Startseite   |  Site map   |  A-Z artikel   |  Artikel einreichen   |   Kontakt   |  
  


geschichte artikel (Interpretation und charakterisierung)

Vietnam

Der amerikanische vietnamkrieg (1964-1968)



Lyndon B. Johnson hielt sich an die Fortsetzung der Politik seines Vorgängers. Der

außenpolitisch unerfahrene Johnson wollte das Engagement der USA im Vietnam

unbedingt aufrechterhalten. Er hielt mit dem Aufstocken der so genannten

Militärberater nicht inne (Ende 1964 waren es bereits 23000) und begann

neuerdings auch mit der Planung von Luftangriffen.

Am 2. August 1964 kam es zum endgültig kriegsauslösenden Zwischenfall im Golf

von Tonkin. Nordvietnamesische Torpedoboote griffen den amerikanischen Zerstörer

\"Maddox\" an. Dies verkündete Johnson als militärische Provokation und schickte ein

zweites Schlachtschiff zu Hilfe. Zwei Tage später meldeten die beiden Schiffe, wie

sich später herausstellte, falscherweise feindliche Angriffe und schlugen mit voller

Feuerkraft zurück. Nun nutzte die Johnson-Regierung die Gunst der Stunde um den

Nordvietnamesen die amerikanische Entschlossenheit zu demonstrieren und

bombardierte einige feindliche Marinebasen und Treibstofflager.

Diese Geschehnisse brachten Johnson die praktisch einstimmig vom Kongress und

Senat abgesegnete \"Golf von Tonkin-Resolution\" ein. Diese ermöglichte ihm

eigentlich freie Hand für das weitere Vorgehen in Vietnam und diente schon bald als

Rechtfertigung der Kriegspolitik insgesamt und der Entsendung Hunderttausender

von Soldaten.





6.2 Kriegsverlauf

Im Herbst 1964 standen die Wahlen in Amerika kurz bevor. Dies veranlasste

Johnson mit weiteren Luftangriffen vorerst abzuwarten. Die Situation verschlechterte

sich aus amerikanischer Sicht jedoch zusehends. Der Süden schien wehrlos gegen

die kommunistische Übernahme. Die NLF ging immer massiver gegen amerikanische

Einrichtungen und die ARVN vor. Daraufhin waren die erneuten amerikanischen

Luftangriffe für den wieder gewählten Johnson und seine Berater bereits

entschiedene Sache. Es schien nur noch eine Frage der Zeit, bis die ersten Bomben

abgeworfen würden.

Am 7. Februar 1965 war es schliesslich soweit. Die NLF überfiel eine amerikanische

Helikopterbasis und tötete dabei acht Militärberater. Daraufhin ordnete Johnson als

Reaktion die Operation \"Brennender Pfeil\" an: 132 Jagdbomber der amerikanischen

Marine griffen militärische Ziele im Nordvietnam an. Als die Angriffe der NLF danach

nicht innehielten, gab der Präsident grünes Licht für eine weitere Luftoffensive. Die

gewaltige Operation \"Rollender Donner\" (Rolling Thunder) nahm seinen Anfang. Es war ein zeitlich unbegrenzter Luftschlag gegen den Norden. Ziele waren vorerst Militär- und Industrieanlagen. Daneben aber auch der Ho Chi Minh-Pfad, über

welchen der Vietcong im Süden weiterhin Waffenlieferungen vom Norden erhielt. Mit den ständigen Bombardements versuchte die USA die Moral der Truppen des Südens zu verbessern und der südvietnamesischen Bevölkerung die Überlegenheit der USA zu demonstrieren. Sie waren sich sicher, Hanoi an den Verhandlungstisch bomben zu können.

Die Angriffe der NFL liessen jedoch keineswegs nach. Dies veranlasste den

amerikanischen Oberbefehlshaber, General Westmoreland, zur Anforderung

amerikanischer Truppenverbände. Trotz der Warnung seines Botschafters billigte

Johnson die Entsendung von Truppen. Und so landeten am 8. März 1965 zwei mit

Panzern und Artillerien ausgerüstete Bataillone der Marineinfanterie in der Nähe der

entmilitarisierten Zone. Bereits Ende April wurden weitere 40000 Soldaten entsandt.

Die Aufgabe der Marines war es, die amerikanischen Militäreinrichtungen gegen

feindliche Angriffe zu schützen.

Um den langsam lauter werdenden Kritiken den Wind aus den Segeln zu nehmen,

ordnete Johnson eine fünftägige Pause der Luftangriffe an und unterbreitete Hanoi

seine Friedensabsichten. Doch die Forderungen aus Nordvietnam nach einem

Rückzug der amerikanischen Truppen und einer Wiedervereinigung Vietnams konnte

man im Weißen Haus nicht akzeptieren. Alle Hoffnungen auf eine friedliche Lösung

des Vietnamkonfliktes wurden vom Winde verweht. Noch im Jahre 1965 entsandte

Johnson 100000 Soldaten und gleich viele waren für das darauf folgende Jahr

vorgesehen. Weiter erhielt General Westmoreland die Befugnis, ohne Einschränkung

gegen die NLF vorzugehen. Somit begann der amerikanische Bodenkrieg.

In Nordvietnam gelang es mit chinesischer und sowjetischer Unterstützung, vor allem

aber auch durch die Mobilisierung der Gesellschaft für den Krieg, die materiellen

Schäden in Grenzen zu halten. Zehntausende reparierten meistens in der Nacht mit

großem Aufwand die zerstörten Strassen, Brücken und Eisenbahnen. Zahlreiche

Industriebetriebe wurden in schwerzugängliche Bergregionen oder sogar unter die

Erde verlegt. Bereits zu dieser Zeit existierte ein weitverzweigtes, über 40000

Kilometer langes Tunnelsystem. Der Luftkrieg forderte zwar Zehntausende von

Opfern, doch konnte er Nordvietnam nicht gross daran hindern, den Krieg weiter

zuführen.

Gegen Ende des Jahres 1965 hatten Westmoreland und seine Berater eine neue

Strategie ausgearbeitet. Die \"Abnutzungsstrategie\" basierte auf drei weiteren Strategien, dem \"Suchens und Zerstören\" der \"Vertreibung\" und der \"Sicherheitsoperation\".Nun trat genau das ein, wovor sich Washington schon immer gefürchtet hatte: Die Amerikaner mussten die offensive Aufgabe des \"Suchen und Zerstörens\" übernehmen.

Die \"Abnützungsstrategie\" hatte zur Folge, dass es zu keinem Stellungskrieg mit

klaren Fronten kam. Dadurch galten als wichtiger Maßstab des Erfolgs das \"Körperzählen\" und die \"Tötungsrate\", bei welcher man die Anzahl

gefallener Feinde pro getöteter amerikanischer Soldat zählte.

In der folgenden Zeit verwüsteten die Amerikaner große Teile des Vietnams unter

anderem durch Napalm- oder Entlaubungsmittelangriffe. In einer der vielen

Operationen zerbombten sie zum Beispiel, nachdem die Bevölkerung evakuiert

wurde, ein Gebiet 20 Kilometer nördlich von Saigon. Danach wurde das Gebiet für

30000 Sodaten zur \"free fire zone\" erklärt, in der sie auf alles schießen durften, was

sich noch bewegte. Zu guter Letzt wurde das Gebiet durch \"Agent Orange\", einem

dioxinhaltigem Pflanzengift, für längere Zeit unbewohnbar gemacht. Doch die NLFGuerilleros kehrten bald wieder zurück.

Die amerikanischen Truppen wurden 1965 bis 1667 kontinuierlich bis auf 485000

Mann aufgestockt. Man verzeichnete zwar geringfügige Gebietsgewinne, musste

dagegen in den eigenen Reihen bereits 16000 Tote beklagen. Doch das

Oberkommando hielt stur an dem eingeschlagenen Weg fest.

Bei der Tet-Offensive überfielen landesweit 80000 Guerillas aus dem Nordvietnam gut vierzig Städte im Süden. Militärisch gesehen war es eine gewaltige Niederlage der Angreifer. Politisch war die Tet-Offensive für sie ein durchschlagender Erfolg. Denn die Druckwelle von Tet bewirkte in Washington ein politisches Erdbeben.







6.3 Die Tet-Offensive



Bereits im Juni 1967 stellte der Oberkommandierende General Thanh der

kommunistischen Streitkräfte des Südens der nordvietnamesischen Führung seine

Pläne vor. Er wollte eine allgemeine Offensive auf die Städte und somit im

günstigsten Fall einen Massenaufstand der städtischen Bevölkerung provozieren. Im

Herbst übernahm der seit dem Dien Bien Phu-Erfolg zur Legende gewordene General Vo Nguyen Giap das Zepter. Giap hatte vor, die Amerikaner und

die ARVN von seinen eigentlichen Zielen abzulenken. Er konzentrierte 20000 Mann

bei einem kleinen Bergdorf namens Khe Sanh. Dort hatte eine kleine Gruppe

amerikanischer Infanteristen eine Basis. Es kam in der Folge zu heftigen

Feuergefechten, welche die Amerikaner unweigerlich an Dien Pien Phu erinnerten.

Daraufhin zog Westmoreland in aller Eile 50000 Elitesoldaten aus ganz Südvietnam

in Khe Sanh zusammen.

Die Bewohner Saigons feierten wie jedes Jahr am 31. Januar 1968 der Beginn des

vietnamesischen Neujahrsfestes Tet. In den frühen Morgenstunden wurde es ruhig in

der Stadt. Um 2:45 verliessen 19 Guerillas zwei Fahrzeuge, die vor der

amerikanischen Botschaft zum Stehen gekommen waren. Nur Sekunden später riss

eine Explosion ein Loch in die Mauer, die das Gelände umgab. Das

südvietnamesische Wachpersonal floh. Die Angreifer versuchen sich den Weg in das

Innere der Botschaft freizuschiessen. Zur gleichen Zeit griffen landesweit 80000

Guerillas unter anderem fünf der sechs großen Städte und 36 Provinzhauptstädte

an. Die entscheidende Schlacht des Krieges hatte begonnen.

Fixiert auf die Ereignisse in Khe Sanh, trafen die Angriffe der NLF die Amerikaner und Südvietnamesen völlig unvorbereitet. Dazu kam, dass die Hälfte aller ARVN-Soldaten auf Heimaturlaub waren, da sie sich durch die traditionelle Waffenruhe über das Neujahrsfest vor feindlichen Angriffen in Sicherheit fühlten.

In den folgenden Tagen wurden viele Städte zum Schauplatz heftiger Straßenschlachten.

Die NLF musste dabei schwere Verluste beklagen und sich mit einzelnen Ausnahmen bereits nach kurzer Zeit wieder zurückziehen.

Bei vielen amerikanischen Soldaten entlud sich die ganze Frustration und die Angst

vor Charlie. So kam es zu einem der grauenvollsten Massaker in der Geschichte des

Vietnamkrieges. Im März brannten ein etwa zwanzig US-Soldaten ein kleines Dorf

namens My Lai nieder. Sie vergewaltigten Frauen und erschossen anschließend alle

200 Dorfbewohner.

Militärisch gesehen war die Tet-Offensive für die NLF eine schwere Niederlage. Es

starben schätzungsweise bis zu 40000 Kämpfer auf ihrer Seite. Dazu kam, dass sie

durch diese Verluste viele ländliche Gebiete gegen die ARVN und die

amerikanischen Truppen nicht mehr verteidigen konnten. Die Rekrutierung neuer

Guerillas wurde zusehends schwieriger, da sich die vietnamesische Bevölkerung

nach einem Frieden sehnte. So kam es, dass die regulären nordvietnamesischen

Truppen die Kriegsführung im Süden übernahmen. Die NLF spielte nach 1968 keine

entscheidende Rolle mehr.

Politisch war die Tet-Offensive hingegen ein durchschlagender Erfolg. Am 31. Januar

saß die amerikanische Bevölkerung gebannt vor den Fernsehern. Sie sah die

beschädigten Botschaften, die unzähligen verwundeten Soldaten, die

leichenübersäten Straßen. Ganz Amerika war zutiefst geschockt. Zum ersten Mal

bekam das amerikanische Volk die nackte Realität zu sehen.Nun kam Johnson in

Bedrängnis. Er hatte es bis zu diesem Zeitpunkt hervorragend verstanden, der

Bevölkerung vorzutäuschen, dass in Vietnam alles nach Plan verliefe. Die Tet-

Offensive bedeutete das Ende von Johnsons Glaubwürdigkeit.In der Öffentlichkeit

schwoll der Widerstand gegen ein Engagement in Vietnam in der folgenden Zeit

drastisch an. Die Antikriegsbewegung begann bereits Ende der fünfziger Jahre durch

die Studenten. Im Verlauf der folgenden Jahre intensivierten sich diese und die

öffentlichen Demonstrationen wurden immer häufiger und umfangreicher. Der

Höhepunkt war die 68er-Bewegung nach der Tet-Offensive. Hunderttausende in

ganz Amerika und Europa gingen auf die Strasse.So demonstrierten in New York

über 400000 Amerikaner für ein sofortigen Rückzug der US-Soldaten.Der Druck

auf Johnson wurde noch grösser. Hinsichtlich der Präsidentschaftswahlen erzielte

sein Gegner ein sehr gutes Ergebnis in den Vorwahlen.

Am 31. März 1968 erklärte Johnson in einer dramatischen Fernsehansprache einen

Bombardierungsstopp nördlich des 20. Breitengrades und bot der Führung in Hanoi

ein Ende der Luftoffensive an, falls diese positiv auf seine Rede reagieren würde.

Weiter zeigte er sich für bedingungslose Friedensgespräche bereit. Der

innenpolitische Paukenschlag folgte jedoch am Schluss seiner Rede. Johnson

erklärte, dass er für die Präsidentschaftswahlen im November nicht mehr kandidieren

werde.



6.4 Doppeltes Spiel



Zur Überraschung Washingtons reagierte die Führung in Hanoi positiv auf Johnsons

Fernsehansprache vom 31. März. So kam es zwei Monate später in Paris zu

Friedensgesprächen. Die Führung aus Hanoi hatte das Aussetzen der Luftoffensive

nördlich des 20. Breitengrades mit Erleichterung aufgenommen. Die abgesetzten

Bombardements spielten auch eine psychologische Rolle. Die Moral der

nordvietnamesischen Soldaten, welche nach dem Misserfolg der Tet-Offensive auf

dem Tiefpunkt war, konnte wieder etwas angehoben werden.

Doch Johnson wollte auf keinen Fall als erster Präsident in die Geschichte eingehen,

der einen Krieg verlor. Er ließ die Luftoffensive also einfach südlich des 20.

Breitengrades weiter führen. Alleine im Jahre 1968 verdreifachten sich die Angriffe

aus der Luft. Daneben ersetzte er den mit der bisherigen Strategie scheiternde

Westmoreland mit General Creighton Abrams. Im Rahmen des von Abrams

entwickelten \"Phoenix-Programm\" gingen südvietnamesische Einheiten unter

Anleitung amerikanischer Berater äußerst brutal, aber erfolgreich gegen lokale

Guerillas vor. Weiter zogen Vietnamesen bei Dorfgemeinden ein und lebten mit

diesen zusammen. Sie versuchten, die Bevölkerung davon zu überzeugen die Seite

zu wechseln. Bis Mitte 1971 wurden dadurch 28000 Guerillas verhaftet, 20000

erschossen und 17000 zum Seitenwechsel überredet.

Neben verstärkten Luftangriffen führte die Johnson-Regierung in den letzten

Monaten ihrer Amtszeit die \"De-Amerikanisierung\" des Krieges ein. Hierbei wurde die

ARVN um über hunderttausend Mann aufgestockt, die Ausbildungsprogramme

verbessert und die Bewaffnung modernisiert. Daneben wurden zum ersten Mal

gemeinsame amerikanisch-südvietnamesische Operationen durchgeführt, damit die

ARVN-Soldaten mit offensiven Einsätzen vertraut wurden. Doch die \"De-

Amerikanisierung\" löste bei den Südvietnamesen Angst aus. Sie hatten das Gefühl,

von den Amerikanern im Stich gelassen zu werden.

Die Präsidentschaftswahlen in den USA rückten indes immer näher. Die \"Politik der

Freude\" des demokratischen Kandidaten Hubert Humphrey war in diesen

Krisenzeiten eindeutig fehl am Platz. Humphrey erklärte, dass er die Vietnampolitik

Johnsons fortsetzen wollte. Die Republikaner schickten den Antikommunisten

Richard Nixon ins Rennen. Die Wähler entschieden sich also jedenfalls \"für\" den

Krieg. Nixon griff jedoch tief in die Trickkiste und kündigte einen \"geheimen Plan\" an,

mit welchem er den Krieg gewinnen könne. Dies war wohl auch der Hauptgrund für

seinen kappen Wahlsieg. Dabei stellte sich jedoch heraus, dass Nixons \"geheimer

Plan\" nichts als warme Luft war.

 
 

Datenschutz
Top Themen / Analyse
Arrow Widerstand gegen den Hexenwahn
Arrow "Hexen" - ein Fluch seit der Vertreibung aus dem Paradies?
Arrow Die Vorfahren des Kolumbus
Arrow Bevölkerungsanteil und Ansehen
Arrow Richard Milhous Nixon
Arrow Die Leipziger Montagsdemonstrationen
Arrow DIE ERWERBUNG TIROLS:
Arrow Neuer Realismus
Arrow Folgen der Türkenbelagerung
Arrow US History: Reconstruction (1865-1877)


Datenschutz
Zum selben thema
icon Industrialisierung
icon Realismus
icon Kolonialisierung
icon Napoleon Bonaparte
icon Mittelalter
icon Sozialismus
icon Juden
icon Atombomben
icon Pakt
icon Widerstand
icon Faschismus
icon Absolutismus
icon Parteien
icon Sklaverei
icon Nationalismus
icon Terrorismus
icon Konferenz
icon Römer
icon Kreuzzug
icon Deutschland
icon Revolution
icon Politik
icon Adolf Hitler
icon Vietnam
icon Martin Luther
icon Biographie
icon Futurismus
icon Nato
icon Organisation
icon Chronologie
icon Uno
icon Regierung
icon Kommunistische
icon Imperialismus
icon Stalinismus
icon Reformen
icon Reform
icon Nationalsoziolismus
icon Sezessionskrieg
icon Krieg
A-Z geschichte artikel:
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z #

Copyright © 2008 - : ARTIKEL32 | Alle rechte vorbehalten.
Vervielfältigung im Ganzen oder teilweise das Material auf dieser Website gegen das Urheberrecht und wird bestraft, nach dem Gesetz.
dsolution