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deutsch artikel (Interpretation und charakterisierung)

Fausts visionen


1. Drama
2. Liebe

Zu Beginn des ersten Teils lernen wir Faust als einen von Wissbegierde und grenzenlosem Tatendrang getriebenen Menschen kennen, den es danach drängt zu erkennen, \"was die Welt/ Im Innersten zusammenhält\" (V. 543). Den Vertrag mit Mephistopheles, der ihm die Erfüllung seines Wunsches nach höchster Lebenintensität verspricht, bekräftigt Faust abschließend mit den Worten:

\"Werd\' ich zum Augenblicke sagen:<
Verweile doch! du bist so schön!
Dann magst du mich in Fesseln schlagen,
dann will ich gern zugrunde gehn!\" (1699-1702)

Am Ende eines langen und ereignisreichen Lebens, als ein von der Sorge geplagter und blinder alter Mann, der sich der Ziel- und Nutzlosigkeit seines bisherigen Treibens sehr wohl bewusst ist (\"Ich bin nur durch die Welt gerannt \", V.11433), fasst er, schon am Grabe stehend, den Entschluss zu seiner letzten großen Tat, nämlich den Grund und Boden für eine glückliche Völkergemeinschaft zu schaffen. Zwar ist er blind, allein im Innern leuchtet helles \"Licht\" (V.11500), und so hat er die Vision von Lebenräumen, in denen \"viele Millionen,/ Nicht sicher zwar, doch tätig-frei (...) wohnen\" werden. Es ist die Utopie einer Gemeinschaft von \"kühn-emsigen Völkerschaften\" (11567), beseelt von \"Gemeindrang\" (11573) und immer bereit, die gefährdete Freiheit täglich neu zu erobern. Die Verwirklichung seiner Utopie lässt er nun vor seinem inneren Auge vorbeiziehen, und sieht jenen Augenblick kommen, zu dem er wohl sagen könnte:
\"Verweile doch, du bist so schön!\" (11581)

Daraus kann Mephistopheles - nicht zu Unrecht - den Schluss ableiten, die Wette mit Gott gewonnen zu haben, denn Faust genießt schon jetzt im
\"Vorgefühl von solchem hohen Glück/ (...) den höchsten Augenblick\" (11585/6).

Aber hier muss man genau hinhören: Dieser Augenblick ist ein konjuktivischer (\"dürft ich ... sagen\"), keine reale Gegenwart, vielmehr ein utopischer Entwurf. Dieser Augenblick umgreift den Soll-Zustand einer Gemeinschaft, welche zwar glücklich, aber nicht satt, faul und wohlgefällig ist, vielmehr tätig, tapfer, gemeinsinnig und immer in ihrem Bestand gefährdet! In dieser Vision hat sich Faust zur höchsten Erkenntnis emporgearbeitet, derer er fähig ist, nämlich zum Gegenentwurf seines eigenen bisherigen Daseins: Statt Alleinanspruch des genialen Einzelnen nun die Gemeinschaft der Freien, statt Befreiung aus allen (religiösen, moralischen, wissenschaftlichen) Bindungen nun die bedingte Freiheit in der Unterordnung unter das Gemeinwohl; und schließlich statt ewiger Unzufriedenheit mit sich und der Welt nun die einsichtsvolle Zufriedenheit des sich immer strebend Bemühenden.

Dem Wortlaut nach hat Faust vielleicht die Erlösung verwirkt, in seinem Handeln und seiner letzten Vision jedoch bestätigt sich nichts anderes als der große göttliche Plan. Dieser ist verstehbar als eine Art kosmologische Dialektik: Es sind die Widersprüche, die der Naturelemente (vgl. im Prolog den Gesang der drei Erzengel) ebenso wie die der menschlichen Gefühle (Faust:\"zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust\" V.1112), die alles Geschehen vorantreiben: Aus These und Antithese wird Synthese, aus Sein und Nichts wird Werden. Es herrscht eine immerwährende Antithetik, welche zur Synthese drängt. So hat alles in diesem Plan seinen Platz! Auch der Teufel als jene Kraft der Negation, welche moralisch zwar böse, in der großen dialektischen Bewegung des Vorwärtsstrebens aber nützlich ist (vgl. V.338 ff).

In diesem Plan ist der Mensch von Grund auf gut, als Ebenbild Gottes trägt er Göttliches in sich, möge dies nun \"Urquell\"(324), \"Liebe\" (347) oder das \"Ewig-Weibliche\"(12110) genannt werden. Er ist auch in der Lage, die Widersprüche seiner Seele und seines Daseins, auszubalancieren, aus Vernunft und Gefühl, aus Verstand und Begierde eine fruchtbare Synthese herzustellen. Wenn der Mensch bemüht ist, sich zu vervollkommnen und mit seinen Talenten zu wuchern, so wird dies nicht ohne Anfechtungen des Bösen und gewaltige Irrtümer abgehen, wichtig ist aber, dass der Mensch unbeirrbar an seiner Suche nach einem Höheren, sei es Glück, sei es Erkenntnis, sei es Gemeinschaft, festhält, darin verwirklicht er das Göttliche in sich, verdient sich die Liebe gar von \"oben\" (11938/9) und qualifiziert sich als erlösungswürdig:

 
 

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