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deutsch artikel (Interpretation und charakterisierung)

Ausführliche interpretation "pompeji i"


1. Drama
2. Liebe



Das Gedicht "Pompeji I" von Günter Kunert aus dem Jahr 1975 handelt von den Leichen, die in der antiken Stadt bei den Ausgrabungen, die 1748 begannen, gefunden wurden.

Diese Menschen werden als "Hingestürzte" (Zeile 1/21) bezeichnet, sie haben Spuren in der Asche hinterlassen, die dann später mit Gips ausgegossen wurden. Das Gedicht beschreibt wie diese Menschen aufgefunden wurden. Sie haben keine Bedeutung mehr und werden als Museumsobjekte angesehen.

Beim Lesen des Gedichtes, hat man das Gefühl, dass man als Leser nicht in das beschriebene Geschehen mit einbezogen ist, sondern nur "außenvorsteht". Außerdem hat das Gedicht eher eine sachlich beschreibende Atmosphäre, damit meine ich, dass man als Leser nicht wirklich ergriffen wird von dem Text des Gedichtes.

Die Themen des Gedichtes sind zum einen Vergänglichkeit und Dauer, und zum anderen Leben und Tod.

Meine These bezüglich der Aussage des Gedichts ist, dass Günter Kunert zeigen möchte, dass Vergänglichkeit und Dauer durchaus zwei zu vereinende Begriffe sind. Günter Kunert benutzt in seinem Gedicht nicht den Begriff "Menschen", sondern "Hingestürzte" (Zeile 1/21), das verdeutlicht das Schicksal, derjenigen, die bei dem Ausbruch des Vesuvs, versuchten zu fliehen, aber sich nicht rechtzeitig genug retten konnten. Der Ausdruck "in der Asche eine Hohlform", die dann später mit Gips ausgegossen wird, verdeutlicht die Vergänglichkeit, genauso wie die Dauer; aufgrund der Vulkanasche waren die "Leichen" so gut erhalten, dass man sie mit Gips ausgegossen hat. Die Menschen sind zwar tot, und trotzdem zeugen ihre vergipsten Überreste noch heute von ihrer Existenz.

Der Autor selbst deklariert die Opfer, die in dem Gedicht niemals so bezeichnet werden, mit der Aussage "Ausstellungsobjekte des Museums" (Zeile 10). Es werden also die Menschen objektiviert. Ihnen wird damit die Würde genommen, wie sie ihnen auch bei der Katastrophe genommen wurde, aber spätestens als die Überlebenden kamen und ihre Häuser plünderten. Ich denke, der Autor macht damit eher den Touristen einen Vorwurf, die kommen und Fotos machen, und einige von ihnen verhalten sich vielleicht auch nicht so, wie es der Würde der Toten, angemessen wäre.

Weiterhin werden die Menschen auch noch degradiert, in dem, in der darauf folgenden Strophe, ein Hund genannt wird, der sich dort auch befinden soll. Andererseits kann man diese Stelle auch so interpretieren, dass der Vulkanausbruch nichts und niemanden verschont hat, weder Mensch, Tier noch sonst irgendetwas in der näheren Umgebung.

In der zweiten Strophe des Gedichtes wird auch die Zahl "seit tausendneunhundert Jahren" (Zeile 13) genannt, dieses Gedicht ist fast genau 1900 Jahre nach dem Ausbruch des Vesuvs entstanden und stellt somit den Bezug zur Gegenwart her. Es wurde vielleicht auch zum Gedenken des "Jahrestages" und der Opfer eingebaut.

Ein weiterer Aspekt ist wohl, dass Kunert aufzeigen möchte, dass auch trotz der Vergänglichkeit des einzelnen Lebens, es immer Fragmente geben wird, die uns an diese vergangenen Leben erinnern werden und dass wir über unsere Zeit, hier auf unserem Planeten, hinaus auf die Zukunft wirken. Dieses wird klar, durch das Oxymoron und auch gleichzeitig die Antithese "Vergänglichkeit Dauer" (Zeile 14), die Begriffe "Vergänglichkeit" und "Dauer", die so gegensätzlich sind, stehen einander direkt gegenüber, dadurch soll verdeutlicht werden, dass in der Vergänglichkeit des eigenen Lebens, nicht gleichzeitig ein Vergessen wirkt, sondern dass man durchaus über den Tod hinaus noch auf die Gegenwart und die Zukunft wirken kann. Das Menschenleben wird hier in diesem Fall als vergänglich angesehen, aber die Geschichte des Vulkanausbruchs, die Schicksale der Menschen, die Überreste der Gebäude in Pompeji und die ausgegossenen "Leichen" sind auch heute noch präsent und erzählen sozusagen "ihre Geschichte".

Auch in der nächsten Strophe wird wieder auf diese Dauer hingewiesen "Hohlformen bleiben" (Zeile 15), die Geschichte bleibt, nur die Menschen müssen gehen.

Und dann wird Pompeji wieder neubelebt "deine Sprache sei Jaja und Neinnein/ füllet wieder Busch und Tal" (Zeile 16/17), wahrscheinlich sind damit die Touristen gemeint, die Pompeji besuchen.

In der letzten Strophe wird sogar noch der Fall herabgesetzt "Hingestürzte hinterlassen nichts/ als das Abbild ihres Falles/ und das ist: kein besonderer." (Zeile 21-22). Selbst jetzt noch werden die Toten oder ihr "Fall" degradiert.

Der Autor verwendet viele Antithesen "verhüllt- entblößt" (Zeile 5/6), "Mädchen- Männer" (Zeile 4), "jaja- neinnein" (Zeile 17) und auch "Vergänglichkeit- Dauer" (Zeile 14), die sehr deutlich, das Thema "Vergänglichkeit- Dauer" und "Leben- Tod", welches auch antithetisch ist, hervorhebt.

Außerdem verwendet der Autor noch Alliterationen "Hingestürzte hinterließen/Hingestürzte hinterlassen" (Zeile 1/21) mit denen hier in diesen Fall die Nachhaltigkeit verdeutlicht wird.

Das Gedicht besteht aus vier Strophen unterschiedlicher Länge, es gibt kein Reimschema. Außerdem fällt besonders auf, dass der Autor keine Satzzeichen verwendet, ausgenommen in der letzten Zeile.





Eine weitere Interpretationsthese, die aber eher Spekulation ist, ist, dass dieses Gedicht von Günter Kunerts Erlebnissen im Zweiten Weltkrieg und der DDR handelt. Durch den Bezug zur Biographie des Künstlers ergeben sich völlig neue Interpretationsaspekte.

Aus seiner Biographie weiß ich, dass Günter Kunert nie wirklich die Erlebnisse, die er im Zweiten Weltkrieg gemacht hat, verarbeiten konnte und genauso geht es ihm mit der DDR. Er glaubt auch daran, dass sich die Geschichte immer wieder wiederholen würde und es, nach seinen Vorstellungen, irgendwann in einer "Katastrophe" enden wird.

Die ersten beiden Strophen handeln vom Zweiten Weltkrieg, die erste Strophe ist in der Vergangenheit geschrieben, was zu dem passt, denn zu der Zeit als das Gedicht geschrieben wurde, war der Krieg ja auch schon vorbei.

Dafür, dass es sich wirklich um den zweiten Weltkrieg handeln könnte, spricht, dass die "Hingestürzten" (Zeile 1/21) für alle getöteten Menschen, sowohl die Juden, als auch die Soldaten, die im Gefecht ihr Leben ließen, stehen. Die "Hohlform" (Zeile 2/15) in der Asche steht dann für die Erinnerung an die getöteten Juden und der Gips steht für die einzelnen Schicksale, die dann die Erinnerungen konservieren. Der "Hund mitleiderregend verrenkt" (Zeile 11/12) könnte für die körperlich und geistig Behinderten stehen, die getötet wurden und der Hund steht im Vergleich mit den Menschen, in der ersten Strophe, daraus könnte man sehen, dass die Menschen wie Tiere behandelt wurden und meist noch schlechter.

Die Vergangenheit belastet unsere Zukunft immer noch, das wird durch die "tausendneunhundert Jahre" (Zeile 13) klar. Und die "Vergänglichkeit" und "Dauer" deuten auch hier, wie in der ersten Interpretationsthese, auf die Vergänglichkeit des Lebens, aber auch auf die dauerhaften Nachwirkungen hin.

Die dritte und vierte Strophe sind in der Gegenwart geschrieben und handeln von der DDR. Auch in diesen beiden Strophen kommen die Begriffe "Hingestürzte" (Zeile 21), "Hohlformen" (Zeile 15) und "Gips" (Zeile 16) vor, und das unterstützt meine These, denn Kunert glaubt selbst an einen Kreislauf des Lebens, in dem sich alles wiederholt.

Es gibt noch weitere Aspekte, die sich auf die DDR beziehen lassen. Zum Beispiel "Deine Sprache sei Jaja und Neinnein" (Zeile 17), die DDR - Bürger hatten nur ein relatives Recht auf freie Meinung; wenn man sich gegen den Idealismus der Regierung wendete, musste man mit Konsequenzen rechnen. Vor allem der Satz "wer weitergeht wird erschossen" (Zeile 20) deutet für mich auf die DDR hin, auf Berlin und die Mauer. Pompeji steht daher stellvertretend für Berlin, denn Kunert glaubt, wie er selbst sagt, dass Berlin genau wie Pompeji und Troja untergehen wird.

Besonders der Wandel vom Dritten Reich zum Sozialismus der DDR kann mit der Stadt Pompeji gut dargestellt werden, denn es heißt, dass die in Pompeji erhaltenen Gebäude "einen Übergang vom griechischen zum römischen Baustil" [1] bilden. Auch in diesem Gedicht gibt es diesen äußerlichen, formellen Wandel, der Autor springt von der Vergangenheitsform in die Gegenwartsform.

 
 



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