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deutsch artikel (Interpretation und charakterisierung)

Der sandmann


1. Drama
2. Liebe



I. Einleitung A. Vorwort /> Im Rahmen meiner Facharbeit werde ich mich mit der 1915 geschriebenen Novelle \"Der Sandmann\" aus Ernst Theodor Amadeus Hoffmanns \"Nachtstücken\"[1], welche 1817 veröffentlicht wurden, beschäftigen. Meinen Schwerpunkt werde ich dabei auf das Motiv der Automaten[2] legen, da diese, als eine neue Entwicklung der Zeit, die Menschen faszinierten und sich deshalb auch besonders häufig in der Literatur wieder fanden. Doch bereits in den "Metamorphosen"[3] des Ovid wurde die Vorstellung von künstlichen Menschen aufgegriffen und setzte sich in der griechischen Mythologie mit der Sage des Prometheus[4] fort. Aber auch bekannte Schriftsteller des 18. und 19. Jahrhunderts, in der Zeit, als die Entwicklung der Automaten in der Hochblüte war, integrierten diese neuen Errungenschaften in ihren Werken. Unter anderem ,schuf' Goethe einen Homunculus[5] im zweiten Teil seines "Faust" und auch der weltbekannte Roman "Frankenstein" von Mary Shelley erschien 1818, ein Jahr nach der Publikation der "Nachtstücke". Hoffmann versuchte aber in seinen \"Nachtstücken\", Dinge, die dem Menschen vertraut waren, zu verändern und dabei das Ordnungsschema der Welt durcheinander zu bringen, indem er die Grenze zwischen Wirklichkeit und Traum, Vernunft und Wahnsinn und Belebtem und Unbelebten verwischte. Er wurde somit zu einem der herausragendsten, aber auch einem der wichtigsten Schriftsteller der Romantik. Aus diesem Grund habe ich mich dazu entschlossen das Motiv der Automaten im "Sandmann" aufzugreifen, um in mehreren Schritten die Einstellung Hoffmanns zu den künstlichen Menschen zu erarbeiten.

Beginnen werde ich im Hauptteil, unter anderem, mit der Charakterisierung und Analyse der Figur Olimpia, welche, wie sich am Ende des Werkes herausstellt, ein Automat ist. Im nächsten Schritt werde ich auf die Entwicklung der Maschinenmenschen im 18.Jahrhundert und in der Epoche der Romantik eingehen, da sich dort einige Unterschiede in der Sichtweise der Menschen zeigen. Dabei werde ich gezielt auf die Gesellschafts- und Weltbilder eingehen, um abschließend im Schlussteil die Einstellung Hoffmanns zu den Automaten zu verdeutlichen.





II. Hauptteil

A. Der Automatenmensch in E.T.A Hoffmanns Novelle "Der Sandmann"

In der Novelle "Der Sandmann", welche 1817 veröffentlicht wurde, setzt sich der Autor, E.T.A Hoffmann, unter anderem mit dem Thema der künstlichen Menschen, der Automaten, auseinander. In der Erzählung hat der Physiker Professor Spalanzani es nach 20 Jahren, mit Hilfe des Wetterglashändlers Coppola (der ebenso die Figur des Coppelius verkörpert), geschafft, eine Puppe zu konstruieren und sie sogar als seine Tochter in die Gesellschaft einzugliedern. Nachdem der Protagonist, Nathanael, unwissend, ein Perspektiv bei Coppola erstanden hat, welches seine Wahrnehmung täuscht, verliebt er sich, in die künstlich erschaffene Olimpia und vergisst seine Verlobte Clara. Kurz nach dem Entschluss, die Tochter des Professors zu heiraten, gerät Nathanael in einen Streit zwischen den Erbauern Olimpias und erfährt, dass es sich bei seiner Geliebten um eine leblose Puppe handelt. Coppola stiehlt Spalanzani seine ,Tochter' und Nathanael wird vom Wahnsinn gepackt.

In der Novelle wird Olimpia auf zwei Weisen dargestellt. Auf der einen Seite aus der Sicht Nathanaels und auf der anderen aus der Sicht des Erzählers und der Gesellschaft. Zu Beginn der ,Olimpia-Handlung' zeigt sich Nathanael weniger beeindruckt von der Tochter Spalanzanis. Er bemerkt zwar, dass sie "oft stundenlang in derselben Stellung [.] ohne irgendeine Beschäftigung an einem kleinen Tische saß und dass sie offenbar unverwandten Blickes nach ihm herüberschaute"[6] und er konnte auch nicht leugnen, dass "er nie einen schöneren Wuchs gesehen"[7] hat, aber im Gegensatz zu seiner Verlobten Clara "blieb ihm die steife, starre Olimpia gleichgültig"[8]. Erst bei dem Blick durch ein Taschenperspektiv des Mechanicus und Opticus Coppola, welches ihm "die Gegenstände so rein, scharf und deutlich dicht vor die Augen rückte"[9] entdeckte Nathanael "Olimpias wunderschön geformtes Gesicht"[10]. Aber durch die Schärfe des Perspektivs erblickte Nathanael nicht nur die Schönheit Olimpias, sondern auch ihre starren und toten Augen[11]. Doch je länger er durch das Perspektiv schaute, desto "lebendiger flammten die Blicke"[12] und es war ihm, als "gingen in Olimpias Augen feuchte Mondstrahlen auf"[13]. Hier findet eine wichtige Wendung statt, denn Nathanaels Wahrnehmung wird durch das Perspektiv so verändert, dass er Olimpia mit ,anderen Augen' sieht. In seiner, ihm am Anfang gleichgültigen, Nachbarin sieht er nun eine "himmlisch-schöne"[14] Frau, die ihn sogar davon abbringt einen Brief an seine Verlobte zu beenden, denn "wie von unwiderstehlicher Gewalt getrieben, sprang er auf, ergriff Coppolas Perspektiv und konnte nicht los von Olimpias verführerischen Anblick"[15]. Drei weitere Tage beobachtete er sie, bis die Fenster verdeckt wurden. Nathanael war "ganz verzweifelt und getrieben von Sehnsucht und glühendem Verlangen"[16], obwohl er Olimpia noch nie begegnet war. Dies tat er erst bei einem großen Fest, bei welchem Professor Spalanzani seine Tochter zum ersten Mal in der Öffentlichkeit erscheinen ließ. Bei diesem Ball wird zum ersten Mal die Sicht der Gesellschaft auf Olimpia, durch den Erzähler, geschildert.

"Olimpia erschien sehr reich und geschmackvoll gekleidet. Man musste ihr schön geformtes Gesicht, ihren Wuchs bewundern. Der etwas seltsam eingebogene Rücken, die wespenartige Dünne des Leibes schien von zu starkem Einschnüren bewirkt zu sein. In Schritt und Stellung hatte sie etwas Abgemessenes und Steifes, das manchen unangenehm auffiel"[17]



Schon bei der ersten Begegnung, beobachteten die Gäste ihr unnatürliches Verhalten, welches sie aber dem "Zwange der Gesellschaft"[18] zuschrieben. Doch nicht nur ihr künstliches Aussehen wird durch den Erzähler geschildert, sondern auch ihre übernatürlichen Talente in Musik und Tanz. So "spielte sie den Flügel mit großer Fertigkeit, [.] trug ebenso eine Bravour-Arie mit heller, beinahe schneidender Glasglockenstimme vor"[19] und tanzte mit einer ganz "eigenen rhythmischen Festigkeit"[20]. Hier verdeutlicht sich für die Gäste, dass Olimpia anders ist als der Rest der Gesellschaft, da sie durch ihre Perfektion alle Blicke auf sich zog. Nathanael hingegen ist nicht auf ihr äußeres Erscheinungsbild, oder ihre Fähigkeiten fixiert. In ihr spiegelt sich sein ganzes Sein [21] und mit der Projektion seines eigenen Ichs in die Puppe, indem er seine Seele in den gefühllosen Körper steckt, scheint es ihm, als würde Olimpia eine ,echte' Frau sein. Es durchfährt ihn ein "grausiger Todesfrost"[22] als er Olimpias Hand ergreift, jedoch belebt er sie durch einen tiefen Blick in die Augen, so dass er glaubt ihren Pulsschlag zu fühlen. Ebenso erwärmt er, durch seine glühenden, ihre eiskalten Lippen bei einem Kuss. Professor Spalanzani scheint mit seinem ,Werk' nicht zufrieden zu sein, da er sie als ein "blödes Mädchen"[23] bezeichnet. Auch die Gesellschaft dichtete der "todstarren, stummen Olimpia [.] totalen Stumpfsinn an"[24]. Nathanael meinte jedoch in ihr ein "tiefes herrliches Gemüt"[25] zu erkennen und ihre einzigen Worte: "Ach, ach" erscheinen ihm "als echte Hieroglyphe der innern Welt voll Liebe und hoher Erkenntnis des geistigen Lebens"[26]. Die wirklichen, reellen Gespräche der Gesellschaft bezeichnet er hingegen als "platte Konversationen"[27]. Siegmund, ein Studienfreund Nathanaels, ist der Erste und Einzige, der ihn darüber aufklärt, dass Olimpia kein ,echter' Mensch ist. Er spricht im Namen der Gesellschaft und weist Nathanael darauf hin, dass sie eine Holzpuppe mit einem Wachsgesicht[28] ist. Ebenso erzählt er, dass sie ihm und der Gesellschaft

"starr und seelenlos erschien. Ihr Wuchs ist regelmäßig, so wie ihr Gesicht, das ist wahr!- Sie könnte für schön gelten, wenn ihr Blick nicht so ganz ohne Lebensstrahl, ich möchte sagen, ohne Sehkraft wäre. Ihr Schritt ist sonderbar abgemessen, jede Bewegung scheint durch den Gang eines aufgezogenen Räderwerks bedingt. Ihr Spiel, der singenden Maschine und ebenso ist ihr Tanz. Uns ist diese Olimpia unheimlich geworden, wir mochten nichts mit ihr zu schaffen haben, es war uns als tue sie nur so wie ein lebendiges Wesen und doch habe es mit ihr eine eigne Bewandtnis."[29]



Nathanael geht nicht auf die Worte Siegmunds ein, denn ihm erscheint Olimpia nicht unheimlich. Er spiegelt sich selbst in der Puppe wieder und kontert mit dem Argument, dass sich das poetische Gemüt nur dem gleich organisierten entfaltet.[30] Nathanael ist sich bewusst, dass Olimpia nur ihm so wunderschön erscheint, aber er richtet sich nicht nach dem Äußeren, sondern ist fasziniert von ihrer inneren Schönheit, welche eigentlich nur das Spiegelbild seiner eigenen Seele ist. Nur in Olimpias Liebe findet er sich selbst wieder[31]. Unbeeindruckt von Siegmunds Hinweis lebte Nathanael weiterhin mit Olimpia zusammen, vergaß dabei seine Verlobte Clara, seinen Freund Lothar und auch seine Mutter. [32] Stundenlang las er Olimpia seine Aufzeichnungen vor, die für ihn eine "herrliche Zuhörerin"[33] war, denn



"stundenlang sah sie mit starrem Blick unverwandt dem Geliebten ins Auge, ohne sich zu rücken und zu bewegen und immer glühender, immer lebendiger wurde dieser Blick. Nur wenn Nathanale endlich aufstand und ihr die Hand, auch wohl den Mund küsste, sagte sie: Ach, ach!'- dann aber: ,Gute Nacht, mein Lieber!'"[34]



Hier stellt Olimpia den Gegensatz zu Nathanaels Verlobten Clara dar, denn diese war heiter, hatte einen hellen Blick und starrte nicht Tag für Tag in dieselbe Richtung. Clara war lebendig und hatte Ausdruck in ihrem Gesicht. Sie lächelte, wenn ihr etwas gefiel und ebenso konnte man an ihrem Blick die Langeweile erkennen. Clara hatte kein Verständnis für die wahnsinnigen Märchen, die Nathanael ihr vorlas und wurde deshalb von ihm als ein "lebloses, verdammtes Automat"[35] bezeichnet.

Olimpia zeigte weder Begeisterung noch Abneigung für die Schriftstücke Nathanaels. Sie hörte einfach nur zu und war für Nathanael wie eine weiße Wand, auf die er seine Seele projizieren konnte. Er liebte folglich nicht Olimpia, sonder sich selbst. Clara führte ihr eigenes Leben und es war für Nathanael unmöglich sich in ihr, die eher rationale Ansichten vertrat, zu spiegeln. Er füllte Olimpias leeren Körper mit seiner Seele und bemerkte deshalb nicht, dass sie in Wirklichkeit ein Automat ist. Nathanael wollte sie sogar heiraten und ihr den Ring seiner Mutter "als Symbol seiner Hingebung, seines aufkeimenden, blühenden Lebens darreichen"[36], doch dann geriet er in einen Streit zwischen den Erbauern, Spalanzani und Coppola und erfuhr, dass Olimpia durch ein Räderwerk angetrieben wird und ihr künstliche Augen eingesetzt wurden. Coppola stahl die künstliche Olimpia und ihre "Füße klapperten und dröhnten hölzern auf den Stufen"[37]. Nathanael sah "Olimpias todbleiches Wachsgesicht"[38] und als er ihre blutigen Augen auf dem Boden entdeckte, packte ihn der Wahnsinn. Doch die Erkenntnis, dass Olimpia ein Automat ist, wirkte sich nicht nur auf die Psyche Nathanaels aus. Auch die Gesellschaft wurde durch diese Geschichte beeinflusst, die nun ihren Mitmenschen misstrauisch gegenüber war und sich zwanghaft versuchte davon zu überzeugen, dass sich keine Automaten eingeschlichen haben. So "wurde von mehreren Liebhabern verlangt, dass die Geliebte etwas taktlos singe und tanze, dass sie beim Vorlesen sticke, stricke, mit dem Möpschen spiele usw."[39] und ebenso, "dass sie nicht bloß höre, sondern auch manchmal in der Art spreche, dass dies Sprechen wirklich ein Denken und Empfindungen voraussetze"[40]. Olimpia war der Gesellschaft von Beginn an suspekt, jedoch stellte sie für Nathanael das passende Gegenstück dar. Er war der einzige, der sie lebendig sah, aber zugleich war er auch derjenige, der sie, für sich, lebendig machte. Wenn er die Liebe in ihren Augen sah, dann sah er seine eigene Liebe, die sich in ihr spiegelte. Die Gesellschaft betrachtete Olimpia von außen, sie wurde nicht durch ein Perspektiv Coppolas beeinflusst. Ihre Art fiel der Gesellschaft negativ auf, da sie keine menschlichen Schwächen besaß. Sie musizierte, tanze und sang perfekt und dies führte dann dazu, dass sie steif und mechanisch wirkte, was sie auch war. Was vorher als eine Schwäche galt wurde nun zum Beweis der Menschlichkeit und zur Distanzierung von den Automaten.

 
 



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