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biologie artikel (Interpretation und charakterisierung)

Das serotoninsystem



Die offensichtliche Bedeutung des Serotonins macht es notwendig eine kurze Beschreibung dieses Stoffes zu geben, wobei aber immer die Beziehung zu LSD und die Wechselwirkungen mit Psychedelika im Vordergrund stehen.

Strukturverwandtschaft mit LSD
Das strukturelle Bindeglied zwischen dem Serotonin und dem Lysergsäurediethylamid ist das Indol (Benzo[b]pyrrol). Da sowohl der Struktur des Serotonin als auch der des LSD ein Indolkern zugrunde liegt, bezeichnet man beide als Indolderivate. Die Verwandtschaft der beiden Stoffe geht aber so weit, daß das bei weitem größere LSD-Molekül fast das gesamte Serotoninmolekül in sich trägt. Ebenso sind etliche weitere Psychedelika, wie etwa die In¬haltsstoffe der mexikanischen Zauberpilze, Psilocin und Psilocybin, aufgrund ihres Indolkerns serotoninverwandte Substanzen. Dem steht entgegen, daß es weitere Psychedelika gibt, die durchaus zu anderen chemischen Gruppen gehören können, deren Struktur wieder anderen Neurotransmittern entspricht, aber eine ähnliche Wirkung wie LSD auslösen. Die Ähnlichkeit dieser Stoffe mit einem natürlichen Neurotransmitter legt nahe, daß sie ihre Wirkung über dessen Rezeptoren entfalten, indem sie seine Fähigkeiten entweder steigern oder senken.

Stoff Neurotransmitter Chemische Gruppe
Atropin (Tollkirschengift) Acetylcholin -

Scopolamin Acetylcholin -
MDMA (Ecstasy) Catecholamine Amphetaminderivat

Mescalin
Catecholamine Phenylethylaminderivat
DOM Catecholamine Phenylethylaminderivat
LSD
Serotonin

Lysergsäurederivat

Ololiqui
Serotonin

Lysergsäurederivat
DMT Serotonin
Tryptaminderivat
Bufotenin Serotonin
Tryptaminderivat
Psilocin/Psilocybin
Serotonin
Tryptaminderivat
Tabelle 7: Psychedelika und verwandte Neurotransmitter
Diese Vielfalt der am psychedelischen Erleben beteiligten Neurotransmitter schränkt die Hoffnung auf eine einfache Erklärung ihrer Wirkung ein. Die Catecholamine Dopamin und Noradrenalin sowie das Indolamin Serotonin gehören zur Gruppe der Monoamine, deren Stoffwechsel im Gehirn im wesentlichen gleich ist. Es ist also zu bedenken, daß es auch innerhalb der Monoamine ein einheitliches System gibt, und ihre Synthese und Meta¬bolisierung in vergleichbaren Schritten durch ähnliche oder gar gleiche Enzyme geschieht. Obwohl also etliche Substanzen ihre Wirkung durch ihre Verwandtschaft mit anderen Neuro¬transmitter zu entfalten scheinen, wird in der Fachliteratur vor allem die Einflußnahme über Serotonin untersucht. Aber auch im Falle des LSD wird manchmal die Vermutung geäußert, daß es zusätzlich noch anticholinerge und catecholaminerge Bahnen beeinflussen könnte.

Serotoninsynthese und -stoffwechsel
Für das Serotonin ebenso wie für die anderen Mono¬amine ist es nicht möglich direkt ins Gehirn zu ge¬langen, da sie aufgrund ihrer Struktur die Blut-Hirn-Schranke nicht passieren können. Nur die Vorläufer¬substanz, die essentielle Aminosäure Tryptophan kann die Schranke durchdringen und sich via eines biochemischen Aufnahmesystems in den Nerven¬zellen anreichern. An dieser Stelle setzt nun der Synthetisierungs¬prozeß ein. Das Enzym Tryptophan Hydroxylase hydroxyliert die Aminosäure (d.h. sie fügt eine Hydroxyl-Gruppe am fünften C-Atom des Benzolringes hinzu). Da dieses Enzym nur in be¬schränktem Ausmaß vorhanden ist, ist es zusammen mit der Verfügbarkeit von Tryptophan die bestim¬mende Größe, die die Menge der Transmittermole¬küle regelt. Dieses Zwischenprodukt wird nun von der 5 Hydroxytryptophan Decarboxylase unter CO2 Abspaltung von der sauren Carboxylgruppe zum endgültigen Trans¬mitterstoff 5-Hydroxytryptamin, das den Trivialnamen Serotonin trägt. Bei einer Erregung des Neurons wird dann dieses Serotonin, das in Folge in die synaptischen Terminals trans¬portiert wird, als Botenstoff ausgeschüttet. Nachdem die Serotoninmoleküle von Transporter¬proteinen wieder ins Innere der Endknöpfchen gebracht werden, erfolgt der Abbau mittels des Enzyms Monoaminoxydase (MAO), das die Aminogruppe durch ein Sauerstoffatom ersetzt, zum Hauptmetaboliten Hydroxindolessigsäure (5-HIAA). Infolge der weiteren Metaboli¬sierung wird auch noch der Indolring abgesprengt, bevor der Rest ausgeschieden wird. ,

Das serotoninerge System des Menschen
Das Serotoninsystem vereint zwei widersprüchliche Eigenschaften in sich. Zum einen ist es das größte chemische System innerhalb des Gehirns, und zum anderen besteht es nur aus einigen Tausend Neuronen. Dieses System steht aber über weitverzweigte Axone mit fast allen andern Bereichen des ZNS in Kontakt und ist an so grundlegenden Dingen wie Schlaf, Aggression, Sexualtrieb, Lernfähigkeit und Gedächtnis beteiligt.

Anatomie
Alle serotoninergen Neuronen im menschlichen Gehirn gehen von einem Areal im Bereich des Hirnstammes an dessen Mittellinie aus. Dort bilden sie neun größere Nuclei, die sich in ein oberes System mit vier und ein unteres System mit drei Kernen einteilen lassen.
Die obere Gruppe setzt sich aus folgenden vier Kernen zusammen:
1. Nucleus caudalis linearis, der am weitesten rostral (d.h. oberhalb) liegt.
2. Nucleus Raphe medialis, dessen Seiten eine primitive aufstei¬gende Bahn umschließen und der in seinem unteren Teil noch eine Anhäufung von als B5 bezeichneten Neuronen trägt.
3. Nucleus Raphe dorsalis, der hinter beiden oben genannten liegt und dessen mittlere, seit¬liche und untere Komponenten noch in etliche kleinere Strukturen unterteilt werden.
4. Die B9 Neuronen, die die obere Gruppe ventral (auf der Vorderseite) abschließen.
Die untere Gruppe dagegen besteht aus fünf Kernen:
1. Nucleus Raphe ob¬scurus, der sich am tiefsten befin¬det und dessen Neuro¬nen genau auf der Mittellinie liegen. Kleine Ver¬bände von Nerven¬zellen finden sich außer¬halb des Nucleus und rei¬chen hinab bis zum Spinal¬ganglion.
2. Nucleus Raphe pallidus, der sich mittig zwischen den pyramidalen Bahnen befindet und dessen Somata außer¬ordentlich dicht beieinander liegen
3. Nucleus Raphe magnus, der sich ebenfalls auf der Mittel¬linie befindet und das untere System nach oben hin ab¬grenzt, während seine Aus¬läufer lose mit den unteren Kernen ver¬bunden sind.
4. Medulla ventralis lateralis, die aus zwei kleineren Strukturen (Nucleus paragigantcellularis lateralis und Nucleus reticularis intermedialis) besteht. Sie macht einen verhältnismäßig großen Teil der serotoninergen Neuronen aus und reicht bis zur retikularen Formation.
5. Area postrema, in der sich neben kleinen und dichten Serotoninneuronen auch noch Ner¬venzellen anderer Transmitter befinden
Serotoninerge Bahnen
Von diesen Nuclei führen nun verschiedene Bündel zu anderen Teilen des Körpers. Entweder über aufsteigende Bahnen zu höheren Gehirnzentren oder über absteigende zum Rückenmark und den Motoneuronen. Absteigende Bahnen gehen vor allem von den Nuclei des unteren Systems aus, wobei es zwei Hauptrouten gibt: eine direkte zum Spinalganglion und eine zu den Vorder- bzw. Hinterhörnern, wo unter anderem auch die Modulierung von Schmerz¬empfindungen stattfindet.
Aufsteigende Bahnen gehen dagegen vom oberen System aus. Ein dichtes Geflecht von Fasern zieht zu Hippocampus, Teilen des Hypothalamus, der Substantia Nigra und dem Mandelkern, wobei zu jedem dieser Ziele ein eigener Strang führt. Aber auch in jedem anderen Teil des Gehirns, lassen sich, in freilich geringerer Menge, serotoninerge Ausläufer feststellen. Besonders stark ist die Verknüpfung mit limbischen und sensorischen Arealen. In der Großhirnrinde sind die Nervenfasern im sensorischen Feld zu finden. Die serotoninergen Neuronen umgeben dabei meist Zellkörper oder Dendriten von Neuronen mit hemmenden Eigenschaften. Deshalb wird vermutet, das Serotoninsystem könnte über sogenannte negative Rückkopp¬lungs¬schleifen seine Wirkung im Neocortex entfalten. Außerdem steht das Sero¬toninsystem mit bestimmten Klassen von Gliazellen und den Blutgefäßen im Gehirn in Zu¬sammenhang. Trotz allem vermögen diese Kenntnisse alleine nicht zu erklären, wie sero¬toninerge Psychedelika nun ihre Wirkung über diese Bahnen entfalten können:
However, the precise role of the serotonergic pathways remains obscure. Serotonin has been implicated in the regulation of sleep and ,vigilance', and it is widely believed that hallucinogenic drugs such as lysergic acid diethylamid may produce their effects by interacting with serotonin pathways.
Die Funktion des serotonin¬erge System ist in den Teilen, in denen die beiden Trans¬mitter die selben Ziel¬neuronen haben, dem des dopamin¬ergen entgegen¬ge¬setzt. Die beiden Neuro¬transmitter inte¬ragieren funk¬tionell, indem sich z.B. bei einem Sinken der Kon¬zen¬tration des Dopamins, die des Serotonins erhöht. Auch bei einigen anticholin¬ergen Fasern im Großhirn finden sich funktionelle Ver¬bindun¬gen zum Serotonin¬system. Vermutlich stören jene, in Tabelle 7 aufgeführ¬ten Stoffe dieses Gleichge¬wicht und führen so zu ihren typischen Wirkungen.

Natürliche Wirkung
Da Serotonin nicht nur ein Neurotransmitter, sondern auch ein Gewebshormon ist, hat es starke periphere Wirkungen. Es erregt die glatte Muskulatur und wirkt besonders im Magen-Darm-Bereich kontrahierend, ist an der Blutgerinnung beteiligt und findet sich in hoher Kon¬zentration im Serum und in Blutplättchen bestimmter Zellen.
Bestimmend in dieser Arbeit sind aber natürlich die zentralnervösen Eigenschaften des Sero¬tonins. Die scheinbar einfache Frage, ob Serotonin einen exzitatorischer oder einen inhibito¬rischer Transmitter darstellt, führt schon auf Schwierigkeiten Die Wirkung, die Serotonin an seinen Rezeptoren ausübt, kann nämlich sowohl hemmend, als auch erregend sein , ab¬hängig in welchem Teil des Gehirns. Meist befinden sich die serotoninergen Neuronen in einem, der bereits erwähnten negativ rückgekoppelten Netzwerke, so daß man sie etwas ver¬einfachend als inhibitatorisch bezeichnen kann.
Rezeptoren
Für das Serotonin existieren außergewöhnlich viele unterschiedliche Rezeptoren, also Binde¬stellen für die Transmittermoleküle. 1957 wurde die erste Rezeptorklasse entdeckt. Bis heute sind mindestens vier verschiedene Klassen mit etlichen Subtypen bekannt. Vermutlich steht diese Vielfalt an Rezeptoren mit der großen Ausbreitung des Serotoninsystems in Zu¬sammenhang, so daß an jedem Zielgebiet der serotoninergen Neuronen ein anderer Rezeptor¬typ vorherrscht, um eine eindeutige funktionelle Zuordnung zu ermöglichen.
Subtyp Funktionsweise Vorkommen Selekt. Substanzen
5-HT1A Second messenger prae-/postsynaptisch 8-OH-DPAT
5-HT1B/D Second messenger praesynaptisch Metergoline, LSD

5-HT1C Second messenger postsynaptisch Minaserin, Cianserin
5-HT2 Second messenger postsynaptisch Spiroperidol, LSD

5-HT3 Ionenkanalgekoppelt postsynaptisch 2-Me-5 HT, MDL 72222
5-HT4 Second messenger ? ? ?
Tabelle 8: Subtypen der Serotoninrezeptoren
Der 5-HT1A-Rezeptor: Durch radioaktive Markierung könnten jene Areale bestimmt werden in denen dieser Subtyp besonders häufig auftritt. Es sind dies das Hinterhorn, der Nucleus Raphe dorsalis, der Hippocampus und der frontale Cortex. Im Bereich der Raphe Nuclei be¬findet sich gut die Hälfte aller Rezeptoren dieses Typs, allerdings be¬finden sie sich direkt an Zellkörper oder Endknöpfchen der eigenen Neuronen. Hier fungieren sie als Autorezeptoren. In den höheren Zentren ist dies nicht der Fall: im Hippocampus herrscht ein ausgeglichenes Ver¬hältnis zwischen praesynaptischen Rezeptoren auf serotoninergen und postsynaptischen auf fremden Neuronen. Auffallend an diesem Rezeptortyp ist seine Trägheit: die Induktion des intra¬zellulären second-messenger Pro¬zesses ebenso wie dessen Stoppen be¬nötigt eine so starke Änderung der Sero¬toninkonzen¬tra¬tion, wie sonst bei keinem anderen Re¬zeptor. Der 5-HT1A Rezeptor ist auch am sogenannten Serotonin¬syndrom beteiligt. Das ist eine relativ neue Erkenntnis, denn in den meisten vor¬liegenden Veröffent¬lichungen, in welchen das Serotoninsyn¬drom als Instrument zur Be¬stimmung der LSD-Wirkung benutzt wird, ordnet man dieses Phänomen aus¬schließlich dem 5 HT2 Typ zu. Auf die Bedeutung des Serotoninsyndroms wird in Kapitel 4 näher ein¬gegangen.
Der 5-HT1B/D Rezeptor: Der 5-HT1B Sub¬typ ist nur bei einigen Spezies vorzufinden, beim Menschen fehlt er gänzlich. An seiner Statt verfügen wir über den 5-HT1D Rezeptor, der sich an exakt den gleichen Orten im Gehirn be¬findet. Einige Tiere, wie Ratte oder Hamster verfügen zwar über beide Subtypen, die Rezep¬toren unterscheiden sich aber nur geringfügig voneinander, und da nur strukturell und nicht funktionell. Der 5-HT1D Rezeptor ist fast ausschließlich ein Autorezeptor, der bei Aktivierung die Ausschüttung von Serotonin inhibieren kann. Der 5-HT1D Subtyp ist der im menschlichen Gehirn häufigste. Besonders in den Basalganglien, aber auch in der Substantia Nigra, einem Zentrum das in Zusammenhang mit Belohnungsgefühlen und positiver Verstärkung gebracht wird, ist die Dichte enorm hoch. Weniger stark, aber dennoch bemerkenswert ist die Rezep¬torzahl in Hypothalamus, Amygdala und dem Neocortex.
Der 5-HT1C Rezeptor: Dieser Subtyp befindet sich sowohl an Neuronen, als auch an den epithelischen Zellen, die an der Produktion der zerebrospinalen Flüssigkeit (ZSF) beteiligt sind. Experimente mit radioaktiver Markierung ergaben eine weitläufige Verbreitung in cortikalen und subcortikalen Regionen, die auch mit anderen monoaminergen Bahnen in Verbindung stehen. Besonders hohe Rezeptordichten findet man aber in Hippocampus und Thalamus. Man nimmt daher an, daß dieser Rezeptor in die Bearbeitung von sensorischer und nozizeptiver Information involviert ist. Von besonderem Interesse ist beim 5-HT1C Subtyp, daß seine Aktivierung beim Menschen Angstzustände und entsprechende vegetative Symptome zur Folge hat. Auch ist zu erwähnen, daß viele Substanzen die am 5-HT2 Rezeptor wirksam sind auch eine hohe Affinität für diesen Typ zeigen. Aus diesen und gewissen strukturellen Gründen wurde der 5-HT1C Typ nachträglich in die Gruppe der 5-HT2 Rezep¬toren umklassifiziert. Diese Erkenntnis spricht vielleicht für eine mögliche Beteiligung dieses Rezeptortyps an der LSD-Wirkung.
Der 5-HT 2 Rezeptor: Dieser Rezeptor ist der Subtyp, der besonders oft sowohl mit der Wirkung von Antidepressiva als auch mit der von Psychedelika in Zusammenhang gebracht wird. Er weist im Vergleich zu anderen Subtypen eine geringere Affinität für Serotonin auf. Das könnte damit zusammenhängen, daß es zwei verschiedene Bindestellen dieses Rezeptors für Agonisten gibt. Nämlich je eine für hoch- und schwachaffine Substanzen, für Antago¬nisten dagegen nur eine hochaffine Stelle. Möglicherweise gibt es aber auch zwei verschie¬dene Subtypen des 5-HT2 Rezeptors, die bis jetzt noch nicht unterschieden werden konnten. Dieser Rezeptortyp kommt sowohl im ZNS als auch in der Peripherie vor, wo seine Aktivie¬rung eine Kontraktion der glatten Muskulatur zur Folge hat. Im Gehirn wurden hohe Dichten von 5-HT2 Rezeptoren in verschiedenen Stellen des Großhirns und sensorischen Arealen ge¬funden, mittlere Konzentrationen im Nucleus accumbens, und sehr geringe bis kaum nach¬weisbare in Thalamus, Hypothalamus und Hippocampus. Die Aktivierung dieser zerebralen Rezeptoren führt bei Tieren zum Serotoninsyndrom, jedoch wurden in letzter Zeit Zweifel laut, ob an diesem Syndrom nicht auch andere Rezeptoren beteiligt sind (siehe den Absatz 5 HT1A-Rezeptor).
Der 5-HT 3 Rezeptor: Dieser Subtyp findet sich vor allem in der peripheren Körperregionen. Geringe Mengen finden sich aber auch in den meisten Bereichen des Gehirns. Auffallend ist, daß die Affinität der Liganden von den peripheren zu den zerebralen Rezeptoren hin ab¬nimmt. Wahrscheinlich ist dieser Rezeptor an der Entstehung und Kontrolle von Schmerz¬empfindungen beteiligt, da bei spezifischen 5-HT3 Antagonisten eine analgetische (d.h. schmerzlindernde) Wirkung beobachtet wurde.
Der 5-HT 4 Rezeptor: Dieser Rezeptor stellt einen noch sehr wenig untersuchten Subtyp dar. In Ermangelung eines genügend spezifischen Liganden konnte er noch nicht lokalisiert werden. Bekannt ist nur, daß seine Aktivierung eine Muskelkontraktion zur Folge hat. Ebenso liegt seine Struktur im Dunkeln. Es wird aber vermutet, daß der auch 5-HT4 Rezeptor zur großen Gruppe der G-Protein gekoppelten Rezeptoren gehört.
Serotonin und Geisteskrankheit
Verschiedene Forschergruppen entwickelten schon relativ bald nach seiner Entdeckung Theorien, wie Serotonin an verschiedenen Geisteskrankheiten, vor allem der Schizophrenie beteiligt sein könnte. Die meisten dieser Untersuchungen stützten sich auf folgende Überlegung: Wenn es dem LSD durch seine serotoninspezifischen Eigenschaften möglich ist psychotische oder schizophrene Zustände auszulösen, dann muß auch bei der natürlichen Schizophrenie eine Veränderung des Serotoninhaushaltes durch einen LSD-ähnlichen körpereigenen Stoff vorliegen. Heute ist bekannt, daß dies aus mehreren Gründen nicht haltbar ist. Zum einen kann eine so komplexe und rätselhafte Krankheit wie die Schizophrenie nicht auf die Dysfunktion eines einzelnen Neurotransmitters zurückgeführt werden, und zum anderen ist eine Gleichsetzung von Schizophrenie und LSD-Wirkung bei näherer Betrachtung völlig unzulässig. Dennoch steht fest, daß das Serotonin eine nicht unwesentliche Komponente an zumindest den folgenden Gemütskrankheiten (affektiven Störungen) ist.
1. Angst- und Zwangsstörung
2. bipolare Störung (manisch-depressive Erkrankung)
3. minor und major Depression
Natürlich ist auch eine Beteiligung an der Schizophrenie denkbar, wenngleich auch nicht im anfangs vermuteten Ausmaß. Am besten, vor allem durch neuere Arbeiten, ist aber die Beteiligung des Serotonins an der Depression dokumentiert.
Biochemische Aspekte der Depression
Da die Depression klinisch mit verschiedenen Psychopharmaka in den meisten Fällen relativ gut behandelt werden kann, führte eine Anzahl von Studien über die Wirkung dieser Medikamente zum Verständnis der Veränderungen im Gehirn, die mit ihr einhergehen. Dabei ist maßgeblichen das Serotoninsystem beteiligt. Es ergibt sich dabei:
1. Eine verminderte Konzentration von Serotonin und seinem häufigsten Metaboliten in ZNS und ZSF einer großen Gruppe von depressiven Patienten.
2. Eine Veränderung des Verhältnisses von prae- und postsynaptischen Rezeptoren.
3. Eine Abnahme der Dichte von Serotoninrezeptoren auf Blutplättchen und eine generelle Abnahme von Serotonin im Blut ebenso wie im Gehirn.
4. Die Entfaltung antidepressiver Wirkung verschiedener Medikamente durch eine Steigerung der serotoninergen Neurotransmission und umgekehrt die Wirksamkeit serotonin¬vermehrender Substanzen als Antidepressiva.
Die Veränderung in der Verteilung der Rezeptoren läßt sich als eine körpereigene Reaktion auf eine verminderte Verfügbarkeit von Serotonin deuten. Während sich die hemmenden Autorezeptoren nämlich merklich verringern, bewirkt eine Erhöhung der postsynaptischen Rezeptoren eine Sensitivierung für den Botenstoff. Außerdem konnte gezeigt werden, daß die Konzentration des Serotonins im Blut mit der im ZNS korreliert. Zu weiteren Erkenntnissen über endogene Depressionen führte ein moralisch eher bedenklicher Versuch, bei dem bei einigen Patienten durch eine tryptophanfreie Ernährung der Effekt vorher verabreichter Antidepressiva aufgehoben werden konnte.

Serotoninmodulierende Psychopharmaka
Eine große Zahl verschiedener Psychopharmaka wirkt auf das Serotoninsystem ein. Das ist in den meisten Fällen jedoch auf eine allgemeine monoaminerge Wirkung zurückzuführen. Erst in letzter Zeit, da die Bedeutung des Serotonins erkannt wird, werden auch Substanzen entwickelt die selektiv an serotoninergen Terminals angreifen, meist mit dem Ziel die Menge des ausgeschütteten Botenstoffes zu erhöhen. Die wichtigsten Pharmaka seien hier aufgelistet.

Klasse Beispiele Spezifität

Trycyclische Antidepressiva Imipramin, Doxepin hoch/normal
A. der zweiten Generation Fluoxetin, Clomipramin hoch/sehr hoch
MAO-Hemmer Phenelzin, Moclobemid hoch/ -
Neuroleptika (Antipsychotika)

Risperidon, Clozapin hoch/normal
Tabelle 9: Psychopharmaka und Serotonin
Antidepressiva: Die ältere, trycyclische Gruppe dieser Medikamente entfaltet ihre Wirkung hauptsächlich über eine aktive Blockade der praesynaptischen Wiederaufnahme von Serotonin und Noradrenalin. Zudem sensibilisieren sie postsynaptische Rezeptoren für diese Botenstoffe und wirken so stimmungsaufhellend. Neuere Antidepressiva der zweiten Generation wirken im Prinzip ähnlich, weisen aber eine viel stärkere Affinität für Serotonin auf, sodaß die meisten von ihnen in die Gruppe der SSRI (serotonin-specific reuptake inhibitors) fallen.
MAO-Hemmer: Diese Substanzen verbinden sich mit dem Abbauenzym Monoaminoxydase und machen es so ineffektiv. Die Folge ist, daß die Transmittermoleküle nicht metabolisiert werden können und dadurch länger im synaptischen Spalt verbleiben. Es gibt irreversible MAO-Hemmer, die eine feste chemische Bindung eingehen, und reversible MAO-Hemmer, deren Bindung von kürzerer Dauer ist, und die sogar eine gewisse Spezifität für serotoninerge Terminals zeigen. Die Wirkung der MAO-Hemmer ist aber im wesentliche die gleiche wie bei den Antidepressiva.
Neuroleptika: Medikamente dieser nicht unumstrittenen Klasse werden hauptsächlich schizophrenen Personen verabreicht. Allerdings stellen sie nur eine Hilfe bei der Bewältigung der Symptome dar, indem sie die verschiedensten monoaminergen Rezeptoren mehr oder weniger stark blockieren. Bei neueren Präparaten findet sich eine hohe Serotoninaffinität. Diese Neuroleptika haben dann die bemerkenswerte Eigenschaft, die halluzinogenen Wirkungen des LSD und anderer Psychedelika teilweise abzuschwächen.
Zusammenfassung
Es kann gesagt werden, daß aufgrund dieser Erkenntnisse es nicht als gesichert anzusehen ist, daß ausschließlich der 5-HT2 Rezeptor an der LSD-Wirkung beteiligt ist, wie das aber in vielen Artikeln vertreten wird. Die bei weitem größere Verbreitung des 5-HT1C Rezeptors und die Tat¬sache, daß die Verteilung der 5-HT2 Rezeptoren auf Hirnzentren nicht der entspricht, wie man sie bei einer halluzinogenen Wirkung erwarten würde, spricht dafür, daß an der LSD-Wirkung mehrerer Subtypen beteiligt sind. Aufgrund der strukturellen Ähnlichkeit und anderen Gemein¬samkeiten der beiden Rezeptoren, würde diese Vermutung auch nicht im Widerspruch zur Fachliteratur stehen. Nicht zu vernachlässigen ist auch der 5-HT1A Rezeptor und seine Beteiligung am oft zitierten Serotoninsyndrom. Die Rezeptor¬klassen 5-HT3 und 5 HT4 haben allem Anschein nach keinen entscheidenden Einfluß auf die zur Diskussion stehenden psychischen Veränderungen und sind allenfalls an einigen vegetativen Symptomen beteiligt. Bei all diesen Ausführungen darf allerdings nie vergessen werden, daß die Re¬duktion auf das serotoninerge System eine Vereinfachung darstellt und es in Wirklichkeit noch zahlreiche Wechselwirkungen mit den monoaminergen System gibt, die noch nicht er¬faßt sind.

 
 

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