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geschichte artikel (Interpretation und charakterisierung)

Die fabel - geschichtlicher Überblick













Die Frage nach dem Ursprungsland der Fabel ist umstritten. In der Fachliteratur werden häufig Indien und Griechenland, aber auch Ägypten und Babylonien genannt. Die ältesten Tierfabeln findet man schon im Mesopotamien des 2. Jahrtausends v. Chr. in sumerischen Texten.
Untersuchungen zur "Genese der Fabel\" führen jedoch zu der Annahme, dass die Fabel als eine "Urform unserer Geistesbetätigung\" in verschiedenen Regionen unabhängig voneinander entstanden ist.
Gleiche Voraussetzungen - etwa die in allen Gebieten im wesentlichen gleiche soziale Gliederung in Herren und Knechte und die Spannungen, die zwischen beiden Schichten herrschten - haben zur Ausprägung gleicher sozialkritischer Intentionen und zur Ausbildung nahezu gleicher sprachlicher Formen geführt.
Die älteste überlieferte Fabel stammt von Hesiod (um 700 v. Chr.) - "Nachtigall und Habicht" - die schon sozialkritische Funktion hatte. Der phrygische Sklave Aisopos (Aesop) (um 550 vor Chr., gelebt auf der Insel Samos) soll als erster Fabeln indischer und griechischer Herkunft gesammelt und aufgezeichnet haben. Es entstand ein Volksbuch, die mit vielen Fabel ausgeschmückte Lebensgeschichte des Aesop erzählt. Dieses Buch ist nicht erhalten, aber Demetrios von Phaleron stellte daraus und aus mündlich Überliefertem gegen Ende des 4. Jhdts. v.Chr. eine Fabelsammlung - Aisopeia - zusammen, die später wahrscheinlich auch von Phaedrus (ca. 50 n Chr.), dem bedeutendsten römischen Fabeldichter - ein lateinisch schreibender Grieche -, benutzt wurde.
Der Patrizier Menenius Agrippa (495 v.Chr.) hatte die Fabel vom Magen und den Gliedern zu einem Politischen Zweck verwendet, indem er die aus Protest auf den Heiligen Berg ausgewanderten Plebs zur Rückkehr nach Rom bewegt - der Historiker Livius berichtet darüber. Um 180 v.Chr. schrieb der Dichter Ennius Fabeln, z.b: "Die Haubenlerche" Nach Phaedrus verfasste Babrios (1./2. Jhdt. n. Chr.), ein griechisch schreibender Römer, zwei Bücher mit ca. 200 Fabeln, die viele Nachahmer fanden. Avianus ( um 400 nach Chr. Geb.) hat Fabeln in lateinische Verse übertragen und schließlich in Prosa aufgelöst. Im 5.Jhdt. n.Chr. entstand dann eine Sammlung von 100 Prosafabeln, der "Romulus"(wohl: römischer Aesop). Bereits bei Phaedrus hatte die Bezeichnung "Fabel\" die Qualität eines Gattungsbegriffs.
Erhalten sind mehr als 400 äsopisch überlieferte griechische Prosafabeln aus Sammlungen des 2.-5. Jhdts. n. Chr. Dass Aesops Name untrennbar mit der Geschichte der Fabel verbunden ist, erklärt sich zum einen aus der großen Zahl und der Qualität seiner Fabeln, zum anderen aus der Tatsache, dass zahlreiche Fabeldichter späterer Zeiten auf die Fabeln Aesops zurückgreifen und seine Motive, sein Figureninventar, seine Kompositionsprinzipien oft nur variieren .
Typische Charakteristika der Fabeln Aesops sind: "klarer Aufbau, anschauliche Erfassung der Szene, behaglicher Ton der Gespräche, auf jener Elementarstufe geistiger Entwicklung, wo der Mensch noch ganz auf du und du mit Tier und Pflanze und aller Kreatur zu verkehren vermag\"
Auf deutschem Boden wurde die Fabeldichtung innerhalb der lateinischen Klosterliteratur des Mittelalters gepflegt und weitergegeben. Um 1350 gibt der schweizer Mönch Ulrich Boner unter dem Titel "Der Edelstein" hundert Tierfabeln heraus. 1476 übersetzt Heinrich Steinhöwel den "Romulus" ins Deutsche.
Der moralisch-didaktische Zweck und die lehrhaft-symbolische Bedeutung machten die Fabel zu einer geeigneten Erzählform für Predigten und Beispielsammlungen. Daher blühte diese literarische Art am stärksten in ausgeprägt rationalen Zeiten, die etwa aufklärende oder gesellschaftlich-umstrukturierende Tendenzen verfolgten.
Im 16. Jahrhundert gedeiht die Fabel als agitatorische Kleinkunst der Reformationszeit. Martin Luther (geb. 1483)nutzt die Fabel, um seine religiös-moralischen Ansichten zu veranschaulichen, denn er hat erkannt, dass theoretische Anweisungen zum ethisch-richtigen Handeln weniger überzeugen und bewirken als anschauliche Geschichten, in denen dem falsch Handelnden irgendein Schaden zustößt.
Luther stellt die Fabel so bewusst in den Dienst seiner ethisch-moralischen Intentionen. Die Fabeln Luthers zeichnen sich durch knappste Prosaformulierungen aus.
Erzählung und Lehre werden klar getrennt: der Leser wird zum eigenen Mitdenken angeregt. Indem Luther weitgehend im bildlichen Bereich bleibt und abstrakte Formulierungen und Wendungen vermeidet, steigert er die Wirkung seiner Fabeln: "Der Leser wird nicht aus dem Erzählton gerissen, die Lehre überfordert ihn nicht durch eine ungewohnte Höhe der Abstraktion.\"


Eine eindeutige und wohl vorläufig letzte Hochblüte erlebte die Fabel im 18. Jahrhundert. Die Befreiung von der feudalherrschaftlichen Gesellschaftsordnung, sowie die geistige, soziale und politische Aufklärung, die zur Französischen Revolution führte, muss als Hintergrund für den Aufschwung der Fabel in dieser Epoche gesehen werden. Während La Fontaine (1621-1695) deutlich Einfluss auf die Mehrheit der deutschen Fabeldichter ausübten und die französische Fabel zur Hochblüte führte, wandte sich Lessing (1729-1781) entschieden gegen diese leichte, weitschweifige und ironisch-kritische Erzählweise. Die Fabel muss seines Erachtens epigrammatisch kurz sein.
In den meisten seiner Fabeln führte Lessing die alte Tradition fort, indem er durch Kontamination von zwei bekannten Motiven oder durch Änderung einzelner Requisiten auf vorhandene Fabeln (z.b. Aesops oder Luthers) zurückgriff und so "neue\" Fabeln mit erweitertem oder verändertem Aussagegehalt schaffte. Er verfasste "Abhandlungen zur Fabel" (1759) in denen er Phaedrus mit dem griechischen Original vergleicht und ihm Vergröberung vorwirft. Sein Vorbild war Aesop.
Dass die Fabel auch im 20. Jahrhundert nicht tot ist, wie oft in der Fachliteratur behauptet wird, beweisen die Fabelsammlungen von Helmut Arntzen, James Thurber (1894-1961), ein amerikanischer Schriftsteller und Zeichner, u.a. Ein auffälliges Merkmal der modernen Fabel ist die "Verbindung zwischen Tradition und Ironisierung und Infragestellung dieser Tradition\".
Die "75 Fabeln für Zeitgenossen\" von James Thurber, in denen der Dichter mit humorvoll-gewürzter Moral typische Schwächen der modernen Gesellschaft und des Menschen aufzeigt, tendieren eher zur Satire und Ironie.
Die Ironisierung und Infragestellung der Fabeltradition hat zu der These geführt, die moderne Fabel habe mit den "traditionellen Strukturformen der Gattung gebrochen; diese seien nicht mehr in der Lage gewesen, die politisch-gesellschaftliche Wirklichkeit der modernen Industriegesellschaft zu bewältigen\".

 
 

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