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geschichte artikel (Interpretation und charakterisierung)

Rechtliche situation:





Grundsätzlich ist festzuhalten, daß Euthanasie im Sinne von aktiver Sterbehilfe in allen Ländern verboten ist. Die rechtliche Beurteilung der Beihilfe zur Selbstmord ist jedoch unterschiedlich:

Österreich:

§77: Wer einen anderen auf dessen ernstliches und eindringliches Verlangen tötet, ist mit Freiheitsstrafen von 6 Monaten bis zu 5 Jahren zu bestrafen.
§78: Wer einen anderen dazu verleitet, sich selbst zu töten, oder ihm dazu Hilfe leistet, ist mit Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 5 Jahren zu bestrafen.
In Österreich steht also sowohl aktive, als auch jegliche Form der Beihilfe zum Selbstmord unter Strafe und zwar ohne jede Einschränkung.

Deutschland:

§216: Tötung auf Verlangen: Abs.1: Ist jemand durch das ausdrückliche und ernstliche Verlangen des Getöteten zur Tötung bestimmt worden, so ist auf Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 5 Jahren zu erkennen.

Abs.2: Der Versuch ist strafbar.
Nicht strafbar jedoch ist in Deutschland die Beihilfe zum Selbstmord, sie gilt als "tatbestandslose Handlung". Besorgt also A für B ein Gift und nimmt B das Gift, bleibt A straffrei. Ist allerdings A bei der Gifteinnahme anwesend, droht ihm eine Bestrafung wegen unterlassener Hilfeleistung.

Australien:

1996 verabschiedete der australische Staat das weltweit erste Gesetz, das aktive Sterbehilfe und ärztlich Suizidbeihilfe für das Nordterritorium erlaubte, wenn:
. der Patient 18 Jahre alt ist, psychisch gesund ist und unzumutbar leiden muß.
. der Arzt sicher ist, daß der Patient die Entscheidung freiwillig, ohne äußeren Druck gefällt hat. Angehörige werden in die Entscheidungssituation nicht eingebunden. Er muß den Patienten umfassend über Krankheit, Prognosen und weitere Therapieformen informiert haben. Ein zweiter und dritter Arzt muss die Prognose bestätigen und sicherstellen, daß der Patient nicht an einer klinischen Depression leidet.
. der Prozeß der Entscheidungsempfindung in folgenden Schritten vor sich geht: Bitte des Patienten um Sterbehilfe, nach sieben Tagen Unterschrift unter ein Formular mit allen nötigen Details, nach weiteren 48 Stunden kann die Euthanasie vorgenommen werde.




Niederlande:

Voraussetzung für ärztliche Tötung sind strikte Freiwilligkeit, dauerhaftes Todesverlangen und unerträglicher Leidenszustand des Patienten. Ende der 80er Jahre wurden Stimmen laut, dieses Provisorium in ein Gesetz zu verwandeln. Mit Juni 1994 trat ein geändertes Bestattungsgesetz in Kraft, nach dem Euthanasie als reguläre Todesursache anzugeben ist. Euthanasie bleibt also im Prinzip strafbar, bei Beachtung der Richtlinien kann der Arzt jedoch davon ausgehen, nicht bestraft zu werden.

Wie kann man eine Eingrenzung vornehmen?
Laut dem 1991 veröffentlichten Remmelink - Report wurden 1990 2300 Menschen durch aktive Euthanasie getötet, dazu kamen 400 Fälle von Beihilfe zu Suizid und ca. 5800 Fälle, bei denen eine hohe Dosis von Schmerzmitteln mit dem Ziel der Beschleunigung des Todes gegeben wurde. In 1000 Fällen gaben die Ärzte Tötung des Patienten ohne Einwilligung des Patienten zu, wobei die Dunkelziffer wesentlich höher liegt.
Hauptmotive für den Wunsch nach Euthanasie waren:

. sinnloses Leiden
. Angst beziehungsweise Vermeidung vor Entwürdigung

. Unerträgliches Leiden
. Angst vor Ersticken

. Lebensüberdruss
. Nicht länger eine Belastung für Familie/Umgebung sein wollen
Sterbende sind besonders sensibel. Sie spüren, daß sie für ihre Umgebung eine Belastung sind, daß ihr Leiden sinnlos ist, daß ihr Leben, in den Augen ihrer Umgebung, nicht mehr lebenswert ist und sie mit ihren Schmerzen und ihrer Eingeschränktheit eine Zumutung darstellen.
In einer Stimmung, die Euthanasie straffrei lässt, kann es hier leicht zu einer Entscheidung den anderen zuliebe kommen. Denn die freie, selbstbestimmte Entscheidung über Leben oder Sterben wird in dem Moment unmöglich, wo der Patient auf einen anderen angewiesen ist.
Gilt die Tötung auf Verlangen als gesellschaftliche Normalität, so wird vielen von ihnen dieses Verlangen bald als soziale Pflicht erscheinen. Wohin diese Entwicklung in den Niederlanden führt, zeigt die jüngst aufgeflammte Diskussion in Den Haag, ob man todkranken Kindern ( eventuell ab dem Alter von 12 Jahren) das Recht auf Euthanasie einräumen soll ohne Berücksichtigung des elterlichen Willens.

Was steht hinter der Euthanasie - Diskussion?

Befürworter der aktiven Euthanasie berufen sich heute auf den australischen Ethiker Peter Singer und den deutschen Philosophen und Ethiker Horester. Beide Autoren lehnen den Begriff der Menschenwürde, die jedem Menschen in jeder Phase seiner Existenz zukommt, als zu christliches Menschenbild ab. In einer pluralistischen Gesellschaft hätten andere Werte Geltung. Singer wie Horestes konstruieren ein Menschenbild, das den Menschen nur dann als Person anerkennt, wenn er bestimmte Qualitätsmerkmale erfüllt. Singer koppelt das Recht auf Leben an den Pesonenbegriff, der nur einem "rationalen und selbstbewußten Wesen" zukommt.

Deshalb kann Euthanasie an Menschen, die nicht Personen sind (Säuglinge, geistig Schwerstbehinderte...), vollzogen werden. Er unterscheidet unter freiwilliger und nicht-freiwilliger Euthanasie: Die Entscheidung zur nicht-freiwilligen Euthanasie wird immer von den Eltern und Angehörigen gefällt; der Arzt tritt als Beratender und Ausführender dazu. Ziel der nicht-freiwilligen Euthanasie ist es, "die Gesamtsumme des Glückes" so groß wie möglich zu gestalten:
"Sofern der Tod eines behinderten Säuglings zur Geburt eines anderen Säuglings mit besseren Aussichten auf ein glückliches Leben führt, dann ist die Gesamtsumme des Glücks größer, wenn der behinderte Säugling getötet wird. Der Verlust eines glücklichen Lebens für den ersten Säugling wird durch den Gewinn eines glücklicheren Lebens für den zweiten aufgewogen. Wenn daher die Tötung des hämophilen Säuglings keine nachteilige Wirkung auf andere hat, dann wäre es nach der Totalansicht richtig, ihn zu töten."
Bei der freiwilligen Euthanasie setzt Singer immer Personen voraus, die unheilbar krank an stark quälenden Schmerzen leiden. Diese Vision versetzt die Menschen in Furcht vor einem Leben, das im Sinne Singers nicht mehr lebenswert ist. Ihnen soll durch die freiwillige Euthanasie die Möglichkeit geboten werden, ihrem gequälten Leben ein legitimes Ende zu setzen.

Eine makabre Diskussion über das Lebensrecht eines Säuglings findet man bei Hoerster "Neugeborene und das Recht auf Leben" (1995). Im 2. Kapitel, das mit dem Titel "Kritik an der Position Peter Singers" überschrieben ist, diskutiert Hoerster die Frage, ab wann dem Säugling ein Lebensrecht zugesprochen werden muß. Während Singer dieses erst mit drei Monaten ansetzt und als "Sicherheitsspielraum" auf einen Monat nach der Geburt zurückgeht, kommt Hoerster nach langer Diskussion zu dem Ergebnis:
"Das Recht auf Leben erhält jedes geborene menschliche Individuum mit einem Gesamtalter von mindestens 28 Wochen. Unter dem "Gesamtalter" eines menschlichen Individuums verstehe ich dabei sein Lebensalter als Individuum, gerechnet vom Zeitpunkt der Empfängnis."

Der Wunsch nach Euthanasie ist in einer Zeit, in der Palliativmedizin immer größere Erfolge in der Bekämpfung unendlich starker Schmerzen aufweisen kann, immer auch der Ausdruck eines Gesellschaftsbildes, das keinen Platz mehr für Individuen hat, die nichts unmittelbar Produktives für die Gesellschaft bieten, und das läßt man kranke, alte und behinderte Menschen spüren.

 
 



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