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geschichte artikel (Interpretation und charakterisierung)

Japans entwicklung zur imperialistischen industrienation





In der Meiji-Ära (1869 bis 1912) vollzieht sich die Wandlung Japans vom fremdenfeindlichen agrarischen Feudal- zum modernen weltoffenen Industriestaat. Die Abschaffung des 4-Klassen-Systems und die Einführung der allgemeinen Schulpflicht und der Wehrpflicht bilden zusammen mit weitsichtig geplanten Modernisierungsmaßnahmen im Bereich der Wirtschaft und einer umfassenden Strukturänderung des politischen Systems, die in der Meiji-Veffassung von 1889 gipfelt, die Grundlage für den erfolgreichen Weg des Kaiserreiches ins 20. Jahrhundert.
Die von den Reformpolitikern betriebene Entmachtung der Daimyo und die Umwandlung der Daimyate in Präfekturen ist im August 1871 abgeschlossen. Damit kann die neue politische Elite, gestützt auf Hunderte ausländischer Berater und auslandserfahrene japanische Experten, frei agieren. Der durch die Entmachtung der Daimyo und die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht seiner Existenzgrundlage beraubte Samurai-Stand bildet ein deklassiertes Oppositions-Potential. Ein Samurai-Aufstand 1877 wird blutig niedergeworfen. Eine Münz- und Finanzreform mit Einführung des Dezimal- und Zentralbanksystems, eine Reform der Grundsteuer und des Handels-, Zivil- und Strafrechts sichern zusammen mit der Einführung eines modernen Polizei-, Presse-, Post-, Eisenbahn- und Gesundheitswesens die Umwandlung der traditionellen Feudal- in eine leistungsorientierte, Industriegesellschaft ab.
Die von einer Volksrechtsbewegung und dem Ausland energisch geforderte und in Teilen schon vor der Proklamation am 11. Februar 1889 in Kraft gesetzte Verfassung erhebt Japan zu einer konstitutionellen Monarchie. Der ,,göttliche Kaiser" (Tenno) - Symbol der nationalen Eigenständigkeit und ungebrochenen historischen Kontinuität - hat allein die Exekutive inne, ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte, bestimmt über Krieg und Frieden und schließt mit fremden Mächten Verträge ab. Er wird beraten von dem ihm allein verantwortlichen Kabinett, bestehend aus einem Ministerpräsidenten und 11 Ministern, und dem Geheimen Staatsrat. Am 25. November 1890 tritt das von ca. 450000 Personen gewählte Unterhaus erstmals zusammen. Dieses erste moderne parlamentarische Gremium Japans hat keine Gesetzesinitiative und wird von drei parteiähnlichen Fraktionen geprägt, welche die internen Spannungen und Interessengegensätze zwischen der Zivilbürokratie, Militärbürokratie, Bankiers und Unternehmer auszugleichen suchen.
Entscheidend für den raschen und erfolgreichen Aufbau einer leistungsfähigen japanischen Industrie sind vor allem zwei Faktoren. Erstens: Die technologische Rückständigkeit wird zum Vorteil Japans, weil es im Ausland die jeweils neuesten Produktionsmethoden studieren und die am besten entwickelten Maschinen einkaufen kann. Zweitens: Durch die Entmachtung des Shoguns und der Daimyo sind deren Bergwerke, Erzgießereien, Werften und Fabriken in die Verfügungsgewalt der neuen Zentralregierung gekommen. Der Staat kann nun mit gezieltem Kapitaleinsatz und einer merkantilistischen Wirtschaftsplanung die Produktion erweitern und erneuern. Zwar behält der Staat in einigen Bereichen (Eisenbahnen, Telegraphie, Rüstung) seine Monopolstellung, doch spielen bald Familienkonzerne großkapitalistischer Unternehmer eine dominierende Rolle.
1902 arbeitet bereits ein Drittel der Japaner im tertiären Sektor. Die Agrarwirtschaft produziert Überschüsse an Reis und Rohseide, aus deren Erlös der Ausbau des Gewerbes und die Modernisierung der Agrarproduktion finanziert werden. Die Textilindustrie, bald auf indische und amerikanische Importe von Rohbaumwolle angewiesen, wird zum führenden Industriezweig. Daneben weisen noch der vom Staat unterstützte, kapitalintensive Maschinenbau und die Elektroindustrie besondere Wachstumsraten auf.
Bei dem spürbaren Mangel an vielen für eine moderne Industrie nötigen Rohstoffen z.B. Eisen, Kohle, Erdöl, Baumwolle, Nickel und Bauxit muß es - bis zur Gegenwart - ein Hauptziel der japanischen Wirtschafts- und Außenpolitik sein, sich ausländische Rohstoffquellen zu sichern. Hierin liegt ein wichtiger Grund für die imperialistische Expansionspolitik Japans.
In kürzester Zeit modern bewaffnet und ausgebildet, sind Japans Marine und Infanterie ein wirksames Druckmittel gegenüber den ostasiatischen Nachbarn. Zuerst wird Korea zur Öffnung für den japanischen Handel gezwungen (1876), dann behält Japan im Krieg gegen China 1894/95 mit der Eroberung u.a. von Dairen, Wei-hai-wei, Shantung und Seoul die Oberhand. Im Frieden von Shimonoseki (17. 4. 1895) bekommt Japan das seit 1874 beanspruchte Formosa (Taiwan) sowie die Pescadores-Inseln. China muß ferner die Unabhängigkeit Koreas anerkennen und eine hohe Kriegsentschädigung zahlen. Die besetzte Halbinsel Liaotung muß Japan zunächst aufgrund russischer, französischer und deutscher Intervention wieder herausgeben. Aber nach dem wachsenden Interessengegensatz hinsichtlich des mandschurisch-koreanischen Raumes zwischen Rußland und Japan bringt der Sieg Japans im Krieg gegen Rußland 1904/05, als die russische Pazifikflotte in Port Arthur und die Ostseeflotte bei Tsushima vernichtet werden, die ,,Schutzherrschaft" über ganz Korea, dazu den Besitz von Süd-Sachalin. Als Großmacht nun in der Weltpolitik anerkannt, schließt Japan mit Frankreich und Rußland 1907 Freundschaftsverträge. 1910 wird Korea als japanisches Generalgouvernement dem Wirtschaftsimperium Japan einverleibt. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs ermutigt Japan dann, die deutschen Besitzungen in China und im Pazifik zu besetzen, ferner 1915 nach einem unerfüllbaren Ultimatum von ,,21 Forderungen" an China die Halbinsel Shantung und 1917 Nord-Sachalin sowie 1918/20 Nordostsibirien.
Japan kann sich jedoch nach dem Ende des Ersten Weltkriegs seiner neuen Erwerbungen nicht lange erfreuen: Auf der Konferenz von Washington (12.11.1921 bis 6.2.1922) sieht es sich mit dem massiven Wunsch der westlichen Demokratien nach einer dauerhaften internationalen Friedenssicherung auch im asiatischen Raum konfrontiert. Überlegungen, sich einer weltweiten Politik der Zusammenarbeit und der Abrüstung nicht ohne Gefahr der Isolation und des Handelsboykotts entziehen zu können, sowie Rücksicht auf die zunehmende Kritik im eigenen Land an der Expansionspolitik veranlassen die neue japanische Parteienregierung, den verschiedenen Abkommen der Washingtoner Konferenz schließlich zuzustimmen. Rückgabe Shantungs und Kiautschous an China sowie Zustimmung zu einer Politik der offenen Tür in China und Rückzug aus Sibirien sind der Preis Japans für eine Viermächtegarantie seines pazifischen Besitzstandes (z.T. als Völkerbundsmandat). Immerhin ist nun Korea fest in japanischer Hand.

 
 



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