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Bismarck und der kulturkampf-


1. Finanz
2. Reform

Einige unserer heutigen Gesetze, die für uns selbstverständlich sind, kommen schon aus der Anfangszeit des Deutschen Reichs.
Damals begann der Reichskanzler Otto von Bismarck schon 1871 - im Jahr der Reichsgründung - damit, den politischen Einfluss der katholischen Kirche systematisch einzuschränken.
Doch die Fragen der Beziehungen zwischen Staat und Kirche durchzogen schon das gesamte 19. Jahrhundert, schon seit der Säkularisation zu Beginn unter Napoleon. Dabei geriet der durch Papst Pius vertretene Ultramontanismus in immer stärkeren Konflikt mit dem bürgerlichen Fortschrittsoptimismus in der beginnenden Industrialisierung und der Liberalisierung seit der Revolution 1848 ("ultra montes" = jenseits der Berge/Alpen  Rom  streng päpstliche Gesinnung). Im "Syllabus errorum" (d. h. Verzeichnis der Irrtümer) von 1864 reagierte der Vatikan auf die liberale Bewegung und zählte die Hauptsünden des Jahrhunderts auf: Darunter wurden neben dem Liberalismus auch die Auffassung genannt, der Staat sei die Quelle allen Rechts. Außerdem wurde die Unterordnung der wissenschaftlichen Forschung unter die kirchliche Autorität verlangt. Schließlich wurde auf dem Ersten Vatikanischen Konzil 1870 dann die Unfehlbarkeit des Papstes verkündet und damit auch die Forderung, die Kirche dem ganzen Staat überzuordnen. Die erst 1870 gegründete Partei des Katholizismus, die konfessionelle Zentrumspartei, fühlte sich dadurch in ihrer Opposition zur Politik Bismarcks - der ihrer Meinung nach das protestantische Preußen bevorzugte - gestärkt. Deshalb sah Bismarck im Zentrum eine Gefahr für sein Lebenswerk - die gerade erst blutig erstrittene Einheit des noch jungen Reiches.
Aus diesem Grunde und weil er keine "Priesterherrschaft" dulden wollte, setzte der übrigens protestantische Reichskanzler im Reichstag verschiedene Gesetze durch, die teilweise noch heute Gültigkeit besitzen und eine langjährige Auseinandersetzung zwischen Kirche und Staat verursachten. Der uns heute geläufige Begriff "Kulturkampf" wurde dabei hauptsächlich von den Liberalen auf Bismarcks Seite geprägt. Bedeutendster Sprecher der Zentrumspartei und damit Bismarcks stärkster Gegenspieler war dabei der ehemalige Justizminister von Hannover und nunmehrige Reichstagsabgeordnete Ludwig Windthorst.
Den Anfang machte Bismarck schon Ende 1871 mit dem sog. Kanzelparagraphen. Dieser verbot den Geistlichen, ihr Amt zu politischen Zwecken zu missbrauchen, also von der Kanzel herunter politischen Richtlinien auszusprechen. Andernfalls drohte ihnen Gefängnis bis zu 2 Jahren.
Hierauf beantragte der Reichskanzler das Schulaufsichtsgesetz. Es legte die Aufsicht über alle öffentlichen und privaten Schulen in die Hand des Staates. Der Anlass dazu war, dass in den preußischen Gebieten mit überwiegend polnischer Bevölkerung die Geistlichen den Schulunterricht in polnisch hielten und so nicht dafür sorgten, dass die Kinder deutsch lernten. Da dies natürlich in keiner Weise den Interessen Bismarcks entsprach, versuchte er mit diesem Gesetz den Spielraum der geistlichen Lehrer und Direktoren zu einzuschränken. Das Hauptargument der Gegner bestand natürlich darin, dass der Staat heidnisch und gottlos werden oder selbst eine gottähnliche Stellung beanspruchen würde. Schließlich konnte das Gesetz im März 1872 aber doch in Kraft treten, nicht zuletzt weil Bismarck einen Teil der Abgeordneten erpresst hatte.
Auch auf einem anderen Gebiet musste die Kirche ihre hoheitliche Stellung aufgeben, denn zwei Jahre später führte Preußen die "obligatorische Zivilehe" ein. Das Gesetz legte fest, dass in Zukunft jede Eheschließung, sowie Geburten und Todesfälle von staatlichen Standesbeamten beurkundet werden müssen. Eine zusätzliche kirchliche Trauung war natürlich weiterhin möglich, jedoch rechtlich nicht mehr notwendig. Trotz Bedenken von Seiten des Kaisers Wilhelm I. wurde dieses Gesetz ein Jahr später sogar in ganz Deutschland eingeführt.
Dies sind die wichtigsten und bekanntesten Gesetze des Kulturkampfes, denn sie bestehen bis heute. Außerdem erkämpfte Bismarck noch eine Reihe sog. Kampfgesetze, die nicht lange bestehen blieben und vor allem seinen Gegensatz zur Zentrumspartei zum Ausdruck bringen sollten. So z. B. das Jesuitengesetz, das den Jesuitenorden verbot; die sog. Maigesetze, die u. a. eine wissenschaftliche Ausbildung für Geistliche vorschreiben; das Brotkorbgesetz, das die staatlichen Zuschüsse an die Kirche sperrte und das Klostergesetz, das alle katholischen Klostergemeinschaften verbot, die nicht der Krankenpflege dienten. Alle diese Maßnahmen dienten im Allgemeinen dazu, die Sonderstellung der kirchlichen Institutionen im Staat zu beseitigen und unter staatliche Ordnung zu stellen.
Das nahm die Kirche natürlich nicht tatenlos hin, sondern rief sogleich zum Widerstand auf. Die Katholiken schlossen sich zu Vereinen zusammen und gaben Zeitungen heraus. Zahlreiche Geistliche, auch Bischöfe, verloren im Lauf dieser Auseinandersetzung ihre Ämter und wurden zu Geld- und Gefängnisstrafen verurteilt. Papst Pius IX. erklärte Bismarcks Kampfgesetze schlichtweg für ungültig und drohte Sympathisanten mit Exkommunikation, also Kirchenbann. Aber nicht nur die Katholiken waren empört, auch viele Protestanten sahen die Prinzipien eines liberalen Staates und somit auch die Grundrechte verletzt. Dies wurde vor allem bei den Reichstagswahlen 1874 offensichtlich, als die Zentrumspartei die Anzahl ihrer Sitze im Reichstag deutlich erhöhen konnte. Im selben Jahr wurde auf Bismarck sogar ein Pistolenattentat verübt, das deutlich macht, wie sehr das politische Klima durch den Kulturkampf vergiftet war. Da er auch nicht auf die Unterstützung der katholischen Nachbarländer Italien, Österreich und Belgien bauen konnte, sah sich der Reichskanzler gezwungen, einzulenken und musste sich schließlich eingestehen, dass er durch seine Kampfgesetze den Katholizismus gestärkt hatte, anstatt ihn zu schwächen.
Nach dem Tod seines Hauptgegners Papst Pius IX. 1878 versöhnte er sich nach und nach mit dem Vatikan und hob die meisten Kampfgesetze wieder auf. Jedoch nicht ohne Hintergedanken: Denn er benötigte jetzt die Unterstützung der Kirche und des Zentrums im Reichstag gegen die Sozialistische Arbeiterpartei. So taucht im Zusammenhang mit Bismarcks Innenpolitik auch das Schlagwort "Schaukelstuhlpolitik" auf: Mal so, mal so.

Trotz des demzufolge eigentlich mäßigen Erfolgs seines Kulturkampfes verdanken wir Bismarck also einige unserer wichtigsten staatlichen Institutionen.

 
 

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