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wirtschaft artikel (Interpretation und charakterisierung)

Bestandsaufnahme der harmonisierungsbemühungen



A. Einführung Die Tabelle in Anhang A zeigt, daß die Mehrwertsteuersätze in der EU stark unterschiedlich sind. Dies resultiert aus der Tatsache, daß "... die nationalen Haushalte aus sehr unterschiedlichen Steuerquellen gespeist werden." Außerdem ist erkennbar, daß die Bundesrepublik Deutschland relativ niedrige Steuersätze hat. Geht man davon aus, daß die Preise vor Steuern überall in etwa gleich sind, dann würde es beim heutigen Steuergefälle eine Verlagerung der privaten Endnachfrage in die Bundesrepublik ergeben. Die Angleichung der unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze muß also ein Teilbereich der Neuregelung sein.
Die Umsatzsteuerneuregelung beinhaltet aber nicht nur, daß die Steuersätze angeglichen werden: Das Besteuerungssystem soll grundlegend reformiert werden. Ein Irrtum wäre es jedoch zu glauben, daß als Ergebnis ein für alle Mitgliedsstaaten einheitliches Steuersystem geschaffen werden soll: Differenzierungen bezüglich einzelner Regionen oder Länder können durchaus regionalpolitisch gewollt sein. Ziel der Harmonisierungsbemühungen ist, daß die finanzpolitischen Maßnahmen die Schaffung binnenmarktähnlicher Verhältnisse nicht behindern.
B. Die Harmonisierungsbemühungen in der EU
Zwei Expertengruppen kamen in den Jahren 1962 und 1963 zu dem Ergebnis, daß "... als EG-einheitliche Umsatzsteuer nur eine Mehrwertsteuer mit Vorsteuerabzug in Betrachtung komme" . Im August 1987 unterbreitete die EG-Kommission Vorschläge zur Steuerharmonisierung: Im Kern sollten alle innergemeinschaftlichen Warenbewegungen wie Umsätze im Inland behandelt werden; gesonderte Steuersätze auf Luxusgüter entfallen. Bei den Mehrwertsteuersätzen war eine Bandbreite von 14 bis 20 Prozent (4 bis 9 Prozent beim ermäßigten Satz) geplant. Innerhalb dieses Rahmens können die Staaten unterschiedliche Sätze festsetzen; ähnlich wird in den USA verfahren, wo in einzelnen Bundesstaaten ebenfalls unterschiedliche Umsatzsteuersätze herrschen. Die Kommission ging davon aus, daß Abweichungen von bis zu fünf oder sechs Prozentpunkten wettbewerbs¬politisch irrelevant seien.
Dieser Vorschlag stieß auf Widerstand. Im Mai 1989 hat die Kommission deshalb als neuen Vorschlag die Mindeststeuersatzregelung vorgelegt: Den Mitgliedsstaaten ist es freigestellt, höhere Steuersätze anzuwenden.
Auch dieser Vorschlag fand keine Mehrheit. Statt dessen einigte man sich Ende 1989 und Anfang 1990 auf eine Übergangsregelung, nach der Waren im grenzüberschreitenden Verkehr zwischen Unternehmern die Grenze umsatzsteuerlich unbelastet passiert und erst im Bestimmungsland belastet werden. Hinsichtlich der Mindeststeuersätze einigte man sich beim allgemeinen Steuersatz auf 15% und auf grundsätzlich zwei ermäßigte Steuersätze, die mindestens 5% betragen müssen. Für einzelne Wirtschaftsbereiche, etwa den KFZ- oder den Versandhandel, wurden Sonderregelungen eingeführt. Durch EDV-gestützten Informationsaustausch soll sichergestellt werden, daß innergemeinschaftliche Warenbewegungen umsatzsteuerlich erfaßt werden. Diese Regelung ist bis Ende 1996 befristet.
Die Reaktionen auf die Übergangsregelung waren geteilt. Die EU-Kommission hebt hervor, daß die Maßnahmen der Übergangsregelung "... ont été bien acceptés par les opérateurs et fonctionnent de manière généralement satisfaisante." Allerdings gibt sie zu, daß die Übergangsregelung für die Unternehmen durch die geänderten Vorschriften Probleme aufwirft: "Ces difficultés, conjuguées avec la multiplicité des dispositions applicables, se traduisent dans des mécanismes complexes d\'application du système commun de TVA, mettant ainsi en cause la simplicité même de ses principes de fonctionnement."
Eher negativ beurteilt die deutsche URSPRUNGSLANDKOMMISSION die Übergangsregelung: Sie bemängelt, daß der eingesparte Aufwand durch den Wegfall der Grenzformalitäten durch zusätzliche Meldepflichten überkompensiert werde; als Folge habe "... sich kein wirklicher Fortschritt bei der Umsatzsteuerharmonisierung [...] ergeben." Ein Mitglied des Europäischen Parlaments kritisiert, daß "... den Unternehmen in erheblichem Umfang statistische Daten zu EG-grenzüberschreitenden Umsätzen abverlangt [werden], so daß im Ergebnis von Erleichterungen [...] kaum noch gesprochen werden kann. [...] Wirtschafts- und Industrieverbände halten inzwischen Lieferungen in Drittstaaten zu recht für steuerlich einfacher abwickelbar als gleichartige Lieferungen in EG-Staaten."

 
 

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