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philosophie artikel (Interpretation und charakterisierung)

Wahrnehmung

Freud

Rousseau

Jean jacques rousseau - anwalt der kinder



2.1. Lebenslauf - Biografie (nach KNOOP/SCHWAB 1981, 43ff.)
Jean Jacques Rousseau wurde am 28. Juni 1712 in Genf (Schweiz) geboren. Bereits der Tag seiner Geburt war für Rousseau in doppelter Hinsicht bedeutsam: er eröffnete sein Leben und beendigte das seiner Mutter.
Sein Leben verlief zeitlich parallel zu den der anderen führenden Philosophen, obwohl sich Rousseau zeitweise zB. von Voltaire abwendet, werden beide, zusammen mit Locke, Montesquieu und Kant, als führende Denker der Aufklärung bezeichnet.
Höhepunkt seines Lebens ist das Jahr 1762, der nunmehr Fünfzigjährige bringt den \'Contrat Social\', seine gesellschaftspolitische Grundlagenschrift, als auch \'Emilie, ou de l\'éducation\', sein pädagogisches Hauptwerk, heraus. Wegen drohender Verhaftung flieht Rousseau zunächst in die Schweiz, dann nach Preußen und England, kehrt aber später wieder nach Frankreich zurück.
Kurz vor der Legitimation seiner Heirat 1768 mit Thérèse Levasseur verbannte er die gemeinsamen Kinder in ein Waisenhaus. Was damals zwar nichts ungewöhnliches war, an ihm aber heute (zurecht?) kritisiert wird.
Rousseau war trotz seines beachtlichen Erfolgs des \'Emilie\' weniger Pädagoge, sondern mehr Sozialrevolutionär. Rousseau fehlinterpretierend wird auch häufig angenommen, er habe die einprägsame Formel \'Zurück zur Natur\' wörtlich erschaffen, wenngleich sie durchaus von ihm stammen könnte.
Im Gegensatz zur im 16. bis 18. Jahrhundert vorherrschenden Tendenz entscheidet sich Rousseau für eine Orientierung am Kind und einer Berücksichtigung der Lernbedürfnisse der jeweiligen Entwicklungsstufe.
Für die Pädagogik von heute sind folgende Formulierungen und Fragestellungen ebenso bedeutsam wie für Rousseau damals: \'Führen oder wachsen lassen?\' -- Erziehen in Selbst- oder Fremdbestimmung?\' -- \'Kind- oder Stofforientierung im Unterricht?\'
Für die gegenwärtige Pädagogik bleibt bedeutsam, dass Rousseau die Lehrer und Erzieher auffordert, sich an den Lernbedürfnissen der Schüler zu orientieren. Auf-fallend ist diese Umsetzung in der neuen Theorie der Gestaltpädagogik: \"Bildungspolitiker und vor allem Bildungstheoretiker setzen sich vehement dafür ein, in die Schulen und in die Erziehung insgesamt wieder Herz und Verstand, Freude und Werte, Gefühle und Anstrengung zu bringen. Gestaltpädagogik (...) könnte Wege der Verwirklichung dieser Forderung aufzeigen. Gestaltpädagogik zielt auf Selbstverantwortung und kritisiert die bekannten Mängel der öffentlichen Schule. Vorteil der Gestaltpädagogik: die Bedürfnisse der Schüler und Lehrer sind genauso berücksichtigt.\" (KELLER/NOVAK 19938, 167)
Jean Jacques Rousseau starb am 2. Juli 1778 in Ermenonville in der Nähe von Paris, elf Jahre vor dem folgenreichsten Ereignis der neueren Geschichte, der Sturm auf die Bastille und dem damit verbundenen Beginn der französischen Revolution. Seine Gedanken sind aktuell wie eh und je. Auch die Kinder im 21. Jahrhundert brauchen \'Entdecker\' und darüber hinaus vor allem \'Anwälte\'.

2.2. Emilie, ou de l\'éducation - Ein Gedankenexperiment
\"Rousseau gilt als Vertreter des pädagogischen Naturalismus. Seine pädagogischen Vorstellungen gründen alle in der Auffassung: \'Alles ist gut wie es aus den Händen des Schöpfers der Dinge hervorgeht. Alles entartet unter den Händen des Menschen.\' Im \'Emilie\', einer Art utopischem Erziehungsroman, werden verschiedene Grund-gedanken pädagogischer Art angesprochen.\" (KELLER/NOVAK, 19938, 305). Der Erziehungsroman ist neben dem \'Contrat Social\' Rousseaus Hauptwerk, erschienen 1762. Er will in seinem Roman einen Mustererzieher und einen Musterzögling vorführen. Seine Intention dieses Werk zu schreiben, war weniger seine pädagogische Absicht, sondern vielmehr der Grund einer Sozialrevolution: Er wollte einen besseren Menschen erziehen als er ihn in der realen Welt (des absolutistischen Frankreich) vorfand.
Sein Werk, die Emilie, ist gegliedert in 5 Büchern, die gleichzeitig die verschiedenen Entwicklungsstufen eines Mannes darstellt. Somit ist Rousseau auch ein Visionär für die Entwicklungspsychologie im 20. Jahrhundert.


Emilie, oder über die Erziehung:
(nach REBLE 19647, 144 ff.)

EMILE - 1. BUCH:
Mit großer Ausführlichkeit behandelt Rousseau im ersten Buch die Kleinkindpflege. Für ihn ist es dabei von besonderer Wichtigkeit, dass man den Sinnen Nahrung gibt und das Kind seine Kräfte ungestört gebrauchen lässt. Man soll das Kind vor Eigensinn, Bosheit und Zorn bewahren. Die \'wahren Eltern\' sind immer für ihr Kind da und geben ihm/ihr sehr viel Freiraum zum Entdecken!


EMILIE - 2. BUCH:
Das zweite Buch behandelt die Zeit vom Sprechenlernen bis zum 12. Lebensjahr. Wichtigste Aufgabe des Erziehenden ist es, das Kind nicht zu verfrühen, Erziehung soll wahrhaft kindgemäß geschehen! Aller planmäßige Unterricht, alle Literatur, Wissenschaft und Kunst werden für diese Zeit radikal abgewiesen.

EMILE - 3. BUCH:
Erst im dritten Buch und der darin dargestellten Stufe, also zwischen dem 12 und 15. Jahre, setzt das eigentlich Lernen ein. Jetzt soll sich das Denken entfalten. (Anm.: Denken als Leitbegriff der Aufklärung!) Auch seine Freude am Lernen wird jetzt gefördert. Die Kenntnisse und Fertigkeiten erarbeitet er sich selbst. (Anm.: Montessori-Prinzip?) In grenzenlosem Vertrauen zur Selbstentfaltung des Lebens wacht sein Erzieher gewissenhaft darüber, dass Emil alles selbst erfindet, entdeckt und konstruiert, selbst wenn viel Zeit dazu nötig ist und sein Zögling manchen Umweg geht, denn Emil kommt zu all seinen Fragen nur durch praktische Bedürfnisse. Die Orientierung in der engeren Heimat verhilft ihm ebenso zu erdkundlicher wie zu mathematischer und zeichnerischer Betätigung. (Anm.: Rebecca-Wild-Prinzip) Auch auf das Erlernen eines praktischen Handwerks wird genau geachtet.


EMILE - 4. BUCH:
Erst im vierten Buch, das die Zeit vom 15. Jahr bis zur Heirat schildert, wird Emil ein fühlendes und liebendes Wesen. Die 4. Phase der Entwicklung (Pubertät) und der Erziehung sieht Rousseau als eine zweite Geburt. Sein Grundsatz ist auch hier, möglichst ungestört die Natur selbst walten zu lassen.
Weil im Zusammenhang mit der Geschlechtsreifung Gefühl, Mitgefühl und Liebe erwachen, muss der Erzieher in dieser Zeit Emil für seine Mitmenschen aufschließen. (Anm.: Soziologieunterricht!) Emil soll in jedem Mitmenschen wirklich den Menschen sehen und sich selbst in erster Linie als Mensch fühlen (Anm.: Gedanke der Humanität). In dieser Reifezeit lernt er die große Welt, das Großstadtleben, Theater und die Musik kennen und wird besonders in die Literatur eingeführt.


EMILE - 5. BUCH:
Im fünften Buch äußert sich Rousseau über Mädchenerziehung; denn die Aufgabe von Emils Erzieher erstreckt sich bis in die Gattenwahl und die Ehe hinein.
Die Frau scheint nur dazu bestimmt, dem Manne zu gefallen, und im übrigen \'zum Gehorsam geboren\'. Fügsamkeit des Geistes, Sanftmut und Armut sind also ihre Haupttugenden! Nähen und sticken ist für sie wichtiger als das Lesen- und Schreibenlernen. Sie hat später als Hausfrau zurückgezogen zu leben. (Anm.: Die Frage, die sich hier stellt, ist die: Beschreibt hier Rousseau nur das bürgerliche Ideal der Frau im 18. Jahrhundert, oder hat das 5. Buch quasi eine Vorbildwirkung für die Unterdrückung der Frau auch im 19. Jahrhundert?)

2.4. Grafik der Entwicklungsstufen und der Erzieherischen Aufgaben in Emilie
(nach DIETRICH 19752, 36)







 
 

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