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geschichte artikel (Interpretation und charakterisierung)

Geschichtliche entwicklung kanadas



Kanada ist eine relativ junge Nation, deren Geschichtsschreibung weniger als 500 Jahre umfasst. Es ist die Geschichte eines klassischen Einwanderungslandes, welches nachhaltig durch die Konflikte unterschiedlicher ethnischer Gruppen geprägt wurde.

Erschliessung durch Europäer

Auf der Suche nach einem besseren Weg zu den reichen Handelsmärkten des Fernen Ostens durchkreuzten die französischen und englischen Entdecker den nordamerikanischen Kontinent auf seinen Wasserstrassen. Der Venezianer Giovanni Caboto landete 1497 an der Küste der Halbinsel Labrador. Inspiriert von Cabotos Reise drang der Franzose Jaques Cartier 1534 ins Landesinnere vor und nahm das Gebiet um den Sankt-Lorenz-Strom für Frankreich in Besitz, welches in der Folgezeit seinen Einfluss ausdehnte, indem es 1608 die Stadt Quebec gründete. Obwohl es den Forschungsreisenden nie gelang, den Weg nach China und Indien zu entdecken, fanden sie dennoch etwas Wertvolles - nämlich reiche Fischgründe und Pelztiere in grosser Menge.

Rivalität zwischen England und Frankreich

Im frühen 17. Jahrhundert entstanden die ersten französischen und englischen Siedlungen, und auch der Handel nahm stetig zu. Aber dennoch blieben die neugegründeten Kolonien Neufrankreich und Neuengland bis auf weiteres wirtschaftlich vom Pelzhandel und politisch vom jeweiligen Mutterland abhängig.
Es war unvermeidlich, dass sich Nordamerika zu einem Brennpunkt der Rivalität zwischen England und Frankreich entwickelte. Die wachsende Einwanderung englischer Kolonisten verstärkte den Druck auf die zwar dünn besiedelten, aber dennoch gut gesicherten französischen Kolonialgebiete. Die Spannungen eskalierten im Siebenjährigen Krieg (1756-1763), der in Europa seinen Ausgang nahm, aber auch nach Nordamerika hineingetragen wurde. Frankreich musste schliesslich im Frieden von Paris 1763 all seine Gebiete (ausser St. Pierre und Miquelon) an das siegreiche England abtreten.


Unter britischer Herrschaft

Die 65\'000 französischsprachigen Kanadier, welche nun unter britischer Herrschaft standen, hatten ein einziges Ziel im Auge: sie wollten ihre Traditionen sowie die eigene Sprache und Kultur bewahren. Da sich das vorher französische Quebec in Bezug auf Sprache und Rechtsprechung deutlich von den anderen britischen Errungenschaften unterschied, wurde 1774 der Quebec Act erlassen, der den katholischen Frankokanadiern besondere Rechte zusicherte: die Gewährung der Religionsfreiheit, die Übernahme französischer Rechtsgrundsätze und die Beibehaltung der Verfassung sicherten die innere Stabilität in Quebec.
Nach dem Ende des Nordamerikanischen Unabhängigkeitskrieges (1775-1783) wanderten viele Amerikaner, die auf britischer Seite gekämpft hatten, nach Kanada ein. Dadurch entstanden zwei unterschiedliche Siedlungszentren, und 1791 wurde Quebec in das vorwiegend französische Unterkanada und das weitgehend englische Oberkanada eingeteilt. In den Jahren 1837 und 1838 kam es in Ober- und Unterkanada zu kurzlebigen Aufständen. Das veranlasste Grossbritannien dazu, die beiden Kolonien als Ost- und Westkanada wiederzuvereinigen. 1848 erhielt die neue Kolonie ihre eigene Regierung, die in allen Angelegenheiten (mit Ausnahme der Aussenpolitik) selbständig war. Auf diese Weise erlangte Kanada ein weiteres Mass an Autonomie.

Innere Autonomie und Expansion - Ausdehnung nach Westen

Nun wurde der Wunsch nach einer Vereinigung aller britischen Kolonien in Kanada stärker, denn man war sich der Meinung, dass nur so eine zukünftige Übernahme durch die Vereinigten Staaten verhindert werden könne. Am 1. Juli 1867 wurde der British North America Act, ein Gesetz verabschiedet, das Kanada als Bundesstaat mit voller innerer Autonomie erklärte (Dominion of Canada). Er setzte sich aus den Provinzen Ontarion und Quebec (ehem. Ober- und Unterkanada) sowie Nova Scotia und New Brunswick zusammen. Bald danach schlossen sich auch Manitoba, British Columbia und Prince Edward Islands an. Die Hauptstadt des Staates wurde Ottawa.
Die Ausdehnung nach Westen vollzog sich aber nicht ohne Schwierigkeiten. Es kam zu einem Aufstand der Métis (Abkömmlinge indianischer Frauen und französischer oder englischer Pelzjäger), die ihre Landrechte gegen die weissen Siedler verteidigen wollten. Als Kompromiss wurde eine neue Provinz - Manitoba (s.o.) - geschaffen. Doch die Besiedlung der Weissen dehnte sich nach dem erneuten Niederschlag eines Métisischen Aufstands noch weiter nach Westen aus.


Kanada zur Zeit der Weltkriege

Unter Premierminister Robert L. Borden beteiligte sich Kanada auf seiten der Alliierten aktiv am 1. Weltkrieg. Diese erfolgreiche Kriegsteilnahme verschaffte dem Land internationales Ansehen und steigerte auch dessen Streben nach vollständiger nationaler Unabhängigkeit. Kanada erholte sich sehr rasch von den durch den Krieg verursachten wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die von hohen Inflationsraten und Produktionsrückgängen gekennzeichnet waren. Nach dem Sieg der Liberalen Partei bei den Parlamentswahlen von 1921 wurde William L. Mackenzie King Premierminister. Dieser verstärkte die Politik der Souveränität Kanadas. Das Land erhielt 1931 endgültig die völlige staatliche Unabhängigkeit, indem die Unterordnung des kanadischen Parlaments unter britische Institutionen beseitigt wurde.
Die Weltwirtschaftskrise brachte das stark ausfuhrabhängige Land in grosse Not, weil die Rohstoff- und Nahrungsmittelexporte drastisch zurückgingen. Jeder vierte Arbeiter war arbeitslos, und eine Dürreperiode verwüstete die Provinzen Alberta, Saskatchewan und Manitoba. Die Krise führte zu Spannungen zwischen den englisch- und französischsprachigen Bevölkerungsgruppen sowie zwischen der Bundesregierung und den einzelnen Provinzen. Die Folge war ein Wechsel im Amt des Premierministers: Mackenzie King wurde vom Konservativen Richard B. Bennett abgelöst, der während seiner Regierungszeit den Provinzen umfangreiche finanzielle Zuwendungen zukommen liess. Ausserdem versuchte er, durch soziale Reformen wie Arbeitslosenunterstützung die Lebensbedingungen der Bewohner zu verbessern. Obwohl diese Massnahmen durchaus erfolgreich waren, wurde er abgewählt und William L. Mackenzie King 1935 erneut Premierminister. 1939 erklärte Kanada dem Deutschen Reich den Krieg und trat somit in den 2. Weltkrieg ein. Paradoxerweise war es der Aufschwung der Rüstungsindustrie, durch den sich Kanada von der Wirtschaftskrise wieder erholte.

Nachkriegszeit

Als der Krieg zu Ende war, hatte sich Kanada zur viertgrössten Industriemacht entwickelt. Die internationale Position des Landes wurde deutlich gestärkt, denn es war Gründungsmitglied der UN (United Nations: Vereinte Nationen) und der NATO (North Atlantic Treaty Organization: Nordatlantikpakt). Ausserdem hat es als einziges Land an allen grösseren Friedenssicherungsunternehmungen der UN teilgenommen. Das Wachstum ermöglichte auch soziale Einrichtungen wie Kindergeld, Altersrente und allgemeine Kranken- und Arbeitslosenversicherung. Durch den Abbau von Handelsbarrieren florierte nun auch der Aussenhandel. Kanada verdankt seinen derzeitigen hohen Lebensstandart und seine gute Lebensqualität diesem Wirtschaftsboom.
Gegen Ende der vierziger Jahre wurden in Alberta und Quebec weitere Erdölfelder und in Ontario grosse Uranvorkommen entdeckt. Dadurch entstanden neue Industriezweige, und es wurden zahlreiche Wasserkraftwerke errichtet. Aussenpolitisch konnte sich Kanada nicht dem steigenden politischen, wirtschaftlichen und militärischen Einfluss der USA entziehen.
Bezüglich der Einwanderung nach Kanada hat sich ein deutlicher Wandel vollzogen. Vor dem 2. Weltkrieg kamen die meisten Einwanderer aus Grossbritannien oder osteuropäischen Ländern. Doch seit Kriegsende hat die steigende Zahl von Einwanderern aus den südeuropäischen Ländern, aus Asien, Südamerika und der Karibik das kulturelle Mosaik Kanadas bereichert.

Die 22-jährige Regierungszeit der Liberalen endete 1957 mit dem Amtsantritt des konservativen Premierministers John G. Diefenbaker. Die folgenden Jahre waren gekennzeichnet von wachsender Kritik am bestehenden System der sozialen Sicherheit, das vielen Kanadiern nicht ausreichend erschien. Grösstes innenpolitisches Problem war das Wiederaufleben separatistischer Bewegungen bei Frankokanadiern, die sich durch das Verfassungssystem benachteiligt sahen und nach Autonomie strebten. Die erfolglose Amtszeit Diefenbakers endete 1963, als ihn der Liberale Lester B. Pearson ablöste. Während seiner Regierungszeit wurden grundlegende Fortschritte im Gesundheitssystem erzielt. Ausserdem wurden Quebec und anderen Provinzen ein grösseres Mitspracherecht bei nationalen Angelegenheiten eingeräumt. Dadurch konnte aber die 1968 erfolgte Gründung der Parti Québécois durch nationalistisch orientierte Politiker in Quebec nicht verhindert werden.

Die Ära Trudeau

Im selben Jahr wurde der Frankokanadier Pierre E. Trudeau Vorsitzender der Liberalen Partei und damit Premierminister. Er bestimmte die kanadische Politik während der nächsten 16 Jahre (mit einer einjährigen Unterbrechung 1979/80, als der Konservative Joseph Clark das Amt innehatte). Er setzte sich massiv für die kanadische Einheit und gegen nationalistische und separatistische Strömungen ein. 1969 wurde die Zweisprachigkeit gesetzlich festgelegt, was einen wichtigen Schritt in Richtung Chancengleichheit zwischen Anglo- und Frankokanadiern bedeutete. In den kommenden siebziger Jahren verlangsamte sich zwar das Wirtschaftswachstum, aber im sozialen Bereich wurden wichtige Fortschritte erzielt. Trudeau verfolgte das Ziel einer ethnischen und kulturellen Vielfalt innerhalb Kanadas, trotzdem nahmen die Autonomiebestrebungen von Frankokanadiern in der Provinz Quebec zu, und es kam zu Attentaten auf Politiker, welche von extremistischen Gruppen verübt wurden, die sich für die Einheit des Landes einsetzten. Die Unzufriedenheit dieser Bevölkerungsgruppe führte 1980 zum Volksentscheid über die Frage einer grösseren politischen Unabhängigkeit, kurz den Austritt Quebecs aus dem kanadischen Staatsverband. Die Mehrheit entschied sich jedoch für die Beibehaltung des aktuellen Zustandes. 1982 erreichte die Verfassungsreform mit der Unterzeichnung des Verfassungsgesetzes ihren Höhepunkt, was gleichzeitig auch das Ende jeglichen britischen Mitspracherechts an der künftigen Entwicklung der kanadischen Verfassung bedeutete. Die Popularität des Premierministers Trudeau sank in der Folgezeit wegen der wirtschaftlichen Rezession der frühen achtziger Jahre, was zu hohen Arbeitslosen- und Inflationsraten führte. 1984 trat er vorzeitig von seinem Amt zurück.

Kanadas jüngste Entwicklung - ein neues Bündnis kündigt sich an

Quebec hat den Vertrag, der zur Verkündung des Verfassungsgesetzes von 1982 führte, nicht unterzeichnet. 1987 wurde ein weiterer Vertrag, das sogenannte Meech Lake Abkommen, entworfen, um den besonderen Vorstellungen Quebecs entgegenzukommen, jedoch nicht angenommen. Eine Bundesarbeitsgruppe, eine Sonderkommission des Senats und des Unterhauses sowie Ausschüsse in den meisten Provinzen befragen die Kanadier zur Zeit über ihre zukünftige Verfassung.
Die Bereitschaft zum Kompromiss prägt das heutige Kanada. Wie könnte es auch anders sein: das von zwei als historische Rivalen bekannten Völkern gegründete Land wird durch Einwanderer verschiedenster Kulturen, Sprachen und Bekenntnisse bereichert und zeichnet sich durch seine geographische Vielfalt aus. Dies ist charakteristisch für Kanada, das Motto lautet Einigkeit in der Vielfalt. Und dieses Ideal möchte das Land im Rahmen seiner wachsenden internationalen Bedeutung fördern und unterstützen.

 
 

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