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geschichte artikel (Interpretation und charakterisierung)

Das leben der juden in galizien und der bukowina - geschichtliches





Galizien hieß das am nördlichen Rand gelegene Kronland des Habsburgerreiches. Heute gehört der westliche Teil zu Polen, der östliche zur Ukraine.
1795, nach der dritten Teilung, fielen die ehemaligen polnisch regierten Gebiete an Russland, Preußen und Österreich. Das Gebiet umfasste Westgalizien mit polnischer Bevölkerungsmehrheit und Ostgalizien, wo die Ruthenen (Ukrainer) in der Überzahl waren. Mehr als 10% der Bevölkerung Galiziens waren Juden, die unter den Regentschaften Maria Theresias und Joseph II. zahlreiche Beschränkungen erdulden mussten. Erst 1867 erfolgte ihre rechtliche Emanzipation, was jedoch nicht viel an der bedrückenden wirtschaftlichen Situation eines Großteils der galizischen Juden änderte. Dennoch war mit der Gleichberechtigung der Juden mit dem neuen Staatsgrundgesetz von 1867 der Weg aus dem "Ghetto" im territorialen wie im sozialen Sinne offen. Die Juden in Galizien verdienten sich ihren Lebensunterhalt vorwiegend als Händler im weitesten Sinne des Wortes, als Handwerker, Schankpächter und Wirtschaftsverwalter der Güter reicher polnischer Großgrundbesitzer. Im Zuge der Emanzipation brachen sie aus der Isolation des Schtetl- Lebens aus und siedelten sich in den größeren Städten des Landes an. Es handelte sich dabei hauptsächlich um Kaufleute, Ärzte und Rechtsanwälte, die den Weg der Akkulturation an die nichtjüdische polnische Umgebung beschritten.
Gegen Ende des 19.Jahrhunderts gehörte Galizien zusammen mit Dalmatien zu den am wenigsten entwickelten Gebieten Österreich- Ungarns. Noch um 1900 waren mehr als 80% der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig, die Industrialisierung setzte nur zögernd ein. Die ökonomische Misere war auch ausschlaggebend dafür, daß um die Jahrhundertwende zahlreiche Juden ihre Heimat verließen, um in den USA bzw. in Wien einen neuen Anfang zu wagen. Ab 1918 gehörte Galizien zum polnischen Staatsgebiet.
Bukowina, ebenfalls in Osteuropa gelegen, an den Gebirgsausläufern der östlichen Karpaten gehört heute nördlich zur Ukraine und südlich zu Rumänien. Von 1786 bis 1849 bildete die Bukowina jedoch einen Bestandteil der Provinz Galizien. Im März 1849 wurde sie zu einem selbständigen Herzogtum mit der Hauptstadt Czernowitz ernannt. Als die Habsburger 1774 auf Befehl Joseph II. das Land besetzten, wurden diese als Befreier begrüßt, da die Türken bis zu diesem Zeitpunkt die Bukowina sehr grausam beherrschten, während für die Polen Galiziens die Österreicher eine Besatzungsarmee waren.
Die Juden, die um die Jahrhundertwende ca.13% der Gesamtbevölkerung der Bukowina ausmachten, stellten nach den Rumänen und Ruthenen die größte Bevölkerungsgruppe.
Nach der Eingliederung in das Staatsgebiet der österreichisch- ungarischen Monarchie wanderten zahlreiche Juden aus Galizien in die Bukowina ein, auf deren Erfahrung und Geschäftssinn die Wirtschaft des rückständigen Kronlandes nicht verzichten konnte. Bis zu ihrer Gleichstellung 1867 waren sie vor allem im Handel und im Schankwesen tätig. Mit der Emanzipation änderte sich diese Berufsverteilung und die Wirtschaft der Bukowina erfuhr einen ungeheuren Aufschwung. Zahlreiche Juden erwarben und pachteten große Güter und errichteten industrielle Betriebe, wie Brennereien, Brauereien, Zuckerfabriken und Mühlen. Auch die meisten Restaurants, Kaffeehäuser und Hotels befanden sich in jüdischen Händen, ebenso das Bankwesen, die Bauwirtschaft und die Holzindustrie. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts gehörte ein Drittel der Hörer an der deutschen Franz- Joseph Universität in Czernowitz der jüdischen Glaubensgemeinschaft an. Viele davon wurden Universitätsprofessoren Ärzte, Lehrer, Ingenieure und Journalisten. Das wirtschaftliche und kulturelle Leben der Bukowina wurde somit von jüdischer Seite entscheidend beeinflusst, auch wenn keineswegs alle Juden zur wohlhabenden Bevölkerungsgruppe gehörten. Ende des 19. Jahrhunderts verschlechterte sich die ökonomische Situation. Im Zuge des österreichisch- rumänischen Zollkrieges von 1886 wurde durch die enorme Erhöhung der Zollsätze die Einfuhr österreichischer Waren so gut wie unmöglich gemacht, wodurch der jüdische Handel in der Bukowina eines der wichtigsten Absatzgebiete verlor. Viele Betroffene entschlossen sich zur Abwanderung. Auch der Vormarsch der russischen Truppen im 1.Weltkrieg löste eine Flüchtlingsbewegung nach Innerösterreich aus, von der vor allem die jüdische Bevölkerung erfasst wurde. Nach dem 1. Weltkrieg fiel das Gebiet an Rumänien und 1945 wurde es zwischen Rumänien und der Sowjetunion aufgeteilt.

Tabelle 1: Berufspositionen der jüdischen und nichtjüdischen Berufstätigen, Galizien 1910

Insgesamt Juden % Juden Nichtjuden % Nichtjuden Differenz
Selbständige 1.548.194 168.151 49,1 1.380.043 33,2 15,9
Pächter 7.096 3.546 1,0 3.550 0,1 0,9
Angestellte 90.709 18.535 5,4 72.174 1,7 3,7
Arbeiter 520.228 52.979 15,5 467.249 11,2 4,3
Lehrlinge 33.084 8.665 2,5 24.419 0,6 1,9
Taglöhner 226.470 10.779 3,1 215.691 5,2 2,1
mithelfende
Fam.-mitgl. 2.078.120 80.087 23,4 1.998.033 48,0 24,6
Zusammen 4. 503. 901 342.742 100,0 4.161.159 100,0 53,4


Tabelle 2: Berufstätige in der Bukowina nach Berufsklassen 1910

Insgesamt Juden % Nichtjuden % Anteil Juden Differenz
Selbständige 20.709 51,5 124,559 32,3 14,3 19,2
Pächter 616 1,5 408 0,1 60,2 1,4
Angestellte 3.920 9,7 7.065 1,8 35,7 7,9
Arbeiter 7.420 18,4 41.382 10,8 15,2 7,6
Lehrlinge 1.433 3,6 2.276 0,6 38,6 3,0
Taglöhner 1.170 2,9 72.725 18,9 1,6 16,0
mithelfende
Fam.-mitgl. 5.017 12,4 136.772 35,5 3,5 23,1
Zusammen 40.366 100 385.187 100 9,5

 
 



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