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deutsch artikel (Interpretation und charakterisierung)

Analyse iphigenie


1. Drama
2. Liebe



Welche Funktion hat die Szene III 2./3. Für die dramatische Handlungsfortführung in Goethes Drama mit besonderer Hinsicht auf die Entwicklung des Orests?

"Iphigenie auf Tauris", ein Schauspiel Goethes, 1786 während seiner Italienreise vollendet, ist ein klassisches Drama.

Goethes Vorbild war hierbei die Antike, die zur Zeit der Klassik als vorbildliche und vollkommene Literatur gilt.

Der, vom politischen System und den vorherrschenden gesellschaftlichen Verhältnissen in Deutschland Enttäuschte Autor nimmt in dem gegenwartsfernen Raum des Mythos indirekte Herrschaftskritik und Fürstenerziehung vor. Oft als museales Stück mit hohlem Pathos verrufen schildert Goethe die Geschichte der Iphigenie, die durch ihren Bruder Orest aus der Verdammung auf die Insel Tauris befreit werden soll. Bis Orest aber erst einmal bereit ist, sich das darbietende neue Familienglück zu ergreifen, muss er, der seine eigene Mutter ermordet hat, erst von einem Fluch befreit werden, der seinem Geschlecht, nämlich dem der Tantaliden, seit Generationen anheftet.Bis es zu dieser Lösung von dem Fluch kommt, schildert Goethe die Geschehnisse auf Tauris, einer Barabreninsel, auf der sich Iphigenie, Orests Schwester, von Heimweh geplagt, seit der Errettung vom Opfertode durch die Göttin Diana als deren Priesterin befindet. Den alten Brauch der Taurer , Fremde zu opfern hat sie seit ihrer Ankunft durch ihre Wirkung auf den König der Insel, Thoas, verhindern können. Als sie aber seinen Heiratsantrag ablehnt, will er den alten Opferbrauch wieder aufnehmen und diesen zunächst an zwei Fremden, Orest und dessen Cousin Pylades, ausführen, die am Ufer gefunden worden sind. Das Orakel hat die beiden Freunde nach Tauris gesandt. Orest ist von Furien gehetzt und glaubt nur im Tode Erlösung von dem Fluch zu finden.Auch als er schliesslich Iphigenie kennenlernt und sich ihr Verwandtschaftsverhältnis entschlüsselt, verstärkt sich seine Trodessehnsucht noch und er sieht keinen anderen Ausweg den Fluch endgültig loszuwerden. Die Szene III.,2 besteht aus eine sogenannten Brückenmonolog, in dem eine zentrale Figur, also Orest, spricht und der zwei Handlungsphasen des Dramas trennt und somit einen Einschnitt markiertOrest hat eine Hadesvision. Er sieht seine gesamte Verwandtschaft, mit Ausnahme des Tantalus, der im Tartarus ewige Höllenqualen leiden muss, friedlich vereint, die, die sich gegenseitig das Leben nahmen, in "vertraulichen Gesprächen", darunter auch seine Mutter, die im Reich der Sterblichen seinen Vater ermordet hatte und dafür durch die Hand des vom Fluch belasteten Orest sterben musste. Dies kommt von dem Fluss der Lethe, dessen Fluten das Serum des Vergessens tragen. Auch Orest möchte nun die Vergangenheit ruhen lassen und das Geschehene vergessen.

In Szene III, Auftritt 3, die sich, wie das ganze Drama, am selben Schauplatz zuträgt treten Iphigenie und Pylades in das Geschehen ein.Orest, noch immer benommen von seiner Vision, denkt dass Iphigenie nun zu ihm in den Hades gekommen ist ("Seid Ihr auch schon herabgekommen? Wohl, Schwester Dir! Vers 1310f); Iphigenie indes betet für ihren Bruder zu Diane, ihn nicht in der "Finsternis des Wahnsinns rasen" zu lassen; V 1326) und den Fluch von ihm zu nehmen.Aus seiner geistigen Umnachtung erwachend, ist Orest wie verändert, ein völlig anderer Mensch, von dessen Pessimismus und Todessehnsucht nichts mehr zu spüren ist. Er scheint wie erlöst, mit neuer Lebensfreude versehen und zu neuen Aufgaben bereit. ("Die Erde dampft erquickenden Geruch und ladet mich auf ihren Flächen ein, nach Lebensfreud' und grosser Tat zu jagen". V 1362ff)

Diese beiden Szenen besitzen eine Schlüsselfunktion für die Oresthandlung, weil sich die Haltung des Orest von Grund auf ändert. Während er vorher von Selbstmordgedanken getrieben wird ( "Es stürze mein entseelter Leib vom Fels, es rauche bis zum Meer hinab mein Blut..."; V 1989f) und sich "schuldig" (V 1082) und als "Verbrecher" (V 1120) fühlt, und es scheint, als würden ihn die Furien nie wieder verlassen, wird er in diesen beiden Auftritten der III. Szene von dem Fluch, der auf dem gesamten Geschlecht der Tantaliden lastete, befreit. Die beiden Szenen besitzen für das Gesamtdrama die Funktion der Peripetie, also die Verkehrung der Situation in ihr Gegenteil.Goethe baut bis zu diesem Zeitpunkt eine Spannung auf, die sich immer mehr steigert, während hier das Geschehen zum ersten Mal einen Einschnitt, eine Wende, erhält, die den weiteren Verlauf des Dramas bestimmt. Erstaunlicherweise findet Orest wieder zu sich selbst, muss nicht, wie der Leser vorher vermuten könnte im Freitod untergehen (er sieht schon "durch Rauch und Qualm den matten Schein des Totenflusses (ihm) zur Hölle leuchten"; V 1142), sondern findet neuen Lebensmut und Erlösung.Erst durch diese Wandlung kann im folgenden ein Fluchtplan, der die zusammengeführte Familie von der Insel wegbringen soll, entwickelt werden.Ohne die Wandlung des Orest hätte das Drama einen ganz anderen weiteren Verlauf; insofern besitzen also die Szenen III 2./3. eine Schlüsselfunktion für den Handlungsverlauf und Goethje kann Iphigenie zu ihrem nächsten Konflikt hinführen, wo sie sich zwischen einem Hinterhalt gegenüber dem König Thoas oder für die Ermordung ihres, erst wiedergefundenen Bruders entscheiden muss.

Als Ursachen dieser Wandlung in Orests Haltung lässt Goethe dem Leser relativ viel Spielraum zu interpretieren.Zum einen könnte man annehmen, dass Iphigenie eine gewisse Rolle spielt, weil sie ja als Priesterin einen guten Draht zu der Göttin Diana hat und diese in III, 3 um Hilfe anfleht: "So lös' ihn von den Banden jenes Fluchs...", V 1330). So wäre Iphigenie diejenige, welche den Anstoss zur Heilung des Orests gibt, was offensichtlch aus der puren Geschwisterliebe resultiert und ihrer reinen Seele, die Goethe immer wieder hervorhebt. Eine andere, weitaus typischere Ursache für die Zeit der Klassik, die zu der plötzlichen Wandlung des Orest führen könnte, die man auch nicht unbedingt aus den Handlungen im Drama herauslesen kann, ist der Glaube, dass alles, also die gesamte Schöpfung etwas Göttliches in sich trägt. Der Pantheismus setzt also voraus, dass die Götter, die Iphigenie ja anfleht, zwar der Orientierungsbereich für den autonomen Menschen gelten, er das Göttliche aber in sich selbst trägt und es nur zum Ausdruck bringen, also verwirklichen muss. Orest findet keine Möglichkeit, den göttlichen teil in sich in seinem Handeln und Denken auszudrücken und so muss ihn erst eine Vision aus seinem Dämmerzustand der Verzweiflung erwecken, damit er als nun freier und unabhängiger Mensch, das Gute in sich herauslassen kann und den Lebensmut zurückgewinnen kann.Diese beiden Faktoren sind im Einklang miteinander für die Wandlung des Orest verantwortlich und so kann man auch hier, wenn auch nur bei Näherem Betrachten, einen der Grundgedanken, die der Autor diesem Werk zugedacht hat, deutlich heraussehen:Das rettende Eingreifen der Götter ist anders als bei Euripides, der seine "Iphigenie bei den Taurern", die über 1350 Jahre vorher entstand, für den autonom handelnden Menschen nicht mehr von tragender Bedeutung, weil jeder Mensch in sich verborgen die Göttlichkeit an sich in sich trägt; so hat der Mensch die Möglichkeit, sie in Grenzsituationen, wie Orest sich in einer befindet, wirken zu lassen.Interessant ist es nun zu verfolgen, wie der Autor seine Gedanken sprachlich darstellt.Wie das gesamte Drama, ist auch die Szene III., 2./3. im Blankvers, einem reimlosen,jambischen Vers, mit 5 Hebungen und unterschiedlich weiblich oder männlichen Endungen geschrieben. Weiterhin, wie es typisch für die Zeit der Weimarer Klassik ist, schliesst eine Versfassung die Alltagssprache aus, unterwirft die die Sprache der handelnden Figuren der Norm ihres sittlichen Anspruchs und bietet so insgesamt die Möglichkeit, mehr Harmonie im Stil zu schaffen und sich dem griechischen Vorbild anzunähern. Dieser hohe Stil dient der Darstellung der Ideen, soll die Affekte des Zuschauers bewegen und durch rhetorischen Glanz überzeugen.Die Szene III.,2, bestehend aus einem Monolog, wie schon erwähnt, erweckt durch viele Ausrufe - und Fragezeichen, extrem kurze Sätze, also hypotaktischem Satzbau, und abgehacktem Sprechen, gekennzeichnet durch Bindestriche, den Eindruck einer innerlichen Erregung der sprechenden Person ("Den Umgetriebnen Sohn der Erde laben! - (...) Welch ein geräusch aus jener Dämmerung säuseln? - Sie kommen schon, den neuen Gast zu sehen!" V 1264), was wiederum auf den Geisteszustand des Orest zurückzuführen ist.Ein weiteres sprachliches Mittel ist die Ellision, also Apostrophierung, wodurch Goethe das Auftreten zweier Senkungen eliminiert und die zugleich den hohen Stil der Sprache ein wenig auflockert und die Eile, mit der die aufgeregten Worte aus Orests Mund hervorsprudeln verdeutlicht: "Ja, sie sind's, die Ahnherrn meines Hauses!" V 1274).Auffällig ist auch in diesem Auftritt, dass Goethe häufig das Enjambement verwendet, das heisst ein Satz spannt sich über mehrere Zeilen, ungewöhnlich für eine Versdichtung, aber ein hervorragend geeignetes Mittel, um die Stimmung des Sprechers, nämlich hier Erregung, dem Leser zu verdeutlichen: "Weh mir! Es haben die Übermächt'gen der Heldenbrust grausame Qualen mit ehrnen Ketten fest aufgeschmiedet!" V 1307ff)Im nächsten Auftritt der III Szene entlädt sich die Aufregung des Orests, der ja zu anfangs meint, immer noch im Hades zu sein, weiter mit den vorher genannten Stilmitteln, wie Ellisionen, Ausrufen und Fragen: "Seid Ihr auch schon herabgekommen?(...); V 1310 ffAuch das Enjambement verwendet Goethe weiterhin, z.B beim Redefluss der Iphigenie, als sie zu Diane betet bedarf sie längerer Sätze, wie es für Gebete typisch ist und diese erstrecken sich dann über mehrere Zeilen (V 1317- 1320).

So sieht man, welch glänzende Mittel der deutsche Dichterfürst findet, um die Position, die er den handelnden Figuren des Dramas zugesteht, immer wieder auf das Eindringlichste zu unterstreichen.

Die Szene III, 2./3. Besitzt also für das Gesamtdrama eine Schlüsselfunktion als sie die Funktion der Peripetie innehat, zudem kann der Leser hier deutlich erkennen, was Goethe selbst für einen Glauben an den Menschen hatte, dass er ihn als Wesen sieht, in dem ein Teil der Göttlichkeit verborgen liegt und wie dieser verborgene Teil beim autonomen Menschen in Grenzsituationen zum Ausdruck kommen kann.

 
 



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