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biologie artikel (Interpretation und charakterisierung)

Neue anforderungen an die stimme im 18. und 19. jahrhundert





Wie schon zur Zeit des Gregorianischen Gesangs, pilgerten nun italienisch Gesangsmeister über die Grenzen und verbreiteten die neue Kunst über alle Länder Europas. Übersetzungen der italienischen Gesangsanweisungen kündeten von der neuen festgelegten Gesangskunst.
Die Kompositionsform der Oper griff bald auf das Ausland über. In Deutschland, England, Österreich und Spanien war der italienische Einfluss zunächst besonders groß. Doch mit der Zeit missfiel das überzüchtete Virtuosentum der Italiener. In Wien riet Karl VI. dem Kastraten Farinelli, die eitlen Verziehrungen in seinem Gesang zu unterlassen und eine einfache Linie anzustreben. In der Tat war die Bedeutung des Textes, erstes anliegen der Schöpfer der Oper, ebenso verlorengegangen wie die klare Melodieführung, die von den Verziehrungen und Kadenzen sprichwörtlich übertönt wurde.
Seit 1700 wurden Forderungen laut nach bedeutungsvollen Texten, sogar nach einer Einheit der Person des Dichters und Komponisten.
In Frankreich, das von Anbeginn den verzierten Stil der italienischen Oper und das unmännliche Gebaren der Kastraten abgelehnt hatte, führte Christoph Willibald Gluck (1714-1787) als erster eine neue Form der Oper ein. "Die Musen stellte er über die Sirenen" lautet die Aufschrift auf seiner Büste in der Pariser Oper zum Dank, dass er die Vorherrschaft der Sänger beendete. Gluck, der mehrere Streichinstrumente, Klavier und Gesang beherrschte, betrachtete das Singen nur als Grundlage seines musikalischen Schaffens.
Die Arie war nicht mehr Ausdruck der Kehlfertigkeit, sondern gab die Empfindung einer lebenden Gestalt wieder. Mit seiner Oper Iphigenie setzte Gluck in Paris seinen neuen Stil durch, der fortan für die Opernmusikentwicklung in Österreich, Deutschland, Russland und Frankreich Ende des 18. und im Verlauf des 19. Jh. richtungsgebend bleiben sollte.
Neben den Opernaufführungen entwickelte sich auch eine neue Form der Konzertveranstaltungen: Traten die Gesangvirtuosen und Instrumentalsolisten zunächst nur in Konzerten bei Hofe auf, so entstanden im 18. Jh. Vereinigungen für die Veranstaltungen öffentlicher Konzerte in den europäischen Städten wie zum Beispiel die Tonkünstler Societät in Wien oder die Concerts spirituels in Paris, um nur zwei zu nennen.
Glucks Errungenschaften bedeuteten allerdings nicht gleichzeitig die Rettung der ins Virtuosentum abgefallenen Gesangskunst. Vielmehr wurde sie durch die größer werdenden Orchester zusätzlich bedroht.
Größte Anforderungen an die Sänger stellten die neuen Rezitative mit Orchesterbegleitung. Einerseits erlaubte die vielfältige Instrumentierung kein beliebiges Transponieren in eine für den Sänger angenehme Lage mehr, andererseits konnten die Tenöre und Sopranistinnen, die gegen Ende des Jahrhunderts allmählich die Kastraten ersetzten, nicht den selben Stimmumfang bewältigen.
Laute hohe Töne zu produzieren wurde fortan das Hauptziel eines jeden Tenors. Der Tenor Duprez erregte mit seinem Bruststimme gesungenen hohen c den glühenden Neid seiner Kollegen.
Eine ähnliche Entwicklung fand bei den Frauenstimmen statt. Auch hier wünschten die Komponisten immer mehr die hohen, leicht über das Orchester hinweggetragenen Töne, welche Sängerinnen mit tiefer, dramatischer Stimme nicht bewältigen konnten. Die Altstimmen wurden immer weniger wichtigen Rollen wie den Zofen, Mütter, Dienerinnen zugeteilt.
Die ganze zweite Hälfte des 19. Jh. stand im Zeichen eines Höhertreibens der Stimme und gleichzeitig immer größerer Anforderung an die dramatische Ausdruckskraft und Ausdauer der Sänger.
Zahlreich sind Geschichten über Sänger, die sich mit Partien Wagners, in denen Sänger oft eine halbe stunde ohne Unterbrechung in hoher Lage zu singen hatten, ihre Stimme ruiniert haben sollen.
Die Verwirrung, die durch die völlig neuen Anforderungen an die Gesangstimme entstand, begründete eine Flut von Irrlehren, mit denen man die Probleme zu bewältigen suchte. Anstelle einer klaren technischen Ausbildung wurde vielfach mit Gähn-, Lach- und Flüstermethoden gearbeitet.
Auch Positives entstand, so die Sprachschule des Sprechpädagogen Julius Hey, der die bis heute gültigste Sprechlehre für die deutsche Sprache geschaffen hat. Entscheidend zur allgemeinen Konfusion im Gesangsunterricht gegen Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jh. hatte aber ausgerechnet der letzte große Lehrer des Belcantostils, der Spanier Manuel Garcia der Jüngere, beigetragen, der mit seiner Erfindung des Kehlkopfspiegels zum ersten Mal die physiologischen Vorgänge beim Singen sichtbar machte. Er verleitete eine Generation von Gesangslehrern dazu, neue Erkenntnisse in unklarer Terminologie als Anweisungen an ihre Schüler weiterzugeben. Er bleibt mit seiner Gesangschule wie als derjenige Meister des Belcantos, der bis ins 20. Jh. den größten Einfluss auf den Gesang ausübte.
Um die Wende vom 19. zum 20. Jh. steigerten sich die Anforderungen an die Sängerstimmen erneut. Zunächst durch die großen stimmlichen Belastungen zeitgenössischer Werke sowie durch die Tatsache, dass zumindest seit dem Zweiten Weltkrieg die Sänger einzelne Partien oft in drei bis vier Sprachen beherrschen mussten. All dies erfordert eine noch sorgfältiger gepflegte Technik der Atemführung, der Intonation und der Vokalisation.
Da nach bahnbrechenden Kompositionen von westlichen Gesangswerken auch heutige Kompositionen die Gegebenheiten der menschlichen Stimme in ihren werken berücksichtigen, andererseits auch Werke wie die Opern von Wagner und Strauss meist nicht mehr mit überanstrengter Stimme forciert, sondern mit klug disponierender Technik in großen Legatobögen gesungen werden, sind für eine Weiterentwicklung der gesunden Gesangstimme die besten Voraussetzungen gegeben.

 
 



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