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geographie artikel (Interpretation und charakterisierung)

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Block ii: transformation und konversion nach dem ende der udssr



3.1 Systemtransformation In Kapitel 3.1 soll der Begriff Systemtransformation definiert und die verschiedene Varianten exemplarisch dargestellt werden. Weiter sollen die Bedingungen für eine erfolgreiche Systemtransformation sowie der Zusammenhang zwischen Systemtransformation und Konversion dargestellt werden.

3.1.1 Definition und Varianten
Ein System ist eine "Menge von geordneten Elementen mit Eigenschaften, die durch Relationen verknüpft sind. Die Menge der Relationen zwischen den Elementen eines Systems ist seine Struktur. Unter Element versteht man einen Bestandteil eines Systems, der innerhalb dieser Gesamtheit nicht weiter zerlegt werden kann. Die Ordnung bzw, die Struktur der Elemente eines Systems ist im Sinne der Systemtheorie seine Organisation. Die Begriffe der Organisation und der Struktur sind also identisch."
Transformation bedeutet Überleiten von einem ursprünglichen in einen neuen Zustand.
Systemtransformation bedeutet, daß die Eigenschaften aller Elemente im System und ihre Relationen zueinander verändert werden. Das Ergebnis dieser Veränderung ist dann eine neue Ordnung.
Wenn diese theoretische Definition auf Rußland angewendet wird, bedeutet Systemtransformation konkret, daß in Rußland ein Prozeß im Gange ist, in dem alle Elemente des System, also die Unternehmen, Institutionen, Ordnungsrahmen sowie die Bürger selber, sich verändern, auflösen oder neu entstehen und ihre Verhältnisse zueinander, also informelle, funktionelle, eventuell persönliche, neu ordnen, verändern, auflösen oder neu knüpfen.

Das Ergenbis dieses Prozesses kann niemand voraussehen. Fest steht nur, daß der monentane Prozeß eine "richtige" Systemtransformation ist, die "neben marktwirtschaftlichen Reformen und demokratischen Veränderungen in der Staatsordnung auch die die Transformation des Rechts, der Außen- und Innenpolitik, der Streitkräfte, der Kultur, der Medien, der Ausbildung usw. einschließt."
Im Zuge des Systemtransformationsprozesses werden viele verschiedene Varianten diskutiert, die alle eine andere Zielrichtung aufweisen. Eine Entwicklung hin zur Marktwirtschaft ist dabei nicht selbstverständlich. Es können aber drei Varianten genannt werden, die sich hauptsächlich in der Diskussion befinden.

1. Der frühere Wirtschaftsminister Lobow und der Vize-Ministerpräsident Soskowez setzen sich für eine wirtschaftliche Stabilisierung und Wiederbelebung durch die Wiederherstellung der staatlichen Lenkung ein. Sie denken dabei an einen staatsmonopolistischen Kapitalismus, der sich durch die Bildung von "Techno-industriellen Komplexen" oder "technischen Kooperationen" auszeichnet. In diesem Modell werden kleine und mittlere Betriebe der Bedingungen der Marktwirtschaft ausgesetzt und große Unternehmen in Konzernen zusammengefaßt. Diese Konzerne wären formell selbständig, unterstehen aber einer starken staatlichen Wirtschaftslenkung.
2. Der ehmalige Ministerpräsident Gaidar neigt hingegen zu einem amerikanischen Modell des Markts, in dem der Markt alle Regulierungen vornimmt.
3. Der derzeitige Ministerpräsident Cernomyrdin strebt ein Modell der sozialen Marktwirtschaft nach westeuropäischen (sogar: deutschen) Vorbild an. Cernomyrdin muß dabei aber gegen den Widerstand der Industrie-Direktoren, die die Selbstverantwortung scheuen, und deren Vertreter Lobow und Soskowez ankämpfen.

Welche Variante sich in Zukunft durchsetzten kann und welche für die russischen Betriebe am besten geeignet ist, kann heute sicher noch nicht gesagt werden.

3.1.2 Bedingungen für Systemtransformation, Konversion, Privatisierung und ausländische Investitionen
Die Bedingung für die Schaffung einer günstigen Lage für Systemtransformation, Konversion, Privatisierung und ausländischen Investitionen sind nach Höhmann und Meier die Lösung von fünf komplexen Aufgaben.

Diese Aufgaben sind:
1. Die makroökonomische Stabilisierung als Notwendigkeit für eine positive Entwicklung der Gesamtwirtschaft. Dazu gehört auch die Stärkung der Binnennachfrage, denn ein großes Problem der russichen Wirtschaft ist die Geringschätzung des eigenen Binnenmarkts
2. Der Aufbau eines marktwirtschaftlichen Ordnungsrahmens, der privaten Investoren Sicherheit gibt und die Verhältnisse zwischen Staat und Privatwirtschaft regelt.
3. Ein wirtschaftlicher Strukturwandel, der die vorhandenen Ressourcen zugungsten einer zukunftsorientierten und zivilen Produktion verteilt und auch Anreize für eine Investition im Standort Rußland liefert.
4. Eine soziale Flankierung der Folgen von Systemwechsel und Strukturwandel, die den Beschäftigten die Angst vor Veränderung und Selbstverantwortung nimmt.
5. Eine Neuordnung der Außenwirtschaft, die die russische Wettbewerbsfähigkeit auf den internationalen Märkten stärkt. Die Wettbewerbsfähigkeit sollte sich vor allem auf den zivilen Sektor verbessern.

Neben dem "Aufgaben-Modell" von Höhman/ Meier gibt es einen Ansatz von Ulrich Albrecht, der "systemische Erfordernisse" angibt. Albrecht schreibt, daß im in einem erfolgreichen Transformationsprozeß folgende Erfordernisse erfüllt werden müssen:


Es geht um Fragen nach:

1. Restriktionen der Transformations- und Konversionsvorgänge: Wenn unterstellt wird, daß Marktwirtschaften das Vorbild für den Transformationsprozeß sind, so sind die Budgetristriktionen das ausschlaggebende Moment der Entscheidungen der öknomischen Akteure, den Abrüstung und Konversion verursachen Kosten. Also hängen die Erfolge der Konversion und der Transformation von den finanziellen Möglichkeiten ab, die in Rußland beschränkt sind. Um die finanziellen Möglichkeiten zu verbessern, ist Rußland auf private ausländische Investitionen angewiesen bzw. auf Hilfen aus dem Ausland. Ein Beispiel für Hilfe aus dem Ausland ist das "Technical Assistance to the Commonwealth of Independent States"-Programm (TACIS) der Europäischen Union (vgl. Abb.: 3-1 TACIS Budget...). "Die Hauptursache für die ungünstige Lage für westliche Investoren sind politische und wirtschaftliche Instabilität, sowie das Fehlen stabiler Gesetze und Verordnungen, also stabile Regeln des Wirtschaftens." Erst wen diese Forderungen erfüllt sind, werden (können) ausländische Investitionen im stärkeren Umfang erfolgen.


2. Bedingungen der Kohärenz dieser Vorgänge: Kohärenz meint, daß alle am Transformationsprozeß beteiligten und die Prozesse selber untereinander und in sich stimmig sein müssen. Albrecht meint damit, daß zur Aufrechterhaltung der Reproduktionsfähigkeit der Gesellschaft alle Beteiligten "an einem Strang" ziehen müssen. Der Transformationsprozeß kann keinen Erfolg haben, wenn jeder seinen "eigenen Weg" geht.



3. Interferenzen der am Transformationsprozeß beteiligten Elemente: Die Frage lautet: "Wie beeinflussen sich die Elemente gegenseitig?" und "was sind die 'systemfremden Komponenten', die zu Störungen der Systemlogig führen?" (z.B. Ausnahme der Rüstungsindustrie aus dem Privatisierungsprozeß).


4. Regulationsformen: Damit das "System", das das Ergebnis des Transformationsprozesses sein wird, stabil bleibt, müssen neue soziale Institutionen und Organisationen dafür sorgen, daß die Akteure die neuen "systemischen Anforderungen" auch einhalten.

Abb. 3-1: TACIS-Budget: Darstellung nach Sektoren, 1991 - 1993



Millionen ECU


1: Nukleare Sicherheit
2: Neustrukturierung von staatlichen Unternehmen und Privatsektor-Entwicklung
3: Verwaltungsreform, Sozialwesen-Ausbildung
4: Landwirtschaft

5: Energie
6: Transportwesen

7: politische Beratung
8: Telekommunikation

9: andere Sektoren
10: Residuum
Quelle: Frank Borstelmann, "Multilateral and bilateral economics promotion programs for the CIS"

BICC Report 3, Bonn April 1995, Seite 82, eigene Darstellung


Beide o.g. Ansätze stellen eine Reihe von Anforderungen an den Transformationsprozeß. In den ersten zwei, drei Jahren nach der Auflösung der UdSSR konnte noch nicht gesagt werden, ob die Aufgaben und Anforderungen überhaupt bzw. in welchen Umfang erfüllt werden können.
Egal wie ein Transformationsansatz auch formuliert wird, eine große Aufgabe bzw. Herausforderung muß immer genannt werden. Diese Herausforderung ist die hochmilitarisierte Wirtschaft Rußlands in eine zivile zu transformieren, also Konversion zu verwirklichen. "Ein Mißlingen der Rüstungskonversion im Osten würde die Dynamik des gesamten Transformationsprozesses abbremsen." Deshalb ist es wichtig den elementaren Zusammenhang zwischen Systemtransformation und Konversion zu erkennen.

3.1.3 Zusammenhang zwischen Systemtransformation und Konversion
Der Konversionsprozeß in Rußland weist zwar in mancher Hinsicht die gleiche Struktur wie Konversionsprozesse in westlichen Staaten auf. Gemeinsamkeiten zwischen Konversion in Rußland und in westlichen Staaten gibt es beim Rückgang der militärischen Beschaffung sowie der Reaktionen der Rüstungsunternehmen. Er hat aber durch die gleichzeitig stattfindene Systemtransformation, deren Ergebnis heute noch nicht absehbar ist, eine andere Qualität. Hinzu kommt, daß das Ausmaß der Rüstungsproduktion in der UdSSR viel höher war als anderswo.

Deswegen ist dem Gelingen der Konversion in Rußland eine viel höhere Bedeutung zuzumessen. "Konversion und Transformation haben die gleiche Aufgabe zu lösen: die strukturellen Defizite und Deformationen der Wirtschaft sowjetischer Prägung zu beseitigen sowie die dafür notwendigen marktkonformen ökonomischen Mechanismen und Organisations- und Entscheidungsstrukturen zu schaffen. Insofern sind sie hinsichtlich ihres Erfolgs unmittelbar miteinander verknüpft."

3.2 Veränderung der Struktur der Rüstungsausgaben und Produktion
Das Ende der UdSSR markierte einen großen Einschnitt in die wirtschaftliche Struktur. Die Absatzgrantien gewohnte russische Rüstungsindustrie mußte feststellen, daß ihre Produkte sich nicht mehr von alleine verkauften, weil der Staat seine Nachfrage nach Rüstungsgütern wegen des Ende des kalten Kriegs und der desulaten Haushaltslage stark einschränkte. Ein geplantes Gesetz der Russischen Förderation "Über den staatlichen Rüstungsauftrag", das die militärische Beschaffung neu regeln soll, ist nocht nicht vom Gesetzgeber verabschiedet worden. Das im März 1992 verabschiedete Konversionsgesetz, das einen Ordnungsrahmen für die Rüstungskonversion herstellen soll, bewirkt in der Praxis wenig, weil es der Entwicklung nicht Schritt hält.
Insgesamt wurden die Ausgaben für die militärische Beschaffung 1992 gegenüber 1991 um 68% gekürzt. Die Kürzung fiel drastischer aus, als von vielen Rüstungsbetrieben erwartet. Dieser unvorbereitete Auftragsrückgang, z.T. wurden komplette Aufträge storniert, hatte dramatsiche Folgen. Die leichte Erhöhung der Rüstungsausgaben von 1992 auf 1993 konnte die Situation für die Betriebe nicht verbessern. Erschwerend kam hinzu, daß die russische Regierung bei den Rüstungsunternehmen mit ca. 400 Milliarden Rubel verschuldet ist. Eine Stabilisierung der Auftragslage konnte nur für im "dual-use"-Bereich tätige Unternehmen realisiert werden.
Der Anteil für militärische Beschaffung innerhalb der Verteidigungshaushalts wurde stärker als die anderen Bereiche gekürzt. Der Anteil Beschaffung am Haushalt lag 1991 bei 37,3% und 1992 bei 16,1%. Der Anteil für Unterhalt und Betrieb hingegen stieg von 1991 33,4% auf 1992 54,7%. Aber auch die Ausgaben für Forschung und Entwicklung wurden
verringert. 1991 hatten sie einen Anteil von 16,7% am Verteidigungshaushalt. 1992 betrug der Anteil nur noch 10,6%.

Aber nicht nur für die Rüstungsindustrie hat sich die Lage geändert, auch zivile Unternehmen haben Schwierigkeiten sich den neuen Bedingungen anzupassen. Die frühere Mangelwirtschaft verwandelt sich zunehmend in eine Wirtschaft der Absatzkrise. Vorallem im Investitionsgüterbereich hat das Ausbleiben von staatlichen Aufträgen, der Rückgang der Investitionsrate sowie die Konfrontation mit konkurrierenden Angeboten von westlichen Firmen zu großen Schwierigkeiten geführt.

Abb. 3-2: Ausgabenstruktur des Wehrbudgets 1989-1994 (in %)

Ausgabenart: 1989 1990 1991 1992 1993 1994
Unterhalt, Betrieb 26,13 27,20 33,40 54,70 49,95 54,41

Beschaffung

42,17 43,70 37,30 16,10 18,28 20,78

Rüstungs-
forschung 19,79 18,60 16,70 10,60 7,22 5,99

Residuum

11,91 10,50 12,60 18,60 24,55 18,82
Zusammen 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00



Quelle: Bundesinstitut für ostwissenschaftliche und internationale Studien, Aktuelle Analysen, Nr. 46/ 1994, Seite 4, eigene Darstellung


3.3 Anpassung und Umstellung der Rüstungsindustrie auf die geänderten gesamtwirtschaftlichen Bedingungen
In diesem Kapitel sollen die Reaktionen der Unternehmen auf die geänderten gesamtwirtschaftlichen Bedingungen und die daraus resultierenden Strategien aufgezeigt werden. Die Auswirkungen auf die Beschäftigung wird auch untersucht.

3.3.1 Strategien der Rüstungsunternehmen
Die geänderten gesamtwirtschaftlichen Bedingungen nach dem Ende der UdSSR verursachten verschiedene Reaktionsmuster und Strategien bei den Rüstungsunternehmen in Rußland. Die entwickelten Strategien ähneln denen der westlichen Rüstungsunternehmen. Die Situation der Rüstungsunternehmen in Rußland stellt sich aber wesentlich schlechter dar. Zu einem weil "ziviles Marketing-Know-How" aufgrund der schlechten Finanzlage nicht einfach eingekauft werden kann, was auch für das Stichwort "Diversifikation" gilt . Zum anderen weil ein großer Teil der Betriebe ausschließlich Rüstungsgüter hergestellt haben. Und wenn zivile Produktion in einem Rüstungsbetrieb vorhanden war, betrug der Anteil selten mehr als fünf Prozent.
Es können nun zwei wesentliche "Strategie-Blöcke" unterschieden werden. Der erste Block beinhaltet die "Strategie des Überwinterns" und der zweite die "Strategie der Ausweitung der zivilen Produktion"
Unternehmen, die der Strategie des Überwinterns anhängen, gehen davon aus, das die Rüstungsproduktion langfristig fortgesetzt wird. Im Vordergrund steht dabei der Export von Rüstungsgütern. Der Rüstungsexport war einer der wenigen Wirtschaftszweige in der UdSSR, der wirklich dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt war. Und für einige Unternehmen könnte diese Strategie aufgehen. Der Konversionsberater von Präsident Jelzin Maley forderte im Februar 1992, daß der russische militärisch-industrielle-Komplex zu einer Waffenexportindustrie umgewandelt werden soll. Diese Forderung kann aber langfristig die Lösung der wirtschaftlichen Probleme verhindern. Reformen werden hinausgeschoben.
Hinzu kommt, daß durch den Export der nationale Auftragseinbruch nicht ausgeglichen werden kann.
Einige Rüstungsunternehmen glauben an eine baldige Fortsetzung der nationalen Rüstung. Die ablehnende Haltung gegenüber Konversion und Veränderungen im allgemeinen hat ihre Wurzeln nicht nur in den schlechten Zukunftsaussichten sondern auch in der Realitätsferne und Inflexibilität des Managements. Die Hoffnungen der Unternehmen richten sich auf staatliche Subventionen, mit denen das monentane "Produktions-Tal" überbrückt werden soll. Einschneidene Produktions- und Strukturveränderungen stehen für die Unternehmen, die der Strategie des Überwinters anhängen, nicht zu Debatte.
Die Ablehnung von Veränderungen hängt zum einem mit (fragwürdigem) Prestige zusammen und zum anderen mit der Angst, wenn im "Ernstfall" ihre Produktion gebraucht werden sollte, nicht in der Lage zu sein, Rüstungsproduktion zu betreiben.
Andere Rüstungsunternehmen setzen auf die Ausweitung der zivilen Produktion. Zu einem versuchen "High-Tech"-Rüstungsunternehmen sowie im "Dual-use"-Bereich tätige Unternehmen, ihre technische Erfahrung in zivile Produkte einzubringen. Es handelt sich hauptsächlich um Unternehmen, die in den Bereichen Nachrichtentechnik, Luft- und Raumfahrt und Schiffbau tätig sind. Schiffbauunternehmen können häufig westliche Aufträge bekommen, weil eine arbeitsintensive "Großschiff-Fertigung" wegen der niedrigen Löhne in Rußland aktraktiv ist. Zum anderen gibt es Unternehmen, die ihre bisherigen Produktionspotentiale nicht ohne weiteres für eine zivile Produktion nutzen können. Sie haben Schwierigkeiten mit einer Umstellung aud zivile Produkte. Zwar werden Konsumgüterproduktionen ausgebaut, die in der Vergangenheit schon vorhanden waren, weil der Staat den Rüstungsunternehmen schon zur Zeit der UdSSR "zivile Produktion verordnete", jedoch ist die Produktivität dieser zivilen Bereiche im Vergleich zu traditionell zivilen Unternehmen gering. Die geringe Produktivität liegt an der Geringschätzung von zivilen Produktionsalternativen sowie dem Prestigedenken der Rüstungsfirmen. Aber auch an der Notwendigkeit des Einsatzes anderer Technologien. So wurde versucht, in einem ehemalige Geschoß-Unternehmen Schuhe herstellen zu lassen oder Kaffemühlen bei einer Firma des Schwermaschinenbaus zu fertigen.
Bessere Aussichten auf Erfolg haben zivile Alternativen, wenn sie von den betroffenen Unternehmen selber vorgeschlagen worden sind. Ein Beispiel ist die Werft "Baltiskij
Zavod", die den Innenausbau ihrer Kriegsschiffe selber vorgenommen hatte und nun dieses Wissen für den Bau von Möbeln gebrauchen kann.
Aber auch kleine Kontruktionsbüros haben gute und auch marktfähige Produktideen. Ihr Manko ist, daß sie nur über einen kleinen Musterbau verfügen und nicht über Kapazitäten zur Serienfertigung.
Aufgrund der oben dargestellten Sachverhalte bezüglich der Möglichkeiten der Produktionumstellung kommt Petra Opitz zu folgendem Fazit: "Eine direkte Ausrichtung der vorhandenen Potentiale auf zivilen Bedarf ist nur in den seltensten Fällen möglich, ansosnten unsinnig. Notwendig ist die grundsätzliche Umgruppierung vorhandenen Wissens und konzentrierte Ausrichtung auf neue zivile Zielsetzungen. (...) In der fehlenden Bereitschaft zur Produktionsaufnahme (Serienfertigung) spiegelt sich ein weiterer hemmender Effekt wider - die Geringschätzung des entstehenden russischen Binnenmarkts"

3.3.2 Auswirkung auf die Beschäftigung
Aussagen über die Auswirkung der Auftragsrückgänge im Rüstungssektor sowie der ansatzweisen Umstellung auf zivile Produktion zeichnen ein zum Teil widersprüchliches Bild der Beschäftigungslage.
Petra Opitz schreibt, daß obwohl nur für 2/3 der Beschäftigten Arbeit vorhanden ist, kaum Entlassungen stattfinden. Viele Mitarbeiter bleiben als Kurzarbeiter in den Betrieben. Entlassungen hat es nur bei Leuten im Vorruhestandsalter sowie bei Frauen gegeben. Rentable Betreibszweige "füttern" die Kurzarbeiter mit durch. Auf Massenentlassungen wurde wegen der Angst vor politischer Instabilität sowie der geringen Vorbereitung der Bevölkerung auf dieses Phänomen verzeichtet. Die Folge davon ist, daß der Durchschnittsverdienst in der Rüstungsindustrie sich inzwischen am unteren Ende des allgemeinen Durchschnittsverdients bewegt.
Das BICC hingegen berichtet von einem starken Rückgang der Beschäftigung im Rüstungssektor. Der Rückgang ist aber unterproportional zu dem Rückgang der Rüstungsproduktion. Die Beschäftigung im Rüstungssektor sank von 1991 auf 1992 um 9%
während die Produktion um 37% zurückging. Von 1992 auf 1993 sank die Beschäftigung um 12% und die Produktion um 30%.

Abb. 3-3: Rückgang der Produktion und Beschäftigung

Quelle: BICC Report 3, April 1995, Seite 57, zitiert nach "Center for Economic Forecasting"

Das Diagramm macht aber einen Trend deutlich: Während der Rückgang der Produktion abnimmt, nimmt der Rückgang der Beschäftigung zu.

Ein weiteres Problem der Rüstungsindustrie ist das Abwandern der Fachleute in andere Branchen, was von der Rüstungsindustrie z.T. mit Unverständnis quittiert wird. Man erkennt nicht, daß die Qualifikation der Mitarbeiter dann zerstört ist, wenn sie nicht mehr gebraucht wird.


3.4 Exemplarische Darstellung der Situation nach dem Ende der UdSSR

Beispiel für "gelungene Konversion" und wie Kooperation mit dem Westen zu stande kommt:

Eine deutsche Absolventin einer Kunsthochschule übernahm in St. Petersburg einen Design-Auftrag für die Ausgestaltung einer neuen deutschen Kneipe. Dort lernte sie russiche Rüstungsfachleute kennen, die ihr von ihren Problemen berichteten. Die Absolventin erzählte den Russen von deutschen Sozialwissenschaftlern, die sich schon längere Zeit mit der Konversionsproblematik befaßten. So kam der Kontakt mit deutschen Hochschulen zustande. Deutsche Studenten arbeiteten als Ersatz für teuere Consulting-Firmen in Rußland.

Das erste konkrete Projekt wurde mit den Kirow-Werken in Angriff genommen. Dort sollte von der Panzer- auf die Staubsaugerproduktion umgestellt werden. Doch dort hatte man große Probleme, weil die großen Hallen mit den schweren Kränen nicht gut für den Staubsaugerbau geeignet waren. Auch fehlte das Know How. Der erste Satubsauger-Prototyp wurde im Design einem Panzer nachempfunden. Dieser Staubsauger war aus mehrere Millimeter dickem Stahl, zu schwer zum Tragen und äußerlich wenig attraktiv. Um die Attraktivität des Saugers zu steigern, schlugen die deutschen Berater vor, den Staubsauger zu emaillieren. Die Rüstungsmanager erwarben den dazu notwendigen Ofen und die Fliesen für den Untergrund des Ofens in Deutschland. "Sie wußten einfach nicht, wo man dergleichen in Rußland bekommen kann. Das Beispiel mag absurd erscheinen, charakterisiert aber die prekäre Situation der russischen Rüstungsindustrie in den ersten Jelzin-Jahren nur zu gut."


Stand der Privatisierung / ausländische Investitionen Ende 1992:

Ende 1992 gab es mehr als 4500 Unternehmen mit ausländischer Beteiligung. Davon funktionierten aber nur 1/3. Das gesamte Grundkapital dieser Betriebe betrug 9 Mrd. Rbl. Der ausländische Anteil betrug dabei 6.5%.
In diesen Betrieben arbeiten 170000 Menschen (0,2% aller Beschäftigten in der Volkswirtschaft), der Produktionsumfang beträgt aber 101 Mrd.Rbl., das sind 1.5% des BSP.
Die Tendenz ist positiv. 1992 gab 500 neue Registrierungen. Die Tatsache, daß mit Hilfe westlichen Know-Hows höhere Produktivitäten erreicht werden können, läßt die Hoffnung zu, daß bei richtiger Organisation die russiche Wirtschaft "wieder auf die Beine kommt" und auf ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit erhöhen kann.

 
 

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