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geschichte artikel (Interpretation und charakterisierung)

Anfängliche euphorie und schnelle einsicht



"Jeder Stoß ein Franzos, jeder Schuß ein Ruß!" 2 Dies war eine der Inschriften auf den Militärzügen durch Köln kurz nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Kölner Bürger feierten die Mobilmachung des deutschen Heeres am 1. August 1914 mit Begeisterung. Es meldeten sich zahlreiche Freiwillige zum Wehrdienst, die vor-her gespannte Stimmung wechselte in nationalistische Euphorie. Zu dieser Zeit war der soziale Stand der Menschen in Köln recht komfortabel.
Nach den hohen Besucherzahlen im Februar 1914 beim Rosenmontagszug entwick-elte sich Köln zu einer Touristenattraktion. Museen wurden eröffnet, es gab zahl-reiche Kunstausstellungen, der botanische Garten "Flora" wurde im Mai 1914 eröffnet, neue Wohn- und Geschäftshäuser entstanden und schließlich öffnete auch das weltbekannte Warenhaus des Unternehmers Leonhard Tietz am 7. April 1914 seine Pforten. All das trug dazu bei, dass der Lebensstandard in Köln in die Höhe schoss.
Die anfängliche Euphorie der Kölner betreffend der Mobilmachung des deutschen Heeres schlug schnell in Angst und Schrecken um. Ein Reserveleutnant schrieb im August 1914 an seinen Bruder: "Der Krieg ist entsetzlich. Ich habe mir ihn zwar schlimm, aber nicht halb so furchtbar vorgestellt, wie er wirklich ist. Ich glaube bestimmt, dass ich nicht wiederkomme ... Ich habe in den zwei Tagen so Entsetz-liches erlebt und gesehen, dass ich mit meinen Nerven am Ende bin." 3 Schon nach ein paar Tagen sahen die Menschen in Köln ein, dass der Krieg nicht nur die Soldaten an der Front, sondern auch sie selbst erfasst hatte.
Mitte Januar 1915 beschloss der Bundesrat das sogenannte "Nachtbackverbot", welches die Herstellung von frischen Brötchen verbot, mit der Begründung, "diese seien ohnehin eine französische Erfindung". 4 Ca. 2 Monate später führte die Stadt Köln "Brotkarten" ein. Sie kontrollierten die Abgabe von Brot und Getreide und dienten so zur Rationalisierung zu Gunsten der Soldaten.
Es blieb nicht aus, dass in Folge des Krieges die Lebensmittelpreise im April 1915 stark anstiegen (siehe Tab.1) 5.

Tabelle 1

1 kg April 1914

Mark April 1915

Mark
Erbsen 0,40 1,30

Bohnen 0,42 1,30
Kartoffeln 0,09 0,18

Weizenmehl 0,40 0,60
Roggenmehl 0,28 0,52

Butter 2,60 3,40
Milch 0,22 0,26

Reis 0,40 1,20
Schinken 2,40 3,49

Koteletts 2,00 2,76

Durch die sogenannten "Hamsterkäufe" der Kölner Bürger zu Kriegsbeginn stiegen die Lebensmittelpreise drastisch an. Die Stadt Köln versuchte die hohen Preise zu drücken, indem sie die Angebotsmengen erhöhte. Dies konnte auf Dauer den Bedarf an Gütern jedoch nicht decken.
Anfang Februar 1916 wurde schließlich das "Sparbrot" (Abb.1) 6 eingeführt. Man rationalisierte die Brotration von 275g auf 250g pro Person und Tag. Im Juni 1916 wurden die "Brotkarten" durch die "Brotmarken" ersetzt. Ein weiteres Problem der Lebensmittelversorgung bestand beim Fleisch und bei den Kartoffeln. Fleisch wurde seit 1915 eingefroren um es später bei Bedarf auf den Markt zu bringen. Das Kriegsernährungsamt bestimmte nicht das nahegelegene Vorgebirge, sondern Bezirke in Bayern und Sachsen als Zulieferquelle der Kartoffeln. So kam es, dass wegen der Kälte während des langen Transportes nur erfrorene und somit ungenießbare Kartoffeln die Stadt Köln erreichten.
Einen Monat später richtete die Stadt Köln die im Volksmund genannten "Gulaschkanonen" (Abb.2) 7 ein. Diese sorgten dafür, dass die häufig hungernde Bevölkerung eine warme Mahlzeit zu sich nehmen konnte. Der Preis einer Suppe lag damals bei 30 Pfennigen.
Ein sehr kalter Winter im Februar 1917 ließ die Chancen auf ein Überleben der Kölner Bürger immer mehr sinken. Der Kohlenachschub war fast komplett zusammengebrochen, weil eine Zufuhr per Schiff nicht möglich war; der Rhein war vereist. Züge konnten ebenfalls nicht genutzt werden. Auch die Lebensmittel-versorgung stellte ein Problem dar. Die Kartoffelrationen wurden gekürzt, die Milch-rationen für kleinere Kinder konnten nun nicht mehr ausgeteilt werden. Das Volk hungerte und fror weiter.
Unter den gegebenen Umständen wurde in dieser Zeit viel gestohlen, Einkaufsläden und Lagerhäuser wurden überfallen und geplündert, Menschen liefen den Kohle-wagen hinterher um heruntergefallene Briketts aufzusammeln.
Am 31. Januar 1918 demonstrierten rund 10.000 Kölner Arbeiter gegen den Krieg, erste Anzeichen von Gegenwehr des Volkes machten sich breit.
Im Mai 1918 starteten die ersten Luftangriffe auf Köln, bei denen 41 Tote und 47 Verwundete zu beklagen waren. Fünf Monate später, im Oktober 1918, erfasste eine Grippeepidemie die Stadt Köln. Die Krankmeldungen stiegen um 6,5 %, zahlreiche Schulen mussten geschlossen werden. Wegen der mangelhaften Versorgung mit Lebensmitteln hatten viele Kölner der Epidemie keinerlei Abwehrkräfte entgegen-zusetzen. Am 11. November 1918 war der Erste Weltkrieg offiziell vorbei. 15.000 Kölner mussten in den vier Kriegsjahren an der Front und in der Stadt ihr Leben lassen. Nach der Besetzung Kölns durch die Briten am 6. Dezember 1918 besserte sich die Lage der Bevölkerung langsam aber sicher. Lebensmitteltransporte wurden wieder aufgenommen, die Zufuhr für Mehl und Kartoffeln wurde nun besser.

 
 

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