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deutsch artikel (Interpretation und charakterisierung)

Inhaltsangabe: tonio kröger vonthomas mann


1. Drama
2. Liebe



Die Novelle beginnt mit Episoden aus der Jugend Tonios. Er ist anders als die anderen, als seine Mitschüler, als sein Freund Hans Hansen, der Pferdebücher liebt und Reitstunden nimmt, während Tonio schon ein Heft mit eigenen Versen hat, was ihm bei Lehrern und Mitschülern sehr schadet. Er selbst empfindet es als ungehörig, Verse zu machen und damit seine Zeit zu vertun, statt nützliche und praktische Dinge zu betreiben. Es erscheint ihm auch falsch, dass er ein schlechter Schüler bleibt, während Hans Hansen Primus ist. Er findet es richtig, dass sein Vater \"ein langer, sorgfältig gekleideter Herr, der immer eine Feldblume im Knopfloch trug\", über ihn bekümmert und erzürnt ist. Die heitere Gleichgültigkeit der Mutter \",die Consuela hieß und überhaupt anders war als die anderen Damen der Stadt\", erscheint ihm \"ein wenig liederlich\". Aber er will und kann sich nicht ändern, auch sein schlechtes Gewissen weist ihm keinen Weg dazu, anders als \"fahrlässig, widerspenstig und auf Dinge bedacht\" zu sein\", an die sonst niemand denkt\". Aber er findet: \"Wenigstens gehört es sich, daß man mich ernstlich schilt und straft dafür, und nicht mit Küssen darüber hinweggeht. Wir sind doch keine Zigeuner im grünen Wagen, sondern anständige Leute, KonsulKrögers.\" Damit ist eines der durchgeführten Themen leitmotivisch angeklungen, der Konflikt zwischen Künstler und Bürger, zwischen der individuellen schöpferischen Freiheit, die der Künstler braucht, und dem Leben in der wohlgeordneten bürgerlichen Gesellschaft derer, die Handel treiben, die Hansestadt nach traditionellen Grundsätzen regieren und im übrigen so leben, wie man in solchen Kreisen eben lebt. Das Bild ist hier der grüne Wagen für die innere Heimatlosigkeit des Künstlers, für seine Isolierung in der Welt, aus der er kommt, und der anständige Bürger, der eigentlich ein durchschnittlicher Mensch, aber dafür ein in bestimmte Ordnungen eingefügtes Wesen ist, für die Gegenwelt des vereinsamten Künstlers. In gleicher Formulierung oder in geringer Variation tauchen diese Motive immer wieder auf, sie werden zu Leitmotiven, die das Werk in der sinfonischen Technik Wagners zur Einheit zusammenschließen. Tonio Kröger weiß schon als Kind um die ganze Schwere des Andersseins. So empfindet er \"eine neidische Sehnsucht\" nach dem Leben derer, die wie Hans Hansen \"stets auf eine wohlanständige und allgemein respektierte Weise beschäftigt\" sind. Glücklich ist er, als Hans Hansen ihm verspricht, \"Don Carlos\" zu lesen. Aber es bedarf keiner großen Weisheit zu erkennen, dass Hans Hansen für den König, der weint, weil er unglücklich ist, in seiner Welt der Pferde und der realen Helden keinen Platz hat.

Die nächste Episode führt Toni Krögers erste Liebe vor. Sie galt der blonden Ingeborg Holm, als er sechzehn Jahre alt war. Natürlich beachtet sie ihn nicht, weil er ihr fremd ist. Der erste selbstvergessene Versuch der Annäherung endet für ihn mit einer peinlichen Blamage in der Tanz- und Anstandsstunde beim Tanzlehrer Frangois Knaak, dem etwas angestaubten, aber gerade deshalb richtigen Meister der bürgerlichen Durchschnittswelt. Tonio aber fasst aus der inneren Einsamkeit den selbstquälerischen Entschluss, seiner Liebe treu zu sein, nicht, weil ihn ein unwiderstehliches Gefühl treibt, sondern weil sie so anders ist als er; blond, licht, übermütig, gewöhnlich, das heißt hier: alltäglich, weil er von ihr und ihrer Welt ausgeschlossen, ihr ewig fremd ist. So geht er achtlos vorbei an der dunkeläugigen Magdalena Vermehren, die weiß, dass er Verse schreibt, und ihn bittet, sie ihr zu zeigen. Seine Sehnsucht gilt der anderen Welt, die ihn nicht aufnimmt, und in die er auch keinen Zugang finden könnte, ohne sich selbst aufzugeben.

Rasch wird dann die weitere Entwicklung Tonio Krögers fast skizzenhaft dargestellt. Der Vater stirbt, die alte Krögersche Firma wird aufgelöst, die schöne, feurige Mutter heiratet nach Jahresfrist einen Musiker mit italienischem Namen und zieht mit ihm in die blaue Fernen. Ohne Schmerz zu empfinden, verlässt auch Tonio die winkelige Heimatstadt. Er ergibt sich der Kunst, der Literatur. Aber je mehr sich sein Blick für die Menschen schärft, um so einsamer wird er, \"weil es ihm im Kreise der Harmlosen mit dem fröhlich dunklen Sinn nicht litt\". In seiner Kunst reift er in großen Städten und im Süden, sein Herz indessen bleibt tot. Wohl gerät er \"in Abenteuer des Fleisches\", aber sie erwecken in ihm nur \"Ekel und Haß gegen die Sinne\" und \"ein Lechzen nach Reinheit und wohlanständigem Frieden\". Er empfindet seinen Weg als Irrweg, er ist \"doch kein Zigeuner im grünen Wagen, von Haus aus...... Aber er wuchs in seiner Künstlerschaft.\" "Voll Humor und Kenntnis des Lebens\" ist sein Werk und findet bald Anerkennung und Erfolg. Er selbst aber bleibt dabei nach außen \"grau und unauffällig\", ein Bürger in sorgfältiger Kleidung, wie er sie vom Vater gewöhnt war, aber ein Bürger, der davon wusste\", dass gute Werke nur unter dem Druck eines schlimmen Leides entstehen, daß, wer lebt, nicht arbeitet, und daß man gestorben sein muß, um ganz ein Schaffender zu sein\". Tonio bleibt auch als Schaffender ein Bürger, der ausgeschlossen ist von der solide Arbeit leistenden und Grundsätze verfolgenden, in festen Bahnen denkenden Bürgerlichkeit, aber auch von der alle Grundsätze aufgebenden, nur frei und ganz sich selbst lebenden künstlerischen Boheme, er vermag, eben weil er bürgerlich bleibt, nirgendwo zu wurzeln.

Fast ein Viertel der Novelle nimmt das Gespräch Tonios mit der Malerin Lisaweta lwanowna, der mütterlichen Freundin, in ihrem Atelier ein. Es ist eigentlich ein Monolog Tonios, denn Lisaweta macht nur einige Zwischenbemerkungen, die im Grunde den Gedanken nicht fördern, und wo sie Einwände machen könnte, schneidet Tonio ihr von vornherein das Wort ab. Es geht um Kunst und Leben. Tonio erkennt, dass die Begabung für Stil, Form und Ausdruck das kühle und wählerische Verhältnis zum Menschlichen, ja eine gewisse menschliche Verarmung und Verödung voraussetzt. Das Gesunde, findet er, hat keinen Geschmack, es ist aus mit dem Künstler, sobald er ein Mensch wird und zu empfinden beginnt. Darum schämt er sich ein wenig seines Künstlertums, er sieht und fühlt, dass seine Leser ihn falsch sehen, wenn sie durch sein Werk zu einem warmen menschlichen Gefühl kommen, während er selbst nichts davon weiß. Nicht als Beruf, sondern als Fluch empfindet er die Literatur, die den Künstler von den Menschen trennt, Abgründe zwischen ihm und den anderen aufreißt, bis schließlich keine Verständigung mehr möglich ist. Das Wissen über sich selbst und das künstlerische Schaffen ist die wahre
Tragödie des Künstlers. Tonio fühlt sich in der Situation Hamlets, \"dieses typischen Literaten\". Es bleibt aber die ungestillte und unerfüllbare Sehnsucht nach dem Lebern, das sich nicht als das Ungewöhnliche, das Einmalige darstellt, sondern als \"das Normale, Wohlanständige und Liebenswürdige\". Der ist kein Künstler, \"dessen letzte und tiefste Schwärmerei das Raffinierte, exzentrische und Satanische ist, der die Sehnsucht nicht kennt nach dem Harmlosen, Einfachen und Lebendigen, nach ein wenig Freundschaft, Hingabe, Vertraulichkeit und menschlichem Glück, - die verstohlene und zehrende Sehnsucht nach den Wonnen der Gewöhnlichkeit\". Tonio bekennt, dass es für ihn keinen Weg zur bürgerlichen Welt zurück gibt, aber mit Entschiedenheit sagt er sich los von den \"Dämonen, tiefen Unholden und erkenntnisreichen Gespenstern\", von den Literaten denen er allenthalben begegne. Lisaweta aber erkennt die Wurzel all seiner Probleme: Tonio ist \"ganz einfach ein Bürger", \"ein Bürger auf Irrwegen, ein verirrter Bürger".

Der zweite Teil der Novelle bringt gewissermaßen eine Umkehr des bisherigen Verlaufes. Tonio erklärt Lisaweta, dass er nach Dänemark in die Heimat Hamlets, reisen will. Vorher aber fährt er noch einmal in seine Vaterstadt, wo er einen kurzen, seltsamen Aufenthalt erlebt. Winzig und winkelig erscheint ihm das Ganze. Verloren und einsam geht er durch anvertraute und doch fremde Gassen. Niemand erkennt ihn wieder, ja, man begegnet seinem in dieser betriebsamen Stadt wunderlich erscheinenden Gehabe mit ziemlich unverhohlenem Mißtrauen. Sein Vaterhaus ist Heim einer Volksbibliothek geworden, er kann es nur unter Vorwänden wiederbesuchen. Die Heimat hat ihn vergessen. Mit einem komischen, aber von ihm wie ein Sinnbild genommenen Intermezzo endet sein kurzer Besuch in der Vaterstadt. Die mehr rührige als findige Polizei vermutet in ihm einen wegen verschiedener Betrügereien und anderer Vergehen gesuchten Hochstapler, der sich auf der Flucht nach Dänemark befindet. Ohne den diensteifrigen Polizisten ganz Überzeugen zu können, vermag er schließlich die Weiterreise nach Dänemark anzutreten.

In der absoluten Fremde aber gewinnt er neue Klarheit über sich selbst und seine Aufgabe. Als der Herbst schon vorrückt, hat er ein Erlebnis, das sich ihm bedeutsam mit seiner Jugend verbindet. Eine Gesellschaft, eine Landpartie kommt in den einsamen Badeort, den er als Aufenthalt wählte, und sie veranstaltet hier eine Reunion, ein Tanzvergnügen. Als unbeteiligter Zuschauer bleibt er draußen. Aber plötzlich geschieht dies. \"Hans Hansen und Ingeborg Holm gingen durch den Saal.\" Natürlich ist es ein fremdes dänisches Paar. Aber es erweckt in ihm plötzlich die ganze Sehnsucht seiner Jugend und seines Lebens erneut, die Sehnsucht nach der blonden und blauäugigen Gewöhnlichkeit, nach ihrer Gradlinigkeit und Problemlosigkeit, nach dem einfachen Leben. \"Und plötzlich erschütterte das Heimweh seine Brust mit solchem Schmerz, dass er unwillkürlich weiter ins Dunkel zurückwich, damit niemand das Zucken auf seinem Gesicht sähe.\" Auch ein Mädchen, das unbeobachtet und hilflos in der Gesellschaft bleibt, dem er schließlich in einer peinlichen Situation, als es beim Tanzen hinfällt, hilft, ist da, das Bild der Magdalena Vermehren aus Herrn Francois Knaaks Tanzstunde. Es drängt ihn, sich vor der Gesellschaft auszusprechen, aber er findet keinen Weg dazu und man würde ihn auch nicht verstehen. Obwohl er nur zuschaut, ist er wie berauscht von dem Feste. Als er sich schließlich zurückzieht, überblickt er sein bisheriges Leben, das sich \"haltlos und unter Gewissensnöten zwischen krassen Extremen\" bewegte, \"zwischen Heiligkeit und Brunst hin- und hergeworfen, raffiniert, verarmt, erschöpft von kalten und künstlich erlesenen Exaltationen, verirrt, verwüstet, zermartert, krank", - er "schluchzt vor Reue und Heimweh\".

Aus diesem Erleben aber erwächst ihm eine neue Auffassung von seinem künstlerischen Beruf und eine neue Liebe zu ihm, die er in dem versprochenen Brief an Lisaweta niederlegt. Sie hatte recht, als sie ihn einen in die Kunst verirrten Bürger nannte. Er steht zwischen den Welten und ist in keiner daheim. Aber die Sehnsucht, die dem Bürgertum gilt\", den Wonnen der Gewöhnlichkeit\", wie es leitmotivisch heißt, ist ihm Bedingung seiner Kunst. Er bewundert die \"Stolzen und Kalten, die auf den Pfaden der großen, der dämonischen Schönheit abenteuern und den Menschen verachten\", aber er beneidet sie nicht. Was ihn aus einem Literaten zum Dichter machte, war seine \"Bürgerliebe zum Menschlichen, Lebendigen und Gewöhnlichen\". Aus ihr kommt \"alle Wärme, alles Gute, aller Humor", fast will ihm scheinen, \"als sei sie jene Liebe selbst, von der geschrieben steht, dass einer mit Menschen- und Engelszungen reden könnte und ohne sie doch nur ein tönendes Erz, eine klingende Schelle sei\". Aus dieser Liebe wird er Besseres schaffen. Die Gegensätze sind geschlichtet und zum mindesten ausgeglichen, einer Versöhnung zugänglich gemacht. Das Entweder-Oder genügte nicht.

 
 



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