden, die für das Thema der Arbeit relevant sind.

 
 

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